Normen
AVG §38;
B-VG Art132;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §17;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Zur Vorgeschichte wird auf die hg. Erkenntnisse vom 28. Oktober 2015, Zl. 2013/10/0214, und vom 25. Mai 2016, Zl. Ra 2016/10/0006, verwiesen.
2 Mit dem ersterwähnten Erkenntnis wurde der Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 22. August 2013, mit dem der Revisionswerberin die forstrechtlichen Bewilligungen für die Errichtung und den Betrieb des Umspannwerkes Villach Süd und der 110-kV-Freileitung Villach erteilt worden waren, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.
3 Mit dem zweiterwähnten hg. Erkenntnis wurde der im fortgesetzten Verfahren ergangene Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 23. Dezember 2015, mit dem die Erteilung der forstrechtlichen Bewilligungen gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuerlichen Bescheides an den Landeshauptmann für Kärnten zurückverwiesen worden war, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.
4 In der Folge erging das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. August 2016, Zl. W104 2115704- 2/13E, mit dem die Beschwerde gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 5. April 2016, mit dem gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G festgestellt wurde, dass für das gegenständliche Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G durchzuführen sei, abgewiesen wurde. Gegen dieses Erkenntnis erhoben die 13.- und 14.-mitbeteiligte Partei die zur hg. Zahl Ra 2016/04/0118, protokollierte ao. Revision.
5 Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss vom 21. November 2016 setzte das Landesverwaltungsgericht die Entscheidung über die (anhängigen forstrechtlichen) Beschwerden bis zum Abschluss des zuletzt genannten hg. Revisionsverfahrens aus (I.). Die Revision wurde nicht zugelassen (II.). Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, die Frage, ob das gegenständliche Vorhaben der UVP-Pflicht unterliege, bilde eine maßgebliche Vorfrage für die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts zur Durchführung eines forstrechtlichen Verfahrens. Eine "rechtskräftige Entscheidung in Angelegenheit der UVP-Feststellung" liege infolge der beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Revision nicht vor. Der Ausgang des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof bilde eine entscheidungsrelevante Vorfrage.
6 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
7 In dem vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren erstatteten die mitbeteiligten Parteien keine Revisionsbeantwortung.
8 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (u.a.) die Bestimmungen des AVG mit der Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles anzuwenden.
10 Gemäß § 38 AVG ist, sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.
11 Die Revision macht in den Zulässigkeitsgründen als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung geltend, dass nach der hg. Rechtsprechung (Hinweis auf das Erkenntnis vom 26. November 2015, Zl. Ro 2015/07/0018) vorliegendenfalls eine Aussetzung des Verfahrens nicht in Betracht komme, weil die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (betreffend die Verneinung der UVP-Pflicht) mit ihrer Erlassung rechtskräftig geworden sei. Das Verwaltungsgericht sei von dieser Rechtsprechung abgewichen.
12 Die Revision erweist sich als zulässig. Sie ist auch berechtigt.
13 Nach § 38 letzter Satz AVG ist die Behörde nur dann zur Aussetzung des Verfahrens befugt, wenn das Verfahren über die Vorfrage noch nicht beendet, also insbesondere nicht rechtskräftig entschieden worden ist (vgl. das von der Revision erwähnte hg. Erkenntnis vom 26. November 2015, mwN).
14 Im vorliegenden Fall wurde die - für die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Kärnten zur Durchführung der forstrechtlichen Bewilligungsverfahren maßgebliche - (Vor‑)Frage des Nichtbestehens einer UVP-Pflicht mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. August 2016 rechtskräftig entschieden (zur Rechtskraft von Entscheidungen der Verwaltungsgerichte vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. September 2016, Zl. Ro 2015/03/0045). Daran ändert auch die dagegen von den nunmehrigen mitbeteiligten Parteien erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof nichts (vgl. etwa abermals das hg. Erkenntnis vom 26. November 2015, mwN).
15 Das Verwaltungsgericht war somit zu der mit dem angefochtenen Beschluss ausgesprochenen Verfahrensaussetzung nicht befugt, weshalb dieser Beschluss in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
16 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 23. Mai 2017
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