Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Sierra Leone, reiste am 14. März 1999 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 16. März 1999 Asyl. Bei seiner am 19. März 1999 erfolgten Einvernahme zu seinen Fluchtgründen gab er im Wesentlichen an, er habe von "Anfang 1997 bis der Krieg anfing" bei den Regierungstruppen als Offizier gedient und Sierra Leone verlassen, weil er nach dem Verlust seiner Familie, die von unbekannten Bewaffneten erschossen worden sei, allein gewesen sei. Auch habe er sein Leben retten wollen. Er glaube, dass die ECOMOG das Haus gestürmt und seine Familie erschossen habe. Er selbst sei weggerannt, als er die Schüsse gehört habe. Im Falle einer Rückkehr nach Sierra Leone würde er von Rebellen erschossen werden. Es seien auch Rebellen gewesen, die seine Familie erschossen hätten. Einen Widerspruch in seinen Angaben sehe er nicht.
In seiner Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 1. April 1999, mit dem sein Asylantrag gemäß § 6 Z 3 AsylG abgewiesen und die Zulässigkeit seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Sierra Leone festgestellt wurde, brachte der Beschwerdeführer u.a. erstmals vor, er habe in seinem Heimatland ein "schwer wiegendes Problem" gehabt, das dadurch entstanden sei, dass ein inhaftierter Terrorist wahrheitswidrig angegeben habe, der Beschwerdeführer habe bei vielen Anlässen Waffen für die Bekämpfung der Regierung an die Terroristen ausgegeben. Als die Regierung das erfahren habe, habe sie "zwecks sofortiger Exekution" nach dem Beschwerdeführer gefahndet. Im Zuge seiner (versuchten) Verhaftung habe der Beschwerdeführer seine Familienangehörigen verloren, selbst aber flüchten können.
Die belangte Behörde wies die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 6 Z 3 AsylG ab und stellte fest, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone sei zulässig.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde hat die in der Berufung neu erhobenen Behauptungen des Beschwerdeführers über die ihm wegen des unberechtigten Verdachtes, gegen die Regierung kämpfende Terroristen unterstützt zu haben, drohende Hinrichtung ohne Gerichtsverfahren nicht zum Anlass genommen, die in einem solchen Fall nach dem Gesetz und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. nur beispielsweise das zu einem Fall des § 6 AsylG ergangene hg. Erkenntnis vom 19. April 2001, Zl. 99/20/0424) erforderliche mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen, und sich mit den neuen Behauptungen des Beschwerdeführers - abgesehen von dem Hinweis, auch das Berufungsvorbringen vermöge "die offensichtliche Unbegründetheit seines Vorbringens nicht zu entkräften" - auch mit keinem Wort auseinander gesetzt. Der angefochtene Bescheid war schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Darüber hinaus hätte die belangte Behörde in ihrem im Mai 1999 erlassenen Bescheid unter dem Gesichtspunkt der gemäß § 8 AsylG zu treffenden Entscheidung auch von Amts wegen auf die notorischen Ereignisse vom Jänner 1999 einzugehen gehabt (vgl. insoweit die hg. Erkenntnisse vom 25. November 1999, Zl. 99/20/0465, vom 8. Juni 2000, Zl. 99/20/0203, und vom heutigen Tag, Zl. 99/20/0391).
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 27. September 2001
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