VwGH Ra 2016/19/0052

VwGHRa 2016/19/005230.6.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Tanzer, in der Revisionssache des G A in W, vertreten durch Mag. Dr. Thomas Mayr, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 22, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10. Februar 2016, L518 1425052- 3/5E, betreffend Feststellung der Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nach dem AsylG 2005, den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §12a Abs2;
BFA-VG 2014 §22 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
AsylG 2005 §12a Abs2;
BFA-VG 2014 §22 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Armenien, stellte erstmals am 5. Februar 2012 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde letztlich mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26. Februar 2014 (sowohl im Hinblick auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten) abgewiesen. Mit Erkenntnis dieses Gerichtes vom 13. Oktober 2014 wurde der verwaltungsbehördliche Bescheid betreffend die Nichterteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung bestätigt. Diese Entscheidungen sind in Rechtskraft erwachsen.

2 Am 3. Dezember 2015 stellte der Revisionswerber einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, wobei er im Wesentlichen seine bisherigen Fluchtgründe aufrecht hielt. Zudem gab er an, das Bundesgebiet am 5. Mai 2015 verlassen zu haben und sich bis zur neuerlichen Antragstellung in der Ukraine aufgehalten zu haben. Während seines Aufenthaltes in der Ukraine habe ihm seine Mutter ein Schreiben der armenischen Polizei übermittelt, aus dem hervorgehe, dass er im Fall der Rückkehr nach Armenien verhaftet werden würde.

3 Mit mündlich verkündetem Bescheid vom 13. Jänner 2016 hob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 auf und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Angaben des Revisionswerbers anlässlich seines zweiten Asylantrages nicht ausreichen würden, um einen neuen, gegenüber dem früheren Asylantrag wesentlich geänderten entscheidungsrelevanten Sachverhalt darlegen zu können. Der neue Antrag des Revisionswerbers werde daher voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

4 Mit Beschluss vom 10. Februar 2016 erklärte das Bundesverwaltungsgericht die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes für rechtmäßig.

5 Mit Bescheid vom 7. April 2016 - den vorgelegten Verfahrensakten zufolge in gesetzmäßiger Weise zugestellt gemäß § 8 Abs. 2 iVm § 23 ZustG am 8. April 2016 (soweit der Revisionswerber in seiner Stellungnahme vom 21. Juni 2016 bestreitet, dass ihm dieser Bescheid zugestellt worden sei, bleibt dies zum einen inhaltlich völlig unsubstantiiert, zum anderen verweist er selbst auf den Inhalt des Aktes des Verwaltungsbehörde) - wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Eine Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde nicht erhoben, sodass dieser - noch vor Einbringung der Revision - in Rechtskraft erwachsen ist. Mittlerweile stellte der Revisionswerber einen weiteren (dritten) Antrag auf internationalen Schutz.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob im Verfahren zur allfälligen Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 eine mündliche Verhandlung stattfinden müsse. Nicht nur das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe in einem Verfahren gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 ein Ermittlungsverfahren durchzuführen, in welchem auch der Grundsatz des rechtlichen Gehörs zu beachten sei, sondern auch das Bundesverwaltungsgericht.

10 Mit diesen Ausführungen wird das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht dargetan. Der Revisionswerber übersieht nämlich die ausdrückliche und ihrem Gehalt nach klare Anordnung des § 22 Abs. 1 zweiter Satz BFA-VG, wonach im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden ist. Ist aber die in der Revision aufgeworfene Frage anhand einer eindeutigen und klaren Anordnung des Gesetzgebers zu beantworten, so bedarf es trotz fehlender Rechtsprechung keiner Klärung durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 29. September 2015, Ra 2015/05/0056, mwN).

11 Somit erweist sich die Revision schon wegen des Fehlens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG als unzulässig.

12 Im Übrigen ist aber auch nicht erkennbar, aus welchen Gründen der Revisionswerber im Zeitpunkt der (beim Bundesverwaltungsgericht auf dem Postweg und entgegen § 21 Abs. 6 BVwGG und § 1 Abs. 2 BVwG-EVV nicht im Weg des elektronischen Rechtsverkehrs erfolgten) Einbringung der Revision am 30. Mai 2016 hinsichtlich des hier in Rede stehenden Abspruches noch ein Rechtsschutzbedürfnis hätte aufweisen können. Jener Antrag auf internationalen Schutz, auf den sich die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes bezog, war nämlich nach dem oben Gesagten im Zeitpunkt der Einbringung der Revision bereits rechtskräftig zurückgewiesen worden. Daher bestand seit diesem Zeitpunkt schon deswegen jedenfalls kein faktischer Abschiebeschutz mehr (§ 12 AsylG 2005). Zur Frage, weshalb ungeachtet dessen immer noch ein rechtliches Interesse an einer Behebung des angefochtenen Beschlusses bestünde, insbesondere aus welchem Grund sich seine Rechtsstellung durch eine Aufhebung dieses Beschlusses noch hätte ändern können, hat sich der Revisionswerber nicht konkret geäußert. Soweit er lediglich unsubstantiiert darauf verweist, die neuerliche Antragstellung auf Gewährung internationalen Schutzes ändere nichts am Rechtsschutzinteresse, wird nicht dargetan, dass ein solches bei Revisionserhebung (oder später) immer noch bestanden hätte (vgl. zum Rechtsschutzinteresse als Prozessvoraussetzung im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die hg. Beschlüsse vom 30. November 2015, Ra 2015/08/0111, vom 22. April 2015, Ra 2014/12/0023, und vom 24. März 2015, Ra 2014/03/0021).

13 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 30. Juni 2016

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