VwGH Ra 2016/04/0032

VwGHRa 2016/04/003211.5.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler, die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Mayr, Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Mitter, über die Revision der revisionswerbenden Partei S R e.U. in B, vertreten durch MMag. Dr. Claus Casati, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 1b/17, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 1. Dezember 2015, LVwG- 5/53/20-2015, betreffend vergaberechtliches Feststellungsverfahren (mitbeteiligte Partei: S GmbH in S, vertreten durch MMag. Dr. Philipp Götzl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Imbergstraße 19), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 1. Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 9. September 2015, Ra 2015/04/0012, verwiesen. Darin hat der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 16. Dezember 2014 betreffend die Abweisung der Anträge des Revisionswerbers auf Nichtigerklärung einer näher bezeichneten Ausschreibung (bzw. einzelner Ausschreibungsbestimmungen) der mitbeteiligten Partei (Auftraggeberin) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Begründend wurde ausgeführt, das Verwaltungsgericht habe eine unrichtige Fristberechnung nicht aufgegriffen (die Angebotsfrist habe nicht den Bestimmungen über die Mindestfristen in den §§ 56 bis 62 Bundesvergabegesetz 2006 - BVergG 2006 entsprochen, weil sie erst mit Ablauf der letzten Stunde des 12. November 2014 enden hätte dürfen, aber bereits um 14.00 Uhr dieses Tages geendet habe). Auf das weitere Revisionsvorbringen (im Hinblick auf eine behauptete Lokalpräferenz) sei somit nicht einzugehen gewesen.

2 2. Mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2015 stellte der Revisionswerber gemäß § 32 Abs. 4 Salzburger Vergabekontrollgesetz 2007 (S.VKG 2007) den Antrag auf Weiterführung des Nachprüfungsverfahrens als Feststellungsverfahren. Das Verwaltungsgericht möge feststellen, dass die Vergabe des Auftrags in einem näher bezeichneten Verfahren ("Ski- & Citybusverkehr Bad Hofgastein Saison 2014/2015") an zwei benannte Unternehmen (Ö GmbH sowie M GmbH) - in eventu: die Durchführung dieses Verfahrens - wegen eines Verstoßes gegen die Einhaltung der Mindestangebotsfrist gemäß den §§ 56 bis 62 BVergG 2006 rechtswidrig gewesen sei.

3 3. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 1. Dezember 2015 wies das Verwaltungsgericht diese Anträge - ebenso wie die Anträge auf Nichtigerklärung des Vertrages, auf Verhängung einer Geldbuße sowie auf Pauschalgebührenersatz - als unzulässig zurück. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für unzulässig erklärt.

4 Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes habe die Auftraggeberin die ursprünglich bis 12. November 2014 laufende Angebotsfrist - allerdings ohne Veröffentlichung und ohne Verständigung der Revisionswerberin - bis zum 19. Dezember 2014 verlängert. Am 23. Dezember 2014 sei der Auftrag (losweise) an die beiden Unternehmen Ö GmbH und M GmbH vergeben worden. Am 9. März 2015 sei diese Auftragsvergabe bekannt gemacht worden. Selbst wenn die Angebotsfrist rechtskonform erst mit Ablauf des 12. November 2014 geendet hätte - so das Verwaltungsgericht in seinen Feststellungen weiter -, hätte der Revisionswerber kein Angebot, auch nicht in Form einer Bietergemeinschaft, gelegt. Dafür stützte sich das Verwaltungsgericht auf das Vorbringen des Revisionswerbers in seinem ursprünglichen Nachprüfungsantrag sowie auf seine Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 25. November 2015. Es erscheine unmöglich, dass es dem Antragsteller gelungen wäre, bei einer um zehn Stunden längeren Angebotsfrist ein Angebot zu legen. Zudem habe der Revisionswerber in der Verhandlung angegeben, sich auf Grund der Rechtswidrigkeit der Ausschreibung nicht mehr mit der Angebotslegung befasst zu haben. Auch die Zeitspanne bis zur Erlassung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes am 16. Dezember 2014 habe er nicht genutzt, um eine Bietergemeinschaft einzugehen oder ein Angebot zu legen.

5 Ausgehend davon, dass es sich beim Feststellungsverfahren nach § 32 Abs. 4 S.VKG 2007 um eine Fortführung des ursprünglichen Nachprüfungsverfahrens handle, müsse der Antragsteller über die Antragslegitimation verfügen. Vorliegend habe der Revisionswerber zwar ein plausibles Interesse am Vertragsschluss dargetan. Da er aber auch bei einer um zehn Stunden längeren Angebotsfrist kein ausschreibungskonformes Angebot gelegt hätte, sei auszuschließen, dass selbst bei Vermeidung der behaupteten Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden wäre. Auf Grund des Fehlens dieser Antragsvoraussetzung seien die Feststellungsanträge zurückzuweisen.

6 "Des weiteren" verwies das Verwaltungsgericht darauf, dass Feststellungsanträge, mit denen andere als die in § 331 Abs. 1 und 2 bzw. § 312 Abs. 3 und 4 BVergG 2006 vorgesehenen Feststellungen begehrt würden, unzulässig seien. Dies lasse sich auf die gleichlautenden Bestimmungen des S.VKG 2007 übertragen. Auch bei einer "weiten" Interpretation würden die Begehren des Revisionswerbers in § 32 Abs. 1 Z 1 oder 4 S.VKG 2007 keine Deckung finden. Daher sei für das vom Revisionswerber "gewünschte Begehren" keine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes gegeben.

7 4. Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

8 5. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 6. Der Revisionswerber wendet sich in seinem Zulässigkeitsvorbringen gegen die Annahme des Verwaltungsgerichtes, dass auch im sekundären Feststellungsverfahren (hier nach § 32 Abs. 4 S.VKG 2007) ein entstandener oder drohender Schaden Antragsvoraussetzung sei bzw. dass eine fehlende Absicht, ein Angebot trotz rechtswidriger Ausschreibungsunterlagen zu legen, das Entstehen eines derartigen Schadens ausschließe. Weiters rügt der Revisionswerber die durch den Nachprüfungsakt nicht gedeckte Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes, wonach er auch bei einer rechtskonformen Angebotsfrist jedenfalls kein Angebot gelegt hätte. Zudem habe sich das Verwaltungsgericht bei der Prüfung der Antragslegitimation zu Unrecht auf die hypothetische Frage beschränkt, ob der Revisionswerber innerhalb von zehn Stunden ein Angebot gelegt hätte. Es habe nämlich außer Acht gelassen, dass die Angebotsfrist - ohne dass dies bekannt gemacht worden wäre - tatsächlich erst am 19. Dezember 2014 geendet habe.

12 7. Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. zu allem die hg. Beschlüsse vom 15. Dezember 2016, Ra 2016/02/0144, sowie vom 29. Juli 2015, Ra 2015/07/0084, jeweils mwN).

13 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass eine Revision unzulässig ist, wenn das angefochtene Erkenntnis auf einer tragfähigen Alternativbegründung beruht und dieser Begründung keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zugrunde liegt (siehe etwa die Beschlüsse vom 21. Februar 2017, Ra 2017/22/0005, sowie vom 20. Jänner 2016, Ra 2015/04/0091, jeweils mwN).

14 Wenn einer tragfähigen Alternativbegründung keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zugrunde liegt, kann die Revision zurückgewiesen werden, selbst wenn davon auszugehen war, dass die anderen Begründungsalternativen unzutreffend waren (siehe den bereits zitierten hg. Beschluss Ra 2016/02/0144, mwN).

15 Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht - wie dargestellt - seiner Zurückweisungsentscheidung zwei tragfähige alternative Begründungen zugrunde gelegt. Das Zulässigkeitsvorbringen des Revisionswerbers beschränkt sich allerdings auf die Begründung des Verwaltungsgerichtes im Zusammenhang mit der Antragsvoraussetzung des Schadens und der daraus (nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes) resultierenden fehlenden Antragslegitimation des Revisionswerbers. Zu der vom Verwaltungsgericht ebenfalls angenommenen fehlenden Zuständigkeit, die vom Revisionswerber begehrten Feststellungen zu treffen, wird im Rahmen der Zulässigkeitsgründe vom Revisionswerber keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen.

16 Die Entscheidung über die Revision hängt demnach nicht von der Lösung der als grundsätzlich geltend gemachten Rechtsfrage betreffend den Schaden als Voraussetzung für die Antragslegitimation ab.

17 8. Ausgehend davon war auch nicht auf die Annahme des Verwaltungsgerichtes, § 32 Abs. 1 Z 1 bzw. 4 S.VKG 2007 könne nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die hier begehrten Feststellungen davon erfasst seien, bzw. auf die Frage, ob in einer Konstellation wie der vorliegenden bei einer allenfalls fehlenden Feststellungskompetenz der Verwaltungsgerichte die Prozessvoraussetzung des § 341 Abs. 2 BVergG 2006 für Schadenersatzklagen überhaupt zur Anwendung kommt (siehe diesbezüglich etwa den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 11. August 2015, 4 Ob 247/14y, mwN), einzugehen.

18 9. In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

19 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

20 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§  47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 11. Mai 2017

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte