VwGH Ra 2019/02/0025

VwGHRa 2019/02/002529.3.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision der P GmbH in I, vertreten durch Dr. Adrian Hollaender, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Wehrgasse 28/7, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 8. November 2018, Zl. VGW- 002/082/7311/2018-8, betreffend Beschlagnahme iA Wr. Wettengesetz (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwRallg
WettenG Wr 2016 §25

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019020025.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Verwaltungsgericht die behördliche Beschlagnahme von drei Wettannahmeschaltern, weil damit entgegen § 25 Wiener Wettengesetz unter anderem auf einzelne Punkte im Tennis gewettet worden ist.

5 Als zulässig erachtet der Revisionswerber die Revision, weil zur Frage, ob die Wette auf einen Punkt im Tennis als zulässige Wette auf ein Teilergebnis während einer Livewette zu sehen ist, Rechtsprechung fehlt.

6 Gemäß § 25 Abs. 1 Z 5 (nunmehr Z 4) Wiener Wettengesetz ist die Ausübung der Tätigkeit als Wettunternehmerin und Wettunternehmer während eines laufenden Ereignisses (Livewetten), ausgenommen Livewetten auf Teilergebnisse oder das Endergebnis, verboten.

7 Dazu heißt es in den Erläuterungen (ErläutRV LT 3/20 16 9f von 15 LG - 02293-2015/0001):

"Livewetten weisen ein besonderes Suchtpotential auf. Hinsichtlich des Suchtpotentials gilt (sowohl für Glücksspiele als auch für Wetten) ganz allgemein, dass die schnelle Abfolge von einzelnen Spielen mit schneller Entscheidung über Gewinn und Verlust ein erhöhtes Spielsuchtpotential in sich birgt. Beim traditionellen Wettangebot endet die Möglichkeit zur Abgabe der Wette in der Regel mit dem Beginn des Wettereignisses (z.B. mit Beginn des Fußballspiels). Die Entscheidung über Gewinn und Verlust fällt in der Regel am Ende des Wettereignisses. Somit liegt zwischen der Wettabgabe und der Gewinn- oder Verlustentscheidung ein gewisser Zeitraum. Bei sogenannten Livewetten wird dieser - im Hinblick auf das Suchtpotential - bedeutende Zeitraum maßgeblich verkleinert. Bei Livewetten kann noch während des laufenden Spiels auf viele verschiedene Ereignisse gewettet werden, etwa welche Fußballmannschaft das erste Tor schießt, welcher Spieler als erster die gelbe Karte sieht, welche Mannschaft die nächste Ecke tritt, u.dgl. Der Reiz für die wettende Person liegt in der schnellen Abfolge der Wettmöglichkeiten und der vermeintlich besseren Einschätzbarkeit des Ereignisses anhand des gesehenen Ablaufs. Neben dem besonderen Suchtpotential können Livewetten auch die Manipulation von Spielen und somit den Wettbetrug erleichtern (z.B. Bestechung von Fußballspielern, Schiedsrichtern usw.). Vor diesem Hintergrund werden Livewetten - wie beispielsweise auch in Deutschland (siehe § 21 Abs. 2 Glücksspielstaatsvertrag) - künftig verboten. Ausgenommen sind lediglich Livewetten auf Teilergebnisse (z.B. Halbzeit im Fußball, Drittel im Eishockey, Satz im Tennis udgl.) sowie auf das Endergebnis."

8 Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die schnelle Abfolge von einzelnen Spielen mit schneller Entscheidung über Gewinn und Verlust ein erhöhtes Spielsuchtpotential in sich birgt (vgl. die zitierten Erläuterungen) und dem in den Erläuterungen klar zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers (... Satz im Tennis...), kann die vom Verwaltungsgericht vertretene Ansicht, nicht Spiele oder Punkte, sondern der Satz im Tennis ist das kleinste Teilergebnis, auf das gemäß § 25 Wiener Wettengesetz erlaubterweise gewettet werden darf, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

9 Im Hinblick auf diese klare Rechtslage lag keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 133 Abs. 4 B-VG vor (VwGH 3.7.2015, Ra 2015/03/0041).

10 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 29. März 2019

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