VwGH Ra 2017/09/0022

VwGHRa 2017/09/002214.11.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr und die Hofräte Dr. Doblinger, Dr. Hofbauer und Mag. Feiel sowie die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schachner, über die außerordentliche Revision des J G in K, vertreten durch Mag. Matthias Prückler, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Florianigasse 16/8, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Februar 2017, W136 2132038-1/6E, betreffend Suspendierung nach dem BDG 1979 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz; weitere Partei: Bundesminister für Justiz), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
BDG 1979 §112 Abs4;
GehG 1956 §13;
Verwaltungsgerichtsbarkeits-Nov 2012;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §28 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber steht als Justizwachebeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

2 Mit Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz (in der Folge: DK) vom 22. Juni 2016 wurde der Revisionswerber vom Dienst suspendiert, weil er im Verdacht stehe, einen Strafgefangenen geschlagen und beschimpft zu haben.

3 Gegen diesen Bescheid erhob er Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Mit Note vom 12.  Jänner 2017 teilte der Revisionswerber mit, dass das gegen ihn geführte Strafverfahren eingestellt worden sei. Mit Bescheid vom 25. Jänner 2017 hob die Disziplinarkommission die verfügte Suspendierung gemäß § 112 Abs. 5 BDG 1979 auf und teilte dies dem Bundesverwaltungsgericht in der Folge mit.

4 Mit dem angefochtenen Beschluss stellte das Bundesverwaltungsgericht das Verfahren über die erhobene Beschwerde gemäß § 31 VwGVG ein. In der Begründung führte es zusammengefasst aus, dass durch die Aufhebung der vom Revisionswerber bekämpften Suspendierung durch die DK dieser damit klaglos gestellt worden sei. Das gegenständliche Beschwerdeverfahren sei daher einzustellen. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht weiters aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

 

5 Über die gegen diesen Beschluss erhobene Revision, zu der keine Revisionsbeantwortungen erstattet wurden, hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Durchführung eines Vorverfahrens erwogen:

6 Gemäß § 112 Abs. 4 erster Satz des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, (im Folgenden: BDG 1979) hat die (auch nur vorläufige) Suspendierung eine Kürzung des Monatsbezuges des Beamten für die Dauer der Suspendierung zur Folge.

7 § 13 GehG idF BGBl. I Nr. 87/2002 lautet:

"Bezüge bei Suspendierung

§ 13. Ist der Beamte suspendiert und sein Monatsbezug aus

diesem Anlass gekürzt worden, so wird die Kürzung endgültig, wenn

1. der Beamte strafgerichtlich verurteilt wird,

2. über ihn im Disziplinarverfahren eine Geldstrafe oder

die Entlassung verhängt wird oder

3. er während des strafgerichtlichen oder des

Disziplinarverfahrens aus dem Dienstverhältnis austritt.

Treffen diese Voraussetzungen nicht zu, so sind die infolge der Kürzung einbehaltenen Beträge dem Beamten nachzuzahlen."

8 Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 in Fällen, in welchen der Beschwerdeführer während des Verfahrens über die Berufung gegen seine Suspendierung in den Ruhestand versetzt worden war, erkannt, dass zwar infolge Ruhestandsversetzung die Suspendierung geendet habe, die Entscheidung der Disziplinaroberkommission "vom Sachregelungsbereich her sich nur auf den ,Aktivzeitraum' beziehen kann" (22.10.1986, 86/09/0049, VwSlg. 12274/A ; 13.10.1994, 93/09/0400). Eine derartige zeitraumbezogene Entscheidung über eine Suspendierung hat der Verwaltungsgerichtshof auch im Fall der Einstellung des Disziplinarverfahrens während des Berufungsverfahrens über die Suspendierung als geboten gesehen (25.4.1990, 89/09/0163). In seinem Erkenntnis vom 15. April 1998, 94/09/0305, hat er schließlich erkannt, dass im Hinblick auf den untrennbaren Zusammenhang der Suspendierung mit der Bezugskürzung auch nach Aufhebung der Suspendierung durch einen nicht rückwirkenden Bescheid eine Berufungserledigung dahin zu treffen ist, ob die Suspendierung rechtens war und sich der Ausspruch der Disziplinarbehörde zweiter Instanz auf den Zeitraum von der Verfügung der Suspendierung bis zu deren Beendigung zu beziehen hat.

9 Diese Rechtsprechung ist auch für die nach der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 maßgebliche Rechtslage, nach welcher die Verwaltungsgerichte gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG (ähnlich wie davor die Berufungsbehörden gemäß § 66 Abs. 4 AVG) "in der Sache" zu entscheiden haben, von Bestand.

10 Vorliegend hat das Bundesverwaltungsgericht nicht beachtet, dass als Rechtsfolge der Suspendierung eine Kürzung der Bezüge des Revisionswerbers eintrat. Das gegen den Revisionswerber geführte Disziplinarverfahren war im Zeitpunkt seiner Entscheidung noch anhängig und es stand demnach nicht fest, ob die durch die Suspendierung ausgelöste Kürzung der Bezüge des Revisionswerbers aufrecht bleibt oder bei Nichtvorliegen der in § 13 GehG genannten Fälle (Z 1- 3) es zu einer Nachzahlung der mit der Suspendierung einhergehenden gekürzten Bezüge kommt.

11 Damit hatte der Revisionswerber aber weiterhin ein rechtliches Interesse an der Aufhebung der mit dem vor dem Verwaltungsgericht angefochtenen Bescheid bewirkten Bezugskürzung, die nach der Aktenlage erst mit Bescheid der DK vom 25. Jänner 2017 aufgehoben wurde (vgl. dazu VwGH 6.4.2005, 2004/09/0009).

12 Vor diesem Hintergrund erweist sich die vorliegende Revision - gemäß § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof an dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden - als zulässig und berechtigt, weshalb der angefochtene Beschluss gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

13 Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 5 VwGG abgesehen werden.

14 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 14. November 2017

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