Normen
AVG §45 Abs2;
BDG 1979 §125a Abs3 idF 1998/I/123;
BDG 1979 §125a Abs3 Z5 idF 1998/I/123;
BDG 1979 §125a Abs3 Z5 impl;
BDG 1979 §126 Abs1 idF 1998/I/123;
EGVG 1991 Anlage Art2 Abs2 Z43a;
VwRallg;
AVG §45 Abs2;
BDG 1979 §125a Abs3 idF 1998/I/123;
BDG 1979 §125a Abs3 Z5 idF 1998/I/123;
BDG 1979 §125a Abs3 Z5 impl;
BDG 1979 §126 Abs1 idF 1998/I/123;
EGVG 1991 Anlage Art2 Abs2 Z43a;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der im Jahr 1940 geborene Beschwerdeführer steht als Kontrollinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er versah im Zeitpunkt des ihm zum Vorwurf gemachten Verhaltens als Postenkommandant des Gendarmeriepostens K seinen Dienst.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Disziplinarerkenntnis der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt (belangte Behörde) vom 20. Mai 1999 wurde der Beschwerdeführer - soweit im verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch von Bedeutung - ohne Durchführung einer Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde "gemäß § 125a Abs. 3 Z. 5 BDG 1979" und gemäß § 126 Abs. 2 BDG 1979 schuldig erkannt, er habe die Leistung von "Plusstunden" durch seinen Mitarbeiter RevInsp. A. Z. für den 16. April 1996 in der Zeit von 18.00 Uhr bis 20.00 Uhr im Nachhinein genehmigt, obwohl er gewusst habe, dass dieser Beamte die Zeit zumindest zum Teil für private Tätigkeiten verwendet habe.
Der Beschwerdeführer habe hiedurch gegen die Bestimmung der §§ 43 Abs. 1 und 45 Abs. 1 BDG 1979 verstoßen und im Sinne des § 91 BDG 1979 schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt und sei deshalb gemäß § 92 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 mit der Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von S 3.000,-- samt Kostenersatz zu bestrafen gewesen.
Dem lag zugrunde, dass Rev.Insp. Z. während der Zeit von 18.00 Uhr bis 19.00 Uhr des 16. April 1996 zumindest teilweise nicht den behaupteten Streifendienst versehen, sondern das Beschlagen seines Pferdes in dem von ihm frequentierten Reitstall beobachtet, sowie in der Zeit zwischen 19.00 Uhr und 20.00 Uhr dieses Tages nicht wie behauptet Kanzleidienst verrichtet habe, sondern - allerdings nicht näher spezifizierten - privaten Tätigkeiten nachgegangen sei.
Der angefochtene Bescheid wurde davon ausgehend - nach Wiedergabe des Inhaltes des Bescheides der Behörde erster Instanz sowie des Berufungsvorbringens - im Wesentlichen damit begründet, der Aufenthalt des RevInsp. Z. und des diesen begleitenden Kollegen RevInsp. H. im Reitstall sei auf Grund der Angaben dieser Zeugen mindestens mit einer halben Stunde, nicht jedoch nur mit 10 Minuten (wie in der Berufung behauptet) anzunehmen gewesen. Diese Aussage, die bei der ersten Einvernahme getätigt worden sei, genieße jedenfalls höhere Glaubwürdigkeit als die Aussage anlässlich einer späteren Einvernahme. Zutreffend habe daher die Behörde erster Instanz von einem längeren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Reitstall ausgehen dürfen. Eine weitere Einvernahme des RevInsp. H. sei daher entbehrlich gewesen. Zu Recht sei mit dem Disziplinarerkenntnis erster Instanz dem Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Dienstpflichten nach § 45 Abs. 1 BDG vorgeworfen worden, bei denen unterschieden werde zwischen der Kontrollfunktion und der Leitungsfunktion des Dienststellenleiters. Diesem bzw. dem Leiter eines Dienststellenteiles obliege - neben den ihm nach Abs. 1 als Vorgesetzter auferlegten Pflichten - auch die im Abs. 2 geregelte Koordinationspflicht. Er habe das Verhalten des ihm unterstellten Beamten dahin zu beobachten, ob dieser sich pflichtgemäß verhalte. Vorgesetzte mit eigenem Entscheidungsspielraum hätten eine entsprechend hohe Verantwortung für ihre eigenen sachlichen Entscheidungen und für jene ihrer Mitarbeiter. Im Rahmen der Dienstaufsicht seien sie berechtigt und verpflichtet, die Erledigung der Dienstgeschäfte zu überwachen und Pflichtverletzungen entgegenzuwirken. Hiebei hätten sie den ihnen unterstellten Beamten eine rechts- oder ordnungswidrige Ausführung dienstlicher Aufgaben vorzuhalten und sie zu ordnungsgemäßer unverzüglicher Erledigung der Amtsgeschäfte aufzufordern. Dieser Kontroll- und Koordinationspflicht sei der Beschwerdeführer jedenfalls nicht nachgekommen. Auf Grund der Aktenlage könne davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Eintragung der Mehrstunden des RevInsp. Z. von dessen Besuch im Reitstall informiert gewesen sei. Weiters sei nicht ersichtlich, dass RevInsp. Z. tatsächlich entsprechend seinen Behauptungen Kanzleiarbeit verrichtet habe. Die Eintragung der Mehrstunden sei also bereits in Kenntnis des Beschwerdeführers erfolgt, dass RevInsp. Z. zu diesem Zeitpunkt anstelle seinen Dienst zu verrichten, privaten Tätigkeiten nachgegangen sei. Völlig verfehlt sei dabei die Ansicht des Beschwerdeführers, der Besuch im Reitstall diene der Kontaktpflege zur Bevölkerung, da der Besuch des eigenen Reitstalles durch RevInsp. Z. offensichtlich nur dessen privaten Interessen gedient und eine Kontaktaufnahme zur Bevölkerung - abgesehen von der zu Angehörigen des Reitstalles - verneint werden könne. Inwieweit die Kontaktpflege hätte erfolgen sollen, sei von ihm auch nicht näher dargetan worden. Zur Frage der Dauer des Aufenthaltes (gemeint im Reitstall) sei festzuhalten, dass ein unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst im Ausmaß einer halben Stunde jedenfalls eine Nichteinhaltung der Dienstpflichten darstelle und es zu den Obliegenheiten eines Vorgesetzten gehöre, für die Einhaltung der Dienstzeit zu sorgen. Dieser Dienstpflicht sei der Beschwerdeführer durch sein Verhalten nachweislich nicht nachgekommen. Zur subjektiven Tatseite sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführer die Eintragung der Mehrstunden und nachträglichen Genehmigung vorgenommen habe, obwohl er in Kenntnis gesetzt worden sei, dass diese nicht erbracht worden seien. Er habe daher im Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Handlung für möglich halten müssen, damit eine Dienstpflichtverletzung nach § 45 Abs. 1 BDG zu begehen. In Anbetracht der Vorbildfunktion des Beschwerdeführers für seine Untergebenen könne auch nicht von der Verhängung einer Geldbuße abgesehen werden. Eine Bestrafung sei aus spezial- und generalpräventiven Gründen erforderlich, zumal der Beschwerdeführer weder in seiner Verantwortung anlässlich seiner Einvernahme noch später ein Unrechtsbewusstsein habe erkennen lassen, sodass die Verhängung einer Geldbuße notwendig gewesen sei und diese auch angesichts der bisherigen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers gerechtfertigt sei. In Anbetracht der Vorbildfunktion des Beschwerdeführers als Vorgesetzter komme auch der Generalprävention im Hinblick auf die Untergebenen besondere Bedeutung zu.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht darauf verletzt, nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des 9. Abschnittes des BDG, insbesondere § 91, einer Dienstpflichtverletzung schuldig erkannt und mit einer Disziplinarstrafe belegt zu werden, sowie in seinen Rechten auf ausreichende Sachverhaltsermittlung, Parteiengehör und Bescheidbegründung sowie auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung.
In Ausführung dieser Beschwerdepunkte macht der Beschwerdeführer zunächst unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, er habe im Zeitpunkt der Genehmigung der "Plusstunden" des RevInsp. Z. über die "Reitstallangelegenheit" noch nichts gewusst. Dass diese bereits in der Berufung aufgestellte Behauptung von der belangten Behörde ernsthaft überprüft worden wäre, gehe aus dem angefochtenen Bescheid nicht hervor. In beharrlicher Fortsetzung der erstinstanzlichen Begründung stelle auch die belangte Behörde die besagte "Reitstallangelegenheit", insbesondere über die Dauer des dortigen Aufenthaltes in den Vordergrund, wobei sie allerdings eine eklatante Aktenwidrigkeit hinzufüge, indem sie unterstelle, er (der Beschwerdeführer) hätte bei der Entscheidung über die Genehmigung dieser Plusstunden hievon bereits gewusst. Die gesamte Begründung hiezu bestehe lediglich in den Worten "auf Grund der Aktenlage kann davon ausgegangen werden". Dies stelle eine eklatante und offensichtlich bewusste Hinwegsetzung über die gesetzliche Begründungspflicht dar. Weiters behaupte die belangte Behörde, es sei "nicht ersichtlich" gewesen, dass RevInsp. Z. während der zweiten Plusstunde Kanzleiarbeit verrichtet hätte. Auch hier seien die soeben zitierten zwei Worte die einzige Begründung für die weitere Schlussfolgerung, dass der Beschwerdeführer auch in dieser Beziehung gewusst habe, dass RevInsp. Z. in Wirklichkeit nicht Dienst verrichtet, sondern privaten Tätigkeiten nachgegangen sei. Des Weiteren gehe die belangte Behörde mit keinem Wort auf seine Berufungsbehauptung ein, es sei unrichtig, dass sein Stellvertreter S. ihn "darüber in Kenntnis gesetzt" habe, dass die in Rede stehenden Plusstunden nicht erbracht worden seien. Die belangte Behörde unternehme nicht einmal den Versuch einer näheren Begründung dahingehend, welche tatsächlichen Angaben S. ihm gegenüber gemacht habe, in Wahrheit habe dieser ihn nämlich nicht "in Kenntnis gesetzt", sondern lediglich eine Behauptung aufgestellt, deren Tatsachensubstrat gering gewesen sei bzw. sich auf Grund von Erhebungen zur Hälfte als falsch erwiesen hätten. Damit lägen krasse Mängel des Ermittlungsverfahrens vor. Im Hinblick auf die von der belangten Behörde neu herangezogene Begründung, er habe im Zeitpunkt der Entscheidung über die "Plusstunden" bereits über die "Reitstallangelegenheit" Bescheid gewusst, werde nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Parteiengehörs geltend gemacht, sondern auch im Sinne des § 125a Abs. 3 Z. 5 BDG 1979: die belangte Behörde hätte dann nämlich den von ihm gestellten Antrag auf Durchführung einer Berufungsverhandlung stattgeben müssen und nicht "nach der Aktenlage" den Sachverhalt als "geklärt" annehmen dürfen.
Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes verweist der Beschwerdeführer im Wesentlichen darauf, eine Dienstpflichtverletzung könne lediglich im Falle ihrer schuldhaften Begehung disziplinär geahndet werden. Der Nachweis eines schuldhaften Verhaltens sei jedoch nicht erbracht worden. Im Übrigen sei auch die rechtliche Qualifikation der allenfalls durch RevInsp. Z. nicht erbrachten "Plusstunden" unrichtig, da dieser den Dienst unzweifelhaft angetreten habe, und es lediglich eine Frage der von diesem zu verantwortenden, zumindest teilweisen Abwesenheit vom Dienst sei. Dies habe für jenen Beamten allenfalls gehaltsrechtliche Konsequenzen. Eine nachträgliche Deklarierung eines Teilzeitraumes als "Nichtdienstzeit" sehe das Gesetz nicht vor. Er weise darauf hin, dass es für ihn überhaupt keine Zweifel daran gegeben habe, dass von den RevInsp. Z. und H. ab 18.00 Uhr des 16. April 1996 Streifendienst im Sinne des § 9 EDR verrichtet worden sei. Dabei sei selbstverständlich zulässig, dass ein Sicherheitswachebeamter in einem solchen Streifendienst auch Örtlichkeiten einbeziehe, zu denen er einen privaten Bezug habe.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 43 Abs. 1 BDG 1979, BGBl. Nr. 333/1979, ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus Eigenem zu besorgen.
Nach § 45 Abs. 1 BDG 1979, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 16/1994, hat der Vorgesetzte darauf zu achten, dass seine Mitarbeiter ihre dienstlichen Aufgaben gesetzmäßig und in zweckmäßiger, wirtschaftlicher und sparsamer Weise erfüllen. Er hat seine Mitarbeiter dabei anzuleiten, ihnen erforderlichenfalls Weisungen zu erteilen, aufgetretene Fehler und Missstände abzustellen und für die Einhaltung der Dienstzeit zu sorgen. Er hat das dienstliche Fortkommen seiner Mitarbeiter nach Maßgabe ihrer Leistungen zu fördern und ihre Verwendung so zu lenken, dass sie ihren Fähigkeiten weitgehend entspricht.
Gemäß § 91 BDG 1979 ist derjenige Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, nach dem neunten Abschnitt des BDG 1979 zur Verantwortung zu ziehen.
Zur Feststellung einer Dienstpflichtverletzung gehört der Nachweis, der Beamte habe mit Bewusstsein (Wissen), pflichtwidrig zu handeln oder unter Außerachtlassung der gebotenen und zumutbaren Sorgfalt gegen seine ihm auferlegten Pflichten verstoßen. Auch ist die Feststellung der Schuldform (Grad des Verschuldens) vor allem für die Schwere der Dienstpflichtverletzung und damit für die Bemessung der Strafe (§ 93 Abs. 1 erster Satz BDG 1979) entscheidend. Nach dem weiteren im Disziplinarrecht geltenden Grundsatz "in dubio pro reo" (vgl. § 118 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979) ist der Beamte nicht zu bestrafen, wenn die schuldhafte Begehung einer Dienstpflichtverletzung nicht nachgewiesen werden kann.
Ein zur Bestrafung führendes Dienstvergehen liegt danach erst dann vor, wenn ein Beamter durch eine rechtswidrige und schuldhafte Handlung oder Unterlassung eine Dienstpflicht verletzt. Unter Schuld ist die Vorwerfbarkeit der Tat mit Rücksicht auf die darin liegende zu missbilligende Gesinnung des Täters zu verstehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. Oktober 1990, Zl. 90/09/0076, und vom 21. Jänner 1998, Zl. 96/09/0012). Mangels erkennbarer Abweichung knüpft das BDG 1979 bei den von ihm nicht definierten beiden Schuldformen "Vorsatz" und "Fahrlässigkeit" am Begriffsverständnis des StGB (§ 5 und § 6) an, zumal auch das VStG diesbezüglich in diesem Sinn ausgelegt wird (Walter-Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, Auflage 7, 1999, Randziffer 738 ff, S 327 ff). Schuldhaft verletzt ein Beamter seine Pflichten daher nur dann, wenn er ihnen entweder vorsätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt.
Der Beschwerdeführer hat dieses ihm zurechenbare Verschulden im Verfahren immer bestritten und behauptet, von der tatsächlichen Dienstverrichtung durch die Beamten RevInsp. Z. und H. überzeugt gewesen zu sein. Wie schon die Behörde erster Instanz in diesem Sinne zutreffend festgestellt hat, war somit Gegenstand des Ermittlungsverfahrens und der von der Behörde zu treffenden Feststellungen auch die Frage der im Zeitpunkt seiner Entscheidung vorhandenen oder zumindest zumutbaren Kenntnis des Beschwerdeführers von der vermeintlichen oder tatsächlichen Abwesenheit der beiden ihm unterstellten Beamten vom Dienst aus privaten Gründen.
Der Beschwerdeführer hat bereits in seiner Berufung gegen das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis darauf hingewiesen, dass sein Stellvertreter ihm zwar seine Ansicht, dass die dem RevInsp. Z. vom Beschwerdeführer bewilligte "Plusstunde" (von 18.00 bis 19.00 Uhr des 16. April 1996) nicht zu bewilligen gewesen wäre, weil sich der Betreffende angeblich zumindest teilweise mit einer nicht dienstlichen Tätigkeit befasst habe, dass dies jedoch lediglich die von seinem Stellvertreter vertretene Rechtsansicht widergespiegelt habe, die für ihn nicht bindend gewesen sei, zumal ihm die "Reitstallgeschichte" damals noch nicht zur Kenntnis gebracht, sondern eine gänzlich andere Begründung hiefür herangezogen worden sei (nämlich das Ausrücken der beiden Beamten mit dem Privat-PKW sowie die Nichtmitnahme der Dienstwaffe) und dies zum Teil durch eigene Erhebungen widerlegt worden sei (betreffs Mitnahme der Dienstwaffe).
Gemäß §§ 37 und 39 AVG, die gemäß § 105 BDG 1979 im Disziplinarverfahren anzuwenden sind, ist die Behörde verpflichtet, von amtswegen vorzugehen und den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen. Dazu hat sie für die Aufnahme aller zur Wahrnehmung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen. Dieser Grundsatz gilt grundsätzlich auch für das Berufungsverfahren vor der belangten Behörde
Nach § 125a Abs. 3 BDG 1979 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 123/1998 kann von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der Disziplinaroberkommission ungeachtet eines Parteienantrages Abstand genommen werden, wenn 1. die Berufung zurückzuweisen ist, 2. die Angelegenheit an die erste Instanz zu verweisen ist, 3. ausschließlich über eine Berufung gegen die Auferlegung eines Kostenersatzes zu entscheiden ist, 4. sich die Berufung ausschließlich gegen die Strafbemessung richtet oder 5. der Sachverhalt nach der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt erscheint.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 11. November 1998, Zl. 98/01/0308, vom 22. April 1999, Zl. 98/20/0567, uva.) ausgesprochen, dass (im Sinne des Art. II Abs. 2 Z. 43a EGVG) der Sachverhalt dann als aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt anzusehen ist, wenn dieser nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und schlüssiger Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz festgestellt wurde und in der Berufung kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde erster Instanz entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt - erstmalig und mangels Bestehen eines Neuerungsverbotes zulässigerweise - neu und in konkreter Weise behauptet wird (vgl. hg. Erkenntnis vom 29. November 2000, Zl. 2000/09/0079). Dies gilt auch für § 125a Abs. 3 BDG 1979. Durch diese Bestimmung wird daher die Pflicht der Behörde, gemäß § 45 Abs. 2 AVG unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht, nicht berührt. Insbesondere lässt der Verweis auf den Inhalt der Berufung keinen Zweifel daran aufkommen, dass auch die Disziplinaroberkommission sich mit behaupteten Feststellungs- und Begründungsmängeln inhaltlich auseinander zu setzen hat und dort, wo die Schlüssigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung die Neubewertung der Beweise verlangt, eine Beweiswiederholung durchzuführen, die dem Grundsatz der Unmittelbarkeit des Verfahrens gerecht wird (vgl. hiezu Kucsko/Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, zweite Auflage 1996, Seite 362 f und die dort angegebenen weiteren Nachweise).
Die belangte Behörde hat keine mündliche Verhandlung durchgeführt und keine Beweise im Berufungsverfahren aufgenommen, sondern sich auf das Vorliegen eines "geklärten" Sachverhaltes im Sinne des § 125a Abs. 3 Z. 5 BDG 1979 berufen.
Vor dem Hintergrund der oben dargestellten Judikatur erweist sich die von der belangten Behörde in nicht öffentlicher Sitzung nach der Aktenlage vorgenommene Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers gegen das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis schon deshalb als rechtswidrig, weil die Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch die belangte Behörde - entgegen der von ihr vertretenen Rechtsansicht - zur Feststellung des Sachverhaltes geboten war, wurde in der Berufung des Beschwerdeführers doch substantiiert gerügt, die Beweiswürdigung der Disziplinarbehörde erster Instanz sei einseitig und mangelhaft erfolgt, die Frage nach einem dem Beschwerdeführer vorwerfbaren Tatsachenwissen im Zeitpunkt seiner Entscheidung sei mangelhaft untersucht worden, die zu seinen Lasten getroffene Feststellung eines positiven Wissens zu diesem Zeitpunkt im Akteninhalt nicht gedeckt und unbegründet geblieben. In einem solchen Fall darf die Behörde die Frage, ob sich der von ihr angenommene, damit in Widerspruch stehende Sachverhalt als "klar" zu werten sei, zufolge § 126 Abs. 1 BDG 1979 nicht nach der Aktenlage, sondern ausschließlich aufgrund von Ergebnissen beurteilen, die in einer von ihr (unmittelbar) durchgeführten mündlichen Verhandlung vorgekommen sind, abgesehen davon, dass die von ihr herangezogene, kursorische Begründung angesichts der widersprechenden Zeugenaussagen - wie in der Beschwerde zutreffend aufgezeigt wird -
unschlüssig erscheint.
Auch die Feststellung der Disziplinarbehörde erster Instanz, der dem Beschwerdeführer unterstellte RevInsp. Z. habe in der "Plusstunde" von 19.00 bis 20.00 Uhr des 16. April 1996 entgegen dessen Angaben keinen Kanzleidienst verrichtet, wurde vom Beschwerdeführer in seiner Berufung als unrichtig bekämpft und hätte einer näheren Untersuchung durch die belangte Behörde bedurft, zumal die diesbezügliche Feststellung der Disziplinarbehörde erster Instanz (es sei "nicht ersichtlich", dass Rev.Insp. Z. Kanzleidienst verrichtet hätte) einer ausreichenden Begründung entbehrt und damit ebenfalls nicht schlüssig erscheint.
Die belangte Behörde hätte zufolge § 126 Abs. 1 BDG 1979 die Frage der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der vom Beschwerdeführer vorgetragenen Entlastungsumstände somit zum Gegenstand eigener Ermittlungen machen müssen. Mangels Durchführung einer mündlichen Verhandlung liegen unmittelbare Ermittlungsergebnisse aber nicht vor, weshalb die belangte Behörde eine Beurteilung der mit der Beweis- und Verfahrensrüge in der Berufung geltend gemachten Verschuldensfrage hätte unterlassen müssen. Dem angefochtenen Bescheid fehlt in dieser Hinsicht eine schlüssige und nachvollziehbare - einer Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugängliche - Begründung.
Da die belangte Behörde zu Unrecht von der Anwendbarkeit des § 125a Abs. 3 Z. 5 BDG 1979 ausgegangen ist, war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 16. Mai 2001
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