VwGH Ra 2016/03/0073

VwGHRa 2016/03/007313.9.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der revisionswerbenden Partei O S in B, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 11. April 2016, Zl. LVwG-449-008/R14-2015, betreffend Erweiterung einer Waffenbesitzkarte nach § 23 Abs 2 WaffG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bregenz), den Beschluss gefasst:

Normen

VwRallg;
WaffG 1996 §10;
WaffG 1996 §23 Abs2;
WaffG 1996 §23 Abs2b;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016030073.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 A. Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.

3 B. Mit Bescheid vom 18. März 2015 wies die Bezirkshauptmannschaft Bregenz (BH) den Antrag des Revisionswerbers auf Erweiterung der Waffenbesitzkarte nach § 23 Abs 2 WaffG, BGBl I Nr 12/1997 idF BGBl I Nr 161/2013, auf vier Stück Schusswaffen der Kategorie B ab. Begründend führte sie aus, dass der Revisionswerber trotz Aufforderung keine glaubhafte Rechtfertigung für die Erweiterung der Waffenbesitzkarte auf vier Stück Schusswaffen der Kategorie B habe vorbringen können. Zudem habe der Revisionswerber lediglich zwei Ranglisten der Vereinsmeisterschaften aus den Jahren 2011 und 2014 vorweisen können, weshalb er aus Sicht der Behörde den Schießsport mit einer oder zwei Waffen ausüben könne. Das Vorbringen, dass sich die sichere Handhabung mit der gewünschten Waffe wohl durch den Nachweis der regelmäßigen Ausübung des Schießsports bestätige, begründe nicht die effiziente Ausübung der jeweiligen weiteren benötigten Disziplinen und somit die geforderten Kenntnisse und Erfahrungen in der jeweiligen Disziplin.

4 Dagegen erhob der Revisionswerber am 15. April 2015 Beschwerde. Mit Erkenntnis vom 11. April 2016 gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg der Beschwerde keine Folge, bestätigte den angefochtenen Bescheid und erklärte die Revision für nicht zulässig. In den Entscheidungsgründen führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass der Revisionswerber (aufgrund der von der BH am 11. April 2012 ausgestellten Waffenbesitzkarte) zwei näher bezeichnete Pistolen (eine Glock 17 und eine Walther PPK) besitze wobei ihm die zuletzt genannte Waffe als Verteidigungswaffe zur Verfügung stehe. Die Erweiterung der Waffenbesitzkarte zu Zwecken des Schießsports erfordere die Glaubhaftmachung einer nachhaltigen, mehr als bloß gelegentlichen Sportausübung, was dem Revisionswerber für die in Aussicht genommenen neuen Disziplinen nicht gelungen sei. Der Revisionswerber habe im Jahr 2015 in der beantragten Disziplin FFW GK (Revolver) nur sechsmal und in der beantragten Disziplin Großkaliber ab Kaliber 44 lediglich einmal trainiert und an keinen Wettbewerben teilgenommen, weshalb von einer mehr als bloß gelegentlichen Sportausübung in dem angeführten Zeitraum nicht die Rede sein könne. Auch für die Zukunft sei keine nachhaltige Sportausübung in diesen Disziplinen glaubhaft gemacht worden, weil sich aus dem gesamten Vorbringen nicht ergebe, in welchem konkreten Umfang der Revisionswerber zukünftig trainiere oder an welchen lizenzierten Wettkämpfen er genau teilzunehmen beabsichtige. Der Revisionswerber habe lediglich ausgeführt, dass die Verwendung von Leihwaffen für die Steigerung des sportlichen Erfolgs nur sehr eingeschränkt zweckmäßig sei und ferner, dass er zukünftig Groß- und Kleinkaliberwettkämpfe bestreiten bzw in diesen Disziplinen trainieren möchte, er habe aber kein genaues Ausmaß erwähnt. Im Übrigen habe der Revisionswerber ausgeführt, dass die bereits in seinem Besitz befindliche Pistole Walther PPK für das sportliche Schießen ungeeignet sei, und er diese Pistole als reine Verteidigungswaffe bei sich zu Hause verwende. Es sei daher nicht nachvollziehbar, wenn der Revisionswerber angebe, zwei weitere Schusswaffen für neue Disziplinen zu benötigen, obwohl er eine seiner zwei bewilligten Waffen gar nicht für das Sportschießen verwende, obgleich er in seinem ursprünglichen Antrag vom 7. Februar 2012 als Rechtfertigung des Bedarfs von Waffen allein den Schießsport angeführt habe.

5 C. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. In seinem Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision beanstandet der Revisionswerber, das Verwaltungsgericht habe zwar zutreffend die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs angeführt, wonach ein Erweiterungswerber keinen Anspruch darauf habe, dass im Rahmen der Ermessensausübung bei der Erweiterung der Waffenbesitzkarte auf eine Anzahl von mehr als zwei genehmigungspflichtigen Schusswaffen auch sein Interesse am Bereithalten einer ganz bestimmten Waffe zur Selbstverteidigung berücksichtigt werde. Die genannte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs sei aber unter der Annahme des Sachverhalts ergangen, wonach die Selbstverteidigung mit einer vom Revisionswerber zum Zweck der Sportausübung bereitgehaltenen Waffe grundsätzlich möglich sei. Genau dies liege aber im gegenständlichen Fall nicht vor, weil die zur Selbstverteidigung bereitgehaltene Waffe für die Sportausübung nicht geeignet, und umgekehrt auch die vom Revisionswerber genutzte Sportwaffe - eine adaptierte Pistole Glock 17 - für die Bereithaltung zur Selbstverteidigung ungeeignet sei. Eine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs dahingehend, dass ein Sportschütze verpflichtet sei - wolle er die Selbstverteidigung ausüben - eine zur Selbstverteidigung ungeeignete Sportwaffe zu verwenden, existiere nicht. Eine derartige Judikatur wäre auch gleichheitswidrig und gesetzwidrig, weil dadurch Sportschützen schlechter gestellt wären als "normale Waffenbesitzer". Im gegenständlichen Fall sei es nämlich so, dass eine Doppelverwendung der Waffen als Sportwaffe und Verteidigungswaffe waffentechnisch nicht möglich sei. Die Verwendung der Sportwaffe des Revisionswerbers zur Selbstverteidigung sei gefährlich und diesem daher nicht zuzumuten.

6 D. Die Revision ist nicht zulässig. 7 Nach der ständigen Rechtsprechung zu § 23 WaffG steht die Festsetzung einer über zwei hinausgehenden Anzahl genehmigungspflichtiger Schusswaffen im Ermessen der Behörde. Gemäß § 10 WaffG sind bei der Anwendung der in diesem Bundesgesetz enthaltenen Ermessensbestimmungen private Rechte und Interessen nur insoweit zu berücksichtigen, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahren besteht, möglich ist. § 23 Abs 2 WaffG verlangt für ein Überschreiten der dort grundsätzlich fixierten Maximalzahl genehmigungspflichtiger Schusswaffen eine "besondere Rechtfertigung" der antragstellenden Partei (vgl VwGH vom 26. Februar 2016, Ro 2015/03/0033). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits festgehalten, dass als besondere Rechtfertigung iSd § 23 Abs 2 WaffG beispielsweise die Ausübung des Schießsports in Betracht kommt. Die bloße Ausübung des Schießsports reicht jedoch noch nicht für die Erweiterung des Berechtigungsumfangs der Waffenbesitzkarte aus, weil der Schießsport in der Regel bereits mit einer oder zwei Waffen ausgeübt werden kann. Eine Rechtfertigung wegen Ausübung des Schießsports liegt daher nur dann vor, wenn die über die Anzahl von zwei genehmigungspflichtigen Waffen hinausgehenden Waffen jeweils auch für die effiziente Ausübung dieses Sports benötigt werden (VwGH vom 26. Februar 2016, Ro 2015/03/0033, mwH). Die Rechtfertigung der Ausübung des Schießsports wird für die Ausweitung des Berechtigungsumfangs einer Waffenbesitzkarte somit dann nicht ausreichen, wenn für den Schießsport mit der schon bisher gewährten Anzahl von genehmigungspflichtigen Schusswaffen das Auslangen gefunden werden kann. Nur dann, wenn auch die Verwendung der beantragten weiteren Waffen zur Ausübung spezieller Disziplinen des Schießsports bescheinigt wird, kann der vom Gesetz für die Erweiterung des Berechtigungsumfangs nach der Ermessensbestimmung des § 23 Abs 2 zweiter Satz WaffG geforderte Rechtfertigungsgrund als gegeben angesehen werden (VwGH vom 10. Juni 2016, Ra 2016/03/0056). Könnte der Revisionswerber etwa durch Verkauf (einer) seiner vorhandenen Waffen seinen Wunsch nach einer für seinen Schießsport besser geeigneten Waffe befriedigen, kann eine Rechtfertigung im Sinne des § 23 Abs 2 zweiter Satz WaffG auch deshalb nicht als gegeben angesehen werden (VwGH vom 6. April 2016, Ra 2015/03/0073, mwH). Liegen die Voraussetzungen des § 23 Abs 2b WaffG wie im vorliegenden Fall, in dem die vorangegangene Festsetzung der Anzahl der bewilligten Waffen unstrittig weniger als fünf Jahre zurückliegt, nicht vor, ist für einen Antrag auf Erweiterung einer Waffenbesitzkarte die Ermessensbestimmung des § 23 Abs 2 WaffG alleine relevant (vgl VwGH vom 26. Februar 2016, Ro 2015/03/0033). Es obliegt dem Antragsteller, der einen Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 23 Abs 2 WaffG glaubhaft zu machen hat, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der Voraussetzungen spricht: Ihn trifft somit eine erhöhte Behauptungslast (VwGH vom 26. Februar 2016, Ro 2015/03/0033). Um beurteilen zu können, ob ein Antragsteller in den von ihm bezeichneten Disziplinen den Schießsport tatsächlich in einem Ausmaß ausübt, dass dies eine Rechtfertigung für die Erweiterung der Waffenbesitzkarte darstellen kann, ist es erforderlich, dass dieser im Sinne dieser Behauptungslast auch nähere Angaben über seine diesbezügliche Trainingstätigkeit macht. Solche Angaben sind notwendig zur Bescheinigung dafür, dass der Antragsteller über derartige Kenntnisse und Erfahrungen in der jeweiligen Disziplin verfügt, sodass diese die Grundlage für eine Rechtfertigung einer größeren Anzahl von Schusswaffen der Kategorie B im Sinne des § 23 Abs 2 WaffG bilden können und schießsportliche Fähigkeiten vorliegen, bei denen es nicht mehr zugemutet werden kann, in diesen Disziplinen mit geliehenen Waffen tätig zu werden (VwGH vom 29. Jänner 2014, 2013/03/0148).

8 Da der Revisionswerber im Jahr 2015 unstrittig in der in Aussicht genommenen Disziplin FFW GK (Revolver) nur sechsmal, in der in Aussicht genommenen Disziplin Großkaliber ab Kaliber 44 lediglich einmal trainiert und in beiden Disziplinen noch an keinen Wettkämpfen teilgenommen hat, erscheint die Auffassung des Verwaltungsgerichtes im Rahmen seiner Ermessensentscheidung als rechtskonform, dass er über keine derartigen Kenntnisse und Erfahrungen in diesen Disziplinen verfügt, welche die Grundlage für die Rechtfertigung einer größeren Anzahl von Schusswaffen der Kategorie B im Sinne des § 23 Abs 2 WaffG bilden könnten.

9 Daran vermögen die Einwände des Revisionswerbers, die darauf zielen, dass er nicht dazu verhalten werden könnte, zum Erwerb einer weiteren Sportwaffe eine für seine Selbstverteidigung gewidmete Waffe zu veräußern, nichts ändern. Angesichts der in § 23 Abs 2 und Abs 2b WaffG zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Wertung kann dem Revisionswerber vielmehr zugemutet werden, dass er durch Verkauf (einer) seiner vorhandenen Waffen seinen Wunsch nach einer für seinen Schießsport besser geeigneten Waffe befriedigt (vgl VwGH vom 6. April 2016, Ra 2015/03/0073, mwH) bzw dass er dazu im Übrigen Leihwaffen in Anspruch nimmt. Ausgehend davon erweist sich das Vorbringen, dass die vom Revisionswerber zum Schießsport verwendete Pistole aufgrund ihrer Ausstattung für die Selbstverteidigung in den eigenen Wohnräumlichkeiten ungeeignet sei, als nicht zielführend. Gleiches gilt für die Verfahrensrügen, das Verwaltungsgericht hätte (zusammengefasst) den Sachverhalt (insbesondere mangels Einholung eines beantragten Sachverständigengutachtens, dass die Verwendung von Leihwaffen nicht zumutbar sei) nicht hinreichend ermittelt und seine Entscheidung nicht ausreichend begründet.

10 E. Damit werden in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher nach Einleitung des Vorverfahrens iSd § 36 VwGG zurückzuweisen (§ 34 Abs 1 VwGG).

11 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 13. September 2016

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