Normen
AsylG 2005 §62
AVG §56
B-VG Art15a
EURallg
Grundversorgung Vereinbarung Art15a B-VG 2004
Grundversorgung Vereinbarung Art15a B-VG 2004 Art3 Abs2 Z1
Grundversorgung Vereinbarung Art15a B-VG 2004 Art4 Abs1 Z1
GrundversorgungsG Bund 2005 §2
GrundversorgungsG Bund 2005 §2 Abs1
GrundversorgungsG Bund 2005 §6 Abs2
GrundversorgungsG OÖ 2006
GrundversorgungsG OÖ 2006 §1 Abs1
GrundversorgungsG OÖ 2006 §3 Abs2
GrundversorgungsG OÖ 2006 §3 Abs6
GrundversorgungsG OÖ 2006 §4 idF 2016/064
GrundversorgungsG OÖ 2006 §6
NAG 2005 §76 idF 2005/I/100
VwGG §42 Abs2 Z1
VwRallg
32001L0055 Massenzustrom-RL Art5
32013L0033 Aufnahme-RL
32013L0033 Aufnahme-RL Art18 Abs9 litb
62010CJ0571 Kamberaj VORAB
62013CJ0079 Saciri VORAB
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018210154.L00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin ist syrische Staatsangehörige. Nach ihrer Einreise nach Österreich stellte sie am 29. Oktober 2015 in Linz einen Antrag auf internationalen Schutz, am 5. November 2015 wurde dieses Verfahren durch Ausfolgung einer Aufenthaltsberechtigungskarte (§ 51 AsylG 2005) zugelassen. Am 23. November 2015 wurde die Revisionswerberin in die Grundversorgung des Landes Oberösterreich übernommen.
2 Bereits davor, eingehend bei der Oberösterreichischen Landesregierung (belangte Behörde) am 11. November 2015, hatte die Revisionswerberin den Antrag gestellt, sie in die Grundversorgung nach dem „OÖ Landesgrundversorgungsgesetz 2006“ aufzunehmen und ihr unverzüglich die wichtigsten lebensnotwendigsten Versorgungsleistungen ‑ insbesondere die Unterbringung in einer geeigneten Unterkunft ‑ zu gewähren; sie sei auf die Grundversorgung angewiesen, schlafe derzeit bei Bekannten ihrer Schwester, könne dort jedoch nicht dauerhaft bleiben; (auch) sei ihre Nahrungsmittelversorgung nicht gesichert; sie erwarte eine „unverzügliche Entscheidung“.
3 Mit weiterer Eingabe vom 3. Februar 2016 brachte die Revisionswerberin vor, dass ihr seitens der belangten Behörde vom 6. November 2015 „bis zum 24.11.2015“ rechtswidrig die Grundversorgungsleistungen vorenthalten worden seien. Sollte die belangte Behörde nicht in der Lage gewesen sein, die geschuldeten Sachleistungen bereitzustellen, so wäre sie verpflichtet gewesen, für diesen Zeitraum entsprechende Geldleistungen zu erbringen. Diese seien für 18 Tage mit € 541,92 (aliquot berechnet nach der Oö. Mindestsicherungsverordnung) zu bemessen und in diesem Ausmaß der Revisionswerberin zu ersetzen.
4 Die belangte Behörde verweigerte die begehrte Zahlung, woraufhin die Revisionswerberin ‑ wie in der Eingabe vom 3. Februar 2016 für diesen Fall angekündigt ‑ den genannten Betrag mit Klage nach Art. 137 B‑VG vor dem Verfassungsgerichtshof geltend machte.
5 Mit Beschluss vom 15. Oktober 2016, A 15/2015, VfSlg. 20.098, wies der Verfassungsgerichtshof diese Klage zurück, weil für die Revisionswerberin eine bescheidmäßige Erledigung ihres Anspruches in Betracht komme.
6 Unter Bezugnahme auf diesen Beschluss stellte die Revisionswerberin dann an die belangte Behörde ausdrücklich den Antrag festzustellen, dass ihr „für den Zeitraum vom 6.11.2015 bis zum 23.11.2015 Grundversorgungsleistungen nach dem Oö Grundversorgungsgesetz zustehen“. Außerdem beantragte sie, ihr „für diesen Zeitraum eine Geld‑Ersatzleistung in der Höhe der Mindestsicherung, und zwar EUR 541,92, zuzusprechen.“
7 Mit Bescheid vom 7. März 2017 wies die belangte Behörde diese Anträge als unbegründet ab. Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 30. Mai 2018 gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) der dagegen erhobenen Beschwerde keine Folge. Das begründete das LVwG zusammenfassend einerseits damit, dass der Revisionswerberin die ihr zustehenden Leistungen „ab Antragstellung“ (offenkundig gemeint: Antrag auf internationalen Schutz) tatsächlich zur Verfügung gestanden hätten; zwar sei es nicht möglich gewesen, ihr unmittelbar nach Antragstellung ein (gemeint: reguläres) Quartier zuzuweisen, jedoch habe es die Revisionswerberin unterlassen, die ihre Grundbedürfnisse sichernden, vom Bund eingerichteten Notquartiere in Anspruch zu nehmen; sie habe sich somit aus freien Stücken der Hilfeleistung begeben. Andererseits liege die Versorgung eines Asylwerbers erst nach der ‑ hier nicht erfolgten ‑ Zuteilung auf das jeweilige Bundesland bei den Ländern. Die Revisionswerberin hätte (daher) ‑ wenn überhaupt ‑ einen Antrag beim Bundesminister für Inneres zur Unterbringung in einer Bundesbetreuungseinrichtung stellen müssen. Sie habe aber einen Antrag auf Grundversorgung direkt beim Land Oberösterreich gestellt; der „notwendige Aufnahmeprozess“ sei daher nicht in die Wege geleitet worden, vielmehr habe sich die Revisionswerberin direkt nach Oberösterreich begeben, hier beim Land Oberösterreich um Grundversorgung angesucht und sich „aus dem Regelkreis der Zuweisung begeben.“ Eine Zuweisung zum Land Oberösterreich ‑ so das LVwG zusammenfassend ‑ „und sohin ein Auslöser zum Rechtsanspruch auf Gewährung der Grundversorgung durch das Land Oberösterreich ist bis zu dessen Entscheidung zur Aufnahme [der Revisionswerberin] in die Grundversorgung des Landes Oberösterreich mit 23.11.2015 nicht erfolgt.“
8 Außerdem sprach das LVwG aus, dass gegen sein Erkenntnis eine Revision nicht zulässig sei.
9 Über die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Durchführung eines Vorverfahrens, in dessen Rahmen die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung erstattete, erwogen:
10 Die Revision ist ‑ wie sich aus dem Nachstehenden ergibt ‑ zulässig und berechtigt.
11 1.1. Auszugehen ist zunächst von der Aufnahme‑RL (Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen [Neufassung]), die insbesondere Folgendes vorsieht:
„Artikel 1
Zweck
Zweck dieser Richtlinie ist die Festlegung von Normen für die Aufnahme von Antragstellern auf internationalen Schutz (im Folgenden 'Antragsteller') in den Mitgliedstaaten.
Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:
a) 'Antrag auf internationalen Schutz' einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne von Artikel 2 Buchstabe h der Richtlinie 2011/95/EU ;
b) 'Antragsteller', einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, über den noch nicht endgültig entschieden wurde;
[...]
f) 'im Rahmen der Aufnahmebedingungen gewährte Vorteile' sämtliche Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten im Einklang mit dieser Richtlinie zugunsten von Antragstellern treffen;
g) 'im Rahmen der Aufnahme gewährte materielle Leistungen' Unterkunft, Verpflegung und Kleidung in Form von Sach- oder Geldleistungen oder Gutscheinen oder einer Kombination davon sowie Geldleistungen zur Deckung des täglichen Bedarfs;
[...]
Artikel 3
Anwendungsbereich
(1) Diese Richtlinie gilt für alle Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze, in den Hoheitsgewässern oder in den Transitzonen internationalen Schutz beantragen, solange sie als Antragsteller im Hoheitsgebiet verbleiben dürfen, sowie für ihre Familienangehörigen, wenn sie nach einzelstaatlichem Recht von diesem Antrag auf internationalen Schutz erfasst sind.
[...]
(3) Diese Richtlinie findet keine Anwendung, wenn die Bestimmungen der Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten angewendet werden.
[...]
Artikel 17
Allgemeine Bestimmungen zu materiellen Leistungen im Rahmen der Aufnahme und zur medizinischen Versorgung
(1) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Antragsteller ab Stellung des Antrags auf internationalen Schutz im Rahmen der Aufnahme materielle Leistungen in Anspruch nehmen können.
(2) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen einem angemessenen Lebensstandard entsprechen, der den Lebensunterhalt sowie den Schutz der physischen und psychischen Gesundheit von Antragstellern gewährleistet.
[...]
(5) Wenn die Mitgliedstaaten im Rahmen der Aufnahme materielle Leistungen in Form von Geldleistungen oder Gutscheinen gewähren, bemisst sich deren Umfang auf Grundlage des Leistungsniveaus, das der betreffende Mitgliedstaat nach Maßgabe der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder nach den Gepflogenheiten anwendet, um eigenen Staatsangehörigen einen angemessenen Lebensstandard zu gewährleisten. Die Mitgliedstaaten können Antragstellern in dieser Hinsicht eine weniger günstige Behandlung im Vergleich mit eigenen Staatsangehörigen zuteil werden lassen, insbesondere wenn materielle Unterstützung teilweise in Form von Sachleistungen gewährt wird oder wenn das, auf eigene Staatsangehörige anzuwendende, Leistungsniveau darauf abzielt, einen Lebensstandard zu gewährleisten, der über dem nach dieser Richtlinie für Antragsteller vorgeschriebenen Lebensstandard liegt.
Artikel 18
Modalitäten der im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen
(1) Sofern die Unterbringung als Sachleistung erfolgt, sollte eine der folgenden Unterbringungsmöglichkeiten oder eine Kombination davon gewählt werden:
a) Räumlichkeiten zur Unterbringung von Antragstellern für die Dauer der Prüfung eines an der Grenze oder in Transitzonen gestellten Antrags auf internationalen Schutz;
b) Unterbringungszentren, die einen angemessenen Lebensstandard gewährleisten;
c) Privathäuser, Wohnungen, Hotels oder andere für die Unterbringung von Antragstellern geeignete Räumlichkeiten.
[...]
(9) In begründeten Ausnahmefällen können die Mitgliedstaaten für einen angemessenen Zeitraum, der so kurz wie möglich sein sollte, andere Modalitäten der im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen festlegen als in diesem Artikel vorgesehen, wenn
a) eine Beurteilung der spezifischen Bedürfnisse des Antragstellers gemäß Artikel 22 erforderlich ist;
b) die üblicherweise verfügbaren Unterbringungskapazitäten vorübergehend erschöpft sind.
Bei derartig anderen Aufnahmemodalitäten werden unter allen Umständen die Grundbedürfnisse gedeckt.
[...]
Artikel 20
Einschränkung oder Entzug der im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen
(1) Die Mitgliedstaaten können die im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen in begründeten Ausnahmefällen einschränken oder entziehen, wenn ein Antragsteller
a) den von der zuständigen Behörde bestimmten Aufenthaltsort verlässt, ohne diese davon zu unterrichten oder erforderlichenfalls eine Genehmigung erhalten zu haben; oder
b) seinen Melde- und Auskunftspflichten oder Aufforderungen zu persönlichen Anhörungen im Rahmen des Asylverfahrens während einer im einzelstaatlichen Recht festgesetzten angemessenen Frist nicht nachkommt; oder
c) einen Folgeantrag nach Artikel 2 Buchstabe q der Richtlinie 2013/32/EU gestellt hat.
Wird in den unter den Buchstaben a und b genannten Fällen ein Antragsteller aufgespürt oder meldet er sich freiwillig bei der zuständigen Behörde, so ergeht unter Berücksichtigung der Motive des Untertauchens eine ordnungsgemäß begründete Entscheidung über die erneute Gewährung einiger oder aller im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen, die entzogen oder eingeschränkt worden sind.
[...]
(5) Entscheidungen über die Einschränkung oder den Entzug der im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen oder über Sanktionen nach den Absätzen 1, 2, 3 und 4 dieses Artikels werden jeweils für den Einzelfall, objektiv und unparteiisch getroffen und begründet. Die Entscheidungen sind aufgrund der besonderen Situation der betreffenden Personen, insbesondere im Hinblick auf die in Artikel 21 genannten Personen, unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips zu treffen. Die Mitgliedstaaten gewährleisten im Einklang mit Artikel 19 in jedem Fall Zugang zur medizinischen Versorgung und gewährleisten einen würdigen Lebensstandard für alle Antragsteller.
(6) Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass im Rahmen der Aufnahme gewährte materielle Leistungen nicht entzogen oder eingeschränkt werden, bevor eine Entscheidung nach Maßgabe von Absatz 5 ergeht.
[...]“
1.2. Die nach der eben teilweise zitierten Aufnahme‑RL Österreich obliegenden Versorgungsverpflichtungen sind gemäß der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B‑VG über gemeinsame Maßnahmen zur vorübergehenden Grundversorgung für hilfs‑ und schutzbedürftige Fremde (Asylwerber, Asylberechtigte, Vertriebene und andere aus rechtlichen oder faktischen Gründen nicht abschiebbare Menschen) in Österreich (Grundversorgungsvereinbarung ‑ Art. 15a B‑VG), im Folgenden kurz GVV, zwischen Bund und Ländern geteilt, wobei dem Bund im Wesentlichen die Erstversorgung zukommt. In diesem Sinn heißt es in den Art. 1 bis 4 der GVV auszugsweise:
„Artikel 1
Zielsetzung
(1) Ziel der Vereinbarung ist die bundesweite Vereinheitlichung der Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs‑ und schutzbedürftige Fremde, die im Bundesgebiet sind, im Rahmen der bestehenden verfassungsrechtlichen Kompetenzbereiche. Die Grundversorgung soll bundesweit einheitlich sein, partnerschaftlich durchgeführt werden, eine regionale Überbelastung vermeiden und Rechtssicherheit für die betroffenen Fremden schaffen.
(2) Bei der Erreichung des Ziels gemäß Abs. 1 ist auf die europarechtlichen Normen, insbesondere auf die Richtlinie 2003/9/EG des Rates zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylwerbern in den Mitgliedstaaten und die Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten, Bedacht zu nehmen.
[...]
Artikel 2
Begriffsbestimmungen/Zielgruppe
(1) Zielgruppe dieser Vereinbarung sind ‑ unbeschadet der Bestimmungen des Bundesbetreuungsgesetzes, BGBl. I Nr. 101/2003 ‑ hilfs‑ und schutzbedürftige Fremde, die unterstützungswürdig sind. Hilfsbedürftig ist, wer den Lebensbedarf für sich und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht oder nicht ausreichend von anderen Personen oder Einrichtungen erhält. Schutzbedürftig sind
1. Fremde, die einen Asylantrag gestellt haben (Asylwerber), über den noch nicht rechtskräftig abgesprochen ist,
[...]
Artikel 3
Aufgaben des Bundes
(1) Der Bund führt Betreuungseinrichtungen (Betreuungsstellen, Erstaufnahmestellen) für Asylwerber. Der Bund stellt vor Neuerrichtung oder Schließung von Bundesbetreuungsstellen das Einvernehmen mit dem jeweiligen Bundesland her. Der Bund sorgt für die Erstaufnahme der Asylwerber.
(2) Der Bund richtet eine Koordinationsstelle ein. Deren Aufgaben sind:
1. Zuteilung der Asylwerber auf die Länder unter Bedachtnahme auf den Aufteilungsschlüssel (Art. 1 Abs. 4),
2. Transporte (zu den Erstaufnahmestellen und von den Erstaufnahmestellen in die Länder),
3. An‑, Ab‑ und Ummeldung bei der Krankenversicherung, soweit die betreuten Fremden durch den Bund aufgenommen werden oder sich in Betreuungseinrichtungen des Bundes befinden,
4. administrative Abwicklung, vierteljährliche Erstellung einer Übersicht über die finanziellen Aufwendungen aller Vertragspartner (gegliedert nach Vertragspartnern) sowie Verrechnung mit den Ländern,
5. bei Bedarf und über Ersuchen der Länder Unterstützung bei der Umverteilung von Fremden gemäß Art. 2 Abs. 1 Z 4 auf einzelne Bundesländer und
6. die Koordination und Durchführung von Maßnahmen betreffend Rückkehrprogramme.
[...]
Artikel 4
Aufgaben der Länder
(1) Die Aufgaben der Länder sind:
1. Versorgung der von der Koordinationsstelle zugewiesenen Asylwerber,
[...]“
12 1.3. Vor diesem Hintergrund bestehen einerseits das Bundesgesetz, mit dem die Grundversorgung von Asylwerbern im Zulassungsverfahren und bestimmten anderen Fremden geregelt wird (Grundversorgungsgesetz ‑ Bund 2005 ‑ GVG‑B 2005) und andererseits Grundversorgungsgesetze der Länder.
13 1.3.1. Im GVG‑ 2005 in der hier anzuwendenden Fassung des FrÄG 2015 ist u.a. Folgendes vorgesehen:
„Gewährung der Versorgung
§ 2. (1) Der Bund leistet Asylwerbern im Zulassungsverfahren Versorgung in einer Betreuungseinrichtung des Bundes (§ 1 Z 5), wobei im Rahmen der Aufnahme in die Grundversorgung etwaige besondere Bedürfnisse von schutzbedürftigen Personen ‑ so weit als möglich ‑ berücksichtigt werden. Darüber hinaus sorgt der Bund im gleichen Ausmaß für Fremde, deren Asylantrag im Zulassungsverfahren
1. zurückgewiesen oder
2. abgewiesen wurde, wenn der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, solange ihr diese nicht wieder zuerkannt wird,
bis diese das Bundesgebiet verlassen, solange sie in einer Betreuungseinrichtung des Bundes untergebracht sind. Bei Führung von Konsultationen gemäß der Dublin ‑ Verordnung oder bei zurückweisenden Entscheidungen gemäß § 5 AsylG 2005 können im Einvernehmen mit der jeweils zuständigen Stelle des betroffenen Bundeslandes, Fremde in Betreuungseinrichtungen des betroffenen Bundeslandes untergebracht werden und von diesen versorgt werden. § 6 Abs. 1 gilt sinngemäß.
(1a) Es besteht kein Anspruch auf Versorgung in einer bestimmten Betreuungseinrichtung des Bundes oder in einem bestimmten Bundesland. Bei Bedarf ist eine Verlegung von Asylwerbern und sonstigen Fremden nach Abs. 1, die bereits in einer Betreuungseinrichtung des Bundes versorgt werden, in eine andere Betreuungseinrichtung des Bundes zulässig. Dem Asylwerber ist formlos mitzuteilen, in welcher Betreuungseinrichtung des Bundes (§1 Z5) ihm künftig die Grundversorgung gewährt wird und es ist ihm die kostenlose Anreise zu dieser zu ermöglichen. Diesfalls ist der Asylwerber nicht mehr zum Aufenthalt in der Betreuungseinrichtung, in der ihm bisher Versorgung geleistet wurde, berechtigt.
(2) Asylwerbern und sonstigen Fremden nach Abs. 1 ist möglichst frühzeitig der Ort mitzuteilen, an welchem ihre Versorgung geleistet wird. Bei der Zuteilung ist auf bestehende familiäre Beziehungen, auf die besonderen Bedürfnisse von schutzbedürftigen Personen und auf ethnische Besonderheiten Bedacht zu nehmen.
[...]
Versorgung nach erfolgter Zulassung
§ 6. (1) Über erstmalige Unterbringung in einer Betreuungsstelle eines Bundeslandes entscheidet der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit der zuständigen Stelle des betroffenen Bundeslandes. Dem Asylwerber ist formlos mitzuteilen, in welcher Betreuungsstelle (§ 1 Z 4) ihm künftig die Grundversorgung gewährt wird und es ist ihm die kostenlose Anreise zu dieser zu ermöglichen.
(2) Bis zur Herstellung des Einvernehmens mit der zuständigen Stelle des betroffenen Bundeslandes kann der Asylwerber im unbedingt erforderlichen Ausmaß in der Betreuungsstelle des Bundes (§ 1 Z 4) weiter versorgt werden, jedoch nicht für einen 14 Tage übersteigenden Zeitraum.
[...]“
14 1.3.2. Das im vorliegenden Fall einschlägige Oberösterreichische Landesgesetz ist das Landesgesetz über die Umsetzung der Grundversorgungsvereinbarung (Oö. Grundversorgungsgesetz 2006), im Folgenden kurz Oö. GVG. In der im November 2015 geltenden Fassung LGBl. Nr. 90/2013 ordnete es in seinen §§ 1 bis 4 und 6 ‑ auszugsweise ‑ Nachstehendes an:
„§ 1
Vorübergehende Grundversorgung
(1) Die in der Grundversorgungsvereinbarung, LGBl Nr 93/2004, vorgesehenen Hilfen und Maßnahmen sind hilfs‑ und schutzbedürftigen Fremden, die ihren Hauptwohnsitz und Aufenthalt in Oberösterreich haben, vom Land zu erbringen. Dies gilt nicht, wenn die Art der Hilfeleistung den Aufenthalt außerhalb von Oberösterreich erfordert.
(2) Ein Anspruch auf eine bestimmte Art oder Form der Grundversorgung besteht nicht.
[...]
§ 2
Hilfs- und Schutzbedürftigkeit
(1) Hilfsbedürftig sind Fremde, die ‑ unter Berücksichtigung der Umstände der Lebensführung ‑ der Grundversorgung vergleichbare Leistungen für sich und die mit ihnen in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen können, wobei eine Lebensgemeinschaft einer Ehe oder eingetragenen Partnerschaft gleichgestellt wird. Als eigene Mittel gelten alle zur Verfügung stehenden oder zufließenden Geldbeträge einschließlich der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages, Einkünfte in Geld oder Geldeswert sowie sonstige Vermögenswerte, die nicht zur unmittelbaren Deckung des notwendigen Lebensbedarfs erforderlich sind.
[...]
(4) Schutzbedürftig sind die im Art. 2 Abs. 1 der Grundversorgungsvereinbarung genannten Fremden.
§ 3
Gewährung, Verweigerung, Einschränkung und Entzug von Grundversorgungsleistungen
(1) Die Gewährung von Grundversorgungsleistungen erfolgt durch Zuweisen einer geeigneten Unterkunft samt angemessener Verpflegung, durch Auszahlung von Geldleistungen, durch Abschluss einer Krankenversicherung, durch Ausgabe von Gutscheinen oder sonstige geeignete Maßnahmen.
(2) Grundversorgungsleistungen können nach Maßgabe des Abs. 6 verweigert, eingeschränkt oder entzogen werden, wenn der oder die Fremde
1. eine angebotene Leistung ablehnt oder eine zugewiesene Unterkunft unbegründet und ohne Abmeldung verlässt,
2. das Zuweisungsverfahren in einer Erstaufnahmestelle nicht abgewartet hat,
[...]
(6) Die Entscheidungen gemäß Abs. 2 sind im Einzelfall unter Bedachtnahme auf die besondere Situation oder eine allfällige besondere Schutzbedürftigkeit (wie z. B. unbegleitete Minderjährige) unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit zu treffen. Der Entscheidung hat eine Anhörung des Betroffenen, soweit dies ohne Aufschub möglich ist, voranzugehen.
(7) Der Zugang zu medizinischer Notversorgung ist sicherzustellen.
(8) Nicht mehr in Anspruch genommene Leistungen gelten als eingestellt.
§ 4
Rechtsschutz
(1) Drittstaatsangehörige und Staatenlose, die einen Antrag auf internationalen Schutz oder einen Asylantrag gestellt haben, über den noch nicht rechtskräftig entschieden wurde, können bei Verweigerung, Einschränkung oder Entzug von Grundversorgungsleistungen binnen vier Wochen die bescheidmäßige Feststellung durch die Landesregierung verlangen.
(2) Hat die Landesregierung eine Entscheidung gemäß § 64 Abs. 2 AVG getroffen, kann das Landesverwaltungsgericht der Beschwerde über Antrag die aufschiebende Wirkung zuerkennen.
§ 6
Sonderbestimmungen für Vertriebene
Bei einem Massenzustrom von Vertriebenen (§ 76 Niederlassungs‑ und Aufenthaltsgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100) kann sich die Grundversorgung auf die Unterbringung in geeigneten Unterkünften, die Versorgung mit angemessener Verpflegung und die Sicherung der Krankenhilfe beschränken. § 4 ist nicht anzuwenden.“
15 1.3.3. § 4 des Oö. GVG wurde mit der am 28. Oktober 2016 in Kraft getretenen Oö. Grundversorgungsgesetz ‑ Novelle 2016 neu gefasst. Unter der Überschrift „Rechtsschutz, Rechtsberatung und Rechtsvertretung“ heißt es nunmehr im ersten Absatz dieser Bestimmung:
„Die Entscheidung über die Verweigerung, Einschränkung oder den Entzug von Grundversorgungsleistungen für Drittstaatsangehörige oder Staatenlose, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, über den noch nicht endgültig entschieden wurde, ist von der Landesregierung mit Bescheid zu treffen.“
16 2.1. Die Revisionswerberin hatte den ihr behauptetermaßen zustehenden Geldleistungsanspruch gegenüber der belangten Behörde zunächst mit Klage beim Verfassungsgerichtshof nach Art. 137 B‑VG geltend gemacht. Mit dem schon eingangs erwähnten Beschluss vom 15. Oktober 2016, A 15/2015, wies der Verfassungsgerichtshof diese Klage zurück, was er im Wesentlichen wie folgt begründete:
„2. Die Zulässigkeit einer Klage nach Art. 137 B‑VG setzt aber weiters auch voraus, dass eine bescheidmäßige Erledigung des Anspruchs durch eine Verwaltungsbehörde nicht in Betracht kommt. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht gegeben:
2.1. Soweit Personen, wie hier die Klägerin, einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, fällt das Oö. GVG in den Anwendungsbereich der Aufnahme-RL, seine Regelungen ergehen insoweit in Durchführung des Rechts der Union im Sinne des Art. 51 Abs. 1 GRC (siehe VfSlg 19.632/2012, 19.865/2014 mwN). Art. 17 Abs. 1 Aufnahme‑RL normiert einen Anspruch des Fremden auf die in der Richtlinie vorgesehenen materiellen Leistungen und somit innerstaatlich gesehen auf Leistungen aus der Grundversorgung ab dem Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz (schon zur vergleichbaren Vorgängerbestimmung in Art. 13 Abs. 1 der RL 2003/9/EG sprach der Gerichtshof der Europäischen Union aus, dass ‚der Zeitraum, in dem den Asylwerbern die materiellen Aufnahmebedingungen gewährt werden müssen, mit der Antragstellung beginnt‘, EuGH 27.2.2014, Rs. C‑79/13 , Saciri, Rz 33 f.). Nach Art. 20 Abs. 5 der Aufnahme‑RL setzt die Einschränkung bzw. der Entzug von Grundversorgungsleistungen eine im Einzelfall begründete Entscheidung voraus, die im Rahmen eines im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Rechtswegs letztlich vor einem Gericht bekämpfbar sein muss (Art. 26 Abs. 1 Aufnahme‑RL). Art. 20 Abs. 6 der Aufnahme‑RL besagt, dass ‚im Rahmen der Aufnahme gewährte materielle Leistungen nicht entzogen oder eingeschränkt werden‘ dürfen, bevor nicht eine solche im Einzelfall begründete Entscheidung ergangen ist.
Schon im Hinblick auf das Rechtsschutzsystem der früheren RL 2003/9/EG ‑ und nichts anderes kann für die insoweit vergleichbaren Regelungen der Aufnahme‑RL, insbesondere des Art. 20 Abs. 5 und 6 in Verbindung mit Art. 26 dieser Richtlinie gelten ‑ hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluss VfSlg 18.447/2008 zum Oö. GVG ausgesprochen, ‚dass die Grundversorgung nur infolge eines rechtsgestaltenden Bescheides entzogen oder eingeschränkt werden darf‘ (die bloß eine bescheidförmige ex‑post‑Feststellung der faktischen Einschränkung bzw. Entziehung vorsehenden Regelungen des § 4 Oö. GVG sind daher, wie sich schon aus VfSlg 18.447/2008 ergibt, auf Grund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts im Anwendungsbereich der Aufnahme‑RL unangewendet zu lassen).
In der erwähnten Rechtssache Saciri hat der Gerichtshof der Europäischen Union zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach der RL 2003/9/EG in der Folge hervorgehoben, dass sowohl die allgemeine Systematik und der Zweck der Aufnahme‑RL wie auch insbesondere Art. 1 GRC ‚dem entgegen[stehen], dass einem Asylwerber, und sei es auch nur vorübergehend nach Einreichung eines Asylantrags, der mit den in dieser Richtlinie festgelegten Mindestnormen verbundene Schutz entzogen wird‘ (EuGH, Rs. C‑79/13 , Rz 35). Im Lichte des Art. 1 GRC verlangt also die Aufnahme‑RL nach dieser Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union, dass Personen, die in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz stellen, unmittelbar mit diesem Antrag ein Anspruch auf die in der Aufnahme‑RL vorgesehen materiellen Leistungen, mithin ein Anspruch auf Leistungen aus der Grundversorgung zukommt, der nur durch eine förmliche hoheitliche Entscheidung, die einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich ist, verweigert, eingeschränkt oder entzogen werden kann.
2.2. Aus diesen nunmehrigen unionsrechtlichen Vorgaben folgt, dass ‑ anders als dies der Verfassungsgerichtshof noch für Fälle der (gänzlichen) Verweigerung von Grundversorgung mangels Vorliegens der Voraussetzungen in VfSlg 18.525/2008 (also vor der Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union in der Rs. Saciri) angenommen hat ‑ im Gefolge eines Antrages auf internationalen Schutz Versorgungsleistungen im Sinne der Aufnahme‑RL und damit der Grundversorgung nach dem einschlägigen Grundversorgungsgesetz vorläufig ungeachtet des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen erbracht werden müssen, bis ein Bescheid ergeht, der den gesetzlichen Anspruch auf diese Leistungen verweigert, einschränkt oder entzieht.
3. Wird dieser Verpflichtung zuwider die Leistung, noch bevor ein entsprechender Bescheid ergangen ist, faktisch vorenthalten, so ist der Asylwerber auf die Beschreitung des Rechtsweges angewiesen, um diese Leistung ‑ gegebenenfalls vorläufig ‑ durchzusetzen.
3.1. In VfSlg 18.447/2008 hat der Verfassungsgerichtshof für Fälle der Einschränkung oder des Entzugs von schon gewährten Grundversorgungsleistungen solange, bis ein entsprechender Bescheid ergeht, den Rechtsweg nach Art. 137 B‑VG für eröffnet gesehen. Der Asylwerber könnte ‚bei faktischer Vorenthaltung der Grundversorgung eine Klage nach Art. 137 B‑VG erheben, solange und insoweit die Entziehung der Grundversorgung noch nicht durch Bescheid verfügt wurde‘. In VfSlg 18.525/2008 hat der Gerichtshof demgegenüber in den Fallkonstellationen, in denen Grundversorgungsleistungen (mangels Vorliegens von Voraussetzungen) von vorneherein nicht gewährt (also verweigert) werden, den Asylwerber auf den Rechtsweg der Bekämpfung des den Anspruch auf Grundversorgungsleistung abweisenden Bescheids verwiesen (vgl. auch schon VfSlg 17.985/2006). Auch der Verwaltungsgerichtshof vertritt zum GVG‑B die Auffassung, dass ein Asylwerber bei unzureichender Gewährung von Grundversorgung durch das Stellen eines entsprechenden Antrags einen Bescheid (des BFA auf Grund des GVG‑B) zu erwirken und diesen gegebenenfalls (nach § 9 Abs. 2 GVG‑B) mit Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht anzufechten hat (VwGH 14.4.2016, Ra 2015/21/0190).
3.2. Es stellt sich daher die Frage, ob ein Asylwerber bis zur Erlassung eines Leistungen aus der Grundversorgung verweigernden, einschränkenden oder entziehenden Bescheids den ihm kraft Gesetzes zustehenden Anspruch auf solche Leistungen, werden sie ihm faktisch vorenthalten oder begehrt der Asylwerber Ersatz für entfallene oder mangelhafte Leistungen, im Wege einer Klage nach Art. 137 B‑VG oder im Wege der Bekämpfung des jedenfalls notwendigen Bescheids durchzusetzen hat:
Art. 26 Abs. 1 der Aufnahme‑RL sieht vor, dass dem Asylwerber gegen Entscheidungen im Zusammenhang mit der Gewährung, dem Entzug oder der Einschränkung von Grundversorgungsleistungen ein Rechtsbehelf nach dem im einzelstaatlichen Recht vorgesehenen Verfahren, letztlich eine gerichtliche Überprüfung offenstehen muss. Die Aufnahme-RL verweist also ‑ nach Maßgabe des Äquivalenz‑ und des Effektivitätsgrundsatzes (vgl. zB EuGH 1.12.1998, Rs. C‑326/96 , Levez, Rz 18; Öhlinger/Potacs, EU‑Recht und staatliches Recht5, 2014, 103 ff.) ‑ auf die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen, letztlich gerichtsförmigen Rechtsschutzverfahren, die denjenigen in vergleichbaren innerstaatlichen Rechtssachen in ihrer Wirksamkeit gleichkommen müssen (lässt aber zunächst die Entscheidung durch eine administrative Instanz damit ausdrücklich zu, siehe dazu schon VwGH 14.4.2016, Ra 2015/21/0190).
Aus der Sicht des Asylwerbers und der unionsrechtlichen Vorgaben für den Rechtsschutz, insbesondere auch des Art. 47 GRC, ist für den Asylwerber entscheidend, dass er im Regelfall seinen bestehenden (Ersatz‑)Leistungsanspruch wirksam durchsetzen kann. In diesem Zusammenhang ist, worauf der Verfassungsgerichtshof schon in VfSlg 18.525/2008 und auch der Verwaltungsgerichtshof (in seiner Entscheidung vom 14. April 2016, Ra 2015/21/0190) hingewiesen haben, zu betonen, dass § 73 AVG vorsieht, dass die Behörde ‚ohne unnötigen Aufschub‘ zu entscheiden hat. Gerade in Fällen der Grundversorgung ist von einer Behörde zu erwarten, dass sie das Ermittlungsverfahren möglichst rasch abschließt und sofort einen Bescheid erlässt, schon um im Falle schuldhafter Säumnis eine Rechtswidrigkeit zu vermeiden, die zu einer Amtshaftung führen würde (siehe mwN VfSlg 18.525/2008). Angesichts dieser Verpflichtung und der Sachnähe der für die Vollziehung hier des Oö. GVG im Anwendungsbereich der Aufnahme‑RL zuständigen Behörde (die Leistungen der Grundversorgung mit Bescheid zu verweigern, einzuschränken oder zu entziehen hat) sowie des bloß subsidiären Charakters einer Klage nach Art. 137 B‑VG (siehe dazu VfSlg 3287/1957, 11.395/1987; VfGH 29.2.2016, A7/2015, uva.) ist der gebotene Rechtsschutz gewährleistet, wenn der Asylwerber in jedem Fall, also sowohl für die Durchsetzung als auch für die Geltendmachung von (Ersatz‑)Ansprüchen bei faktischer Verweigerung der Grundversorgungsleistungen auf den Verwaltungs(gerichts)weg verwiesen ist.
Damit ist nämlich sichergestellt, dass über (alle) Ansprüche auf Leistungen aus der Grundversorgung (zunächst) jene Behörde entscheidet, der die Konkretisierung der dem einzelnen Asylwerber jeweils in einer bestimmten Situation zustehenden Leistungen aus der Grundversorgung im Rahmen der Vollziehung des Gesetzes zukommt. Angesichts der bestehenden gesetzlichen Verpflichtung, einem Asylwerber ab Antragstellung auf internationalen Schutz solange Grundversorgung zu gewährleisten, bis dieser Anspruch durch bescheidförmige Entscheidung (sei es im Asylverfahren, sei es in einem Verfahren nach dem einschlägigen Grundversorgungsgesetz) verweigert, eingeschränkt oder entzogen wird, ist im Lichte des Art. 18 B‑VG auch davon auszugehen, dass Fälle, in denen dieser Anspruch bloß faktisch vorenthalten wird, wenn überhaupt dann eine Ausnahme bilden, sodass die notwendige verwaltungsbehördliche Entscheidung in diesen Fällen auch entsprechend rasch ergehen kann (für außergewöhnliche Situationen trifft Art. 18 Abs. 9 Aufnahme‑RL Vorsorge).
3.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 14. April 2016, Ra 2015/21/0190, mit ausführlicher Begründung dargelegt, dass diese Konstruktion des Rechtsschutzes mit den Anforderungen des Unionsrechts, insbesondere mit Art. 26 der Aufnahme‑RL in Verbindung mit Art. 47 GRC und auch mit dem Effektivitätsgrundsatz im Einklang steht (weshalb der Verwaltungsgerichtshof auch keinen Anlass gesehen hat, gemäß Art. 267 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen). Insbesondere hat der Verwaltungsgerichtshof in dieser Entscheidung auch darauf hingewiesen, dass im Zuge der Beantragung eines entsprechenden Bescheids auch ein auf das Unionsrecht gestützter Antrag auf einstweilige Anordnung mit der Behauptung in Betracht kommt, die unzureichende Gewährung von Grundversorgung, mithin die faktische Vorenthaltung der Leistungen, auf die der Asylwerber bis zur Erlassung eines rechtsgestaltenden Bescheids einen gesetzlichen Anspruch hat, widerspreche der Aufnahme‑RL. Dabei geht es, so der Verwaltungsgerichtshof (unter Hinweis auf die Begründung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Oktober 2015, Fr 2015/21/0012), ‚darum, vorläufigen Rechtsschutz einzuräumen, um die Effektivität des in der Hauptsache erhobenen Rechtsbehelfs sicherzustellen. [...] Dass ein derartiger Antrag (verbunden mit dem Antrag in der Hauptsache) an das BFA zu richten ist, das darüber ‑ selbstredend: unverzüglich ‑ zu entscheiden hat, beeinträchtigt nicht die Effektivität des Rechtsschutzes, sondern ermöglicht im Gegenteil der zuständigen Behörde eine sofortige Reaktion ‑ dies freilich unter der nachprüfenden Kontrolle des mit Beschwerde anrufbaren und ebenfalls zur unverzüglichen Entscheidung verpflichteten Verwaltungsgerichtes‘.
4. Der Verwaltungsrechtsweg ist damit aber auch für jene Konstellationen wie die hier vorliegende eröffnet, in der die Klägerin, der nunmehr Grundversorgungsleistungen gewährt werden, Ersatz dafür beansprucht, dass ihr vordem (ihrer Meinung nach zu Unrecht) Grundversorgungsleistungen faktisch vorenthalten wurden. Gleiches gilt im Übrigen für jene Fallkonstellationen, in denen ein Asylwerber die (bloß faktische) Einschränkung ihm zustehender Grundversorgungsleistungen im Sinne einer mangelhaften Grundversorgung behauptet und dafür einen entsprechenden Ersatz begehrt. Auch in diesen Fällen bleibt der Asylwerber darauf verwiesen, einen Bescheid zu beantragen, weil wegen des Sachzusammenhangs auch die Entscheidung über allfällige Ersatzansprüche dem Rechtsweg in der Hauptsache der Entscheidung über die Leistung selbst folgt. Der Asylwerber ist damit gehalten, bei faktischer Verweigerung oder Einschränkung der Grundversorgung jedenfalls einen Bescheid zu beantragen. Er muss in diesen Fällen also seinen Anspruch gegenüber der Verwaltung geltend machen und kann nicht zunächst hinnehmen, dass ihm behaupteterweise zustehende Leistungen aus der Grundversorgung vorenthalten werden und (nur) im Nachhinein (Geld‑)Ersatz begehren. Das ist verfassungsrechtlich wie unionsrechtlich nicht zu beanstanden (dazu, dass bis zur Erlassung eines entsprechenden Bescheides jedenfalls Grundversorgung zu gewähren ist, siehe Punkt 2.2.).
4.1. Die Klägerin muss also, ungeachtet des Umstandes, dass sie zwischenzeitig Grundversorgung bezieht, einen Bescheid nach § 3 Abs. 2 iVm Abs. 6 Oö. GVG erwirken, mit dem darüber abgesprochen wird, ob der Klägerin für den von ihr beanspruchten Zeitraum Grundversorgungsleistungen zustehen. Damit kommt für die Klägerin aber eine bescheidmäßige Erledigung ihres Anspruchs in Betracht, was die Zulässigkeit einer Klage nach Art. 137 B‑VG ausschließt.“
2.2. Die wiedergegebenen Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes lassen keinen Zweifel daran, dass der Revisionswerberin zur Verfolgung ihres Zahlungsbegehrens der Verwaltungsrechtsweg offensteht (vgl. insbesondere Punkt 4. erster Satz und Punkt 4.1. letzter Satz). Ihr Antrag auf Erlassung eines entsprechenden Leistungsbescheides, dessen Grundlage nach der Ansicht des Verfassungsgerichtshofes § 3 Abs. 2 iVm Abs. 6 Oö. GVG bildet, ist daher zulässig. Die Revisionswerberin irrt allerdings, wenn sie vermeint, es bedürfe überdies noch einer bescheidmäßigen Feststellung, dass ihr für den fraglichen Zeitraum Grundversorgungsleistungen nach dem Oö. GVG zugestanden hätten. Denn das ist ohnehin im Rahmen des erhobenen Leistungsbegehrens zu klären, und es ist kein schützenswertes rechtliches Interesse erkennbar, das Zustehen von Leistungen gesondert zum Gegenstand einer eigenen Feststellung zu machen. Das steht der Erhebung eines darauf abzielenden Feststellungsbegehrens entgegen. Zunächst sieht das Oö. GVG die Erlassung eines Feststellungsbescheides seit Inkrafttreten der Oö. Grundversorgungsgesetz‑Novelle 2016 mit 28. Oktober 2016 und der dabei erfolgten Neufassung des § 4 Oö. GVG ‑ im gegenständlichen Verfahren sind mangels anderer Anhaltspunkte die jeweils aktuellen verfahrensrechtlichen Regelungen heranzuziehen ‑ schon grundsätzlich nicht (mehr) vor. Im Übrigen handelt es sich bei einem Feststellungsbegehren aber um einen nur subsidiären Rechtsbehelf, der hinter einen ‑ auch nur bloß möglichen ‑ Antrag auf Erlassung eines Leistungsbescheides zurücktritt (siehe nur VwGH 10.10.2016, Ra 2014/17/0014, Rn. 29, mwH).
Auch dem zitierten Beschluss des Verfassungsgerichtshofes lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen, zumal seine Ausführungen insgesamt so zu deuten sind, dass nicht erbrachte Grundversorgung ‑ auch außerhalb eines Ersatzanspruches und direkt auf die Erbringung von Grundversorgung gerichtet ‑ im Wege eines Leistungsbegehrens geltend zu machen ist (vgl. idS auch zum GVG‑B 2005 sowie zum Wiener Grundversorgungsgesetz einerseits VwGH 14.4.2016, Ra 2015/21/0190, Rn. 28, und andererseits VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0119, Rn. 14).
17 War das gegenständliche Feststellungsbegehren unzulässig, so wäre es zurückzuweisen gewesen. Dass es dem gegenüber im vorliegenden Fall abgewiesen wurde, verletzt die Revisionswerberin unter der Voraussetzung in Rechten, dass sich ihr Begehren auf Leistung von Geldersatz zumindest teilweise als berechtigt erweist. Gegebenenfalls stünde nämlich die in der Abweisung des Feststellungsbegehrens liegende ‑ verselbstständigte ‑ Verneinung der Vorfrage des Zustehens von Grundversorgungsleistungen in unauflöslicher Diskrepanz zum Ergebnis des Leistungsbegehrens.
18 2.3. Die Leistungen gemäß der Aufnahme‑RL sind den Asylwerbern bei Vorliegen der Voraussetzungen grundsätzlich unmittelbar, ohne dass es einer Antragstellung bedarf, zu gewähren (VfGH 15.10.2016, E 560/2016, VfSlg. 20.099, Punkt III.2.3. der Entscheidungsgründe). Diese Leistungen ‑ und damit die Grundversorgung nach dem einschlägigen Grundversorgungsgesetz ‑ müssen vorläufig ungeachtet der Frage des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen erbracht werden, bis ein Bescheid ergeht, der den gesetzlichen Anspruch auf diese Leistungen verweigert, einschränkt oder entzieht (nochmals VfGH 15.10.2016, A 15/2015, Punkte III.2.2. und 3.2. am Ende der Begründung, unter Berufung auf EuGH 27.2.2014, Rs. C‑79/13 , Saciri, Rz 33 ff). Das bedeutet aber umgekehrt, dass die faktische Vorenthaltung von Grundversorgungsleistungen, bevor ein verweigernder, einschränkender oder entziehender Bescheid ergeht, rechtswidrig ist. Werden an sich vorgesehene Sachleistungen vorenthalten, lässt das dann aber weiter auch das Entstehen von Geldleistungsansprüchen zu. Denn werden die „materiellen Aufnahmebedingungen“ nicht als Sachleistung gewährt, so kann das nur so verstanden werden, dass die Behörde von der Option einer Gewährung von Grundversorgung „in Form von Geldleistungen“ Gebrauch machen will (siehe in diesem Sinn das zuvor erwähnte Urteil des EuGH, Rn. 48). Eine andere Sichtweise würde dem dargestellten unionsrechtlich verbürgten Grundversorgungsanspruch in Verletzung des „effet utile“‑Prinzips seine Wirksamkeit nehmen.
19 Die Annahme, die Behörde habe für die Erbringung von Geldleistungen optiert, ist davon ausgehend in einer Konstellation, wie sie hier vorliegt, zwingend (zunächst erfolgloses Herantreten der Revisionswerberin an die belangte Behörde mit dem bei dieser am 11. November 2015 eingelangten Antrag, insbesondere eine geeignete Unterkunft zu gewähren, verbunden mit dem Begehren auf „unverzügliche Entscheidung“ [siehe dazu Rn. 2]). Insoweit wurde auch der Anforderung des Verfassungsgerichtshofes im schon mehrfach angesprochenen Beschluss A 15/2015 (Punkt III.4. der Begründung) Rechnung getragen, wonach der Asylwerber ‑ was verfassungsrechtlich und unionsrechtlich nicht zu beanstanden sei ‑ „seinen Anspruch gegenüber der Verwaltung geltend machen [muss] und ... nicht zunächst hinnehmen [kann], dass ihm behaupteterweise zustehende Leistungen aus der Grundversorgung vorenthalten werden und (nur) im Nachhinein (Geld‑)Ersatz begehren [kann].“
20 Hat der Asylwerber „seinen Anspruch gegenüber der Verwaltung geltend“ gemacht, so steht einem Geldleistungsbegehren also auch nach der Ansicht des Verfassungsgerichtshofes nichts im Weg und es kann dessen Geltendmachung nur nach Maßgabe des Effektivitäts- und Äquivalenzgrundsatzes eingeschränkt werden.
21 2.4. Dass das von der Revisionswerberin erhobene Geldleistungsbegehren grundsätzlich berechtigt sein kann, hat letztlich auch das LVwG im hier angefochtenen Erkenntnis nicht in Abrede gestellt. Es ging allerdings mit der belangten Behörde erkennbar davon aus, dass ein solches Begehren mit Erfolg nur gegenüber dem Bund hätte gestellt werden können. Das trifft nicht zu.
22 Wohl ist es richtig, wie das LVwG betont, dass ein Anspruch auf Versorgung in einem bestimmten Bundesland grundsätzlich nicht besteht und dass nach dem System der GVV die Länder erst dann zur Erbringung von Grundversorgungsleistungen verpflichtet sind, wenn eine Zuteilung nach Art. 3 Abs. 2 Z 1 GVV an das konkrete Land erfolgte (vgl. Art. 4 Abs. 1 Z 1 GVV). Die GVV kann aber keine Rechte und Pflichten der einzelnen Rechtsunterworfenen begründen. Solche sind im gegebenen Zusammenhang nur aus dem GVG‑B 2005 einerseits sowie aus den einschlägigen Grundversorgungsgesetzen der Länder andererseits ableitbar. Insofern gibt das GVG‑B 2005 ‑ in seinem § 2 Abs. 1 ‑ aber nur einen Anspruch für das Zulassungsverfahren (und ‑ fallbezogen aber nicht relevant ‑ in bestimmten Fällen der Erledigung eines Antrags auf internationalen Schutz im Zulassungsverfahren). § 6 Abs. 2 GVG‑B 2005 gestattet es dem Bund zwar, bis zur Herstellung des Einvernehmens mit der zuständigen Stelle des betroffenen Bundeslandes einen Asylwerber im unbedingt erforderlichen Ausmaß bis 14 Tage nach Zulassung weiter in der Bundesversorgung zu belassen. Daraus lässt sich aber jedenfalls dann kein Anspruch des Asylwerbers bzw. eine korrespondierende Verpflichtung des Bundes ableiten, wenn und soweit schon ein landesgesetzlich begründeter Anspruch auf Grundversorgung besteht.
23 Das ist aber hinsichtlich der Revisionswerberin in Bezug auf Oberösterreich ‑ unterstellt man, dass sie hier Hauptwohnsitz und Aufenthalt hatte ‑ vor dem Hintergrund von § 1 Abs. 1 Oö. GVG der Fall, weil ihr demnach als hilfs‑ und schutzbedürftige Fremde vom Land Oberösterreich die erforderlichen Leistungen zu erbringen sind. [Dass die Revisionswerberin, wie vom LVwG angemerkt, für den Zeitraum 17. November bis 22. November 2015 eine Meldelücke aufweist, steht der Annahme, sie habe auch während dieser Tage ihren Hauptwohnsitz in Oberösterreich gehabt, vor dem Hintergrund dessen, dass der polizeilichen Meldung nur Indizcharakter zukommt (VwGH 30.8.2018, Ra 2018/21/0129, Rn. 13) nicht entgegen.]
24 Unionsrechtlich ist es zwar ohne Belang, welche Gebietskörperschaft die nach der Aufnahme‑RL gebotenen Leistungen erbringt. Ergibt sich aber ein klarer innerstaatlicher Anspruch ‑ so wie gegebenenfalls hier ‑ gegenüber einem Bundesland, so muss dieses Bundesland als zur Tragung der Grundversorgungsleistungen verpflichtet angesehen werden, auch wenn es an der nach der GVV vorgesehenen Zuteilung an das betroffene Bundesland (noch) fehlt, zumal eine (weitere) Betreuung durch den Bund nach § 6 Abs. 2 GVG‑B 2005 von vornherein als Ausnahme konzipiert und zeitlich befristet ist, was seitens des Gesetzgebers mit kompetenzrechtlichen Überlegungen begründet wurde (siehe dazu VwGH 22.9.2011, 2008/18/0542, VwSlg. 18214 A).
25 2.5. Das LVwG hat dem Begehren der Revisionswerberin aber auch ‑ und das sogar primär ‑ mit dem Argument nicht Rechnung getragen, dass ihr die im Rahmen der Aufnahme‑RL zustehenden Leistungen ohnehin ab Antragstellung tatsächlich zur Verfügung gestanden seien. Sie habe sich jedoch aus freien Stücken der ihr gewährten Hilfeleistungen begeben.
26 2.5.1. Dazu hat das LVwG festgestellt, dass die Revisionswerberin nach ihrer asylrechtlichen Ersteinvernahme am 29. Oktober 2015 infolge völliger Auslastung der Kapazitäten aufgrund des Massenzustroms von Fremden keiner Betreuungseinrichtung des Bundes zugewiesen worden sei; sie habe aber ein Informationsblatt mit der Adresse eines vom Bund eingerichteten Notquartiers, welches sich im Postverteilerzentrum am Linzer Bahnhof befunden habe, sowie ein weiteres Informationsblatt mit Adressen von Hilfsorganisationen (Caritas, Volkshilfe, usw.), an welche sie sich im Bedarfsfall hätte wenden können, erhalten. Im Postverteilerzentrum am Linzer Bahnhof sei der Revisionswerberin dann mitgeteilt worden, dass sie erst dann eine (gemeint: reguläre) Unterkunft bekomme, wenn ihr Asylverfahren zugelassen sei. Sie habe sich daraufhin zu ihrer Schwester nach Traun begeben, wo sie die Nacht auf den 30. Oktober 2015 verbracht habe. Am 30. Oktober 2015 habe sich die Revisionswerberin aber wieder im Postverteilerzentrum am Linzer Bahnhof eingefunden.
27 Diesbezüglich stellte das LVwG dann einerseits fest, dass das Postverteilerzentrum vom 30. Oktober bis 18. November 2015 zu Reinigungszwecken geschlossen gewesen sei. Andererseits führte es aus, obwohl die Revisionswerberin angegeben hätte, auf Grund der Wohnverhältnisse nicht bei ihrer Schwester bleiben zu können, habe sie „die Versorgung durch das vom Bund eingerichtete Notquartier ... nicht in Anspruch genommen“ und in der Folge bei einer palästinensischen Familie gewohnt. Ungeachtet der Schließung des Postverteilerzentrums am Linzer Bahnhof wäre zu jedem Zeitpunkt „eine Unterkunftnahme in einem anderen Notquartier in Linz tatsächlich möglich“ gewesen.
28 Die Revisionswerberin sei ‑ so das LVwG weiter ‑ schon ab 29. Oktober 2015 von einer Mitarbeiterin des Vereins „Helping Hands Linz“ betreut worden. Mit ihrer Unterstützung sei versucht worden, ein Quartier zu erhalten. Aus Anlass gemeinsamer Vorsprachen beim ‑ von der Revisionswerberin aber ohnehin nicht als Quartier in Betracht gezogenen ‑ Postverteilerzentrum am Bahnhof, auch nach dem 30. Oktober 2015, habe man die Auskunft erhalten, dass „der Aufenthalt hier hauptsächlich für Transitflüchtlinge möglich ist, wenn keine private Person die Asylwerber abholt.“ In diesem Zusammenhang hätten die Revisionswerberin und ihre freiwillige Betreuerin die konkrete Situation der Revisionswerberin („keine private Unterkunft mehr, weil zu klein, Notlage“) den „dort agierenden Personen“ aber nie geschildert. „Gesamthaft“ ergebe sich das Bild, dass die Revisionswerberin nach einem Quartier gefragt und diesbezüglich konsequent die Antwort erhalten habe, dass „ein Quartier ... nicht vorhanden ist bzw. erst nach Erhalt der weißen Karte zugeteilt werden könne, wiewohl die [Revisionswerberin] aber ‑ entgegen ihrer Annahme ‑ nicht ‚auf der Straße‘ gelandet wäre, da tatsächlich ausreichend Notquartiere vorhanden gewesen wären.“
29 Nach Zulassung des Asylverfahrens am 5. November 2015 habe sich die Revisionswerberin nach ihrer Untersuchung beim Magistrat wieder am Bahnhof eingefunden. Von dort sei sie dann zum BFA, Regionaldirektion Oberösterreich, gebracht worden, wo sie bekannt gegeben habe, privat Unterkunft genommen zu haben.
30 Zunächst ist festzuhalten, dass sich diese Feststellungen nur auf die Phase bis zum 5. November 2015 beziehen und den vom gegenständlichen Begehren erfassten nachfolgenden Zeitraum nicht erfassen. Vor allem stellte das LVwG eine Weigerung der Revisionswerberin, eine ihr angebotene Unterkunft nicht annehmen zu wollen, nur ‑ noch erkennbar ‑ hinsichtlich des 30. Oktober 2015 (nach Rückkehr der Revisionswerberin zum Postverteilerzentrum am Linzer Bahnhof) fest, doch bleibt unklar, in Bezug auf welches „vom Bund eingerichtete Notquartier“ die Revisionswerberin „die Versorgung ... nicht in Anspruch“ nahm. In diesem Zusammenhang ist nämlich nur vom Postverteilerzentrum am Linzer Bahnhof die Rede, welches aber nach den weiteren Feststellungen des LVwG ab dem 30. Oktober 2015 geschlossen war und insofern von vornherein nicht als „Träger“ von Grundversorgungsleistungen in Betracht kam. Aber selbst wenn davon auszugehen wäre, das LVwG habe die dann angesprochene „Unterkunftnahme in einem anderen Notquartier“ gemeint, bliebe offen, welches dem Bund zuordenbare Quartier konkret angeboten und nicht angenommen wurde. Von daher erübrigen sich auch ‑ vom LVwG aber ohnehin nicht näher angestellte ‑ Überlegungen dahin, ob die Nichtinanspruchnahme eines Notquartiers am 30. Oktober 2015 dafür verantwortlich war, dass die Revisionswerberin über den 5. November 2015 und dann vor allem auch über den 11. November 2015 (Eingang des in Rn. 2 dargestellten Antrags bei der belangten Behörde) hinaus keine Grundversorgungsleistungen erhielt.
31 2.5.2. Soweit das LVwG davon ausging, „Notquartiere“ hätten unter den Umständen des vorliegenden Falles für die erforderliche Versorgung der Revisionswerberin ausgereicht, unterliegt es darüber hinaus aber ohnehin einem Rechtsirrtum.
32 Das LVwG stützte sich für diese Auffassung auf Art. 18 Abs. 9 lit. b der Aufnahme‑RL. Demnach können die Mitgliedstaaten in begründeten Ausnahmefällen für einen angemessenen Zeitraum, der so kurz wie möglich sein sollte, andere Modalitäten der im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen festlegen als in diesem Artikel vorgesehen, wenn die üblicherweise verfügbaren Unterbringungskapazitäten vorübergehend erschöpft sind. Bei derartig anderen Aufnahmemodalitäten werden unter allen Umständen die Grundbedürfnisse gedeckt.
33 Auf diese Richtlinienbestimmung konnte eine eingeschränkte Versorgung der Revisionswerberin durch das Land Oberösterreich aber nicht gegründet werden. Wie sie zu Recht ins Treffen führt, wurde diese Bestimmung nämlich durch das Oö. GVG nicht umgesetzt. Zwar enthält § 6 Oö. GVG „Sonderbestimmungen für Vertriebene“ und normierte dazu, dass sich bei einem Massenzustrom von Vertriebenen (§ 76 NAG) die Grundversorgung auf die Unterbringung in geeigneten Unterkünften, die Versorgung mit angemessener Verpflegung und die Sicherung der Krankenhilfe beschränken könne. Außerdem wurde (und wird) in einem weiteren Satz angeordnet, dass diesfalls § 4 [Regelung über den Rechtsschutz] nicht anzuwenden sei.
34 Die Materialien zu § 6 Oö. GVG (AB 1058/2006 OöLT 26. GP) halten allerdings fest, dass diese Einschränkung durch Art. 3 Abs. 3 der Aufnahme‑RL gedeckt sei. Dort wird jedoch auf die Anwendung der Richtlinie 2001/55/EG abgestellt, auf die dann auch im erwähnten Ausschussbericht ausdrücklich Bezug genommen wird („In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass für Massenfluchtbewegungen die EU‑Richtlinie 2001/55/EG ... anzuwenden ist.“). Schon deshalb ‑ und auch auf Grund dessen, dass § 6 Oö. GVG ausdrücklich an einen „Massenzustrom von Vertriebenen“ anknüpft ‑ ist davon auszugehen, dass diese landesgesetzliche Norm einen „Massenzustrom von Vertriebenen“ im Sinn der Richtlinie 2001/55/EG im Auge hat und damit nur jene Fälle erfassen will, in denen gemäß Art. 5 dieser Richtlinie das Bestehen eines Massenzustroms von Vertriebenen durch Ratsbeschluss festgestellt wurde. Der Verweis auf § 76 NAG [nunmehr § 62 AsylG 2005] bezieht sich davon ausgehend offenkundig lediglich auf eine in einer solchen Konstellation erlassene Verordnung der Bundesregierung.
35 Damit hat der oberösterreichische Landesgesetzgeber von der durch Art. 18 Abs. 9 lit. b Aufnahme‑RL eingeräumten Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht, was dann in weiterer Folge aber auch bedeutet, dass sich die belangte Behörde nicht auf diese Richtlinienbestimmung berufen kann. Denn eine unmittelbare Anwendung kommt, wie die Revisionswerberin zutreffend aufzeigt, zu Lasten eines Einzelnen schon von vornherein nicht in Betracht (in diesem Sinn VwGH 24.3.2015, Ro 2014/09/0057, VwSlg. 19082 A; siehe auch EuGH 24.4.2012, Kamberaj, C‑571/10 , Rn. 87).
36 Demzufolge lässt sich die Abweisung des Begehrens der Revisionswerberin auch nicht damit begründen, ihr wäre ohnehin ein „Notquartier“ zur Verfügung gestellt worden. Das angefochtene Erkenntnis war daher ‑ zur Gänze ‑ gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
37 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 20. Dezember 2018
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