VwGH Ra 2016/16/0068

VwGHRa 2016/16/006828.9.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Baumann, in der Revisionssache der S E in G, vertreten durch Mag. Peter Freiberger, Rechtsanwalt in 8680 Mürzzuschlag, Wienerstraße 50-54, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland vom 19. April 2016, Zl. E G05/05/2015.003/009, betreffend Kostenbeiträge für Aufschließungsmaßnahmen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Gemeinde Rechnitz), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis schrieb das Landesverwaltungsgericht Burgenland der Revisionswerberin im Instanzenzug Kostenbeiträge für Aufschließungsmaßnahmen, und zwar für die Wiederherstellung öffentlicher Verkehrsflächen (Wiederherstellung des Unterbaues einschließlich der Oberflächenentwässerung, Wiederherstellung der Straßendecke sowie Wiederherstellung der Straßenbeleuchtung und des Gehsteiges) in der W. Straße, in näher angeführter Höhe vor und sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

2 Die Revisionswerberin und H.R. seien je zur Hälfte Eigentümer eines näher bezeichneten Grundstückes, welches mit einer näher genannten Länge an die W. Straße angrenze. Abgabepflichtige seien gemäß § 9 Abs. 2 des Burgenländischen Baugesetzes die Eigentümer der als Bauland gewidmeten Grundstücke. Miteigentümer derartiger Grundstücke seien deshalb im Sinn des § 6 Abs. 1 BAO Mitschuldner zur ungeteilten Hand. Der Wohnsitz des zweiten Miteigentümers liege in Deutschland und die Geltendmachung und die Durchsetzung des Abgabenanspruches sei ihm gegenüber erschwert.

3 Die gegen dieses Erkenntnis erhobene außerordentliche Revision legte das Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

4 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Gemäß § 9 Abs. 1 des Burgenländischen Baugesetzes 1997 hat die Gemeinde die notwendigen Aufschließungsmaßnahmen (Herstellung, Wiederherstellung oder Verbreiterung der Verkehrsflächen und Straßenbeleuchtung) insbesondere unter Berücksichtigung des zu erwartenden Verkehrs und der jeweiligen straßenbautechnischen Erkenntnisse zu treffen. Gemäß § 9 Abs. 2 leg. cit. werden die Gemeinden ermächtigt, durch Verordnung des Gemeinderates von den Eigentümern der als Bauland gewidmeten Grundstücke (Abgabepflichtige) Beiträge zur Deckung der Kosten für näher genannte Aufschließungsmaßnahmen zu erheben.

7 Die Kostenbeiträge nach § 9 des Burgenländischen Baugesetzes sind gemäß § 10 Abs. 1 leg. cit. ausschließliche Gemeindeabgaben nach § 6 Abs. 1 Z 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948.

8 Gemäß § 6 Abs. 1 BAO sind Personen, die nach Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand). Ebenfalls sind nach § 6 Abs. 2 BAO Gesamtschuldner Personen, die gemeinsam zu einer Abgabe heranzuziehen sind.

9 Die Revisionswerberin trägt zur Zulässigkeit ihrer Revision vor, soweit überblickbar gebe es lediglich einen vergleichbaren Sachverhalt, ob bei einer Konstellation wie im Revisionsfall eine Gesamtschuld nach § 6 BAO angenommen werden könne, der vom Verwaltungsgerichtshof judiziert worden sei. Die diesbezügliche Entscheidung (hg. Zl. 2002/17/0241) weiche jedoch vom Sachverhalt insofern erheblich ab, als in der diesbezüglich zugrunde liegenden Tiroler Verordnung als Gebührenpflichtiger ausdrücklich vorgeschrieben sei, dass im Fall des Bestehens von Miteigentümern alle Miteigentümer Gesamtschuldner zur ungeteilten Hand seien. In der im Revisionsfall anzuwendenden Burgenländischen Verordnung sei eine gleichlautende Bestimmung nicht enthalten. Auch § 9 des Burgenländischen Baugesetzes normiere diesbezüglich keine Gesamthandhaftung.

10 Es mag zutreffen, dass eine Reihe von Gesetzen in Fällen, in denen Eigentümer einer Liegenschaft als Abgabeschuldner festgelegt werden, für den Fall des Miteigentums Mehrerer ausdrücklich normieren, dass diese Gesamtschuldner sind (vgl. etwa § 10 des Vorarlberger Wasserversorgungsgesetzes - hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2016, 2013/17/0829; § 1 Abs. 2 des Salzburger Anliegerleistungsgesetzes - hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 2016, 2013/17/0157; oder - wenngleich nicht das Landesgesetz (Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetz), sondern die Verordnung der dazu ermächtigten Gemeinde - das von der Revisionswerberin zitierte hg. Erkenntnis vom 23. Juni 2003, 2002/17/0241).

11 Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof auch in Fällen, in denen eine ausdrückliche Anordnung der Gesamtschuld mehrerer Miteigentümer im Materiengesetz oder in der Gemeindeverordnung nicht vorlag, ausgesprochen, dass Miteigentümer einer Liegenschaft, wenn eine materiell-rechtliche Abgabenverpflichtung den Eigentümer schlechthin trifft, Mitschuldner zur ungeteilten Hand sind, sofern sich in der materiell-gesetzlichen Grundlage kein Anhaltspunkt findet, dass den Miteigentümern die Abgabe nur anteilig vorzuschreiben wäre (vgl. ausdrücklich das hg. Erkenntnis vom 18. März 2002, 2002/17/0015, zum Steiermärkischen Kanalabgabengesetz 1955; im Übrigen auch die hg. Erkenntnisse vom 17. Juni 2009, 2008/17/0221, zu § 5 des Steiermärkischen Kanalabgabegesetzes 1955, das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 2007, 2002/17/0355, zu § 9 des NÖ Kanalgesetzes, das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2002, 2001/17/0212 zu § 19 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 oder das hg. Erkenntnis vom 30. Juli 1992, 87/17/0374, zum Tiroler Gehsteigabgabegesetz).

12 Die von der Revisionswerberin gestellte Rechtsfrage, ob bei Fehlen einer ausdrücklichen Normierung der Gesamtschuld von Miteigentümern in der materiell-rechtlichen Abgabenvorschrift die Miteigentümer nach § 6 BAO als Gesamtschuldner heranziehbar sind, ist durch die hg. Rechtsprechung daher bereits beantwortet. Das Verwaltungsgericht ist von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen.

13 Weiters führt die Revisionswerberin zur Zulässigkeit ihrer Revision an, bei Ausübung des Ermessens sei lediglich auf den Wohnsitz des anderen Miteigentümers in Deutschland verwiesen worden. Eine Zustellung an diesen wäre - insbesondere in Anwendung des § 101 BAO - ohne Schwierigkeit möglich gewesen.

14 Soweit die Revisionswerberin damit das bei der Heranziehung eines Gesamtschuldners zu übende Ermessen anspricht, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Ausübung des Ermessens, sofern weder Ermessensmissbrauch noch Ermessensüberschreitung vorliegt, über die Bedeutung des Einzelfalls nicht hinausgeht und keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG darstellt. Im Übrigen wurde nicht nur eine Zustellung des Bescheides an den anderen Miteigentümer, sondern auch eine Durchsetzung des Abgabenanspruches (damit bis einschließlich der zwangsweisen Einbringung) in die Ermessensüberlegungen einbezogen. Weder Ermessensmissbrauch noch Ermessensüberschreitung werden von der Revisionswerberin in den Zulässigkeitsgründen der Revision aufgezeigt.

15 Die Revisionswerberin wirft somit keine Rechtsfrage auf, welcher im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

16 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 28. September 2016

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