VwGH Ra 2017/02/0175

VwGHRa 2017/02/017515.9.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des H in M, vertreten durch Dr. Josef Deimböck, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wiesingerstraße 3/13, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 16. August 2016, Zl. LVwG-S-417/001-2016, betreffend Übertretungen des KFG (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Korneuburg), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
KDV 1967 §4 Abs4;
KFG 1967 §103 Abs1;
KFG 1967 §134 Abs1;
KFG 1967 §4 Abs2;
VStG §22;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich der Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 19. Jänner 2016 teilweise Folge und bestätigte die bekämpfte Entscheidung mit der Maßgabe, dass der Revisionswerber als Zulassungsbesitzer eines zu einem näher angeführten Zeitpunkt an einem näher bezeichneten Ort gelenkten LKWs samt Anhänger Übertretungen kraftfahrrechtlicher Bestimmungen schuldig erkannt werde.

2 Ein technischer Amtssachverständiger habe im Zuge einer Kontrolle festgestellt, dass der LKW dem § 4 Abs. 2 KFG nicht entsprochen habe, weil an der ersten Achse links und rechts das Spurstangengelenk sehr starkes Spiel aufgewiesen hätte (Spruchpunkt 1. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses).

3 Zudem habe der Anhänger nicht dem § 4 Abs. 4 KDV entsprochen, weil ein Reifen eine mit freiem Auge sichtbare und bis zu seinem Unterbau reichende Beschädigung aufgewiesen habe. Der Reifen sei an mehreren Stellen eingerissen und das Gewebe deutlich sichtbar gewesen (Spruchpunkt 4. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses).

4 Schließlich habe der Anhänger dem § 4 Abs. 2 KFG nicht entsprochen, weil an der 3. Achse rechts der Luftfederbalg sehr stark beschädigt und das Gewebe sichtbar gewesen sei (Spruchpunkt 5. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses).

5 Dadurch seien nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich folgende Rechtsvorschriften verletzt worden: Zu Spruchpunkt 1. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses: § 4 Abs. 2, § 103 Abs. 1, § 134 Abs. 1 KFG; zu Spruchpunkt 4. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses: § 4 Abs. 4 KDV, § 103 Abs. 1, § 134 Abs. 1 KFG; zu Spruchpunkt 5. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses: § 4 Abs. 2, § 103 Abs. 1, § 134 Abs. 1 KFG.

6 Über den Revisionswerber wurde wegen dieser Übertretungen gesondert je eine Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

7 Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass gemäß § 25a VwGG gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Zur Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, dass § 103 Abs. 1 Z 1 KFG den Begriff "Fahrzeug" nenne, wobei damit auch "Kraftwagen mit Anhänger" umfasst seien. Beide Kriterien "Kraftwagen" und "Anhänger" würden somit "expressis verbis" eine Einheit bilden. Das angefochtene Erkenntnis verstoße gegen das Doppelbestrafungsverbot. Wenn ein Kraftfahrzeug verschiedene Mängel aufweise, habe der Zulassungsbesitzer nur eine Übertretung zu verantworten, wobei allerdings die Anzahl der Mängel als erschwerend zu werten sei. In diesem Zusammenhang fehle es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, vor allem zur Bedeutung des mit der 13. KFG-Novelle in § 103 Abs. 1 Z 1 KFG geschaffenen Klammerausdrucks "(der Kraftwagen mit Anhänger)".

12 Dem ist entgegenzuhalten, dass bei Mängeln an verschiedenen Teilen eines Kraftfahrzeuges (bzw. eines Anhängers) nach dem KFG eine kumulative Bestrafung vorzunehmen ist (vgl. VwGH vom 28. September 1988, 88/02/0055, vom 22. März 1989, 85/18/0103, und vom 20. Mai 2003, 2002/02/0200). Das im § 22 VStG normierte Kumulationsprinzip ist anzuwenden.

13 Die Zulässigkeitsausführungen des Revisionswerbers haben nur für folgende, hier nicht maßgebliche Fallkonstellation Bedeutung: Während der Täter im Geltungsbereich der Norm des § 101 Abs. 1 lit. a KFG vor der 13. KFG-Novelle im Fall der Überladung des Lkws und des Anhängers zwei Verwaltungsübertretungen beging, verwirklicht er nach der Neufassung der Bestimmung durch die 13. KFG-Novelle bei Überladungen von Kraftwagen und Anhänger des Kraftwagenzuges nur mehr eine Verwaltungsübertretung (vgl. VwGH vom 20. Mai 1992, 92/03/0105, und vom 24. Februar 1993, 93/02/0013, 93/02/0014, jeweils mwN).

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 15. September 2017

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