VwGH Ra 2018/03/0124

VwGHRa 2018/03/01248.4.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, in der Revisionssache des Mag. R K, Rechtsanwalt in W, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. September 2018, Zl. W256 2122018- 1/5E, betreffend Auskunftspflicht i.A. eines Verwaltungsstrafverfahrens nach dem TKG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Fernmeldebüro für Steiermark und Kärnten), den Beschluss gefasst:

Normen

AuskunftspflichtG 1987
AuskunftspflichtG 1987 §1
AuskunftspflichtG 1987 §2
AVG §17
B-VG Art20 Abs4
VStG §24

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018030124.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 A.  Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

2 B. Das vor dem Verwaltungsgericht belangte Fernmeldebüro (FB) wies mit Bescheid vom 14. Jänner 2018 den auf Art. 20 Abs. 4 B-VG und das Auskunftspflichtgesetz gestützten Antrag des Revisionswerbers auf Auskunft betreffend näher bezeichneter Verwaltungsstrafverfahren gemäß Art. 20 Abs. 3 B-VG iVm §§ 8 und 17 AVG sowie § 24 VStG ab.

3 Das Verwaltungsgericht (VwG) wies mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis, gestützt auf das Auskunftspflichtgesetz, die dagegen gerichtete Beschwerde ab (Spruchpunkt A) und erachtete die Erhebung einer Revision dagegen als nicht zulässig (Spruchpunkt B). Nach der Begründung dieser Entscheidung sei seitens des FB die Verweigerung der Auskunft zu Recht erfolgt. Die Auskunftspflicht nach dem Auskunftspflichtgesetz sei zunächst nicht geeignet, die im Wege des Auskunftverlangens begehrte Akteneinsicht durchzusetzen. Da im Übrigen die vom Revisionswerber dem FB zusätzlich gestellten Fragen nicht nur auf eine kurze Darlegung des Verfahrensganges, sondern vielmehr auf eine inhaltlichen Darstellung, wie sie dem Ergebnis einer Akteneinsicht gleichkomme, und überdies sogar auf die Begründung der einzelnen gesetzten bzw. nicht gesetzten Verfahrensschritte gerichtet gewesen seien, hätten auch diese keine Auskunftspflicht nach dem Auskunftspflichtgesetz begründen können. Ein Verfahren nach dem Auskunftspflichtgesetz könne weder dazu dienen, ein Ermittlungsverfahren zu ergänzen, noch dazu, Motive und Gründe behördlichen Handelns oder Unterlassens in Erfahrung zu bringen. Dass die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde den Antrag auf Auskunftserteilung abgewiesen habe, anstatt - dem Antrag des Revisionswerbers auf Bescheiderlassung folgegebend - bescheidmäßig festzustellen, dass dem Revisionswerber das Recht auf Auskunft nicht zukomme, sei lediglich als ein nicht weiter aufzugreifendes "Vergreifen im Ausdruck" zu werten.

4 C. Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, mit der unter anderem begehrt wird, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

5 Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete eine von der Finanzprokuratur erstellte Revisionsbeantwortung, mit der sie der Revision entgegen trat.

6 D. Entgegen der Zulässigkeitsbegründung der Revision hat das Verwaltungsgericht die in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum Ausdruck kommende Rechtslage hinreichend beachtet, weshalb sich die Revision als nicht zulässig erweist.

7 Im vorliegenden Fall wurde dem Revisionswerber auf dem Boden der Darstellung in der Revision nach seiner Nachfrage nach dem Stand des verwaltungsstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens (vgl. Punkt 10 der Revision) mit Schreiben vom nächsten Tag von der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde mitgeteilt, dass ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und Maßnahmen gesetzt werden, um Belästigungen, wie sie der Revisionswerber angezeigt hatte, abzustellen, dass allerdings zum (gemeint: konkreten) Stand des Verfahrens mangels Parteistellung des Revisionswerbers keine Auskunft gegeben werden könne (vgl. Punkt 14 der Revision). In Reaktion auf dieses Schreiben (vgl. Punkt 15 der Revision) wies der Revisionswerber das FB auf seine wiederholt eingebrachten Anzeigen sowie auf den durch die Belästigungen entstandenen Schaden hin und verlangte "daher gemäß dem Amtsauskunftspflichtgesetz Akteneinsicht und Aufklärung darüber,

welche Schritte bisher gesetzt wurden, warum ... bisher

offensichtlich noch nie verurteilt wurde und Strafen offensichtlich noch nicht vollzogen wurden. Ich beantrage darüber mit Bescheid zu entscheiden."

8 Der Verwaltungsgerichtshof hat schon festgehalten, dass der in Art. 20 Abs. 4 B-VG verankerten Auskunftspflicht die Einsicht zu Grunde liegt, dass in einem demokratischen Staat nicht nur die Gesetzgebung, sondern auch die Verwaltung in einem bestimmten Ausmaß der Öffentlichkeit zugänglich sein muss, weil eine sachgerechte Information der Bürger und ein transparentes Verwaltungsgeschehen unerlässliche Voraussetzungen für eine effektive Wahrnehmung der demokratischen Mitwirkungsrechte der Bürger am staatlichen Handeln sind (vgl. VwGH 13.9.2016, Ra 2015/03/0038, VwSlg. 19.447 A, mwH). Allerdings ist die Auskunftspflicht nach den Leitlinien der Rechtsprechung (vgl. VwGH 9.9.2015, 2013/04/0021; VwGH 21.9.2005, 2004/12/0151, mit näherer Begründung) zum vorliegend relevanten Auskunftspflichtgesetz, BGBl. Nr. 287/1987 idF BGBl. I Nr. 158/1998, entgegen der Revision nicht dazu geeignet, die vom Revisionswerber betreffend die in Rede stehenden Verwaltungsstrafverfahren offensichtlich mit seinem Auskunftsbegehren angestrebte Akteneinsicht durchzusetzen (vgl. das in der Revision unter Punkt 15 wiedergegebene Schreiben des Revisionswerbers). Ein Recht auf Akteneinsicht ist auf dem Boden des § 24 VStG iVm § 17 AVG vielmehr grundsätzlich den Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens vorbehalten; dass es sich beim Revisionswerber um eine Partei in diesem Verwaltungsstrafverfahren handeln würde, wird weder vom VwG angenommen noch in der Revision substantiiert vorgebracht. Eine gesetzliche Grundlage für ein darüber hinausgehendes Akteneinsichtsrecht (vgl. etwa § 68 Abs. 1 StPO) besteht für die vorliegende verwaltungsstrafrechtliche Konstellation nicht. Daran vermag nichts zu ändern, dass es zur zweckmäßigen Erteilung einer Auskunft geboten sein kann, dem Auskunftswerber nicht bloß mündliche oder schriftliche Auskunft über den Inhalt von Dokumenten zu erteilen, sondern den Zugang zu den relevanten Dokumenten zu gewähren (vgl. VwGH 29.5.2018, Ra 2017/03/0083). Der Begriff "Auskunft" umfasst die Pflicht zur Information über die Tätigkeit der Behörde, nicht aber eine Verpflichtung zur Begründung behördlichen Handelns oder Unterlassens (vgl. etwa VwGH 27.2.2013, 2009/17/0232, VwSlg. 18.574 A). Den Behörden wurde im Wege der Auskunftspflicht nicht eine Verpflichtung überbunden, ihre Handlungen und Unterlassungen auch dem anfragenden Bürger gegenüber zu begründen und damit (letztlich) zu rechtfertigen. Das Auskunftspflichtgesetz dient nicht zur Durchsetzung von Rechtsansichten, die Gegenstand eines laufenden Verfahrens sind, weiters auch nicht dazu, ein Unbehagen etwa an den Bescheiden oder der Vorgangsweise von Behörden zu artikulieren (vgl. VwGH 28.6.2006, 2002/13/0133, VwSlg. 8155 F). Das zur Auskunft berufene Organ ist nicht dazu verpflichtet, Auskünfte über Fragen zu geben, die Gegenstand eines anhängigen Verwaltungs(straf)verfahrens sind, zumal Umstände eines noch nicht abgeschlossenen Entscheidungsprozesses kein gesichertes Wissen darstellen, wie es den Gegenstand einer Auskunft darstellen muss (vgl. VwGH 19.11.1997, 96/09/0192, mwH). Zudem besteht nach der Rechtslage an der Geheimhaltung der Daten betreffend die Überprüfung der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften durch ein behördliches Organ ein Interesse dieses Organes, wobei gegenständlich das Interesse des Revisionswerbers, über den konkreten Stand der Ermittlungen bzw. der Bestrafungen und deren Vollzug Auskunft zu erhalten, auch deshalb zurück bleibt, weil (wie erwähnt) die Auskunftspflicht keine Verpflichtung zur Begründung behördlichen Handelns oder Unterlassens umfasst (vgl. idZ VwGH 23.10.2013, 2013/03/0109). Da behördlicherseits dem Revisionswerber ohnehin (wie von der Revision eingeräumt) die Auskunft gegeben wurde, dass auf Grund der Anzeigen des Revisionswerbers ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet wurde und Maßnahmen gesetzt würden, um die Belästigungen abzustellen, vermag das Vorbringen der Revision betreffend eine sich aus Art. 8 EMRK ergebende Verpflichtung zur Strafverfolgung sowie betreffend die auf den Schutz der Privatsphäre gerichtete Zielsetzung des § 78 TKG nichts zu ändern. Schließlich ist das Recht auf Auskunftserteilung nicht zivilrechtlicher Natur, dies auch dann nicht, wenn - mit Blick auf den von der Revision behaupteten Schaden - die Auskünfte bei Verfolgung ziviler Rechte möglicherweise behilflich wären (vgl. VwGH 23.3.1999, 97/19/0022, VwSlg. 15.104 A). Zu der von der Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht relevierten und daher nicht weiter zu verfolgenden Frage der Zuständigkeit des VwG zur erkenntnismäßigen Entscheidung über den Antrag des Revisionswerbers auf bescheidmäßigen Abspruch nach dem Auskunftspflichtgesetz (vgl. § 4 leg. cit.) wird lediglich der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass das VwG prinzipiell nicht nur die gegen einen verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen hat, die von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war (vgl. aus der ständigen Judikatur VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063, VwSlg. 18.868 A, und rezent VwGH 30.1.2019, Ra 2018/03/0131, sowie zur Auskunftserteilung VwGH 24.5.2018, Ro 2017/07/0026).

9 E.  Die Revision war somit von dem nach § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Wien, am 8. April 2019

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte