Normen
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BVergG §325 Abs1 Z2;
BVergG §56 Abs3;
BVergG §62;
BVergG §99 Abs2;
B-VG Art132 Abs1 Z1;
LVergKG Slbg 2007 §26 Abs1 Z2;
LVergRG Wr 2007 §26 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §27;
VwGVG 2014 §9 Abs1 Z3;
VwGVG 2014 §9 Abs1 Z4;
VwGVG 2014 §9;
VwRallg;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BVergG §325 Abs1 Z2;
BVergG §56 Abs3;
BVergG §62;
BVergG §99 Abs2;
B-VG Art132 Abs1 Z1;
LVergKG Slbg 2007 §26 Abs1 Z2;
LVergRG Wr 2007 §26 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §27;
VwGVG 2014 §9 Abs1 Z3;
VwGVG 2014 §9 Abs1 Z4;
VwGVG 2014 §9;
VwRallg;
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Das Land Salzburg hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehen wird abgewiesen.
Begründung
I.
Angefochtenes Erkenntnis
Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurden durch das Landesverwaltungsgericht Salzburg (Verwaltungsgericht) als Vergabekontrollbehörde nach dem Salzburger Vergabekontrollgesetz 2007 (S.VKG 2007) die Anträge der revisionswerbenden Partei, die Ausschreibung der mitbeteiligten Auftraggeberin "Ski- und CityBusverkehr B, Saison 2014/2015" zur Gänze, in eventu in näher bezeichneten Punkten, für nichtig zu erklären, abgewiesen (I.), die einstweilige Verfügung vom 11. November 2014 aufgehoben (II.) und die ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für unzulässig erklärt (III.)
Begründend stellte das Verwaltungsgericht zunächst fest, die mitbeteiligte Auftraggeberin habe ein offenes Verfahren im Oberschwellenbereich gemäß § 25 Abs. 2 iVm § 27 BVergG 2006 zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung gemäß § 32 BVergG 2006 durchgeführt. Die Angebotsfrist habe ausweislich der Ausschreibung am 12. November 2014, 14.00 Uhr, geendet, Anfragen hätten bis spätestens 31. Oktober 2014, 12.00 Uhr, einzulangen gehabt. Laut Mitteilung der mitbeteiligten Auftraggeberin sei die Ausschreibung europaweit am 3. Oktober 2014 zur Veröffentlichung abgesandt und seien die Ausschreibungsunterlagen über das Portal ANKÖ auch online zur Verfügung gestellt worden.
Die revisionswerbende Partei habe am 4. November 2014 einen Antrag auf Nichtigerklärung der Ausschreibung sowie einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gestellt. Begründend habe sie im Wesentlichen vorgetragen, die Angebots- und Auskunftsfrist sei rechtswidrig, da die Angebotsfrist im offenen Verfahren im Oberschwellenbereich grundsätzlich mindestens 52 Tage betragen müsse. Die Verkürzung der Angebotsfrist, von der Gebrauch gemacht worden sei, sei unzulässig, da zum einen in der Bekanntmachung (veröffentlicht auf der Homepage des Landes Salzburg) keine Internetadresse angegeben sei, unter der die Ausschreibungsunterlagen abrufbar seien, und zum anderen deshalb, weil die Unterlagen auf elektronischem Wege nicht frei und direkt verfügbar gewesen seien. Daher sei der Tatbestand des § 62 Abs. 2 BVergG 2006 nicht erfüllt. Die Regelung, wonach die Abholung der Unterlagen nur bis 31. Oktober 2014 möglich sei, sei ebenso rechtswidrig wie die Bestimmung (gemeint der Ausschreibung), dass Anfragen bis spätestens zwölf Tage vor Ablauf der Angebotsfrist einlangen müssten. Des Weiteren sei die Leistungsbeschreibung rechtswidrig, weil die darin gestellten Anforderungen darauf abzielen würden, ein näher bezeichnetes Unternehmen zu bevorzugen. Zudem würden die Vertragsbestimmungen der Ausschreibung nicht vorsehen, dass die ÖNORM A 2060 für anwendbar erklärt werde. Jedoch seien ÖNORMEN gemäß § 99 Abs. 1 BVergG 2006 für anwendbar zu erklären. Die Unterlassung der Anwendung dieser ÖNORMEN erschwere die Angebotsstellung und Auftragsabwicklung und sei daher rechtswidrig.
In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht zur Verkürzung der Frist im Wesentlichen aus, die Ausschreibung verstoße nicht gegen den 4. Abschnitt, erster Unterabschnitt des BVergG 2006. Seitens der mitbeteiligten Auftraggeberin sei in der vorliegenden Ausschreibung von der gesetzlich eingeräumten Ermächtigung zur Verkürzung der Angebotsfrist im Sinne des § 62 BVergG 2006 Gebrauch gemacht worden. Die revisionswerbende Partei moniere die Verkürzung um fünf Tage gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung (und damit auch die Kumulierung gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung), die Ausschreibungsunterlagen seien nicht auf elektronischem Weg frei und direkt sowie vollständig verfügbar gemacht worden, da eine kostenlose Registrierung erforderlich sei. Dem sei jedoch entgegen zu halten, dass einmaliges, kostenloses Registrieren im Internet eine geläufige Praxis darstelle, dies auch im Zusammenhang mit dem Herunterladen von Ausschreibungsunterlagen. Für diejenigen (potenziellen) Bieter, welche sich einmalig registrieren müssten, stelle dieser Vorgang in der Regel keine Eintrittshürde dar. Somit stehe die einmalige, kostenlose Registrierung zur Erlangung von Ausschreibungsunterlagen nicht in Widerspruch zur freien, direkten und vollständigen Verfügbarkeit der Ausschreibungsunterlagen. Daher könne keine Verletzung des § 58 Abs. 1 BVergG erblickt werden, da auch diese Bestimmung auf die Kriterien "frei, direkt und vollständig" abstelle. Mit dem Erfüllen dieser Voraussetzung erübrige sich auch ein weiteres Eingehen auf die Frist per 31. Oktober 2014 zwecks Abholung der Unterlagen.
Weiters führte das Verwaltungsgericht zur Leistungsbeschreibung auf das Wesentlichste zusammengefasst aus, dass die Ausschreibung auch nicht gegen § 19 Abs. 1 BVergG 2006 bzw. das darin normierte Diskriminierungsverbot verstoße. Sodann folgte eine einzelfallbezogene Beurteilung der in Beschwerde gezogenen Ausschreibungsfestlegungen.
Zur (Nicht)Anwendbarkeit der ÖNORM 2060 folge das Verwaltungsgericht der Argumentation der mitbeteiligten Auftraggeberin, wonach diese ÖNORM allgemeine Vertragsbestimmungen für Arbeiten und Leistungen materieller Art regle. Im vorliegenden Fall werde keine materielle Leistung (bzw. Arbeit) ausgeschrieben. Vielmehr handle es sich bei der Vergabe von Ski- und Citybuslinien um Dienstleistungen, welche nicht in den Anwendungsbereich dieser ÖNORM fielen.
Aus diesen Gründen habe das Nachprüfungsverfahren ergeben, dass die von der revisionswerbenden Partei geltend gemachten Rechtswidrigkeiten der Ausschreibung nicht vorlägen. Da mit dieser Entscheidung das Nachprüfungsverfahren beendet sei, sei die erlassene einstweilige Verfügung mit sofortiger Wirkung aufzuheben gewesen.
Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die vorliegende Entscheidung weiche weder von der bisherigen im Erkenntnis zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehle es an einer Rechtsprechung. Auch sei die vorliegende Rechtsprechung nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es lägen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, da vorliegend einzelfallbezogen zu beurteilen gewesen sei, ob Ausschreibungsunterlagen gegen Grundsätze des fairen, freien und lauteren Wettbewerbs verstießen. Ebenso seien im Zusammenhang mit der Verkürzung der Angebotsfrist sowie der (Nicht)Anwendbarkeit der ÖNORM A 2060 keine Rechtsfragen zu beantworten gewesen, welche über die Bedeutung des vorliegenden Sachverhalts hinausgegangen wären.
Revisionsverfahren
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision, die vom Verwaltungsgericht gemäß § 30a Abs. 7 VwGG unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt wurde.
Die mitbeteiligte Auftraggeberin erstattete (unaufgefordert) eine "Gegenschrift zur Unzulässigkeit der Revision" und nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof eine Revisionsbeantwortung.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Grundsätzlich
Die vorliegende Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung nach § 28 Abs. 3 VwGG als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor, zur Berechnung der Angebotsfrist, insbesondere zu § 56 Abs. 3 BVergG 2006, läge keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vor. Das Verwaltungsgericht habe gemessen an den §§ 60 und 62 sowie insbesondere § 56 Abs. 3 BVergG 2006 fallbezogen die in der bekämpften Ausschreibung festgelegte Angebotsfrist unrichtig berechnet.
Die Revision ist zulässig. Sie ist auch berechtigt. Zur Fristberechnung
Die insoweit maßgeblichen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006, BGBl. I Nr. 17 (BVergG 2006), lauten:
"4. Abschnitt
Fristen
1. Unterabschnitt
Allgemeine Bestimmungen über Fristen
Berechnung der Fristen
§ 56. (1) Unbeschadet der auf die Fristen im Nachprüfungs- und Feststellungsverfahren anzuwendenden Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, finden auf Fristen im Sinne dieses Bundesgesetzes § 903 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB), JGS Nr. 946/1811, und das Bundesgesetz über die Hemmung des Fristenlaufs durch Samstage und den Karfreitag, BGBl. Nr. 37/1961, Anwendung.
...
(3) Fristen, die in Tagen, ausgedrückt sind, beginnen um 00.00 Uhr des Tages, an dem die Frist zu laufen beginnt. Ist für den Beginn einer nach Tagen bemessenen Frist der Zeitpunkt maßgebend, in welchem ein Ereignis eintritt oder eine Handlung vorgenommen wird, so wird bei der Berechnung dieser Frist der Tag nicht mitgerechnet, in den dieses Ereignis oder diese Handlung fällt. Eine nach Tagen bemessene Frist endet mit Ablauf der letzten Stunde des letzten Tages der Frist.
...
2. Unterabschnitt
Reguläre Mindestfristen für Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich
...
Angebotsfristen
§ 60. (1) Beim offenen Verfahren beträgt die vom Auftraggeber festzusetzende Frist für den Eingang der Angebote mindestens 52 Tage. Falls in der Bekanntmachung nicht ein Tag für die frühest mögliche Abholung der Ausschreibungsunterlagen angegeben ist, beginnt die Angebotsfrist mit dem Tag der Absendung der Bekanntmachung. Sie endet mit dem Zeitpunkt, bis zu dem die Angebote spätestens eingehen müssen.
3. Unterabschnitt
Verkürzte Fristen für Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich
Angebotsfristen im beschleunigten Verfahren nach Vorinformation
§ 61. Die in § 60 vorgesehene Frist für den Eingang der Angebote im offenen und im nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung kann auf 22 Tage verkürzt werden, sofern der Auftraggeber mindestens 52 Tage, höchstens aber zwölf Monate vor dem Zeitpunkt der Absendung einer Bekanntmachung gemäß den §§ 46 und 50 der Kommission eine Vorinformation gemäß § 53 zur Veröffentlichung übermittelt hat. Die Angebotsfrist beginnt bei offenen Verfahren mit dem Tag der Absendung der Bekanntmachung und bei nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung mit dem Tag der Absendung der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten. Die Vorinformation muss die in Anhang VIII (Teil A) angeführten Angaben für die Bekanntmachung einer Vorinformation enthalten, soweit diese zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Vorinformation vorliegen.
Verkürzte Angebots- und Teilnahmefristen bei Verwendung
elektronischer
Medien
§ 62. (1) Sofern Bekanntmachungen unter Verwendung des einschlägigen Standardformulars elektronisch erstellt und auf elektronischem Weg nach den vom Bundeskanzler gemäß § 50 kundgemachten Verfahren für die Übermittlung von Bekanntmachungen und Mitteilungen übermittelt werden, können
1. im offenen Verfahren die reguläre Angebotsfrist (§ 60 Abs. 1) oder die verkürzte Angebotsfrist (§ 61) sowie
2. im nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung, im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung und beim wettbewerblichen Dialog die Frist für den Eingang der Anträge auf Teilnahme am Vergabeverfahren (§ 59)
um sieben Tage verkürzt werden.
(2) Die Angebotsfristen im offenen und nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung (§ 60) können um fünf Tage verkürzt werden, wenn der Auftraggeber ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verfügbarkeit der jeweiligen Bekanntmachung die Ausschreibungsunterlagen und alle zusätzlichen das Vergabeverfahren betreffende Unterlagen auf elektronischem Weg frei, direkt und vollständig verfügbar gemacht hat. In der Bekanntmachung ist die Internet-Adresse anzugeben, unter der diese Unterlagen abrufbar sind.
(3) Die Fristverkürzungen gemäß Abs. 1 und 2 sind kumulierbar."
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 2007, 2006/04/0112, mit der Fristberechnung nach § 56 Abs. 3 BVergG 2006 auseinander gesetzt und dabei ausgesprochen, dass eine nach Tagen bemessene Frist gemäß § 56 Abs. 3 BVergG 2006 mit 0.00 Uhr des Tages, an dem das fristauslösende Ereignis eintritt, beginnt, bei deren Berechnung jedoch dieser Tag nicht einzurechnen ist.
Die Revision behauptet, auf Grundlage dieser Bestimmung sei die Angebotsfrist in der bekämpften Ausschreibung vom Verwaltungsgericht unrichtig beurteilt worden. So sei die Absendung der Bekanntmachung der Ausschreibung (an das EU-Amtsblatt) am 3. Oktober 2014 erfolgt. Die Angebotsfrist habe am 12. November 2014, 14:00 Uhr, geendet. Daraus folge, dass bei richtiger Auslegung des BVergG 2006, insbesondere des § 56 Abs. 3 BVergG 2006, die Angebotsfrist lediglich 38 Tage betragen habe. Eine Vorinformation gemäß § 53 BVergG 2006 sei nicht erfolgt. Unter Berücksichtigung der (kumulierten) Verkürzung der Angebotsfristen bei Verwendung elektronischer Medien nach § 62 BVergG 2006 ergebe sich somit eine Mindestfrist von 40 Tagen (§ 60 iVm § 62 BVergG 2006). Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass § 60 iVm § 62 BVergG 2006 auch in Verbindung mit § 56 BVergG 2006 auszulegen sei. Daraus folge, dass die Angebotsfrist in der bekämpften Ausschreibung um zwei Tage zu kurz gewesen sei und dem Nachprüfungsbegehren stattzugeben gewesen wäre.
Die mitbeteiligte Auftraggeberin wendet dagegen ein, die revisionswerbende Partei habe als Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren vor dem Verwaltungsgericht lediglich die Verkürzung der Frist gemäß § 62 Abs. 2 BVergG 2006 und damit auch die Kumulierung gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung geltend gemacht. Damit habe die revisionswerbende Partei den Prüfumfang des Verwaltungsgerichtes gemäß § 27 VwGVG dahingehend beschränkt.
Es trifft zu, dass dieses Vorbringen in der Revision im vorliegenden Nachprüfungsverfahren vor dem Verwaltungsgericht noch nicht erstattet wurde. Diesem Vorbringen steht nicht das Neuerungsverbot im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof entgegen (vgl. § 41 erster Satz VwGG und insoweit etwa den hg. Beschluss vom 22. September 2014, Ra 2014/10/0025), da Rechtsausführungen, die sich auf den festgestellten Sachverhalt beziehen, vom Neuerungsverbot nicht erfasst sind; ihm unterliegen Rechtsausführungen nur dann, wenn zu deren Beurteilung zusätzliche Sachverhaltsfeststellungen erforderlich wären, die aber wegen Untätigkeit der Partei im Verwaltungsverfahren unterblieben sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. August 2013, 2010/03/0190). Vorliegend wurden die zur Fristberechnung maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen (Absendung der Bekanntmachung und Ende der Angebotsfrist) vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis getroffen und zu diesen nunmehr in der Revision Rechtsausführungen gemacht.
Der Einwand der mitbeteiligten Auftraggeberin, mit dem nunmehr erstatteten Vorbringen wäre der Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes nach § 27 VwGVG überschritten, besteht nicht zu Recht:
Eine Auslegung des § 27 VwGVG dahingehend, dass die Prüfbefugnis der Verwaltungsgerichte jedenfalls stark eingeschränkt zu verstehen wäre, ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unzutreffend. Von einem Beschwerdeführer kann nicht erwartet werden, dass er in seiner Beschwerde sämtliche rechtlichen Angriffspunkte aufzeigt. Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber den Prüfungsumfang ausschließlich an das Vorbringen des Beschwerdeführers binden wollte. Die Prüfungsbefugnis der Verwaltungsgerichte ist aber keine unbegrenzte. Der äußerste Rahmen für die Prüfbefugnis ist die "Sache" des bekämpften Bescheides. Dieser Rahmen wird in den Fällen einer Trennbarkeit der behördlichen Entscheidung weiter eingeschränkt, wenn in der Beschwerde von mehreren trennbaren Absprüchen nur ein Teil bekämpft wird. Dies gilt auch für den Fall, dass die Behörde zur Erlassung eines der trennbaren Bescheidsprüche unzuständig war. Innerhalb des so eingeschränkten Prüfungsumfanges findet eine weitere Beschränkung insofern statt, als Parteibeschwerden im Sinn des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG nur insoweit zu prüfen sind, als die Frage einer Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten Gegenstand ist. Das Verwaltungsgericht kann daher etwa nicht auf Grund der Beschwerde einer auf bestimmte subjektive Rechte beschränkten Partei eine Aufhebung oder Abänderung des angefochtenen Bescheides aus öffentlichen Interessen vornehmen. Zu beachten ist vom Verwaltungsgericht auch ein (Teil‑)Verlust der Parteistellung. In diesem Rahmen, der sich im Einzelfall jeweils aus dem Zusammenwirken von verfahrensrechtlichen und materiellrechtlichen Normen ergibt, ist das Verwaltungsgericht auch befugt, Rechtswidrigkeitsgründe aufzugreifen, die in der Beschwerde nicht vorgebracht wurden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 2015, Ra 2014/07/0077, mwN, insbesondere das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066).
Das Verwaltungsgericht hat somit eine Prüfung "auf Grund der Beschwerde" iSd § 27 VwGVG vorzunehmen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. April 2015, Ra 2015/03/0015). Die Wortfolge in § 27 VwGVG 2014 "auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4)" kann dahingehend verstanden werden, dass der Gesetzgeber damit klarstellen wollte, dass sich das Verwaltungsgericht sowohl mit den Beschwerdegründen als auch mit dem Begehren im Rahmen der Prüfung des angefochtenen Bescheides inhaltlich auseinanderzusetzen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066). Das Verwaltungsgericht ist befugt, eine Rechtsfrage zu prüfen, wenn diese Frage von der in der Beschwerde vorgebrachten Rechtsfrage nicht getrennt werden kann (vgl. so etwa zur Befristung bzw. Erteilung einer Lenkberechtigung das hg. Erkenntnis vom 27. April 2015, Ra 2015/11/0022).
In der vorliegenden Rechtssache wurde von der revisionswerbenden Partei in ihrem Nachprüfungsantrag an das Verwaltungsgericht die Rechtsfrage der Fristverkürzung nach § 62 BVergG 2006 aufgeworfen. Diese Rechtsfrage wurde vom Verwaltungsgericht "auf Grund der Beschwerde" behandelt. Gegen diese Beurteilung bringt die Revision nichts vor. Die Rechtsfrage der (unrichtigen) Fristberechnung nach § 56 Abs. 3 BVergG 2006 wurde zwar von der Revision erstmals aufgeworfen, ist aber von der Frage der Fristverkürzung nach § 62 BVergG 2006 nicht trennbar, da beide Fragen die Richtigkeit der Fristberechnung an sich betreffen. Mit dieser hätte sich das Verwaltungsgericht "auf Grund der Beschwerde" auseinander setzen müssen.
In der Sache trifft das Vorbringen der unrichtigen Fristberechnung zu. Das Verwaltungsgericht ist daher von der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (im hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 2007, 2006/04/0112) abgewichen:
Vorliegend konnte die mitbeteiligte Auftraggeberin - wie vom Verwaltungsgericht vertretbar einzelfallbezogen nachgeprüft wurde -
die Fristverkürzungen nach § 62 Abs. 1 und 2 BVergG 2006 in Anspruch nehmen, sodass sich die Angebotsfrist nach § 60 Abs. 1 BVergG 2006 von 52 Tagen auf 40 Tage verkürzte.
Diese Frist begann (gemäß § 60 Abs. 1 BVergG 2006) mit dem Tag der Absendung der Bekanntmachung, sohin mit dem 3. Oktober 2014. Jedoch ist dieser Tag gemäß § 56 Abs. 3 zweiter Satz BVergG 2006 bei der Berechnung dieser Frist nicht mitzurechnen. Daher hatte diese Frist mit Ablauf der letzten Stunde des letzten Tages der Frist, somit des 12. November 2014, zu enden.
Dagegen hatte die Ausschreibung ein Ende der Angebotsfrist zwar am 12. November 2014, jedoch bereits um 14.00 Uhr vorgesehen. Damit entsprach die Ausschreibung nicht den in den §§ 56 bis 62 BVergG 2006 vorgesehenen Mindestfristen.
Dem hält die mitbeteiligte Auftraggeberin in ihrer Revisionsbeantwortung entgegen, dies sei ohne wesentlichen Einfluss auf den Ausgang des Vergabeverfahrens, da die revisionswerbende Partei nicht einmal nach faktischer Verlängerung der Angebotsfrist durch die vom Verwaltungsgericht erlassene einstweilige Verfügung ein Angebot gelegt habe. Die von ihr geltend gemachte Rechtswidrigkeit der zu kurz bemessenen Angebotsfrist habe daher für sie keine Relevanz auf den Ausgang des Vergabeverfahrens.
Gemäß § 26 Abs. 1 Z 2 S. VKG hat das Landesverwaltungsgericht eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers für nichtig zu erklären, wenn die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist (vgl. inhaltsgleich § 325 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006).
Danach setzt die Nichtigerklärung voraus, dass ein Verstoß der Auftraggeberin für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist. Dadurch soll sichergestellt werden, dass nur Rechtsverstöße, die ein anderes Ergebnis des Vergabeverfahrens bewirken können, eine Nichtigerklärung einer Entscheidung des Auftraggebers rechtfertigen. Es muss zumindest die Möglichkeit bestehen, dass bei rechtskonformer Vorgangsweise des Auftraggebers ein anderes Ergebnis des Vergabeverfahrens möglich ist (vgl. zur inhaltsgleichen Regelung des § 26 Abs. 1 WVRG 2007 das hg. Erkenntnis vom 6. März 2013, 2010/04/0037, mwN).
Alleine entscheidend für die Beurteilung der Wesentlichkeit ist daher eine rechtskonforme Vorgangsweise des Auftraggebers, nicht aber die Vorgangsweise der Vergabekontrollbehörde im Zuge des Nachprüfungsverfahrens. Daher wird mit dem Vorbringen, der revisionswerbenden Partei wäre es auf Grund der vom Verwaltungsgericht erlassenen einstweiligen Verfügung während des Nachprüfungsverfahrens möglich gewesen, ein Angebot zu legen, keine fehlende Wesentlichkeit der unrichtigen Fristberechnung gemäß § 26 Abs. 1 Z 2 S. VKG 2007 dargetan.
Somit ist zusammenfassend festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht, indem es "auf Grund der Beschwerde" die aufgezeigte unrichtige Fristberechnung nicht aufgegriffen hat, das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet hat.
Zu den geeigneten Leitlinien
Die Revision macht weiters als grundsätzliche Rechtsfrage geltend, das Verwaltungsgericht sei in seiner Entscheidung zur Nichtheranziehung der ÖNORM A 2060 von § 99 Abs. 2 BVergG 2006 und der diesbezüglichen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) abgewichen, bzw. es liege darüber keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vor. Weder dem Gesetz noch den Materialien oder der Rechtsprechung sei der vom Verwaltungsgericht zu entnehmende "kategorische Ausschluss" für Dienstleistungen nichtmaterieller Art zu entnehmen.
Gemäß § 99 Abs. 2 BVergG 2006 kann der Auftraggeber weitere Festlegungen für den Leistungsvertrag treffen. Bestehen für die Vertragsbestimmungen geeignete Leitlinien, wie ÖNORMEN oder standardisierte Leistungsbeschreibungen, so sind diese heranzuziehen. Der Auftraggeber kann in den Ausschreibungsunterlagen in einzelnen Punkten davon abweichende Festlegungen treffen. Die Gründe für die abweichenden Festlegungen sind vom Auftraggeber festzuhalten und den Unternehmern auf Anfrage unverzüglich bekannt zu geben.
Zunächst ist auf die von der Revision angeführte Rechtsprechung des VfGH zu § 99 Abs. 2 BVergG 2006 im Erkenntnis vom 9. März 2007, VfSlg. 18.101, hinzuweisen, in der der VfGH unter anderem festhält, dass die Heranziehung von geeigneten Leitlinien nach dieser Bestimmung nicht zwingend vorgesehen wird und das Gesetz vielmehr dem öffentlichen Auftraggeber einen Spielraum für Abweichungen einräumt. Wie die Gesetzesmaterialien (RV 1171 BlgNR 22. GP und AB 1245 BlgNR 22. GP ) zeigten, eröffne das Gesetz dem öffentlichen Auftraggeber eine weite, nur durch das Missbrauchsverbot beschränkte Möglichkeit, die Ausschreibung abweichend von Leitlinien an die Besonderheiten des einzelnen Auftrages anzupassen.
Entgegen dem Revisionsvorbringen hat sich auch der Verwaltungsgerichtshof mit der Heranziehung geeigneter Leitlinien nach § 99 Abs. 2 BVergG 2006 im hg. Erkenntnis vom 22. April 2010, 2008/04/0077, beschäftigt. Auch der Verwaltungsgerichtshof verweist in dieser Rechtsprechung auf die Ausführungen in den Materialien zur Zulässigkeit von Abweichungen und darauf, dass die inhaltliche Grenze hinsichtlich der Möglichkeit des Abweichens von Leitlinien nicht das Erfordernis einer sachlichen Rechtfertigung sondern das Missbrauchsverbot bzw. die Sittenwidrigkeit bildet.
Dass die vom Verwaltungsgericht nicht beanstandete Nichtanwendung der ÖNORM A 2060 in der angefochtenen Ausschreibung diesen Vorgaben des § 99 Abs. 2 BVergG 2006 bzw. der genannten Rechtsprechung des VfGH nicht entsprochen habe, kann die Revision nicht aufzeigen. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht einzelfallbezogen vertretbar argumentiert, aus welchen Gründen für die mitbeteiligte Auftraggeberin die ÖNORM A 2060 für die von ihr ausgeschriebenen Verkehrsdienstleistungen nicht zur Anwendung kommen und sie daher von dieser bei der Gestaltung der angefochtenen Ausschreibung abgewichen ist.
Ergebnis
Da das Verwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis - wie oben aufgezeigt - hinsichtlich der Fristberechnung mit Rechtswidrigkeit seines Inhalts belastet hat, war dieses schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. Auf das Vorbringen der revisionswerbenden Partei im Hinblick auf eine behauptete Lokalpräferenz war nicht weiter einzugehen.
Aufwandersatz
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil mit dem Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer abgegolten wird. Wien, am 9. September 2015
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