VwGH Ra 2017/16/0076

VwGHRa 2017/16/007629.6.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, in der Revisionssache des Dr. H S in W, vertreten durch Mag. Ralph Kilches, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Laudongasse 25/III, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14. März 2017, Zl. W214 2122534- 1/2E, betreffend Gerichtsgebühren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsidentin des Handelsgerichtes Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
GGG 1984 §15 Abs2;
GGG 1984 §19a;
VwGG §28 Abs1 Z4;
ZPO §11;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit einem im ERV eingebrachten Schriftsatz vom 17. November 2015 brachte der Revisionswerber eine Klage gegen zwei beklagte Parteien ein "wegen: Zahlung EUR 59.487,10 s.A.". Der Schriftsatz enthält als Punkt IV. das Klagebegehren, folgendes Urteil zu erlassen:

"1.1. Die erstbeklagte Partei ist schuldig, dem Kläger einen Betrag von EUR 26.797,68 (inkl. Anspruchszinsen in Höhe von ...) samt Zinsen von 4,88% p.a. ... sowie einen Betrag von EUR 2.804,70 an Steuerverfahrenskosten als Folgeschaden samt 4% Zinsen ab Klagezustellung zu bezahlen, dies alles binnen 14 Tagen zu Handen des Klagevertreters.

Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, dem Kläger einen Betrag von EUR 25.887,64 (inkl. Anspruchszinsen in Höhe von ...) samt Zinsen von 4,88% p.a. ... sowie einen Betrag von EUR 3.997,08 an Steuerverfahrenskosten als Folgeschaden samt 4% Zinsen ab Klagezustellung zu bezahlen, dies alles binnen 14 Tagen zu Handen des Klagevertreters."

2 Weiters enthält der Schriftsatz im Punkt IV. unter 1.2 und 1.3. zwei Eventualbegehren.

3 Unter dem Punkt IV. des Schriftsatzes begehrt der Revisionswerber schließlich:

"2. Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger die Kosten des Verfahrens binnen 14Tagen zu Handen des Klagevertreters zu ersetzen."

4 Auf der Grundlage des im Schriftsatz angeführten Betrages von 59.487,10 EUR wurde vom Vertreter des Revisionswerbers Pauschalgebühr nach TP 1 GGG in Höhe von 1.389 EUR zuzüglich eines Streitgenossenzuschlages nach § 19a GGG von 10 %, insgesamt somit 1.527,90 EUR eingezogen.

5 Mit Schriftsatz vom 20. Jänner 2016 beantragte der Revisionswerber die Rückzahlung eines Betrages von 113,90 EUR mit der Begründung, das Verfahren richte sich gegen zwei Beklagte und es wären nur 1.414,-- EUR abzubuchen gewesen.

6 Die Präsidentin des Handelsgerichtes Wien wies den Antrag mit Bescheid vom 28. Jänner 2016 mit der Begründung ab, im vorliegenden Fall seien die im Verfahren geltend gemachten Ansprüche gem. § 15 Abs. 2 GGG zusammenzurechnen und eine Streitgenossenschaft gegeben, weshalb zu Recht dem Grundbetrag nach TP 1 GGG ein Streitgenossenzuschlag in Höhe von 138,90 EUR zugeschlagen worden sei. Dem Rückzahlungsantrag sei daher keine Folge zu geben gewesen.

7 Die mit Schriftsatz vom 12. Februar 2016 dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis ab und sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

8 Gemäß § 15 Abs. 2 GGG seien mehrere von einer einzelnen Partei geltend gemachte Ansprüche zusammenzurechnen; würden mehrere Personen gemeinsam in Anspruch genommen, sei diese - einheitliche - Bemessungsgrundlage gemäß § 19a GGG zu erhöhen.

9 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

10 Tarifpost 1 (TP 1) des Gerichtsgebührengesetzes (GGG) legt Pauschalgebühren in zivilgerichtlichen Verfahren erster Instanz in abgestufter Höhe nach dem Wert des Streitgegenstandes fest.

11 Gemäß § 15 Abs. 2 GGG sind mehrere in einem zivilgerichtlichen Verfahren von einer einzelnen Partei oder von Streitgenossen geltend gemachte Ansprüche zusammenzurechnen; die Summe der geltend gemachten Ansprüche bildet - von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - eine einheitliche Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren.

12 Gemäß § 19a GGG erhöhen sich u.a. die in TP 1 angeführten Gebühren, wenn in einer Rechtssache u.a. mehrere Personen gerichtlich in Anspruch genommen werden. Die Erhöhung beträgt 10 vH, wenn zumindest auf einer Seite zwei Streitgenossen vorhanden sind.

13 Gemäß § 6c Abs. 1 Z 1 des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes (GEG) sind u.a. Gerichtsgebühren zurückzuzahlen, soweit sich in der Folge ergibt, dass überhaupt nichts oder ein geringerer Betrag geschuldet wurde und der Rückzahlung keine rechtskräftige Entscheidung entgegensteht. Die Rückzahlung ist gemäß § 6c Abs. 2 leg. cit. von Amts wegen oder auf Antrag der Partei, die die Beträge entrichtet hat, zu verfügen. Insoweit sich jedoch der Rückzahlungsanspruch als nicht berechtigt erweist, ist er von der Behörde mit Bescheid abzuweisen.

14 Gemäß Art. 133 Abs.  4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

15 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert

16 vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 17 Der Revisionswerber erachtet sich im Recht verletzt, "dass (ihm) nicht ohne Rechtsgrundlage und ohne tatsächlich

vorliegenden Sachverhalt einer Streitgenossenschaft iSd § 11 ZPO Gebührenzuschläge für eine solche gemäß § 19a GGG vorgeschrieben werden und auch keine Zusammenrechnung iSd § 15 GGG zu erfolgen hat".

18 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt bei der Prüfung eines angefochtenen Erkenntnisses eines Verwaltungsgerichtes dem Revisionspunkt nach § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG entscheidende Bedeutung zu, denn der Verwaltungsgerichtshof hat nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt worden ist, sondern nur, ob jenes verletzt worden ist, dessen Verletzung der Revisionswerber behauptet. Durch den Revisionspunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses gebunden ist. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. für viele etwa den hg. Beschluss vom 28. September 2016, Ra 2016/16/0081).

19 Nach der ebenfalls ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hängt eine Revision nur dann von der Lösung einer Rechtsfrage iSd Art.133 B-VG ab, wenn sich die Rechtsfrage innerhalb des Revisionspunktes, des vom Revisionswerber selbst definierten Prozessthemas, stellt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 25. Oktober 2016, Ra 2016/16/0057)

20 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde nicht über eine Vorschreibung eines Gerichtsgebührenantrages, sondern über einen vom Revisionswerber nach § 6c GGG gestellten Rückzahlungsantrag abgesprochen.

21 Im in Ausführung des Revisionspunktes ausdrücklich geltend gemachten Recht wäre der Revisionswerber durch den über den Rückzahlungsantrag im Instanzenzug absprechenden angefochtenen Erkenntnis nicht verletzt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2012, 2009/16/0141).

22 Von der Antwort auf die in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) aufgeworfenen Rechtsfragen - das Bundesverwaltungsgericht weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach die Verbindung von Rechtssachen noch keine Streitgenossenschaft bewirke und keine Grundlage für eine Zusammenrechnung nach § 15 Abs. 2 GGG bilde - hängt die Revision somit nicht ab.

23 Schon deshalb war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

24 Im Übrigen sei bemerkt, dass mit dem in Rede stehenden Klagsschriftsatz Klage gegen zwei Personen eingebracht wurde und sich der Revisionsfall insoweit sachverhaltsmäßig von den zwei hg. Erkenntnissen unterscheidet, welche der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung seiner Revision für sich in Anspruch nimmt. Sowohl dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. April 1999, 96/16/0276, wie auch dem Erkenntnis vom 24. September 2009, 2008/16/0147, lagen nämlich getrennte Klagen zugrunde, welche nach Einbringung vom Gericht gemäß § 187 ZPO verbunden worden waren.

25 Im Revisionsfall sind vielmehr die im angefochtenen Erkenntnis zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes einschlägig, auf welche sich das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich stützt. Demnach ist für die Frage der Zusammenrechnung nach § 15 Abs. 2 GGG und des Streitgenossenzuschlages nach § 19a GGG nicht zu unterscheiden, ob es sich um eine formelle oder eine materielle Streitgenossenschaft handelt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 5. April 2011, 2010/16/0304, vom 24. Februar 2005, 2004/16/0234, und vom 7. Dezember 2000, 2000/16/0364).

Wien, am 29. Juni 2017

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