VwGH Ra 2018/19/0080

VwGHRa 2018/19/008024.5.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, in der Revisionssache der S E A, vertreten durch Mag. Alexander Kirchmauer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Mühlweg 65, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 3. Jänner 2018, L508 2130432-2/9E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

VwGVG 2014 §28 Abs3;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018190080.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin stellte am 22. Juli 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 27. Jänner 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag

hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten und

hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten ab und erteilte eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

2 Mit Beschluss vom 27. Juli 2016 hob das Bundesverwaltungsgericht diesen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG auf und verwies die Sache zur neuerlichen Entscheidung an das BFA zurück. Dazu stützte sich das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen darauf, dass das BFA Ermittlungen zur Staatsangehörigkeit der Revisionswerberin unterlassen habe, weshalb die Annahme, sie sei Jordanierin, begründungslos geblieben sei. Im Übrigen trug das Bundesverwaltungsgericht dem BFA auf, sich mit dem Vorbringen der Revisionswerberin - insbesondere der Behauptung, ihr drohe bei einer Rückkehr "häusliche Gewalt", - auseinanderzusetzen und die "individuelle" Gefährdung der Revisionswerberin zu beurteilen.

3 Mit Bescheid vom 26. April 2017 wies das BFA den Antrag der Revisionswerberin erneut hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten und hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten ab und sprach aus, dass der Antrag der Revisionswerberin auf Verlängerung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" abgewiesen und ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt werde. In einem erließ das BFA eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung der Revisionswerberin nach Jordanien zulässig sei und die Frist für ihre freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

4 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen den genannten Bescheid vom 26. April 2017 erhobene Beschwerde der Revisionswerberin, soweit diese sich gegen die Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten und des Status der subsidiär Schutzberechtigten richtete, ab, gab der Beschwerde aber insoweit Folge, als es aussprach, dass gemäß § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei und gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 eine "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt werde. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Bundesverwaltungsgericht für nicht zulässig.

5 Aus näher dargestellten Gründen ging das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass die Revisionswerberin jordanische Staatsangehörig sei und - entgegen ihrem Vorbringen - bei einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat keine Gefahr bestehe, dass die Revisionswerberin Opfer einer von Familienangehörigen ausgehenden "häuslichen Gewalt" werde. Eine reale Gefahr einer gegen Art. 2 oder 3 MRK verstoßenden Behandlung drohe der Revisionswerberin in Jordanien nicht. Eine Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG ergebe aber, dass durch die familiären und privaten Bindungen des Revisionswerberin in Österreich das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts überwogen würde, sodass eine Rückkehrentscheidung unzulässig sei. Mangels Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG) durch die Revisionswerberin seien aber die Voraussetzungen der Zuerkennung einer "Aufenthaltsberechtigung plus" nach § 55 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 nicht gegeben, sodass nur eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen gewesen sei.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit ihrer Revision zunächst vor, das Bundesverwaltungsgericht habe im zweiten Rechtsgang die Bindungswirkung seines Beschlusses vom 27. Juni 2016 missachtet, weil es sich nicht mit der "individuellen Lebenssituation der Revisionswerberin" auseinandergesetzt habe.

10 Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das Verwaltungsgericht selbst und die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts im zweiten Rechtsgang gemäß § 28 Abs. 3 letzter Satz VwGVG an die tragenden Aufhebungsgründe eines in Rechtskraft erwachsenen Zurückverweisungsbeschlusses gebunden sind (vgl. etwa VwGH 10.1.2018, Ra 2017/08/0134; sowie mit näheren Ausführungen etwa VwGH 29.6.2017, Ra 2016/04/0118). Im vorliegenden Fall wurden im zweiten Rechtsgang das Ermittlungsverfahren und die Feststellungen im Sinn des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27. Juni 2016 ergänzt. Die Revision vermag daher nicht aufzuzeigen, dass das Bundesverwaltungsgericht sich über die Bindungswirkung dieses Beschlusses hinweggesetzt hätte.

11 Soweit die Revisionswerberin unter dem Gesichtspunkt der Zulässigkeit der Revision weiters vorbringt, es fehle Rechtsprechung zur "Frage des Umfangs der amtswegigen Prüfpflicht" hinsichtlich der Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung plus" behauptet sie nicht einmal, dass - entgegen den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes - die Voraussetzungen nach § 55 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 (Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG) vorgelegen wären. Um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen, ist aber auf die vorliegende Rechtssache bezogen darzulegen, warum das rechtliche Schicksal der Revision von dieser Rechtsfrage abhängt (vgl. etwa VwGH 3.4.2017, Ra 2016/20/0373-0377, mwN). Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zuständig (vgl. etwa VwGH 9.9.2016, Ra 2016/12/0062).

12 Mit ihrem Vorbringen, dass sich nach den "Reiseinformationen zu Jordanien auf der Homepage der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres" die "Gefahrenlage in Jordanien" regional unterschiedlich gestalte, wendet die Revision sich erkennbar gegen die Nichtgewährung von subsidiärem Schutz, vermag jedoch mit diesem Hinweis ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zu den Voraussetzungen der Zuerkennung subsidiären Schutzes etwa VwGH 19.6.2017, Ra 2017/19/0095) nicht aufzuzeigen.

13 Aus den dargelegten Gründen erweist sich die Revision wegen Fehlens der Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG als nicht zulässig. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 24. Mai 2018

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