VwGH Ra 2019/02/0013

VwGHRa 2019/02/001329.3.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision des Magistrats der Stadt Wien gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 22. November 2018, Zlen. VGW-002/022/10650/2018-7, VGW- 002/V/022/10651/2018, betreffend Übertretung des § 25 Abs. 1 Z 5 Wiener Wettengesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. P, 2. A GmbH, beide in G und beide vertreten durch die SHMP Schwartz Huber-Medek Pallitsch Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Hohenstaufengasse 7), zu Recht erkannt:

Normen

VStG §44a Z1
VStG §45 Abs1 Z1
VwGG §42 Abs2 Z1
WettenG Wr 2016 §25 Abs1 Z5

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019020013.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis vom 18. Juni 2018 wurde die Erstmitbeteiligte als verantwortliche Beauftragte der Zweitmitbeteiligten schuldig erachtet, es zu verantworten, dass die Zweitmitbeteiligte in einer näher genannten Betriebsstätte, in der diese Gesellschaft die Tätigkeit als Wettunternehmerin, nämlich Buchmacherin, ausübe, am 28. Februar 2018 um 13.07 Uhr insofern gegen § 25 Abs. 1 Z 5 Wiener Wettengesetz, wonach die Ausübung der Tätigkeit als Wettunternehmerin oder Wettunternehmer während eines laufenden Ereignisses (Livewetten), ausgenommen Livewetten auf Teilergebnisse oder das Endergebnis, verboten sei, verstoßen habe, als diese laut Wettticket vom 28. Februar 2018 die Wette "Wer gewinnt das 4. Game im 1. Satz Bopanna/Rober-Vasselin" zugelassen habe. Sie habe dadurch § 25 Abs. 1 Z 5 Wiener Wettengesetz übertreten, weshalb über sie eine Geldstrafe von EUR 4.400,-- verhängt wurde. Die zweitmitbeteiligte Partei wurde zur Haftung für die Geldstrafe samt Kosten gemäß § 9 Abs. 7 VStG verpflichtet.

2 Nach der Begründung seien kürzere Spieleinheiten, wie z. B. Games im Tennis nicht als Teilergebnis im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 5 Wiener Wettengesetz zu verstehen. Das Wetten auf Games im Tennis sei daher eine verbotene Live-Wette. In rechtlicher Hinsicht sah die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht den objektiven Tatbestand als erwiesen an.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht auf Grund der Beschwerde der Mitbeteiligten das Straferkenntnis vom 18. Juni 2018 behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt. Die ordentliche Revision hat es für unzulässig erklärt.

4 Nach der wesentlichen Begründung enthalte die Tatanlastung des angeführten Straferkenntnisses keinen Hinweis darauf, wann das Ereignis, auf das sich die Wette bezogen habe, also das Tennismatch, begonnen habe. Es werde der Erstmitbeteiligten daher nicht einmal zur Last gelegt, dass es sich bei der maßgeblichen Wette um eine solche gehandelt habe, die während eines laufenden Ereignisses im Sinne von § 25 Abs. 1 Z 5 Wiener Wettengesetz abgegeben worden sei. Das der Erstmitbeteiligten zur Last gelegte Verhalten stelle daher kein strafbares Verhalten dar. Zudem handle es sich bei der Wette auf ein Game im Tennis um eine Wette auf ein Teilergebnis im Sinne von § 25 Abs. 1 Z 5 Wiener Wettengesetz, weshalb die der Erstmitbeteiligten zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung darstelle.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Amtsrevision der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.

6 Die mitbeteiligten Parteien haben eine Revisionsbeantwortung erstattet.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7 Die Frage, ob ein Game im Tennis als Teilergebnis gemäß § 25 Abs. 1 Z 5 (nunmehr Z 4) Wiener Wettengesetz anzusehen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom heutigen Tag verneint (Ra 2019/02/0025), weshalb die Einstellung des vorliegenden Verwaltungsstrafverfahrens aus diesem Grund nicht in Frage kommt. Auf die Begründung dieses Beschlusses wird gemäß § 43 Abs. 2 iVm Abs. 9 VwGG verwiesen.

8 Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Das erfordert in aller Regel die Angabe von Tatort, Tatzeit sowie des wesentlichen Inhaltes des Tatgeschehens. Die Umschreibung der Tat hat so präzise zu sein, dass der Beschuldigte seine Verteidigungsrechte wahren kann und er nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt ist; sie darf keinen Zweifel daran bestehen lassen, wofür der Täter bestraft worden ist. Ungenauigkeiten bei der Konkretisierung der Tat haben nur dann keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Strafbescheides, wenn dadurch keine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten und keine Gefahr der Doppelbestrafung bewirkt wird. Die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat hat sich am jeweils in Betracht kommenden Tatbild zu orientieren (vgl. VwGH 19.11.2018, Ra 2017/02/0248, mwN).

9 Anders als das Verwaltungsgericht annimmt, entspricht der vorliegende Spruch des Straferkenntnisses vom 18. Juni 2018 diesen Anforderungen, weil schon durch den Hinweis auf § 25 Abs. 1 Z 5 Wiener Wettengesetz und der anschließende Bezug auf eine Live-Wette sowie auf die Ausübung der Tätigkeit während eines laufenden Ereignisses und durch Nennung des konkreten Tennisspiels kein Zweifel daran bestanden hat, wofür die Erstmitbeteiligte bestraft worden ist.

10 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 29. März 2019

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