VwGH Ra 2017/17/0035

VwGHRa 2017/17/003520.9.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision der S S.R.L. in A, vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 21. November 2016, LVwG 20.32-2407/2016-7, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde, den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art130 Abs1 Z2;
B-VG Art132 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
GSpG 1989 §53;
VStG §39;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017170035.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Schriftsatz vom 23. August 2016 erhob die revisionswerbende Gesellschaft mit Sitz in Rumänien eine Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 2 und Art 132 Abs 2 B-VG gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Verletzung bestimmter näher bezeichneter Rechte. Begründend führte sie aus, am 12. Juli 2016 habe in ihrem Lokal in der Steiermark eine Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz (GSpG) stattgefunden, anlässlich derer mehrere elektronische Geräte beschlagnahmt worden seien. Sie sei deren Eigentümerin und Inhaberin. Mangels Parteistellung liege kein im Verwaltungsweg bekämpfbarer Bescheid vor, weshalb eine Maßnahmenbeschwerde erhoben werden müsse.

2 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) diese Beschwerde als unzulässig zurück und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei. Begründend führte es aus, dass die revisionswerbende Gesellschaft Eigentümerin, eine näher bezeichnete österreichische GmbH Inhaberin mehrerer Glücksspielgeräte seien, die am 12. Juli 2016 in einem bestimmten Lokal beschlagnahmt worden seien. Gegenüber der österreichischen GmbH sei die Beschlagnahme mit Bescheid vom 12. Juli 2016 erfolgt. Gegenüber der nunmehrigen Revisionswerberin sei die Beschlagnahme mit Bescheid vom 8. September 2016 verfügt worden. Da es einen Beschlagnahmebescheid gebe, könne dieser bekämpft werden, weshalb die Maßnahmenbeschwerde unzulässig sei. Eine vorläufige Beschlagnahme gemäß § 53 Abs 2 GSpG sei nicht angeordnet worden.

3 Gegen diesen Beschluss richtet sich die außerordentliche Revision. Die revisionswerbende Gesellschaft bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle bzw uneinheitlich sei. Zwar existiere Rechtsprechung, wonach das Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, BGBl III Nr 65/2005, auch auf das Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden sei; es existiere jedoch keine Rechtsprechung, wonach dieses Abkommen auch auf verfahrenseinleitende Schriftstücke im Beschlagnahmeverfahren gemäß § 53 GSpG Anwendung finde. Es sei daher im Sinne der Rechtsentwicklung und Rechtssicherheit erforderlich, dass der Verwaltungsgerichtshof zu dieser Frage Stellung nehme.

4 Die Revision erweist sich als unzulässig:

5 Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, sind gemäß § 34 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach § 34 Abs 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

7 Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird. Die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, muss sich aus dieser gesonderten Darstellung ergeben (vgl VwGH vom 22. Februar 2016, Ra 2015/17/0090, mwH).

9 Für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision ist - allein - ihre Zulässigkeitsbegründung maßgeblich (vgl VwGH vom 10. Mai 2017, Ra 2017/11/0035).

10 Die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG muss für die Entscheidung über die Revision präjudiziell und nach dem Vorbringen des Revisionswerbers vom Verwaltungsgericht unrichtig gelöst worden sein (VwGH vom 24. Juni 2014, Ra 2014/05/0004).

11 Damit von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG gesprochen werden kann, muss sie sich inhaltlich auf eine durch die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichtes mögliche Rechtsverletzung beziehen und sich daher innerhalb der Sache des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht bewegen; ferner muss die Rechtsfrage für die Entscheidung über die Revision präjudiziell und nach dem Vorbringen des Revisionswerbers vom Verwaltungsgericht unrichtig gelöst worden sein (VwGH vom 30. Juni 2015, Ro 2015/03/0021).

12 Das Vorliegen einer grundsätzlichen Rechtsfrage kann jedoch nicht mit einem Vorbringen begründet werden, das unter das Neuerungsverbot fällt (vgl etwa VwGH vom 28. Juli 2016, Ra 2015/07/0147, mwN).

13 Mit dem angefochtenen Beschluss wurde eine von der revisionswerbenden Gesellschaft erhobene Maßnahmenbeschwerde mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen, dass bezüglich der bekämpften Beschlagnahme bereits ein Bescheid vorliege.

14 Die Bekämpfung einer Beschlagnahme ist nur solange mit Maßnahmenbeschwerde bekämpfbar, bis die Behörde einen Beschlagnahmebescheid erlässt (VwGH vom 26. Mai 2014, 2012/17/0468).

15 In welchem Zusammenhang die von der Gesellschaft in der Revision erstmals aufgeworfene Rechtsfrage bezüglich der Geltung des Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, BGBl III Nr 65/2005, stehen soll, wird im allein beachtlichen Zulässigkeitsvorbringen nicht näher ausgeführt.

16 Zum Vorliegen eines Bescheides wurde der Gesellschaft im Verfahren vor dem LVwG Parteiengehör eingeräumt; die Zustellung des Beschlagnahmebescheides an sie wurde von der revisionswerbenden Gesellschaft zugestanden und daher nicht bezweifelt. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass ein weiterer Beschlagnahmebescheid gegenüber der (österreichischen) Inhaberin erlassen wurde, den die revisionswerbende Gesellschaft mit Bescheidbeschwerde hätte bekämpfen können (vgl zur Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde durch die Eigentümerin eines beschlagnahmten Gegenstandes trotz fehlender Zustellung des Beschlagnahmebescheides an diese: VwGH vom 23. Jänner 2017, Ra 2016/17/0281, mwN).

17 Die von der revisionswerbenden Gesellschaft formulierte Rechtsfrage erweist sich daher für die Entscheidung über die vorliegende Revision nicht als präjudiziell.

18 Die vorliegende Revision war daher nach § 34 Abs 1 iVm Abs 3 VwGG wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG mit Beschluss zurückzuweisen.

19 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 20. September 2017

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