Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Sierra Leone, reiste am 3. März 1998 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 10. März 1998 Asyl. Bei der Einvernahme zu seinen Fluchtgründen am 23. März 1998 gab er im Wesentlichen an, etwa einen Monat nach dem Putsch von 1997 seien Zivilisten gekommen und hätten ihm einen Großteil seiner Viehherde weggenommen. Es sei richtig, dass der "Ex-Präsident" inzwischen wieder im Lande sei, Frieden und Sicherheit werde es am Land aber erst später als in den Städten wieder geben. Außer der Möglichkeit, wieder bestohlen zu werden, gebe es für den Beschwerdeführer in seinem Heimatland keine Bedrohung. Sein Vater sei allerdings aus Mali nach Sierra Leone eingewandert, weshalb der Beschwerdeführer von der Bevölkerung als Außenseiter betrachtet werde und "massive wirtschaftliche Schwierigkeiten" haben würde, "wieder etwas aufzubauen".
In einer Ergänzung zu seiner Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24. März 1998, mit dem sein Antrag abgewiesen und die Zulässigkeit seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Sierra Leone festgestellt worden war, brachte der Beschwerdeführer u.a. vor, ihm drohten auf Grund seiner Zugehörigkeit zum Stamm der Mandingo, die schon immer diskriminiert worden seien, Übergriffe von Ex-Putschisten oder Rebellen, die seit dem Putsch, nun aber seit der Rückkehr des Präsidenten ganz besonders, die Mandingo "regelrecht auszurotten versuchten". Der Präsident sei nicht in der Lage, den Beschwerdeführer vor diesen Übergriffen zu schützen. Der Beschwerdeführer müsse in ganz Sierra Leone mit Verfolgung rechnen. Sollte er nach Sierra Leone zurückkehren, so drohe er sofort als Mandingo erkannt und Opfer von Übergriffen durch Ex-Putschisten, Rebellen oder andere Gruppen oder Einzelpersonen zu werden. Dieses Vorbringen verband der Beschwerdeführer mit Beweisanträgen und dem Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung.
Die belangte Behörde wies die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG ab und stellte gemäß § 8 AsylG fest, seine Zurückweisung , Zurückschiebung oder Abschiebung nach Sierra Leone sei zulässig.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde hat die im Berufungsverfahren neu erhobene Behauptung des Beschwerdeführers über die ihm in Sierra Leone wegen seiner Abstammung drohende Verfolgung nicht zum Anlass genommen, die in einem solchen Fall nach dem Gesetz erforderliche mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen, und sie hat sich mit dem diesbezüglichen Vorbringen trotz der (unzutreffenden) Behauptung, der Schriftsatz, in dem es erstattet worden sei, finde "vollinhaltlich" Eingang in die Entscheidung, im angefochtenen Bescheid auch mit keinem Wort auseinander gesetzt. Der angefochtene Bescheid war schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Darüber hinaus hätte die belangte Behörde in ihrem im April 1999 erlassenen Bescheid unter dem Gesichtspunkt der gemäß § 8 AsylG zu treffenden Entscheidung auch von Amts wegen auf die notorischen Ereignisse vom Jänner 1999 einzugehen gehabt (vgl. insoweit die hg. Erkenntnisse vom 25. November 1999, Zl. 99/20/0465, vom 8. Juni 2000, Zl. 99/20/0203, und vom heutigen Tag, Zl. 99/20/0451).
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 27. September 2001
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