VwGH Ra 2017/02/0115

VwGHRa 2017/02/01159.10.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des S in S, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Dr. Josef Broinger, Mag. Markus Miedl und Dr. Christian Ressi, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Khevenhüllerstraße 12, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. April 2017, Zl. W158 2108946- 1/15, betreffend Übertretung des WAG 2007 (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Finanzmarktaufsichtsbehörde; mitbeteiligte Partei: Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Normen

VStG §1 Abs2;
VStG §31 Abs2 Z4;
VStG §31 Abs2;
VStG §44a Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Zur Vorgeschichte in dieser Rechtssache wird auf das Erkenntnis vom 16. Dezember 2016, Ra 2016/02/0201, verwiesen.

2 Nach dem Spruch im nunmehr angefochtenen Erkenntnis liegen der Bestrafung des Revisionswerbers Übertretungen nach § 18 Abs. 1 WAG 2007 und § 44 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 3 WAG 2007 zu Grunde, die dem Revisionswerber als Dauerdelikte im Zeitraum vom 19. August 2013 bis zum 15. November 2013 angelastet wurden.

3 Dagegen richtet sich die Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

4 Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht hat eine Revisionsbeantwortung erstattet und die kostenpflichtige Abbzw. Zurückweisung der Revision beantragt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5 Der Revisionswerber führt in der Zulässigkeitsbegründung der Revision unter anderem aus, auf Grund des Tatzeitraumes bis zum 15. November 2013 sei auch unter Berücksichtigung des Verfahrens beim Verwaltungsgerichtshof die Strafbarkeitsverjährung eingetreten.

6 Die Revision ist zulässig und berechtigt:

7 Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

8 Nach § 31 Abs. 2 VStG erlischt die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt in dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt. In die Verjährungsfrist werden die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union nicht eingerechnet (Z 4 leg. cit.).

9 Bei Dauerdelikten sind Anfang und Ende des strafbaren Verhaltens im Spruch des Bescheides anzuführen. Die Verjährungsfrist beginnt von dem Zeitpunkt an zu laufen, an dem das strafbare Verhalten aufgehört hat (VwGH vom 14. Februar 2017, Ra 2016/02/0015).

10 Nach der ständigen Rechtsprechung ist die Frist des § 31 Abs. 2 VStG nur dann gewahrt, wenn die Berufungsentscheidung innerhalb der dort genannten Frist gegenüber dem Beschuldigten rechtswirksam erlassen wurde. Die Erlassung der Berufungsentscheidung gegenüber einer anderen Verfahrenspartei ist nicht geeignet, diese Wirkung herbeizuführen. Hinsichtlich des Beginns und des Endes der Fristenhemmung nach § 31 Abs. 2 Z 4 VStG sind einerseits der Zeitpunkt des Einlangens der Beschwerde bzw. der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und andererseits der Zeitpunkt der Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses an die belangte Behörde und nicht an den Revisionswerber maßgebend (VwGH vom 29. Juli 2014, Ro 2014/02/0074).

11 Im Revisionsfall haben die als Dauerdelikte gewerteten strafbaren Verhaltensweisen des Revisionswerbers, die der Bestrafung zu Grunde gelegt wurden, am 15. November 2013 geendet. Die dreijährige Frist für die Verjährung der Strafbarkeit endete somit gemäß § 31 Abs. 2 VStG am 15. November 2016.

12 Nach der Aktenlage im Verfahren Ra 2016/02/0201 (erster Rechtsgang) langte die Revision des Revisionswerbers gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 19. Juli 2016 am 14. September 2016 beim Verwaltungsgericht und am 22. September 2016 beim Verwaltungsgerichtshof ein. Das aufhebende Erkenntnis vom 16. Dezember 2016, Ra 2016/02/0201, wurde allen Verfahrensparteien am 2. Jänner 2017 zugestellt.

13 Der Ablauf der Verjährungsfrist am 15. November 2016 wurde demnach gemäß § 31 Abs. 2 Z 4 VStG während der Zeit des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof (22. September 2016 bis 2. Jänner 2017, somit drei Monate und zehn Tage) gehemmt.

14 Nach Wegfall der Hemmung am 2. Jänner 2017 begann die verbleibende Frist (22. September bis 15. November 2016, somit ein Monat und 23 Tage) wieder zu laufen. Die Frist für die Strafbarkeitsverjährung endete demnach am 25. Februar 2017.

15 Das nunmehr angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 11. April 2017 wurde der Aktenlage des Verwaltungsgerichtes folgend den Parteien am 12. April 2017 zugestellt. Zu diesem Zeitpunkt war die Strafbarkeit der dem Revisionswerber angelasteten Übertretungen bereits verjährt.

16 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

17 Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

18 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 9. Oktober 2017

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