Normen
32011L0095 Status-RL Art9 Abs1;
AsylG 2005 §3 Abs1;
AsylG 2005 §8 Abs4;
EURallg;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2015:RA2014180118.L00
Spruch:
Die angefochtenen Erkenntnisse werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Revisionswerberinnen Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Erstrevisionswerberin ist die Mutter der minderjährigen Zweitrevisionswerberin, beide sind irakische Staatsangehörige, schiitischen Glaubens und faili-kurdischer Abstammung. Sie stellten am 21. März 2007 nach Rücküberstellung aus Schweden die verfahrensgegenständlichen (zweiten) Anträge auf internationalen Schutz.
Als Fluchtgrund brachte die Erstrevisionswerberin zusammengefasst vor, ihr Ehegatte sei im Jahr 2002 "von der Partei Saddam Husseins" festgenommen und getötet worden. Als Witwe und alleinstehende Frau habe sie im Irak mit Existenzproblemen zu kämpfen. Zudem habe sie als alleinstehende Frau Angst, auf die Straße zu gehen, und Angst um ihre Tochter.
Mit Bescheiden jeweils vom 22. August 2007 wies das Bundesasylamt (nunmehr Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) die Anträge hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ab, erkannte den Revisionswerberinnen aber den Status von subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihnen gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 befristete Aufenthaltsberechtigungen.
Gegen die Abweisung der Anträge auf Zuerkennung des Status von Asylberechtigten erhoben die Revisionswerberinnen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG).
Im Beschwerdeverfahren brachten die Revisionswerberinnen unter anderem vor, die Erstrevisionswerberin habe als alleinstehende Frau und Mutter im Irak das Haus nicht ohne Begleitung verlassen können und in ständiger Gefahr und Furcht vor Übergriffen gelebt. Es gebe keine Verwandten mehr im Irak. Einmal habe ein Mann versucht, sie zu vergewaltigen, jedoch im letzten Augenblick von der Tat abgelassen. Nachts seien Personen in das Haus eingedrungen und hätten Wertgegenstände mitgenommen. Zudem sei sie unter Druck gesetzt worden, wieder zu heiraten; es gehe dabei nicht um Geld, es gehöre sich so. Um Diskriminierungen und Übergriffe zu vermeiden, habe sie versucht, ihre Zugehörigkeit zu den Faili-Kurden zu verbergen, etwa indem sie außerhalb des Hauses nur Arabisch gesprochen habe. Die Zweitrevisionswerberin könne hingegen kein Arabisch und sei von der Erstrevisionswerberin bislang sehr frei erzogen worden. Im Laufe des mehrjährigen Aufenthaltes in Österreich habe sich die Erstrevisionswerberin auch an das Leben in Europa gewöhnt und die damit einhergehenden Freiheiten verinnerlicht. Sie könne sich weder für sich noch für ihre Tochter vorstellen, unter den religiös-gesellschaftlichen Zwängen und Beschränkungen als Frauen im Irak zu leben. Die Zweitrevisionswerberin sei im Alter von acht Jahren nach Österreich gekommen und hier sozialisiert worden. Sie befinde sich in einem kritischen Alter, welches im Herkunftsstaat bereits als heiratsfähiges Alter gelte und in welchem ihre Möglichkeit zur Teilnahme am öffentlichen Leben als Frau/Mädchen (zB Schulbesuch und Berufsausbildung) eingeschränkt wäre. Es sei zu befürchten, dass die Zweitrevisionswerberin im Irak denselben Gefahren wie die Erstrevisionswerberin ausgesetzt wäre und insbesondere Opfer von Gewalt und Zwangsheirat werde. Sollte es zu einer Wiederverheiratung der Erstrevisionswerberin kommen, bestehe ein sehr hohes Risiko, dass der neue Ehemann "nicht gut" zur Tochter sein werde, weil er ihr gegenüber ein Fremder sei und die Tochter aus religiösen Gründen nicht mit ihm in einem Haushalt wohnen dürfe.
Mit den angefochtenen Erkenntnissen jeweils vom 29. August 2014 wies das BVwG die gegen die Bescheide des Bundesasylamtes erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 3 AsylG 2005 als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
Begründend führte es - soweit für die gegenständlichen Revisionsverfahren relevant - aus, die Erstrevisionswerberin sei nicht einer eigenständigen, bestimmten sozialen Gruppe (Frauen im Irak) zuzuordnen. Es sei zwar richtig, dass Frauen im Irak im Allgemeinen einer Diskriminierung bzw. Schlechterstellung gegenüber Männern ausgesetzt seien und dass für alleinstehende Frauen im Irak auch schwierige Lebensbedingungen herrschen würden. Frauen würden aber nicht allgemein als inferior angesehen. Aufgrund der Heterogenität dieser Gruppe und der unterschiedlichen Situation im Einzelfall könne von einer sozialen Gruppe der wegen ihres Geschlechts im Irak diskriminierten Frauen nicht gesprochen werden.
Die Erstrevisionswerberin habe in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass in der Zeit zwischen den Jahren 2002 und 2004 ein Mann versucht habe, sie zu vergewaltigen, was sie abwehren habe können. Dieser Vorfall solle - ungeachtet der Glaubwürdigkeit - nicht heruntergespielt werden, vermöge jedoch nicht die Intensität zu erreichen, um daraus eine asylrelevante Verfolgung ableiten zu können, zumal abgesehen von diesem Vorfall laut Erstrevisionswerberin nichts passiert sei. Auch nach ihrer Rückkehr in den Irak im Jahr 2004 habe die Erstrevisionswerberin ohne Zwischenfälle bis zu ihrer Ausreise normal zu leben vermocht. In diesem Zusammenhang sei zwar von ihr ins Treffen geführt worden, dass der Druck, wieder zu heiraten, zugenommen habe. Diesen Angaben mangle es jedoch an der notwendigen asylrelevanten Intensität. Abgesehen davon erscheine dieses Vorbringen nicht glaubwürdig, zumal nicht nachvollziehbar sei, dass die Erstrevisionswerberin heiraten solle, um versorgt zu werden, wenn sie ohnehin von ihren im Ausland lebenden Geschwistern finanziell unterstützt worden sei.
Aus den Länderfeststellungen lasse sich auch keine landesweite, systematische Verfolgung von Faili-Kurden im Irak feststellen. Nicht verschwiegen werden solle, dass vor allem aus dem Exil zurückkehrende Faili-Kurden, die vor dem Sturz Saddam Husseins das Land verlassen hätten, mit Existenzproblemen zu kämpfen hätten und auf staatliche Nahrungsmittelunterstützungen angewiesen seien. Die Erstrevisionswerberin sei jedoch von diesen Existenzschwierigkeiten nicht betroffen gewesen, zumal sie über genügend Geld verfügt habe, um normal leben und ihre Ausreisen organisieren zu können. Das BVwG verkenne nicht, dass es alleinstehende Frauen im Irak nicht leicht hätten. Jedenfalls erreiche die wirtschaftliche Benachteiligung der Erstrevisionswerberin aber kein das Überleben bedrohendes Ausmaß, habe sie doch bereits bisher für ihren Lebensunterhalt sorgen können und Hilfe bei Bekannten der Familie gesucht. Letztlich sei auch der Stamm der Revisionswerberinnen nach wie vor, wenn auch verstreut, im Irak aufhältig.
Im Hinblick auf die Zweitrevisionswerberin führte das BVwG aus, für diese seien keine eigenen, asylrelevanten Gründe dargetan worden. Vielmehr seien lediglich allgemeine Diskriminierungen ins Treffen geführt worden, welche die Erheblichkeitsschwelle nicht zu erreichen vermocht hätten.
Gegen diese Erkenntnisse richten sich die vorliegenden außerordentlichen Revisionen. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Revisionen, in denen unter anderem - zusammengefasst - vorgebracht wird, das BVwG habe die Zuordnung zu einer sozialen Gruppe unrichtig gelöst, sind zulässig und auch begründet.
2. Vorauszuschicken ist, dass das BVwG im gegenständlichen Fall sowohl den von den Revisionswerberinnen behaupteten Konventionsgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe als auch das Vorliegen von Verfolgung verneinte.
2.1. Zum Vorliegen eines Konventionsgrundes
Das BVwG verneinte das Vorliegen des Konventionsgrundes einer bestimmten sozialen Gruppe im Wesentlichen mit dem Argument, aufgrund der Heterogenität der Frauen im Irak und der unterschiedlichen Situation im Einzelfall könne von einer sozialen Gruppe der wegen ihres Geschlechts im Irak diskriminierten Frauen nicht gesprochen werden. Ohne auf die Richtigkeit dieser rechtlichen Beurteilung näher einzugehen, übersieht das BVwG, dass zwar verschiedene Formen der geschlechtsspezifischen Verfolgung auch unter dem Aspekt der Zugehörigkeit der Verfolgten zu einer bestimmten sozialen Gruppe beurteilt werden können, damit aber nicht das Auslangen gefunden werden darf. Der UNHCR hat in seiner "Richtlinie zum internationalen Schutz: Geschlechtsspezifische Verfolgung" im Zusammenhang mit Artikel 1 A (2) des Abkommens von 1951 bzw. des Protokolls von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (7. Mai 2002) zutreffend darauf hingewiesen, dass die befürchtete Verfolgung in vielen geschlechtsspezifischen Fällen auf einem oder mehreren Konventionsgründen beruhen kann. Der mögliche Konventionsgrund der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe darf dabei nicht den Blick auf andere anwendbare Gründe wie etwa Religion oder politische Überzeugung verstellen, welche die Zuerkennung von Asyl rechtfertigen können. Da es sich bei der Zuordnung des vorgebrachten Sachverhalts zu einem der Konventionsgründe um einen Akt der rechtlichen Beurteilung handelt, ist das BVwG diesbezüglich an die rechtliche Qualifikation, die von den Revisionswerberinnen selbst vorgenommen worden ist, auch nicht gebunden.
Im vorliegenden Fall haben die Revisionswerberinnen unter anderem vorgebracht, im Laufe ihres mehrjährigen Aufenthalts in Österreich das Leben in Europa und die damit einhergehenden Freiheiten verinnerlicht zu haben. Die Revisionswerberinnen könnten sich nicht mehr vorstellen, unter den religiösgesellschaftlichen Zwängen und Beschränkungen als Frauen im Irak zu leben. Die Erstrevisionswerberin sei auch ständig unter Druck gesetzt worden, zu heiraten. Sie habe Angst um ihre Tochter, die Zweitrevisionswerberin, zumal sich diese in einem Alter befinde, in welchem ihre Möglichkeiten zur Teilnahme am öffentlichen Leben als Mädchen/Frau im Irak eingeschränkt seien und sie eine Ausbildung machen wolle.
Wäre davon auszugehen, dass den Revisionswerberinnen aufgrund dieser Lebenseinstellung bei Rückkehr in den Irak Verfolgung droht, so könnte ihren Asylanträgen die Berechtigung wegen eines fehlenden Konventionsgrundes nicht abgesprochen werden, wenn diese Lebenseinstellung glaubwürdiger Weise als Teil ihrer politischen und religiösen Überzeugung (im weiteren Sinne) verstanden werden kann, die von den Verfolgern abgelehnt wird. Ob die Revisionswerberinnen darüber hinaus auch einer sozialen Gruppe angehören, braucht bei diesem Ergebnis nicht weiter überprüft zu werden.
2.2. Zum Vorliegen von Verfolgung:
Das BVwG geht davon aus, dass den Revisionswerberinnen bei Rückkehr in den Irak keine Verfolgung iSd GFK drohen würde. Weder der als wahr unterstellte Vergewaltigungsversuch an der Erstrevisionswerberin noch die zugestandenen Diskriminierungen von Frauen und von Faili-Kurdinnen im Irak oder der von der Erstrevisionswerberin angegebene "Druck", gegen ihren Willen eine neue Ehe einzugehen, erreichten nach Auffassung des BVwG die für eine Verfolgung erforderliche Intensität. Das BVwG nimmt in der angefochtenen Entscheidung auch einen vergleichenden Bezug zur Lage der Frauen in Afghanistan und argumentiert, die schlechten Verhältnisse, wie sie in Afghanistan vorherrschen mögen, lägen im Irak nicht vor. Auch aus den Länderfeststellungen ergäben sich keine Umstände, die pauschal eine Verfolgung von Frauen im Irak indizieren würden.
Dem ist Folgendes zu erwidern:
Unter Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein ungerechtfertigter Eingriff in erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (vgl. VwGH vom 24. März 2011, 2008/23/1443, und viele andere).
Nicht jede diskriminierende Maßnahme gegen eine Person ist als "Verfolgung" iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK anzusehen, sondern nur solche, die in ihrer Gesamtheit zu einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte der Betroffenen führen (vgl. Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU (Statusrichtlinie)). Ob dies der Fall ist, haben die Asylbehörde bzw. das BVwG im Einzelfall zu prüfen und in einer die nachprüfende Kontrolle ermöglichenden Begründung darzulegen.
Im gegenständlichen Fall geht das BVwG davon aus, dass den Revisionswerberinnen bei Rückkehr in den Irak keine Verfolgung drohen würde. Gleichzeitig gesteht es jedoch zu, dass Frauen im Irak "im Allgemeinen einer Diskriminierung bzw. Schlechterstellung gegenüber Männern ausgesetzt" seien und "dass für alleinstehende Frauen im Irak auch schwere Lebensbedingungen herrschen" würden; Verfolgung sei darin aber noch nicht zu erblicken und ergebe sich eine solche auch nicht aus den einschlägigen Länderberichten.
Diese Begründung reicht aus folgenden Gründen nicht aus, um das Vorliegen von Verfolgung zu verneinen:
Das BVwG geht zum Einen auf das individuelle Vorbringen der Revisionswerberinnen nur unzureichend ein, indem es nur von der Behandlung von (alleinstehenden) Frauen im Irak im Allgemeinen spricht, sich aber nicht damit auseinandersetzt, dass die Revisionswerberinnen vorgebracht haben, einen selbstbestimmten westlichen Lebensstil verinnerlicht zu haben und nicht mehr aufgeben zu wollen. Das BVwG hat sich mit diesem Vorbringen nicht näher beschäftigt, und zwar weder dahingehend, ob es dieses Vorbringen für wahr ansieht, noch, wie es Frauen erginge, die in der relevanten Herkunftsregion der Revisionswerberinnen zum Entscheidungszeitpunkt einen selbstbestimmten westlichen Lebensstil leben würden. Zum Anderen enthalten schon die Länderfeststellungen im angefochtenen Erkenntnis Anhaltspunkte dafür, dass ein solcher Lebensstil im Irak zu schwerwiegenden Problemen führen könnte. So führte das BVwG etwa aus, dass die Stellung der Frau sich im Vergleich zur Zeit des Saddam-Regimes teilweise deutlich verschlechtert habe. Die prekäre Sicherheitslage und wachsende fundamentalistische Tendenzen in Teilen der irakischen Gesellschaft hätten negative Auswirkungen auf das Alltagsleben und die politischen Freiheiten der Frauen. Vor allem im (schiitisch dominierten) Südirak würden islamische Regeln stärker eingefordert. Muslimische und christliche Frauen würden zunehmend unter Druck gesetzt, ihre Freizügigkeit und Teilnahme am öffentlichen Leben einzuschränken. Knapp die Hälfte aller irakischen Frauen gebe an, häusliche Gewalt zu erleben; Behörden würden keinen Schutz anbieten.
Das BVwG wäre daher gehalten gewesen, anhand von aktuellen Länderfeststellungen zu überprüfen, ob und bejahendenfalls mit welchen staatlichen bzw. nicht-staatlichen Reaktionen die Revisionswerberinnen im Falle eines von ihnen ihm Irak gelebten selbstbestimmten westlichen Lebensstils rechnen müssten, ob diese Reaktionen nach ihrer Schwere als Verfolgung angesehen werden können und ob den Revisionswerberinnen - im Falle von Privatverfolgung - staatlicher Schutz gewährt werden würde. Vor diesem Hintergrund wären auch der auf die Erstrevisionswerberin als Witwe behauptetermaßen ausgeübte Druck, aus sittlichen Gründen wieder zu heiraten, sowie die im Falle einer Heirat zu gewärtigenden Risken für ein weiteres Zusammenleben mit der Tochter und Zweitrevisionswerberin zu beurteilen gewesen. Ausreichende Feststellungen zu diesen Fragen fehlen.
3. Im Hinblick auf die Ausführungen des BVwG zur Zweitrevisionswerberin ist zu ergänzen, dass das BVwG im Erkenntnis der Zweitrevisionswerberin bloß allgemein davon ausging, dass für die Zweitrevisionswerberin keine eigenen, asylrelevanten Gründe, sondern vielmehr lediglich allgemeine Diskriminierungen ins Treffen geführt worden seien, welche die Erheblichkeitsschwelle nicht zu erreichen vermocht hätten.
Hinsichtlich der Zweitrevisionswerberin hätte sich das BVwG demgegenüber aber jedenfalls mit dem Vorbringen auseinander setzen müssen, dass für sie bei einer Rückkehr der Revisionswerberinnen in den Irak und einer Neuverheiratung der Erstrevisionswerberin ein Zusammenleben mit der Mutter im neuen Haushalt aus religiösen Gründen nicht mehr möglich sei und ihr - zumal sie im Herkunftsstaat bereits im "heiratsfähigen" Alter sei - eine Zwangsverheiratung auf Druck eines neuen Ehemanns der Mutter drohe.
Im Übrigen hat sich das BVwG im Hinblick auf eine allfällige Asylrelevanz auch in keiner Weise mit dem Vorbringen auseinander gesetzt, dass die Zweitrevisionswerberin im Alter von acht Jahren nach Österreich gekommen sei, kein Arabisch spreche und hier frei erzogen und sozialisiert worden sei, während im Herkunftsstaat für sie zahlreiche religiös-gesellschaftliche Beschränkungen bestünden und eine Teilnahme am öffentlichen Leben für sie als Mädchen/Frau stark eingeschränkt wäre.
4. Die angefochtenen Erkenntnisse erweisen sich daher in Bezug auf das Vorliegen von Konventionsgründen mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, im Übrigen aber mit Feststellungs- und Begründungsmängeln belastet. Sie waren sohin wegen prävalierender Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 15. Dezember 2015
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