VwGH AW 2009/09/0076

VwGHAW 2009/09/007610.11.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Mag. A, vertreten durch Mag. S, Rechtsanwalt, der gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 2. April 2009, Zl. 94/8-DOK/08, betreffend Disziplinarstrafe der Entlassung (weitere Partei: Bundeskanzler, Bundeskanzleramt Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur), erhobenen und zur hg. Zl. 2009/09/0156 protokollierten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Normen

GehG 1956 §13 Abs3 Z2;
LDG 1984 §16 Abs1 Z3;
VwGG §30 Abs2;
VwGG §42 Abs3;
VwGG §63 Abs1;
GehG 1956 §13 Abs3 Z2;
LDG 1984 §16 Abs1 Z3;
VwGG §30 Abs2;
VwGG §42 Abs3;
VwGG §63 Abs1;

 

Spruch:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 2. April 2009 wurde über den Beschwerdeführer in Erledigung seiner gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission für Schulleiter und sonstige Lehrer beim Landesschulrat für Niederösterreich vom 20. Oktober 2008 erhobenen Berufung wegen des als Dienstpflichtverletzung qualifizierten "privaten Umgangs mit einer seiner Ausbildung unterstehenden Schülerin" der Ausspruch der Disziplinarstrafe der Entlassung bestätigt.

Mit der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde ist der Antrag verbunden, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. In der Begründung dieses Antrages wurden die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Antragstellers konkret dargelegt.

Die belangte Behörde äußerte sich zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem zwingende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Nach jahrzehntelanger ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes würde eine "Aufschiebung" der bereits rechtskräftig ausgesprochenen Entlassung zu einem "öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis eigener Art" führen und nicht zu erkennen sei, dass der Gesetzgeber ein solches Dienstverhältnis "auf dem Umweg über die Bestimmung des § 30 Abs. 2 VwGG in die Rechtsordnung habe einbauen wollen". An dieser im Beschluss vom 13. Mai 1976, Zl. 526/76, noch zu § 30 Abs. 2 VwGG in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 316/1976 und nicht für die Entlassung, sondern für die Kündigung eines provisorischen Dienstverhältnisses vertretenen Auffassung wurde auch nach der erwähnten Novelle festgehalten. Seit dem Beschluss vom 28. Mai 1979, Zl. 1146/79, liegt sie auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Entlassungsfällen zu Grunde (vgl. insoweit vor allem den Beschluss vom 25. Juni 1979, Slg. Nr. 9889/A, und daran anknüpfend eine große Vielzahl gleichartiger Beschlüsse, zuletzt etwa den hg. Beschluss vom 12. September 2007, Zl. AW 2007/09/0084). Im Schrifttum wurde diese Rechtsprechung - unter dem Gesichtspunkt der schon eingetretenen Beendigung des Dienstverhältnisses und des Unterschiedes zwischen einem Aufschub und der Rückgängigmachung von Bescheidwirkungen - zunächst zustimmend referiert (Puck, ZfV 1982, 365 in FN 53 und 470 bei FN 128).

Allerdings gab es auch schwerwiegende Bedenken gegen diese Judikatur (vgl. etwa Hoehl, Vorläufiger Rechtsschutz vor dem VwGH (1999) 120 und 125 ff). So kann sich der Verwaltungsgerichtshof nicht davor verschließen, dass auch bei Aufhebung eines Entlassungsbescheides durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes die Rechtssache gemäß § 42 Abs. 3 VwGG in die vor Erlassung des angefochtenen Bescheides bestehende Lage zurück tritt, und auch in diesem Fall ein gemäß § 16 Abs. 1 Z. 3 LDG 1984 aufgelöstes Dienstverhältnis wieder wirksam wird. Nichts anderes kann auch durch die vorläufige Maßnahme der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG erfolgen, deren Zweck es ist, die mögliche Wirkung eines aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes zu sichern (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 13. März 1998, Zl. AW 98/21/0104). Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG führt nämlich dazu, dass der "Vollzug" des angefochtenen Verwaltungsaktes in einem umfassenden Sinn ausgesetzt, also seine Vollstreckbarkeit und die durch ihn bewirkte Gestaltung der Rechtslage, seine Tatbestandswirkungen und seine Bindungswirkungen zum Zwecke der Sicherung eines möglichen Erfolges der Beschwerde bis zum Ende des Beschwerdeverfahren suspendiert werden (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 13. Juni 2002, Zl. 2002/06/0073). Im Fall der Entlassung nach dem BDG 1979 würde dies daher auch die vorläufige Suspendierung der Rechtswirkung des § 16 Abs. 1 Z. 3 LDG 1984 bedeuten. Dieser Fall unterscheidet sich nicht wesentlich von anderen Fällen, in denen durch einen Bescheid eine öffentlichrechtliche Berechtigung entzogen und der dagegen beim Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt werden kann. Weshalb dies unmöglich sein sollte, kann nicht gefunden werden, weil ja auch in diesen Fällen kein neues, vor der Entlassung nicht bestehendes Recht eingeräumt, sondern nur die Maßnahme der Entziehung eines bestehenden Rechts vorläufig suspendiert wird (vgl. mit Beispielen aus verschiedenen Rechtsbereichen den hg. Beschluss vom 15. April 1999, Zl. AW 99/09/0010).

Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat im vorliegenden Fall also das Wiederaufleben des Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers zur Folge. Auch die durch die Erlassung des angefochtenen Bescheides bewirkte Beendigung seiner Suspendierung wird - es sei denn, insofern wird keine aufschiebende Wirkung zuerkannt - rückgängig gemacht.

Die Aufhebung des angefochtenen Bescheides würde bewirken, dass dem Beschwerdeführer die ihm zustehenden Bezüge für den Zeitraum ab Erlassung des angefochtenen Bescheides nachzuzahlen wären; für diesen Zeitraum läge kein Fall der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst gemäß § 13 Abs. 3 Z. 2 Gehaltsgesetz 1956 vor. Dieses mögliche Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens träte im Fall der Aufhebung des angefochtenen Bescheides unabhängig davon ein, ob der gegen die Entlassung des Beschwerdeführers gerichteten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, zur Sicherung dieses möglichen Verfahrensergebnisses ist die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung also nicht erforderlich. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat daher bloß zur Folge, dass dem Beschwerdeführer noch während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (im Fall seiner Suspendierung: allenfalls entsprechend verminderte) Bezüge auszuzahlen sind.

Der Beschwerdeführer legte eine Kostenaufstellung seiner monatlichen Fixkosten unter Berücksichtigung seiner Sorgepflichten vor und verwies insbesondere auch auf die mit der Entlassung einhergehende Beendigung der Sozialversicherungsverhältnisse seiner bisher mitversicherten mj. Kinder. Damit hat er aber schwerwiegende und unverhältnismäßige Nachteile im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG geltend gemacht, weshalb dem Antrag stattzugeben war.

Wien, am 10. November 2009

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte