VwGH Ra 2015/21/0179

VwGHRa 2015/21/017912.11.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und den Hofrat Dr. Pelant sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen und Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Revision des S Z in K, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 14. September 2015, Zl. LVwG-AB-11-0172, betreffend Rückkehrverbot (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl - BFA), den Beschluss gefasst:

Normen

32004L0038 Unionsbürger-RL Art27;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art28;
32008L0115 Rückführungs-RL;
AVG §56;
EURallg;
FNG 2014;
FrPolG 2005 §125 Abs22;
FrPolG 2005 §125 Abs25;
FrPolG 2005 §54 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §62;
FrPolG 2005 §67 idF 2011/I/038;
VwRallg;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art27;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art28;
32008L0115 Rückführungs-RL;
AVG §56;
EURallg;
FNG 2014;
FrPolG 2005 §125 Abs22;
FrPolG 2005 §125 Abs25;
FrPolG 2005 §54 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §62;
FrPolG 2005 §67 idF 2011/I/038;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Revisionswerber ist armenischer Staatsangehöriger und seit dem 28. November 2014 mit einer in Österreich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten rumänischen Staatsangehörigen verheiratet. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 22. März 2011 war gegen ihn im Hinblick auf näher bezeichnete strafgerichtliche Verurteilungen ein unbefristetes Rückkehrverbot verhängt worden. Zur Entscheidung über die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit 1. Jänner 2014 gemäß § 125 Abs. 22 FPG das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zuständig. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies es die als Beschwerde nach dem VwGVG behandelte Berufung als unbegründet ab, wobei nach § 125 Abs. 22 FPG die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der Fassung vor dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012, angewendet wurden. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG "nicht zur Behandlung eignen", ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof dann im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen.

Im vorliegenden Fall macht der Revisionswerber unter diesem Gesichtspunkt zunächst geltend, es fehle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Einordnung des Rückkehrverbotes in das System nach der seit 1. Jänner 2014 geltenden Rechtslage, die die Erlassung eines Rückkehrverbotes nicht mehr vorsehe. Zwar normiere die Übergangsbestimmung des § 125 Abs. 22 FPG für Fälle wie den vorliegenden die Anwendung der Bestimmungen in der Fassung vor dem FNG, allerdings scheine hier ein "höchst überflüssiges" Erkenntnis geschaffen worden zu sein, weil die Asylbehörde nach Verfahrensabschluss ohnedies dasselbe - nämlich die Gefährlichkeit des Revisionswerbers - zur Erlassung der Ausweisung bzw. eines Aufenthaltsverbotes eigenständig zu beurteilen haben werde.

Es trifft zwar zu, dass das Rückkehrverbot auf Grund der durch das FNG geschaffenen Rechtslage auch nach dem negativen Abschluss des Asylverfahrens nicht zum Einreisebzw. Aufenthaltsverbot wird und das BFA somit unabhängig von einem bestehenden Rückkehrverbot über eine solche Maßnahme zu entscheiden hat. Das ändert allerdings nichts an der eindeutigen Anordnung des § 125 Abs. 22 FPG, dass das für die Fortführung des Rechtsmittelverfahrens zuständige Landesverwaltungsgericht über die Berufung/Beschwerde nach dem FPG in der Fassung vor dem FNG - und damit gegebenenfalls auch im Wege der Erlassung eines Rückkehrverbotes - zu entscheiden hatte (vgl. zur ebenfalls die Anwendung dieser Rechtslage anordnenden Übergangsbestimmung des § 125 Abs. 24 FPG den hg. Beschluss vom 16. Oktober 2014, Ra 2014/21/0045). Dafür spricht auch die Übergangsbestimmung des § 125 Abs. 25 zweiter Satz FPG, wonach vor Inkrafttreten des FNG erlassene Rückkehrverbote bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig bleiben.

Was die vom Revisionswerber unter Berufung auf seinen Status als begünstigten Drittstaatsangehörigen weiters angesprochene Frage der Vereinbarkeit des Rückkehrverbotes mit der Freizügigkeitsrichtlinie (2004/38/EG) betrifft, ist ihm zu entgegnen, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits die Zulässigkeit von Rückkehrverboten gegenüber begünstigten Drittstaatsangehörigen anerkannt hat, solange dabei - wie im vorliegenden Fall durch Anwendung des § 67 FPG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 - der auf Grund von Art. 27 und 28 der Richtlinie gebotene erhöhte Gefährdungsmaßstab zugrunde gelegt wird (vgl. etwa das Erkenntnis vom 12. April 2011, Zlen. 2007/18/0241 und 2007/18/0252).

Auch aus der Rückführungsrichtlinie (2008/115/EG) ergibt sich nicht die Unzulässigkeit von Rückkehrverboten. Im Übrigen war sie auf den Revisionswerber ausgehend von seinem eigenen Vorbringen und den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes, wonach er zum Zeitpunkt von dessen Entscheidung begünstigter Drittstaatsangehöriger war, gar nicht anzuwenden.

Wenn der Revisionswerber schließlich vorbringt, dass die Erlassung eines unbefristeten Einreiseverbotes unionsrechtswidrig wäre, genügt es, nochmals darauf hinzuweisen, dass auf Grund der Rechtslage nach dem FNG über ein allfälliges Einreiseverbot (oder Aufenthaltsverbot) im Fall des negativen Abschlusses des Asylverfahrens eigenständig und ohne Bindung an das Rückkehrverbot zu entscheiden ist. Erst in diesem Stadium stellt sich allenfalls die Frage der Vereinbarkeit einer unbefristeten Maßnahme mit unionsrechtlichen Vorgaben.

In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 12. November 2015

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