VwGH Ra 2017/20/0209

VwGHRa 2017/20/02096.9.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, in der Rechtssache der Revision des M K in S, vertreten durch Dr. Johann Jalovetz, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Postgasse 8, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Mai 2017, Zl. I413 2010101- 1/17E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1;
AsylG 2005 §8 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
MRK Art8;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist Staatsangehöriger von Ägypten und stellte am 10. April 2013 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 10. Juli 2014, mit welchem sein Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 3 Abs. 1 und  8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) abgewiesen, Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 nicht erteilt und nach § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie die Zulässigkeit der Abschiebung des Revisionswerbers nach Ägypten festgestellt wurde, ab. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision (gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert) vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. den hg. Beschluss vom 10. Dezember 2014, Ra 2014/20/0115, mwN).

5 Soweit sich die Revision gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts richtet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu verweisen, wonach dieser - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen, soweit der Sachverhalt genügend erhoben ist und die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, nicht berufen ist (vgl. hg. Beschluss vom 21. Februar 2017, Ra 2016/18/0229, mwN). Die Ausführungen in der Revision zeigen nicht auf, dass die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts einer derartigen Schlüssigkeitskontrolle nicht standhalten würde.

6 Sofern die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung die Verletzung der Begründungspflicht und Mängel im Ermittlungsverfahren rügt, ist ihr entgegen zu halten, dass eine im Rahmen der gesonderten Darstellung der Gründe für die Zulässigkeit der Revision nicht weiter substantiierte Behauptung von Verfahrensmängeln nicht ausreicht, um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen, von deren Lösung das rechtliche Schicksal der Revision abhängt (vgl. den hg. Beschluss vom 19. Jänner 2016, Ra 2015/19/0285 und 0286).

7 Der Revisionswerber bringt weiters vor, das Bundesverwaltungsgericht habe die Abwägung gemäß Art. 8 EMRK betreffend die Rückkehrentscheidung nicht nach den vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Kriterien vorgenommen. Da es sich bei der Aufenthaltsdauer um einen von mehreren im Zuge der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Umständen handle, sei die Annahme eines "Automatismus", wonach ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bei Vorliegen einer Aufenthaltsdauer von nur drei Jahren abzuweisen wäre, verfehlt (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 30. Juli 2015, Ra 2014/22/0055 bis 0058). Dazu ist auszuführen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG ist (vgl. den hg. Beschluss vom 15. März 2016, Ra 2016/19/0031 bis 0034, mwN). Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. das Erkenntnisse vom 21. Jänner 2016, Ra 2015/22/0119, mwN). Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigte - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK fallbezogen alle wesentlichen Kriterien und gelangte dabei zu einer - auf einer nachvollziehbaren und sachgerechten Gewichtung beruhenden - Beurteilung, die auf der Grundlage der Rechtsprechung jedenfalls nicht unvertretbar ist und gegen die daher keine Bedenken bestehen. Inwiefern das Bundesverwaltungsgericht von einem "Automatismus" aufgrund der Aufenthaltsdauer des Revisionswerbers in Österreich von etwa vier Jahren ausgegangen sei, ist nicht ersichtlich und wird in der Revision auch nicht aufgezeigt.

8 Mit dem weiteren - unsubstantiiert gebliebenen - Vorbringen des Revisionswerbers, wonach sich aus jüngsten Länderberichten ergebe, dass die ägyptischen Sicherheitsbehörden kaum oder gar nicht der Lage seien, den Revisionswerber zu schützen und dass dem Revisionswerber keine innerstaatliche Fluchtalternative offenstehe, wird den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts betreffend die Schutzfähigkeit Ägyptens nicht in konkreter Weise entgegen getreten und die Relevanz eines etwaigen Verfahrensmangels nicht dargelegt (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 20. Dezember 2016, Ra 2016/01/0098, mwN).

9 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 6. September 2017

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