Normen
AsylG 2005 §10 Abs1;
AsylG 2005 §12a Abs2 Z1;
AsylG 2005 §2 Abs1 Z23;
AVG §56;
FrPolG 2005 §52 Abs1 Z1;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §53 Abs3 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
I. zu Recht erkannt:
Spruchpunkt A des angefochtenen Erkenntnisses wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. II. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Begründung
1 Nachdem ein vom Revisionswerber, einem nigerianischen Staatsangehörigen, am 20. November 2014 gestellter erster Antrag auf internationalen Schutz zur Gänze rechtskräftig abgewiesen und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen worden war, stellte der Revisionswerber am 21. Oktober 2016 einen Folgeantrag. In Bezug auf diesen Antrag hob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit (mündlich verkündetem) Bescheid vom 28. November 2016 den faktischen Abschiebschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 auf. Eine Entscheidung über den Asylfolgeantrag ist bis zur Erlassung des vorliegend angefochtenen Erkenntnisses (siehe dazu Rz 3) nicht ergangen.
2 Mit Bescheid des BFA vom 8. Februar 2017 wurde ausgesprochen, dass dem Revisionswerber ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt werde. Weiters erließ das BFA gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 Z 1 FPG und im Hinblick auf seine Straffälligkeit, die zu wiederholten Verurteilungen wegen Suchtmitteldelikten geführt hatte, gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein mit zehn Jahren befristetes Einreiseverbot. Unter einem stellte das BFA gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Nigeria zulässig sei. Schließlich sprach das BFA noch aus, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 4 FPG nicht gewährt und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde.
3 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 10. März 2017 als unbegründet ab (Spruchpunkt A). Des Weiteren wies es den Antrag des Revisionswerbers auf Gewährung der Verfahrenshilfe "gemäß § 8a VwGVG iVm § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a bis d ZPO" als unzulässig zurück (Spruchpunkt B). Schließlich sprach das BVwG noch aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt C).
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Durchführung eines Vorverfahrens - Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet - erwogen hat:
5 Die Revision erweist sich entgegen dem - gemäß § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG den Verwaltungsgerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des BVwG unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B-VG insoweit als zulässig, als Spruchpunkt A des angefochtenen Erkenntnisses bekämpft wird, weil das BVwG damit von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist; die Revision ist demzufolge in diesem Umfang auch berechtigt.
6 Wie schon im Verfahren vor dem BFA macht der Revisionswerber auch in der Revision entsprechend seinem Vorbringen zur Begründung des Asylfolgeantrags geltend, er werde aufgrund näher genannter Umstände in Nigeria als Homosexueller verfolgt. Demgegenüber stellte das BVwG unter Einbeziehung diesbezüglicher Länderberichte im angefochtenen Erkenntnis fest, der Revisionswerber werde - entgegen seinem Vorbringen - in Nigeria nicht wegen seiner Homosexualität verfolgt; er sei bei einer Rückkehr nach Nigeria "mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung" ausgesetzt.
7 Damit wird deutlich, dass im gegenständlichen Verfahren, das primär auf die Erlassung einer fremdenpolizeilichen Maßnahme, nämlich eines (gemäß § 53 Abs. 1 erster Satz FPG mit einer Rückkehrentscheidung zu verbindenden) Einreiseverbotes zielt, die - bisher noch nicht getroffene - Entscheidung über den vom Revisionswerber gestellten Asylfolgeantrag in unzulässiger Weise vorweggenommen wurde. Zu einer solchen Konstellation hat der Verwaltungsgerichtshof aber bereits in seinem Erkenntnis vom 4. August 2016, Ra 2016/21/0162, mit näherer Begründung klargestellt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung (samt Einreiseverbot) nicht zulässig ist, bevor über einen anhängigen Antrag auf internationalen Schutz abgesprochen wurde; das gilt auch für ein - wie hier - anhängiges Verfahren über einen Asylfolgeantrag. Es genügt somit, auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses, insbesondere unter Rz 12 und 13, gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG zu verweisen.
8 Demzufolge hätte das BVwG die vom BFA erlassene Rückkehrentscheidung samt dem darauf aufbauenden Einreiseverbot und die weiteren damit verbundenen Nebenaussprüche ersatzlos beheben müssen. Darüber wird im anhängigen Verfahren über den am 21. Oktober 2016 vom Revisionswerber gestellten Antrag auf internationalen Schutz - dann zeitaktuell - zu entscheiden sein. Das hat das BVwG nicht erkannt, weshalb Spruchpunkt A des angefochtenen Erkenntnisses gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Dreiersenat aufzuheben war.
9 In Bezug auf die mit Spruchpunkt B des angefochtenen Erkenntnisses vorgenommene Zurückweisung des Antrags auf Verfahrenshilfe macht die Revision nur geltend, die "zuerkannte" Rechtsberatung könne mit einer "zu bewilligenden Verfahrenshilfe und damit verknüpften Rechtsvertretung nicht gleichgesetzt werden". Schon allein aus diesem Grund hätte dem Revisionswerber die Verfahrenshilfe gewährt werden müssen.
10 Dem ist zu erwidern, dass der Revisionswerber die Bewilligung der Verfahrenshilfe im Beschwerdeverfahren ausdrücklich nur im Umfang der Befreiung von der Eingabengebühr beantragt hatte. Das BVwG hat auch nur diesbezüglich im Spruchpunkt B eine Antragszurückweisung vorgenommen, und zwar deshalb, weil nach Auffassung des BvWG gemäß § 70 AsylG 2005 für die Beschwerde keine Eingabengebühr zu entrichten sei. Soweit das BVwG in seiner Begründung in nicht tragender Weise auch die Frage behandelte, ob für den Revisionswerber zusätzlich zum beigegebenen Rechtsberater noch im Wege der Verfahrenshilfe ein Rechtsanwalt als Vertreter beizustellen gewesen wäre, kann der Revisionswerber somit von vornherein nicht in Rechten verletzt sein. Die nur diese Frage ansprechende Revision war daher, soweit sie Spruchpunkt B des angefochtenen Erkenntnisses bekämpft, gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
11 Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auch auf § 50 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-AufwErsatzV 2014.
Wien, am 31. August 2017
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