VwGH Ra 2017/11/0289

VwGHRa 2017/11/02898.3.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des I Z in S (Ungarn), vertreten durch Schlosser-Peter Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Zelinkagasse 14/2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland vom 20. September 2017, Zl. E 200/05/2017.005/002, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in einer Angelegenheit nach dem AVRAG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung), den Beschluss gefasst:

Normen

ABGB §1332;
AVG §13 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §33 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017110289.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 7. März 2016 wurde dem Revisionswerber eine Übertretung des AVRAG angelastet.

2 Ein Antrag des Revisionswerbers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 15. Juni 2016 abgewiesen.

3 Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Burgenland mit dem angefochtenen Erkenntnis keine Folge und bestätigte den Bescheid der belangten Behörde. Unter einem wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

4 Das Verwaltungsgericht legte seinem Erkenntnis zugrunde, dass die Beschwerde gegen das Straferkenntnis fälschlich an eine andere als die belangte Behörde gerichtet gewesen sei und nicht fristgerecht bei der belangten Behörde eingelangt sei. Eine weitere, nach dem Wiedereinsetzungsvorbringen noch vor dem Ablauf der Beschwerdefrist abgesendete, Beschwerde per E-Mail sei bei der belangten Behörde nicht eingelangt. Eine Empfangsbestätigung sei nicht eingeholt worden.

5 Unter Hinweis auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes führte das Verwaltungsgericht in seiner rechtlichen Würdigung aus, die bloße Bestätigung über die Absendung eines E-Mails lasse nicht den zwingenden Schluss zu, dass die Sendung auch beim Empfänger angekommen sei. Derjenige, der sich für fristgebundene Eingaben des E-Mails bediene, habe sich zu vergewissern, ob die Übertragung erfolgreich durchgeführt wurde. Dies sei vom Revisionswerber unterlassen worden. Das Unterlassen einer solchen Kontrolle könne nicht als nur ein minderer Grad des Versehens gewertet werden. Dies gelte auch für Personen, die wie der Revisionswerber und sein Steuerberater ihren Sitz im Ausland hätten. Aus der Rechtsmittelbelehrung des Straferkenntnisses habe sich ergeben, dass nur bei einer Einbringung der Beschwerde mittels Online-Formulars Eingangsbestätigungen verschickt würden.

6 2.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. VwGH 25.3.2014, Ra 2014/04/0001 und 18.2.2015, Ra 2015/08/0008).

9 2.2.1. In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit nur vorgebracht, dass Rechtsprechung zu der Frage fehle, ob es noch einen geringen Grad des Versehens darstellt, wenn die Partei eine Eingabe per E-Mail übermittelt und sich nicht über das tatsächliche Einlangen bei der Behörde erkundigt, wenn sie zugleich die Eingabe auch per Post (Einschreiben) übermittelt hat.

10 2.2.2. Die Beurteilung, ob ein im Sinn des § 71 Abs. 1 Z 1 AVG bzw. des § 33 Abs. 1 VwGVG unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne grobes Verschulden zur Versäumnis geführt hat, also die Qualifikation des Verschuldensgrades, unterliegt - als Ergebnis einer alle maßgeblichen Umstände des Einzelfalls berücksichtigenden Abwägung - grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. VwGH 26.2.2016, Ra 2016/03/0026, mwN). Eine derartige Fehlbeurteilung wird von der Revision nicht aufgezeigt.

11 Im Übrigen ist der Revision zu entgegnen, dass das Verwaltungsgericht - im Einklang mit der hg. Rechtsprechung - von der Kontrollpflicht hinsichtlich des tatsächlichen Einlangens von mit E-Mail übermittelten Unterlagen bei fristgebundenen Eingaben ausgegangen (vgl. zB VwGH 21.2.2017, Ra 2016/12/0026, mwN; 29.1.2018, Ra 2018/11/0013) ist und aus dem Unterbleiben einer solchen Kontrolle den Schluss gezogen hat, dass ein den minderen Grad des Versehens überschreitendes Verschulden an der unstrittigen Fristversäumnis vorliege. Wieso der Umstand, dass die Beschwerde auch per Post, allerdings an eine andere Behörde als die belangte Behörde und daher mit dem Risiko des verspäteten Einlangens bei letzterer, übermittelt wurde, daran etwas zu ändern vermöchte, ist nicht ersichtlich.

12 2.3. In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Der erkennende Senat hat aus diesen Erwägungen beschlossen, die Revision zurückzuweisen. Wien, am 8. März 2018

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte