VwGH Ra 2018/09/0092

VwGHRa 2018/09/009213.12.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr und die Hofräte Dr. Doblinger, Dr. Hofbauer, Mag. Feiel sowie die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schachner, über die außerordentliche Revision der A GmbH in W, vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 22. März 2018, LVwG 41.23-956/2017-11, betreffend Antrag auf Ausfolgung eines nach dem Glücksspielgesetz beschlagnahmten Gerätes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Steiermark), zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
GSpG 1989 §52 Abs1;
GSpG 1989 §52 Abs2;
GSpG 1989 §53 Abs1;
GSpG 1989 §54 Abs1;
GSpG 1989 §55 Abs1;
GSpG 1989 §55 Abs2;
VStG §17 Abs1;
VStG §17 Abs2;
VStG §55;
VwGG §42 Abs2 Z1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018090092.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von 1.346,40 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Steiermark vom 6. Februar 2017 wurde der Antrag auf Rückausfolgung eines mit Bescheid vom 23. November 2016 beschlagnahmten "Cash GUARD" gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm § 52 Abs. 1 iVm § 55 Abs. 1 Glücksspielgesetz (GSpG) abgewiesen.

2 Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid damit, dass es sich bei dem Gerät um einen Buchhaltungscomputer für elektronische Glücksspielgeräte handle, aus dem ausschließlich etwaige Gewinne aus den Glücksspielautomaten ausbezahlt würden.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark die von der revisionswerbenden Partei dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision nicht zulässig sei.

4 Das Landesverwaltungsgericht stellte in seinem Erkenntnis fest, dass das gegenständliche Gerät dazu diene Gewinne, welche auf den aufgestellten Glücksspielgeräten erzielt worden seien, auszuzahlen. Weiters sei der "Cash GUARD" unbedingt erforderlich, um zusammen mit den aufgestellten Glücksspielgeräten verbotene Ausspielungen durchführen zu können. Dazu führte das Landesverwaltungsgericht weiters aus, dass dieses Gerät zwar nicht einer gesonderten Bestrafung gemäß § 52 GSpG unterliege, weswegen es auch nicht gemäß § 54 GSpG eingezogen werden könne, dieses aber gemeinsam mit den Glücksspielgeräten einen einheitlichen Eingriffsgegenstand darstelle, welcher aus mehreren Komponenten bestehe. Für derartige technische Vorrichtungen sei § 52 Abs. 4 GSpG zu beachten, wonach für das gegenständliche Gerät der Verfall gemäß § 17 Abs. 1 und 2 VStG vorgesehen sei.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, in welcher beantragt wurde das angefochtene Erkenntnis aufzuheben oder es gegebenenfalls nach Beauftragung um Ergänzung des Ermittlungsverfahrens abzuändern und der Beschwerde stattzugeben. Das Verwaltungsgericht legte die Verwaltungsakten vor. Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Die vorliegende Revision erweist sich als zulässig und berechtigt:

9 § 55 Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989, in der Fassung

BGBl. I Nr. 111/2010, lautet (auszugsweise):

"Herausgabe beschlagnahmter Gegenstände

§ 55. (1) Beschlagnahmte Gegenstände, die nicht eingezogen werden und die auch nicht gemäß § 17 Abs. 1 oder 2 VStG für verfallen erklärt werden können, sind demjenigen, der ihren rechtmäßigen Erwerb nachweist, dann herauszugeben, wenn keiner der an der Verwaltungsübertretung gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 Beteiligten (Veranstalter, Inhaber) innerhalb der letzten fünf Jahre (§ 55 VStG) schon einmal wegen einer solchen Verwaltungsübertretung bestraft worden ist. Die Herausgabe hat mit dem Hinweis zu erfolgen, daß im Falle einer weiteren Verwaltungsübertretung gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 die Gegenstände, mit denen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird, eingezogen werden. Davon ist auch der Eigentümer der herausgegebenen Gegenstände zu verständigen, soweit er ermittelbar ist und ihm die Gegenstände nicht herausgegeben wurden.

..."

10 Das Gericht hat sich vorliegend fallbezogen nicht ausreichend mit den genannten Voraussetzungen auseinandergesetzt:

11 Vor dem Hintergrund des § 55 Abs. 1 GSpG ist die Herausgabe beschlagnahmter Geräte somit zulässig, wenn diese nicht eingezogen werden und auch nicht gemäß § 17 Abs. 1 oder 2 VStG für verfallen erklärt werden können. Solche Gegenstände sind nur dann herauszugeben, "wenn keiner der an der Verwaltungsübertretung gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 Beteiligten (Veranstalter, Inhaber) innerhalb der letzten fünf Jahre (§ 55 VStG) schon einmal wegen einer solchen Verwaltungsübertretung bestraft worden ist". Bezüglich der von dieser Bestimmung erfassten, beschlagnahmten Gegenstände, die weder "gemäß § 17 Abs. 1 oder 2 VStG für verfallen erklärt werden können" noch eingezogen werden und die nach dieser Bestimmung aber dennoch nicht herausgegeben werden sollen, geht das Gesetz daher offensichtlich von einer aufrechten, weiterhin gültigen Beschlagnahme aus, die erst durch eine spätere Herausgabe der Gegenstände oder aber durch den in § 55 Abs. 2 GSpG normierten Eigentumsübergang zu Gunsten des Bundes beendet wird (vgl. VwGH 6.9.2016, Ra 2015/09/0103).

12 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits mit der Strafbarkeit und Beschlagnahme von Komponenten eines Glücksspielgerätes (dort "Cash-Center") befasst und in seinem Erkenntnis vom 15. Februar 2018, Ra 2017/17/0718, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgeführt, dass ein Kassensystem, das zur Auszahlung von Gewinnen dient, eine Komponente eines Glücksspielgerätes darstellt, die nicht als selbstständiger Eingriffsgegenstand einer Bestrafung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG iVm § 52 Abs. 2 GSpG zu Grunde gelegt werden darf (vgl. weiters VwGH 19.3.2018, Ra 2017/17/0833; 27.3.2018, Ra 2017/17/0969).

13 Als Komponente eines Glücksspielgerätes ist das gegenständliche Kassensystem jedoch einer Beschlagnahme gemäß § 53 Abs. 1 GSpG und einer Einziehung gemäß § 54 Abs. 1 GSpG zugänglich (vgl. dazu VwGH 18.7.2018, Ra 2017/17/0821, mwN).

14 Ausgehend von der unbekämpft gebliebenen Feststellung, dass der beschlagnahmte "Cash GUARD" ausschließlich dazu gedient habe, Gewinne, welche auf den aufgestellten Glücksspielgeräten erzielt worden seien, auszuzahlen, stellt er damit eine gemäß § 54 GSpG einziehungsfähige Komponente eines Glücksspielgerätes dar.

15 Wenn das Verwaltungsgericht daher im vorliegenden Fall davon ausgeht, dass der "Cash GUARD" nicht eingezogen werden kann, weil er keiner gesonderten Bestrafung unterliegt, so ist diese Rechtsansicht zu kurz gegriffen und daher unrichtig. Vielmehr werden im fortgesetzten Verfahren Feststellungen dahin gehend zu treffen sein, ob eine Einziehung entweder bereits stattgefunden hat oder noch durchgeführt werden wird oder von der Behörde davon überhaupt Abstand genommen wird.

16 Wenn die revisionswerbende Partei zusammengefasst vorbringt, dass auch die Voraussetzungen für den Verfall nicht vorlägen, ist dazu auszuführen, dass das Landesverwaltungsgericht dazu ebenfalls keinerlei Feststellungen getroffen hat, die eine Überprüfung, ob tatsächlich die Voraussetzungen für einen Verfall gemäß § 17 Abs. 1 oder 2 VStG vorliegen bzw. allenfalls eine Verfolgungsverjährung eingetreten ist, überhaupt ermöglichen.

17 Im fortgesetzten Verfahren wird das Landesverwaltungsgericht daher die in § 55 Abs. 1 GSpG normierten Tatbestände auf deren Verwirklichung zu überprüfen und die Voraussetzungen für den Ausfolgungsantrag neuerlich zu bewerten haben.

18 Das Landesverwaltungsgericht hat daher das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, sodass das Erkenntnis aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat aufzuheben war.

19 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 13. Dezember 2018

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