VwGH Ra 2017/03/0072

VwGHRa 2017/03/007211.10.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des H S in K, vertreten durch Mag. Dr. Philipp Leitner, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Neuer Platz 5/III, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 17. Mai 2017, Zl KLVwG-471/5/2016, betreffend Lärmerregung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt), zu Recht erkannt:

Normen

LärmschutzV Krumpendorf 2012 §2 Abs3;
LSicherheitsG Krnt 1977 §2 Abs1;
LSicherheitsG Krnt 1977 §2 Abs3;
LSicherheitsG Krnt 1977 §2 Abs4;
LSicherheitsG Krnt 1977 §4;
VStG §16;
VwGG §25a Abs4;

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Erkenntnis wird dahingehend abgeändert, dass das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vom 10. Februar 2016, KL9-STR-4720/2015, behoben und das Strafverfahren eingestellt wird.

Das Land Kärnten hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Revisionswerber einer Übertretung des § 2 Abs 1 Kärntner Landessicherheitsgesetz (K-LSiG) in Verbindung mit der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Krumpendorf am Wörther See vom 13. März 2012, mit der Bestimmungen zum Schutz gegen Lärm erlassen werden (Lärmschutzverordnung), schuldig erkannt. Dem Revisionswerber wurde zur Last gelegt, er habe am 24. Juni 2015 in der Zeit von 19.15 Uhr bis 19.45 Uhr auf Teilflächen näher bezeichneter Grundstücke der KG G II durch das Bewirtschaften der landwirtschaftlich genutzten Fläche durch Mäharbeiten mit einem motorbetriebenen Traktor mit seitlichem Mähwerk auf einer Wiese ungebührlicherweise störenden Lärm erregt. Wegen dieser Übertretung wurde über den Revisionswerber eine Geldstrafe von EUR 80,-- (Ersatzfreiheitsstrafe fünf Tage) verhängt. Das Verwaltungsgericht sprach weiters aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig sei.

2 Im angefochtenen Erkenntnis wird - nach Hinweis auf den Spruch des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt und wörtlicher Wiedergabe der dagegen erhobenen Beschwerde - der Verfahrensgang des Verwaltungsstrafverfahrens vor der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt, einschließlich des vor dieser Behörde erstatteten Vorbringens des Anzeigeerstatters (Eigentümer eines angrenzenden Grundstücks) und des Revisionswerbers, sowie das Vorbringen des Revisionswerbers in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht dargelegt. Daran anschließend heißt es im angefochtenen Erkenntnis wörtlich:

"Dieser Sachverhalt stützt sich auf den vorgelegten Verwaltungsstrafakt und die Angaben des (Revisionswerbers) in der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung."

Im Folgenden führt das Verwaltungsgericht aus, dass der Revisionswerber nicht in Abrede gestellt habe, am 24. Juni 2015 "um ca. 19.00 Uhr" Mäharbeiten auf Teilflächen der von ihm bewirtschafteten, näher bezeichneten Grundstücke mittels eines Traktors mit Front- und Heckmähwerk durchgeführt zu haben. Er habe jedoch ins Treffen geführt, dass sowohl der Zeitpunkt als auch die Ausführung der Arbeiten der herkömmlichen landwirtschaftlichen Praxis entsprochen hätten und aufgrund der Vegetations- und Witterungsverhältnisse dringend notwendig gewesen seien. Er habe sich auch auf die Auskunft eines Fachmannes des Referats "Pflanzliche Produktion" der Landwirtschaftskammer Kärnten berufen, sowie darauf, dass sich die Verordnung nur auf das Ortsgebiet beziehe, das gegenständliche Verhalten aber außerhalb des Ortsgebietes gesetzt worden sei.

Der Verantwortung des Revisionswerbers sei nicht zu folgen gewesen. Wenngleich es zutreffen möge, dass der erste Schnitt auf einem als Mähwiese genutzten Grundstück "laut gängiger Praxis" in der dritten Juni-Dekade durchzuführen sei, seien vor der Mahd solchen Arbeiten entgegenstehende Rechtsvorschriften zu beachten. Mit der Stellungnahme der Landwirtschaftskammer sei für den Revisionswerber daher nichts zu gewinnen gewesen. Seine Auffassung, dass die Lärmschutzverordnung nur für das Ortsgebiet der Gemeinde Krumpendorf gelte, sei verfehlt. Der Geltungsbereich der Lärmschutzverordnung erstrecke sich auf das gesamte Gemeindegebiet; Ausnahmen seien nur für Arbeiten durch die Gemeinde und von ihr beauftragte Unternehmen an öffentlichen Verkehrsflächen, Grünanlagen, Parkanlagen, Sport- und Badeanlagen festgelegt. Wenngleich aus der Anzeige nicht eindeutig hervorgegangen sei, wer welche Bewirtschaftungsarbeiten auf den angeführten Grundstücken vorgenommen habe und auch die Angaben des Anzeigeerstatters über den Zeitraum der Arbeiten sich mit der Darstellung des Revisionswerbers nicht deckten, vermöge dies am tatbildmäßigen Verhalten nichts zu ändern. Der Revisionswerber habe selbst eingeräumt, "dass Mäharbeiten auf dem Grundstück, welches im Nahbereich des Wohnobjektes des (Anzeigeerstatters) liege, um 19.00 Uhr vorgenommen wurden und maximal zehn Minuten in Anspruch genommen haben." Der Revisionswerber hätte jedoch dafür Sorge tragen müssen, dass die Mäharbeiten jedenfalls um 19.00 Uhr beendet würden.

Unter der Zwischenüberschrift "Rechtliche Beurteilung" folgt im angefochtenen Erkenntnis zunächst die Darlegung der anzuwendenden Rechtsvorschriften und sodann folgender Text:

"Aufgrund des Ergebnisses des durchgeführten Beweisverfahrens steht fest, dass der (Revisionswerber) am 24.06.2015, Uhrzeit 19.15 bis 19.45 Uhr, in der Gemeinde Krumpendorf am Wörthersee auf Teilflächen der Grundstücke (...) Mäharbeiten mit einem motorbetriebenen Traktor Steyr Multi, Erstzulassug 21.8.2014, 99 PS, Standgeräusch von 80 dBA, Mähwerk vorne und hinten seitlich montiert, in der Nähe von bewohnten Objekten durchgeführt und dadurch ungebührlicherweise störenden Lärm erregt hat. Nach § 2 Abs. 3 der Lärmschutzverordnung der Gemeinde Krumpendorf am Wörthersee wird störender Lärm jedenfalls ungebührlicherweise erregt durch die Benützung von motorisch betriebenen Gartengeräten und beispielsweise aufgezählten anderen Gerätschaften in der Nähe von bewohnten Objekten an Sonn- und Feiertagen generell und an Werktagen in der Zeit von 12.00 Uhr bis 14.00 Uhr und von 19.00 Uhr bis 08.00 Uhr und gelten Übertretungen dieser Bestimmung als Verwaltungsübertretungen nach § 4 des Kärntner Landessicherheitsgesetzes. Der (Revisionswerber) hat das Tatbild der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung erfüllt. Der von ihm verursachte Lärm war der Art und Intensität nach geeignet, das Wohlbefinden normal empfindender Menschen zu beeinträchtigen. Die Strafbarkeit der ungebührlichen Erregung störenden Lärms ist bereits dann gegeben, wenn die Lärmerregung nach einem objektiven Maßstab geeignet erscheint von anderen, auch nicht beteiligten Personen als ungebührlich und störend empfunden zu werden, was beim Betrieb eines Traktors mit Mähwerk jedenfalls anzunehmen ist, hat dieser bereits einen hohen Schallleistungspegel im Standgeräusch und bei einem weiteren Betrieb darüber. Zur Feststellung, ob ein Lärm als störend zu qualifizieren ist, bedarf es jedoch keiner Lärmmessung. Mit dem Betrieb von Traktoren mit Mähwerk zu einer Unzeit bzw. bestimmten Rechtsvorschriften entgegenstehenden Zeit und der damit verbundenen Lärmentwicklung wird gegen ein Verhalten verstoßen, wie es im Zusammenhang mit anderen Personen verlangt werden muss. Es lässt der Betrieb einer solchen Lärmquelle auch jene Rücksichten vermissen, die die Umwelt verlangen kann."

Zur Begründung des Ausspruchs über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision führte das Verwaltungsgericht aus, dass die Revision wegen Verletzung in Rechten (Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG) gemäß § 25a Abs 4 VwGG nicht zulässig sei, da eine Geldstrafe von EUR 80,-- und keine Freiheitsstrafe verhängt worden sei. Die ordentliche Revision sei unzulässig, da keine Rechtsfrage zu beurteilen gewesen sei, der grundsätzliche über den Fall hinausgehende Bedeutung zukomme.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision des Revisionswerbers mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht erstattete eine Äußerung, in der sie auf die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses verwies.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

4 Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird. Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 25a Abs 1 VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen.

Gemäß § 25a Abs 4 VwGG ist zudem eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache eine Geldstrafe von bis zu EUR 750,-- und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu EUR 400,-- verhängt wurde.

5 Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes ist im vorliegenden Fall die Revision wegen Verletzung in Rechten nicht schon gemäß § 25a Abs 4 VwGG (absolut) unzulässig. § 4 K-LSiG sieht nämlich nicht bloß die Möglichkeit der Verhängung einer Geldstrafe bis zu EUR 218,-- vor (für die gemäß § 16 VStG für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen ist). Nach dieser Bestimmung kann vielmehr auch eine primäre Freiheitsstrafe ("Arrest bis zu zwei Wochen") verhängt werden, sodass die Beschränkung des § 25a Abs 4 VwGG nicht zum Tragen kommt (vgl VwGH 24. Mai 2016, Ra 2016/03/0037, mwH).

6 Der Revisionswerber führt zur Zulässigkeit der außerordentlichen Revision (unter anderem) aus, dass der Frage, ob ein Landwirt, der in Ausübung seiner Erwerbstätigkeit im Sommer "am helllichten Tage" an einem Wochentag eine landwirtschaftlich genutzte Fläche mit einem Traktor mähe, dadurch auf ungebührliche Weise störenden Lärm errege, über den Einzelfall hinaus - für alle Landwirte Österreichs - Bedeutung zukomme und diesbezüglich ein Bedürfnis an Rechtssicherheit bestehe. Überdies liege in der vom Verwaltungsgericht angenommenen Anwendbarkeit der Lärmschutzverordnung der Gemeinde Krumpendorf am Wörther See, die auf "motorisch betriebene Gartengeräte" abstelle, auf die Mähtätigkeit mit einem 99 PS starken Traktor mit doppeltem Mähgerät eine klare Fehlbeurteilung, die einer Korrektur durch den Verwaltungsgerichtshof bedürfe. Zur Frage, ob professionell in der Landwirtschaft eingesetzte Traktoren als motorisch betriebene Gartengeräte im Sinne der Lärmschutzverordnung zu beurteilen sind, liege auch noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor.

7 Die Revision ist aus den vom Revisionswerber mit seinem Vorbringen zur Lärmschutzverordnung aufgezeigten Gründen zulässig.

Sie ist auch berechtigt:

8 Zunächst ist festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Begründung einer Entscheidung eines Verwaltungsgerichts auf dem Boden des § 29 VwGVG mit Blick auf § 17 VwGVG den Anforderungen zu entsprechen hat, die in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu den §§ 58 und 60 AVG entwickelt wurden. Demnach bestehen die drei logisch aufeinander aufbauenden und formal zu trennenden Elemente einer ordnungsgemäß begründeten verwaltungsgerichtlichen Entscheidung 1. in einer im Indikativ gehaltenen Tatsachenfeststellung, 2. in der Beweiswürdigung, 3. in der rechtlichen Beurteilung (vgl dazu etwa VwGH 27. Jänner 2017, Ra 2015/03/0059, mwH).

9 Das angefochtene Erkenntnis enthält keine abgegrenzte Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts; jene Passage der Begründung, die mit den Worten "Dieser Sachverhalt stützt sich auf ..." abgeschlossen wird, enthält im Wesentlichen in indirekter Rede wiedergegebenes Vorbringen des Anzeigeerstatters und des Revisionswerbers, ohne dass dabei zum Ausdruck gebracht wird, welchen der - teilweise abweichenden - Schilderungen das Verwaltungsgericht jeweils folgt. In Zusammenschau mit der im angefochtenen Erkenntnis angegebenen Tatzeit und den im Zuge der rechtlichen Beurteilung disloziert erfolgten Feststellungen lässt sich jedoch erkennen, dass das Verwaltungsgericht offensichtlich den Angaben des Anzeigeerstatters zum Hergang des der Bestrafung des Revisionswerbers zugrundeliegenden Vorfalls folgt, ohne dass allerdings die dafür maßgebenden beweiswürdigenden Erwägungen dargelegt würden.

10 Der Revisionswerber rügt diese Verfahrensmängel in seiner Revision nicht.

11 Damit kann auch für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen werden, dass der Revisionswerber am 24. Juni 2015 (einem Mittwoch) von 19.15 Uhr bis 19.45 Uhr mit einem Traktor mit Front- und Heckmähwerk Mäharbeiten auf landwirtschaftlich genutzten Grundstücken in der Nähe von bewohnten Objekten im Gemeindegebiet der Gemeinde Krumpendorf am Wörthersee durchgeführt hat. Dass die Lärmentwicklung über jenes Maß hinausgegangen wäre, das üblicherweise mit der Durchführung solcher landwirtschaftlicher Arbeiten bei fachgerechtem Betrieb des Traktors samt Mähwerken verbunden ist, wurde nicht festgestellt. Ebensowenig lässt sich dem angefochtenen Erkenntnis oder den Verfahrensakten entnehmen, dass die landwirtschaftliche Nutzung der betreffenden Grundstücke (nach dem Vorbringen des Revisionswerbers als mehrmähdige Wiese) widmungswidrig wäre.

12 Gemäß § 2 Abs 1 des Kärntner Landessicherheitsgesetzes (K-LSiG) begeht, wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt, eine Verwaltungsübertretung. Gemäß § 2 Abs 3 K-LSiG wird Lärm dann ungebührlicherweise erregt, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärms führt, jene Rücksichten vermissen lässt, die im Zusammenleben mit anderen Menschen verlangt werden müssen.

13 § 2 Abs 4 K-LSiG ermächtigt die Gemeinden, durch Verordnung einzelne Tatbestände zu umschreiben, durch die im Gemeindegebiet oder in einzelnen Bereichen einer Gemeinde jedenfalls störender Lärm ungebührlicherweise erregt wird; auf den Charakter einer Gemeinde insgesamt, auf die im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungen, auf die Bebauungsdichte und auf die örtlichen Gegebenheiten ist ebenso Bedacht zu nehmen wie auf das besondere Schutzbedürfnis während der Zeit der Nachtruhe und der Mittagsruhe.

14 Die auf § 2 Abs 4 K-LSiG gestützte Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Krumpendorf am Wörther See vom 13. März 2012, Zl 460/2/11-F, mit der Bestimmungen zum Schutz gegen Lärm erlassen werden (Lärmschutzverordung) bestimmt in ihrem § 2 ("Störender Lärm") unter anderem Folgendes:

"Störender Lärm wird jedenfalls ungebührlicherweise erregt

durch:

(...)

3) Die Benützung von motorisch betriebenen Gartengeräten wie beispielsweise Rasenmähern, Rasentrimmern, Motorsensen, Häckslern, Heckenscheren und Laubbläsern in der Nähe von bewohnten Objekten an Sonn- und Feiertagen generell und an Werktagen in der Zeit von 12.00 Uhr bis 14.00 Uhr und von 19.00 Uhr bis 08.00 Uhr."

15 Gemäß § 4 K-LSiG sind Verwaltungsübertretungen unter anderem nach § 2 Abs 1 K-LSiG sowie auf Grund von Verordnungen nach § 2 Abs 4 K-LSiG von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Gebiet der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee und der Stadt Villach von der Landespolizeidirektion mit einer Geldstrafe bis zu EUR 218,-- oder Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen.

16 Dem Revisionswerber wurde die Erregung ungebührlicherweise störenden Lärms durch die Benützung von motorisch betriebenen Gartengeräten vorgeworfen. Zutreffend verweist der Revisionswerber jedoch darauf, dass der von ihm verwendete Traktor mit doppeltem Mähwerk nicht als "motorisch betriebenes Gartengerät" im Sinne des § 2 Abs 3 der Lärmschutzverordnung angesehen werden kann.

17 Die Lärmschutzverordnung nennt als (nicht taxative) Beispiele für motorisch betriebene Gartengeräte Rasenmäher, Rasentrimmer, Motorsensen, Häcksler, Heckenscheren und Laubbläser. Sie stellt damit erkennbar auf typischerweise in Hausgärten und auf kleineren Grünflächen verwendete Geräte ab, nicht aber auf Zugmaschinen mit angeschlossenen landwirtschaftlichen Geräten (wie hier zwei Mähwerken). Auch nach dem üblichen Sprachgebrauch - für die Annahme, dass der Lärmschutzverordnung ein abweichendes Begriffsverständnis zugrunde läge, gibt es keinen Anhaltspunkt - handelt es sich bei einer Zugmaschine mit Mähwerken weder (allgemein) um ein "Gartengerät" noch (konkret) um einen "Rasenmäher".

18 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich daher, indem es dem Revisionswerber die Übertretung der Lärmschutzverordnung durch die Benützung eines motorisch betriebenen Gartengerätes anlastet, als inhaltlich rechtswidrig.

19 Unterfällt das hier zu beurteilende Handeln des Revisionswerbers zwar keinem Tatbestand der Lärmschutzverordnung (in der jene Tatbestände umschrieben sind, durch die im Gemeindegebiet jedenfalls störender Lärm ungebührlicherweise erregt wird), so könnte es dennoch als Erregung ungebührlicherweise störenden Lärms im Sinne des § 2 Abs 1 K-LSiG zu beurteilen sein. Dazu ist nicht nur Voraussetzung, dass der Lärm störend ist (wovon im vorliegenden Fall auszugehen ist), sondern auch, dass dieser störende Lärm ungebührlicherweise erregt wurde. Nach § 2 Abs 3 K-LSiG ist dies dann der Fall, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärms führt, jene Rücksichten vermissen lässt, die im Zusammenleben mit anderen Menschen verlangt werden müssen.

20 Weder dem angefochtenen Erkenntnis noch den Verfahrensakten lassen sich Umstände entnehmen, die für den Revisionsfall zu dem Ergebnis führen würden, dass das Handeln des Revisionswerbers die gebotene Rücksicht im Sinne des § 2 Abs 3 K-LSiG vermissen hätte lassen. Der Revisionswerber, ein Landwirt, hat an einem Sommerabend bei Tageslicht von 19.15 Uhr bis 19.45 Uhr auf landwirtschaftlich genutzten Grundstücken Mäharbeiten durchgeführt. Die Arbeiten erfolgten damit zu einer Zeit, die üblicherweise noch nicht der Nachtruhe dient, für die ein besonderes Schutzbedürfnis vor Lärmeinwirkung und damit eine besonders erhöhte Rücksichtnahmepflicht anzuerkennen ist. Es handelte sich weiters um Arbeiten, die zeit- und wetterabhängig sind und die daher nur in beschränktem Rahmen zeitlich verschoben werden können; nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Revisionswerbers im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht entsprach die Ausführung der Arbeiten der herkömmlichen landwirtschaftlichen Praxis und war aufgrund der Vegetations- und Witterungsverhältnisse dringend notwendig. Schließlich wurde auch keine Lärmentwicklung festgestellt, die über jenes Maß hinausgegangen wäre, das üblicherweise mit der Durchführung solcher landwirtschaftlicher Arbeiten bei fachgerechtem Betrieb des Traktors samt Mähwerken verbunden ist. Vor diesem Hintergrund kann dem Revisionswerber in einer Gesamtbetrachtung daher auch nicht vorgeworfen werden, dass der durch die hier zu beurteilenden Mäharbeiten erzeugte Lärm im Sinne des § 2 Abs 3 K-LSiG ungebührlicherweise erregt worden wäre.

21 Gemäß § 42 Abs 4 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden, wenn sie - wie im vorliegenden Fall -

entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt.

22 Dieser Fall liegt hier vor. Der vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt wurde vom Revisionswerber nicht bestritten. Da die von der erstinstanzlichen Behörde und vom Verwaltungsgericht vorgenommene rechtliche Würdigung dieses Sachverhaltes - wie oben dargelegt - unzutreffend ist, war das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Revisionswerber gemäß § 42 Abs 4 VwGG in Verbindung mit § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

23 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 11. Oktober 2017

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