Normen
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BVergG 2006 §127 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016040057.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
Angefochtenes Erkenntnis
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurden in einem vergaberechtlichen Feststellungsverfahren betreffend das Vergabeverfahren der mitbeteiligten Auftraggeberin "Schneeschleudern Z 2015-074" - soweit mit der vorliegenden Revision angefochten -
- der Antrag der Revisionswerberin festzustellen, dass die Rahmenvereinbarung mit einem näher bezeichneten Unternehmen (im Folgenden: der Zuschlagsempfängerin) in diesem Vergabeverfahren wegen eines Verstoßes gegen das BVergG 2006 nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung mit dem Bieter abgeschlossen worden sei, der das Angebot mit dem niedrigsten Preis gelegt habe (A I 1.);
- der Antrag der Revisionswerberin, die mitbeteiligte Auftraggeberin zum Ersatz der Pauschalgebühren zu verpflichten (A I 5.);
- der Antrag der Revisionswerberin auf Gutachtensergänzung (A I 7.)
sowie die (in der mündlichen Verhandlung) gestellten Anträge hinsichtlich weiterer Ausführungen bzw. Ergänzungen durch den Sachverständigen bzw. der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens (A I 8.)
gemäß §§ 312, 319 Abs. 1 und 2, 331 Abs. 4 sowie 334 BVergG 2006 iVm § 28 Abs. 1 VwGVG abgewiesen (A I).
Auf Antrag der mitbeteiligten Auftraggeberin wurde gemäß § 312 Abs. 3 Z 2 iVm § 331 Abs. 1 BVergG 2006 festgestellt, dass die Revisionswerberin in diesem Vergabeverfahren keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt habe (A II).
Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt (B). 2 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen
aus, die mitbeteiligte Auftraggeberin habe in einem Verhandlungsverfahren nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb nach dem Billigstbieterprinzip im Oberschwellenbereich eine Rahmenvereinbarung mit einem Unternehmer über die Lieferung von Schneeschleudern ausgeschrieben. Dieser Beschaffungsvorgang sei dem Sektorenbereich zuzuordnen.
Die Revisionswerberin habe die "Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung" in diesem Vergabeverfahren zugunsten der Zuschlagsempfängerin beantragt. Infolge der Erteilung des Zuschlages sei dieses Nachprüfungsverfahren als Feststellungsverfahren fortgeführt worden.
Zur Abklärung der Frage, ob die Zuschlagsempfängerin im Hinblick auf die von der Revisionswerberin behaupteten Beanstandungen ausschreibungskonform angeboten habe, sei vom Verwaltungsgericht ein nichtamtlicher Sachverständiger (aus dem Fachbereich Maschinenbau und Maschinenprüfungswesen) bestellt worden.
Dieser habe ein Gutachten erstattet, welches der Revisionswerberin zum Parteiengehör übermittelt und in der mündlichen Verhandlung in Anwesenheit des Sachverständigen erörtert worden sei. Den Parteien sei ausreichend Gelegenheit geboten worden, Fragen an den Sachverständigen zu stellen und ein ergänzendes Vorbringen zu erstatten.
Danach sei das Angebot der Zuschlagsempfängerin, sofern von der Revisionswerberin Beanstandungen vorgetragen worden seien, ausschreibungskonform.
Beweiswürdigend führte das Verwaltungsgericht aus, das Gutachten des Sachverständigen sei vollständig, widerspruchsfrei, nachvollziehbar und in sich schlüssig. Eine Ergänzung des Gutachtens bzw. die Einholung eines weiteren Gutachtens sei nicht erforderlich. Die Auffassung der Revisionswerberin, die Zuschlagsempfängerin habe nicht ausschreibungskonform angeboten, beruhe offensichtlich auf der Unkenntnis des tatsächlichen Angebotes des näher bezeichneten Unternehmens und einer Recherche von im Internet abrufbaren Unterlagen veralteter Vorgängermodelle, die nicht in allen Details mit der angebotenen Schneeschleuder übereinstimmten.
Da das (ausschreibungskonforme) Angebot der Zuschlagsempfängerin das billigste gewesen sei, habe die Revisionswerberin keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlags gehabt.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich vorliegende
außerordentliche Revision.
Rechtslage
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
Zulässigkeit
Grundsätzlich
7 Ein Zulässigkeitsvorbringen, das sich in weiten Teilen auf nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung beschränkt, ist darauf hin zu prüfen, ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG konkret behauptet wird (vgl. den hg. Beschluss vom 18. März 2016, Ra 2015/01/0255, mwN). Zur behaupteten Unschlüssigkeit des Gutachtens
8 Als konkrete Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wird im Zulässigkeitsvorbringen alleine behauptet, es liege im Ergebnis eine wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, da das Verwaltungsgericht dem angefochtenen Erkenntnis ein in vielerlei Hinsicht unschlüssiges Gutachten zugrunde gelegt habe.
So habe der Sachverständige in mehreren, entscheidungsrelevanten Punkten keine eigenständigen Berechnungen vorgenommen, habe diese Berechnungen auch auf Anfrage des Vertreters der Revisionswerberin nicht durchgeführt und habe von der Zuschlagsempfängerin mutmaßlich nach Abschluss des Vergabeverfahrens hergestellte Beilagen als Basis für seine Feststellungen verwendet.
Dieser Verfahrensfehler sei dem Verwaltungsgericht unterlaufen, weshalb der vorliegende Fall anders gelagert sei und daher nicht dieselben strengen Anforderungen an die Prüfung von Verfahrensfehlern gestellt werden könnten.
Das eingeholte Gutachten sei unschlüssig und "nicht zu gebrauchen". Wäre das Verwaltungsgericht dem Antrag der Revisionswerberin auf Einholung eines zweiten Gutachtens gefolgt, so hätte es festgestellt, dass das Angebot der Zuschlagsempfängerin nicht ausschreibungskonform gewesen sei.
9 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt:
10 Die Behörde hat - im Rahmen ihrer Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes - ein Gutachten eines Sachverständigen auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit hin zu prüfen und ist dabei auch gehalten, sich im Rahmen der Begründung des Bescheides mit dem Gutachten auseinander zu setzen und es entsprechend zu würdigen. Auch haben die Parteien die Möglichkeit, Unvollständigkeiten und Unschlüssigkeiten eines Gutachtens im Rahmen des Verfahrens der Behörde aufzuzeigen oder einem Gutachten (etwa durch Beibringung eines eigenen Gutachtens) auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten (vgl. zu allem das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2016, Ro 2014/03/0004, mwN).
Die Würdigung eines Gutachtens ist Teil der Beweiswürdigung. Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz tätig und zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. zur Überprüfung der Beweiswürdigung aus der ständigen Rechtsprechung etwa den hg. Beschluss vom 23. Februar 2016, Ra 2016/01/0012, mwN).
11 Einen derartigen krassen Fehler der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts, die als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifen wäre, zeigt die Revision nicht auf:
Bei der Frage, ob die Ausschreibungskonformität des Angebotes der Zuschlagsempfängerin mittels einer Berechnung vorgenommen hätte werden müssen oder ob auch andere fachliche Ermittlungsmethoden (Ableitung aus Arbeitsdiagrammen) ausreichend seien, handelt es sich um eine Frage, die auf gleicher fachlicher (somit auf sachverständiger) Ebene zu beantworten gewesen wäre. Ein derartiges Gegengutachten hat die Revisionswerberin vor dem Verwaltungsgericht trotz entsprechender Gelegenheit zur Stellungnahme nicht erstattet.
Die Frage, welche Unterlagen der Sachverständige bei der Erstellung seines Gutachtens mutmaßlich verwendet habe, kann eine Unschlüssigkeit seines Gutachtens nicht dartun. Zur Behauptung, es seien "nachträglich hergestellte" Beilagen verwendet worden, ist darauf hinzuweisen, dass Aufklärungsgespräche nach § 127 Abs. 1 BVergG 2006 zulässig sind und nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes selbst ein Mangel behebbar ist, wenn es bloß am Nachweis des bereits bestehenden Umstandes mangelt (vgl. den hg. Beschluss vom 11. November 2015, Ra 2015/04/0077, mwN). Ergebnis
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 4. Juli 2016
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