Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (Verwaltungsgericht) vom 28. Mai 2014 wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes (nunmehr: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl; belangte Behörde) vom 11. April 2013 gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100 idgF (AsylG 2005) abgewiesen (Spruchpunkt A) und die Revision als gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt B).
Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Somalias, habe am 23. August 2010 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Zu seinen Fluchtgründen habe der Revisionswerber auf eine näher bezeichnete Rebellengruppe verwiesen, die ihn zwangsrekrutieren habe wollen.
Nachdem dem Revisionswerber mit Bescheid vom 3. Mai 2011 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei, sei mit dem beim Verwaltungsgericht angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes vom 11. April 2013 sein Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen worden. Begründend habe die belangte Behörde mit näherer Begründung ausgeführt, das Vorbringen des Revisionswerbers, er sei vor seiner Ausreise im Jahre 2010 in seinem Herkunftsstaat Somalia verfolgt worden, weil ihn die Rebellengruppe Al Shabaab zwangsrekrutieren habe wollen, hätte sich als unglaubwürdig herausgestellt. Zudem hätte sich die Sicherheitslage in Somalia (Mogadischu) mittlerweile in Bezug auf Zwangsrekrutierungen durch die genannte Rebellengruppe maßgeblich im Sinne einer Verbesserung verändert, sodass von keiner aktuellen Verfolgung ausgegangen werden könne.
Die belangte Behörde habe nach der zweiten Zurückverweisung des Verfahrens durch den Asylgerichtshof an sie neben einer weiteren Befragung des Revisionswerbers auch eine Anfrage an die Staatendokumentation zur Lage in Mogadischu gerichtet und deren Anfragebeantwortung vom 8. Februar 2013 dem Revisionswerber zur Kenntnis gebracht. Seitens der Staatendokumentation sei zusammengefasst ausgeführt worden, dass "in Mogadischu grundsätzlich alle Clans vertreten seien und der vom Revisionswerber genannte (Clan) sich hauptsächlich in einem von AMISOM kontrollierten Bereich aufhalten würde. Al Shabaab würden generell keine Personen nur aufgrund ihrer Stammeszugehörigkeit angreifen, generell bestünde kein Grund, wegen der Clanzugehörigkeit aus Mogadischu zu fliehen. Ziele von Attentaten seien Angehörige der AMISOM, Regierungsangehörige und Staatsbedienstete, prominente Wirtschaftstreibende sowie Journalisten und Menschrechtsaktivisten. 'Normale' Zivilisten seien demgegenüber keine Ziele und würden nur 'zufällig' zu Opfern, wenn sie sich zur falschen Zeit am falschen Ort aufhalten würden" (Pkt 9. auf S 4 des angefochtenen Erkenntnisses).
Es könne im Ergebnis dahin gestellt bleiben, ob die Angaben des Revisionswerbers den Tatsachen entsprächen. Die belangte Behörde habe Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen lägen dem Verwaltungsgericht von Amts wegen vor und deckten sich mit dem Amtswissen des Verwaltungsgerichts, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage ergebe. Die belangte Behörde habe (in Entsprechung von Aufträgen des Asylgerichtshofes in zuvor ergangenen Aufhebungen nach § 66 Abs. 2 AVG) durch entsprechende Ermittlungstätigkeit festgestellt, dass Zwangsrekrutierungen durch die genannte Rebellengruppe in Mogadischu nicht mehr stattfänden und die prekäre Sicherheitslage kein konkretes auf den Revisionswerber gerichtetes Verfolgungsmoment beinhalte, sondern unter dem Aspekt des Art. 3 EMRK zu berücksichtigen sei. Hiezu verwies das Verwaltungsgericht darauf, dass dem Revisionswerber bereits im ersten Verfahrensgang subsidiärer Schutz zuerkannt worden sei.
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 68/2013 (BFA-VG) iVm § 24 Abs. 4 VwGVG könne eine mündliche Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheine oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergebe, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspreche. Dies sei hier der Fall.
2. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Revision erweist sich auf der Grundlage des § 34 Abs. 1a VwGG als zulässig, zumal (wie sich aus dem Folgenden erkennen lässt) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einzelnen in der Revision aufgeworfenen Fragen fehlt.
2. Die Revision bringt (unter anderem) vor, im angefochtenen Erkenntnis seien keinerlei Länderberichte "abgebildet" worden, sondern auf die von der belangten Behörde getroffenen Länderfeststellungen verwiesen worden. Zur Zulässigkeit eines derartigen Verweises auf Länderberichte sei vom Verwaltungsgerichtshof noch nicht abgesprochen worden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Frage der Begründungspflicht von Erkenntnissen der Verwaltungsgerichte nach den §§ 28, 29 VwGVG im Erkenntnis vom 21. Oktober 2014, Zl. Ro 2014/03/0076, festgehalten, das Verwaltungsgericht habe seine Entscheidung iSd § 58 AVG zu begründen (vgl. Abs. 2 dieser Bestimmung). Im Sinne des § 60 AVG seien in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die für die Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen, sowie die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dies erfordere (unter anderem) in einem ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts. Die Anordnung der sinngemäßen Anwendung in § 17 VwGVG bedeute insbesondere, dass bei der Anwendung der verwiesenen Vorschriften die besondere Stellung der Verwaltungsgerichte zu berücksichtigen ist. Angesichts ihrer sich aus Art 130 B-VG ergebenden Zuständigkeit würden die Verwaltungsgerichte den sich aus §§ 58, 60 AVG ergehenden Anforderungen dann gerecht, wenn sich die ihre Entscheidungen tragenden Überlegungen zum maßgebenden Sachverhalt, zur Beweiswürdigung sowie zur rechtlichen Beurteilung aus den verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen selbst ergeben (vgl. zwischenzeitlich auch das hg. Erkenntnis vom 12. November 2014, Zl. Ra 2014/20/0069).
Im Hinblick auf die Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts wird der Anforderung, dass die maßgeblichen Erwägungen aus der Begründung der Entscheidung hervorgehen müssen, entsprochen, wenn dieser in den wesentlichen Punkten in der Begründung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes wiedergegeben wird (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, U 1155/2013 vom 21. November 2013, mit Verweis auf das Erkenntnis vom 7. November 2008, U 67/08, VfSlg. 18.614). Im Übrigen ist aber ein Verweis auf die Entscheidungsgründe des Bescheides der belangten Behörde zulässig.
Fallbezogen bedeutet dies Folgendes:
In der vorliegenden Revisionssache hat das Verwaltungsgericht die ihrer Entscheidung zu Grunde gelegten maßgeblichen Länderfeststellungen in den wesentlichen Punkten (insbesondere den Inhalt der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 8. Februar 2013) wiedergegeben und lediglich darüber hinaus auf die (nach mehreren Aufhebungen von Bescheiden der belangten Behörde in Vorverfahren) getroffenen Feststellungen der belangten Behörde in dem vor dem Verwaltungsgericht angefochtenen Bescheid verwiesen.
Das angefochtene Erkenntnis ist solcherart einer nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich und aus diesem Grund daher nicht als rechtswidrig zu erkennen.
3. Im hg. Erkenntnis vom 28. Mai 2014, Zlen. Ra 2014/20/0017 und 0018, hat der Verwaltungsgerichtshof unter anderem festgehalten, dass eine mündliche Verhandlung nur dann unterbleiben darf, wenn in der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet wird, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.
Eine fallbezogene Begründung, die auf die im zitierten hg. Erkenntnis vom 28. Mai 2014, Zlen. Ra 2014/20/0017 und 0018, aufgestellten Grundsätze Bezug nimmt, findet sich im angefochtenen Erkenntnis nicht.
Die Revision bringt dagegen vor, der Revisionswerber habe in seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht ausführlich dargelegt, dass die belangte Behörde durch ungenügende und unvollständige Länderberichte, die zudem nicht mehr aktuell seien, kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren geführt habe. Daher hätte eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht unterbleiben dürfen.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Revision eine Verletzung der Verhandlungspflicht auf, weil der Revisionswerber in der Beschwerde an das Verwaltungsgericht das Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens und die dem zugrunde liegende Beweiswürdigung substantiiert bestritten hat.
4. Das angefochtene Erkenntnis war somit wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
5. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 5 und Z 6 VwGG abgesehen werden. Eine solche wird nach dem Gesagten vom Bundesverwaltungsgericht durchzuführen sein (vgl. hiezu bereits das zitierte hg. Erkenntnis vom 28. Mai 2014, Zlen. Ra 2014/20/0017 und 0018).
6. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47ff in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 28. November 2014
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