VwGH Ra 2016/03/0037

VwGHRa 2016/03/003724.5.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die außerordentliche Revision des D H in B, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 3. März 2016, Zl LVwG-1- 180/2015-3-R4, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde iA Bestrafung nach dem Gesetz über Angelegenheiten der Sittenpolizei (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bludenz), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §13 Abs3;
AVG §63 Abs3;
SittenpolG Vlbg 1976 §18 Abs1 litg;
SittenpolG Vlbg 1976 §18 Abs2;
VwGG §25a Abs4 Z1;
VwGG §25a Abs4;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §27;
VwGVG 2014 §9 Abs1 Z3;
VwGVG 2014 §9;
AVG §13 Abs3;
AVG §63 Abs3;
SittenpolG Vlbg 1976 §18 Abs1 litg;
SittenpolG Vlbg 1976 §18 Abs2;
VwGG §25a Abs4 Z1;
VwGG §25a Abs4;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §27;
VwGVG 2014 §9 Abs1 Z3;
VwGVG 2014 §9;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1.1. Mit dem genannten Beschluss wies das Verwaltungsgericht eine Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz (BH) vom 7. September 2015 nach § 13 Abs 3 AVG iVm § 17 VwGVG als unzulässig zurück. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass in der Beschwerde die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit iSd § 9 Abs 1 VwGVG stützen, fehlen würden und der Revisionswerber dem Auftrag des Verwaltungsgerichts, diesen Mangel seiner Beschwerde innerhalb der dafür vorgesehenen Mängelbehebungsfrist zu beheben, nicht nachgekommen sei. Die Erhebung einer ordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung wurde vom Verwaltungsgericht für unzulässig qualifiziert (§ 25a VwGG).

2 1.2. Mit dem Bescheid der BH war der Revisionswerber wegen einer Übertretung des § 18 Abs 1 lit g iVm § 12 lit c ("Ehrenkränkung") des Sittenpolizeigesetzes, LGBl Nr 6/1976 idF LGBl Nr 44/2013, zu einer Geldstrafe in der Höhe von EUR 200,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 336 Stunden; vgl § 18 Abs 2 leg cit) bestraft worden.

3 Begründend führte das Verwaltungsgericht näher aus, dass die Beschwerde der revisionswerbenden Partei wie folgt gelautet habe:

"Lieber Herr Z es ist Interessant was Sie aus dem einspruch alles lesen. Also meiner meinung nach kann man nur mit ganz viel Fantasie (welche ich ja weis die X-Strafenabteilung Bludenz hat) das raus lesen was Sie darin schreiben."

4 Damit fehlten der beim Verwaltungsgericht eingebrachten Beschwerde die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit iSd § 9 Abs 1 VwGVG stütze. Die Beschwerde lasse nicht erkennen, was der Revisionswerber anstrebe und womit er seinen Standpunkt vertreten zu können glaube. Das Verwaltungsgericht habe nach § 13 Abs 3 AVG dem Revisionswerber die Behebung dieses Mangels mit Beschluss vom 8. Februar 2016 mit dem Hinweis darauf aufgetragen, dass nach fruchtlosem Ablauf der Mängelbehebungsfrist die Beschwerde zurückgewiesen werde. Der Revisionswerber sei diesem Auftrag innerhalb der dafür vorgesehenen Frist von zwei Wochen insofern nicht nachgekommen, als er dem Verwaltungsgericht das Mail vom 19. Februar 2016 mit dem Text "Bitte nehmen Sie den Anhang zur Kenntnis." übermittelt habe, wobei er der Behörde im Anhang bereits im behördlichen Akt einliegende, von ihm verfasste Schriftsätze zukommen habe lassen, und in einem weiteren Schreiben vom 19. Februar 2016 insbesondere (zusammengefasst) Kritik an der Bezirkshauptmannschaft Bludenz und den dort tätigen Personen geübt habe, weshalb auch diesem Schreiben nicht zu entnehmen sei, auf welche Gründe sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit des in Beschwerde gezogenen verwaltungsbehördlichen Straferkenntnisses stütze.

5 2. Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision ist im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen (§ 34 Abs 1a VwGG), der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs 1 VwGG zurückzuweisen.

6 3.1. Vorauszuschicken ist, dass dem Revisionswerber der Beschluss des Verwaltungsgerichts am 14. März 2016 (ein Montag) zugestellt wurde; mit diesem Tag begann die sechswöchige Frist zur Erhebung einer Revision zu laufen und endet somit am 25. April 2016 (ebenfalls ein Montag). Nach §§ 24, 25a Abs 5 VwGG wäre die vorliegende Revision nicht beim Verwaltungsgerichtshof, sondern beim Landesverwaltungsgericht Vorarlberg einzubringen gewesen. Die dennoch unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Revision war gemäß § 62 Abs 1 VwGG iVm § 6 Abs 1 AVG an das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg weiterzuleiten und langte dort am 6. April 2016 ein, weshalb sich die Revision als rechtzeitig erweist (vgl dazu etwa VwGH vom 24. Februar 2016, Ra 2015/09/0146).

7 3.2. Vorliegend greift (entgegen dem Verwaltungsgericht) die Bestimmung in § 25a Abs 4 VwGG über die absolute Unzulässigkeit einer Revision betreffend Verwaltungsstrafsachen deshalb nicht, weil § 18 Abs 2 des Sittenpolizeigesetzes vorsieht, dass Verwaltungsübertretungen gemäß § 18 Abs 1 lit g leg cit "mit einer Geldstrafe bis zu 200,-- Euro oder mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen" sind und daher - anders, als dies die Voraussetzung des § 25a Abs 4 Z 1 VwGG normiert - in einem solchen Fall auch eine primäre Freiheitsstrafe verhängt werden durfte (vgl im Zusammenhang mit der Androhung einer primären Freiheitsstrafe bzw einer Ersatzfreiheitsstrafe VwGH vom 24. September 2014, Ra 2014/03/0014).

8 4.1. Die Revision ist nicht zulässig. Im vorliegenden Fall liegen die Voraussetzungen nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht vor, zumal das Verwaltungsgericht die Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beachtete.

9 4.2. Nach der Rechtsprechung ist das Fehlen eines begründeten Berufungsantrages einer Verbesserung zugänglich, § 13 Abs 3 AVG dient aber nicht dazu, einen verfehlten Berufungsantrag zu korrigieren; bei der Auslegung des Begriffs "begründeter Berufungsantrag" ist kein übertriebener Formalismus anzuwenden, vielmehr sind der wesentliche Inhalt, der sich aus dem gestellten Antrag erkennen lässt, sowie die Art des in diesem gestellten Begehrens maßgebend (vgl VwGH vom 27. Februar 2015, Ra 2014/17/0035). Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die grundsätzlichen Anforderungen an bei Verwaltungsgerichten eingebrachten Beschwerden gegenüber den Anforderungen des AVG an Berufungen verschärft werden sollten (vgl dazu VwGH vom 18. Dezember 2015, Ra 2015/02/0169). Diesem vom Verwaltungsgericht zutreffend an den Inhalt einer Beschwerde in Verwaltungsstrafsachen nach § 9 VwGVG angelegten Maßstab (vgl dazu VwGH vom 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066) genügt es, wenn das Rechtsmittel der revisionswerbenden Partei vor dem Verwaltungsgericht erkennen lässt, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt.

10 4.3. Aus der oben wiedergegebenen Passage in der (in Übereinstimmung mit den vorgelegten Akten stehenden) Begründung der Beschwerde lässt sich nicht hinreichend erkennen, womit die revisionswerbende Partei in ihrer Beschwerde gegen das Straferkenntnis der BH ihren Standpunkt vertrat. Damit hat das Verwaltungsgericht die revisionswerbende Partei rechtskonform zur Behebung des Mangels der Beschwerde nach § 13 Abs 3 AVG iVm § 17 VwGVG aufgefordert.

11 4.4. Mit dem oben angesprochenen Mail vom 19. Februar 2016 konnte dem Revisionswerber diese Mängelbehebung nicht gelingen. Die von ihm eingeschlagene Vorgangsweise, dem Verwaltungsgericht mehrere von ihm früher im Verwaltungsstrafverfahren verfasste Unterlagen mit der Aufforderung zur Kenntnisnahme zu übermitteln, läuft offensichtlich darauf hinaus, dass das Gericht dann in den übermittelten Unterlagen die passenden Beschwerdegründe iSd § 9 Abs 1 Z 3 VwGVG identifizieren sollte, wodurch aber die sich für den Revisionswerber aus dem Mängelbehebungsauftrag ergebende Verpflichtung, die Mangelhaftigkeit der Beschwerde selbst zu beheben, entgegen dem klaren normativen Inhalt des § 13 Abs 3 AVG letztlich auf das Verwaltungsgericht überwälzt würde. Im Ergebnis Gleiches gilt auf dem Boden der im Beschluss angestellten (oben wiedergegebenen) Überlegung für das zweite im Beschluss des Verwaltungsgerichts angesprochene Schreiben der revisionswerbenden Partei vom 19. Februar 2016.

12 5. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen, ohne dass eine Mängelbehebung betreffend den Revisionsschriftsatz iSd § 34 Abs 2 VwGG erforderlich gewesen wäre.

Wien, am 24. Mai 2016

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