VwGH 99/07/0008

VwGH99/07/000812.12.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Beck und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde der Gemeindebetriebe Frohnleiten Gesellschaft m.b.H. in Frohnleiten, vertreten durch Rechtsanwaltssozietät Eisenberger - Herzog - Nierhaus - Forcher & Partner in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Steiermark 1) vom 19. November 1998, Zl. 03-30.30 51 - 98/17, in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 27. November 1998, Zl. 03-30.3051- 98/18, betreffend Feststellung nach § 10 ALSAG (99/07/0008), und 2) vom 27. November 1998, Zl. 03-30.30 51 - 98/18, betreffend Bescheidberichtigung nach § 62 Abs. 4 AVG (99/07/0009) (gemäß § 22

VwGG an Stelle der belangten Behörde ins Verfahren eingetreten:

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie, nunmehr:

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) (mitbeteiligte Partei: Bund, vertreten durch das Hauptzollamt Graz in Graz, Bahnhofgürtel 57),

1. den Beschluss gefasst:

Das Beschwerdeverfahren gegen den erstangefochtenen Bescheid wird eingestellt;

2. zu Recht erkannt:

Normen

AVG §62 Abs4;
AVG §8;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §62 Abs4;
AVG §8;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der zweitangefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben;

und 3. die Kostenentscheidung getroffen:

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei betreibt eine Abfalldeponie. Nach den Sachverhaltsangaben in der Beschwerdeschrift, von denen der Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdefall deswegen ausgeht, weil ihm ungeachtet ergangener Aufforderung die erstinstanzlichen Verwaltungsakten nicht vorgelegt wurden (§ 38 Abs. 2 VwGG) und weil sie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zudem auch unbestritten geblieben sind, erließ die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung (BH) über Antrag der Beschwerdeführerin mit Datum vom 17. Juli 1997 einen Bescheid nach § 10 ALSAG mit vier Spruchteilen.

Mit Spruchteil I wurde von der BH festgestellt, dass bei der von der beschwerdeführenden Partei betriebenen Deponie die Voraussetzungen dafür vorlägen, die Zuschläge nach § 6 Abs. 2 und 3 ALSAG nicht anzuwenden.

Mit Spruchteil II wurde von der BH festgestellt, dass die beschwerdeführende Partei für Abfälle, die im Zuge der Sanierung einer näher genannten Altlast zur Vermeidung von Böschungsbrüchen am bergseitigen Rand der Altlast aus bodenmechanischen Gründen abgelagert würden, keinen Altlastensanierungsbeitrag zu bezahlen habe, weil diese Ablagerungen eine konkrete bautechnische Funktion für übergeordnete Baumaßnahmen erfüllten. Gleichzeitig wurde der beschwerdeführenden Partei von der BH aufgetragen, zum Ende eines jeden Jahres durch Vorlage eines bodenmechanischen Gutachtens nachzuweisen, welche Müllmengen tatsächlich zur Stabilisierung der Altlast eingebracht worden seien.

Mit Spruchteil III wurde von der BH der Antrag der beschwerdeführenden Partei, an Stelle einer Verpflichtung zur Bezahlung von Beiträgen nach § 6 Abs. 1 ALSAG lediglich die Verpflichtung zur Bezahlung von Beiträgen nach § 6 Abs. 4 oder § 6 Abs. 5 leg. cit. auszusprechen, abgewiesen.

Spruchteil IV des Bescheides der BH vom 17. Juli 1997 hatte die Kosten des von der BH beigezogenen Sachverständigen zum Gegenstand.

Spruchteil IV des Bescheides der BH vom 17. Juli 1997 ist für das vorliegende Beschwerdeverfahren bedeutungslos, Spruchteil I dieses Bescheides (keine Pflicht der beschwerdeführenden Partei, für ihre Deponie Zuschläge nach § 6 Abs. 2 und § 6 Abs. 3 ALSAG zu entrichten) erwuchs in Rechtskraft.

Spruchteil III des Bescheides wurde von der beschwerdeführenden Partei mit der Auffassung bekämpft, sie habe für ihre dem Stand der Technik im Sinne der Deponieverordnung angepasste Abfalldeponie den Altlastenbeitrag nur nach den Bestimmungen des § 6 Abs. 4 ALSAG oder nach jenen des § 6 Abs. 5 leg. cit., nicht aber nach jener des § 6 Abs. 1 ALSAG zu entrichten.

Gegen Spruchteil II des Bescheides der BH vom 17. Juli 1997 erhob die mitbeteiligte Partei des nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (mP) eine Berufung, welche von der belangten Behörde mit einem Bescheid vom 27. August 1997 zurückgewiesen wurde, den der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 26. Februar 1998, 97/07/0170, aufgehoben hat.

Im fortgesetzten Berufungsverfahren holte die belangte Behörde das Gutachten eines Amtssachverständigen für Abfalltechnik zur Frage ein, ob die Ausführungen jenes Sachverständigen, auf dessen Gutachten sich die BH zur Begründung des Abspruches im Spruchteil II des Bescheides vom 17. Juli 1997 gestützt hatte, schlüssig und nachvollziehbar seien.

In diesem, als einziges Geschäftsstück der erstinstanzlichen Akten dem Verwaltungsgerichtshof mit den zweitinstanzlichen Verwaltungsakten vorgelegten Gutachten wird von dem von der BH beigezogenen Sachverständigen zunächst an Amtssachverständigenaussagen im Rahmen eines Verfahrens zur Sanierung einer Altlast erinnert, welchen sich Folgendes habe entnehmen lassen:

Durch den Abbau der älteren Altlasten hangaufwärts ergäben sich frei gelegte steile Flächen, die in dieser Form unmöglich belassen werden könnten, weil sie eine Gefahr für die darunter liegenden Bereiche der Neu- und Altdeponie darstellten. Das steile Gelände schließe die Möglichkeit einer entsprechenden technischen Abdeckung praktisch aus. Eine wirtschaftliche Sanierung der Altlast mit entsprechender Untergrundbehandlung könne nur im Zusammenhang mit dem Aufbau und dem Weiterziehen der Neudeponie durchgeführt werden, weil der Neudeponie eine Stützfunktion für die sanierten Flächen zukomme. Die Vorschüttung müsse dabei unbedingt bis auf diese Höhen erfolgen, wo es zu einem Materialabbau gekommen sei, was sowohl den Altlastbereich als auch den darüber gelegenen Stabilisierungsbereich betreffe. Diese unmittelbare Verbindung von Altlastensanierung und Neudeponieaufbau sei auch deshalb notwendig, weil im Falle einer getrennten Vorgangsweise die Möglichkeit nicht auszuschließen sei, dass der sanierte Bereich der Altlast für die Neudeponie ein erhebliches Gefährdungspotenzial darstellte. Es würden dann zwangsläufig Wässer aus dem Sanierungsbereich in die Neudeponie abfließen, was eine erhebliche Erhöhung des Sickerwasseraufkommens mit sich bringen würde, wobei darüber hinaus damit verbundene Rutschungsgefährdungen sich ungünstig auf die Standfestigkeit der Neudeponie auswirken würden.

Es sei somit durch die Amtssachverständigen schlüssig nachgewiesen worden, wird von dem von der BH beigezogenen Gutachter ausgeführt, dass zur Vermeidung von Böschungsbrüchen am bergseitigen Rand der Altlast im Zuge deren Sanierung Vorschüttungen aus bodenmechanischen Gründen unerlässlich seien. Diese Maßnahme stelle somit aus Sicht der Altlastensanierung eine übergeordnete Baumaßnahme dar und keinesfalls eine Baumaßnahme des Deponiekörpers im Sinne des § 2 Abs. 5 Z 1 ALSAG. Dass die erforderliche Vorschüttung auf dem bewilligten Deponiegelände durchgeführt werden müsse, mache diese Maßnahme nicht zu einer Baumaßnahme des Deponiekörpers, weil sie im Zuge des geplanten und bewilligten Betriebes in diesem Umfang nicht erforderlich sei. Alle Schüttungen, die im Zusammenhang mit der Altlastensanierung durchgeführt würden und eine erforderliche Vorschüttung darstellten, müssten daher als von der Beitragspflicht ausgenommen angesehen werden.

Der von der belangten Behörde beigezogene Amtssachverständigen verwies in seiner Äußerung darauf, dass nach § 2 Abs. 5 Z. 1 ALSAG Abfälle, mit denen Verfüllungen von Geländeunebenheiten und Geländeanpassungen vorgenommen würden, einschließlich deren Einbringung in geologische Strukturen sowie Baumaßnahmen des Deponiekörpers Abfälle seien und damit grundsätzlich als beitragspflichtig anzusehen seien. Die Ausführungen des von der BH beigezogenen Amtssachverständigen seien ebenso wie seine Beurteilung, dass die Stützmaßnahmen im Rahmen der Altlastensanierung als übergeordnete bautechnische Maßnahmen einzustufen seien, aus technischer Sicht als schlüssig anzusehen. Der Vorschlag des von der BH beigezogenen Sachverständigen, die im Vorschütt- und Stützbereich eingebrachten Abfälle im Grunde des § 3 Abs. 1 Z. 2 ALSAG nicht als abgabepflichtig zu beurteilen, erscheine nachvollziehbar. Im Zusammenhang mit der Sanierung der alten Deponie und der damit zusammenhängenden Erweiterung der Schüttflächen der neuen Deponie seien Stütz- und Hinterfüllmaßnahmen erforderlich, für welche, so weit es sich um Bereiche innerhalb der Deponie handle, auch deponiefähige Abfälle geeignet seien, "und welche insgesamt eine übergeordnete bautechnische Maßnahme bzw. eine Baumaßnahme des Deponiekörpers" darstellten. Die Festlegungen im § 2 Abs. 5 Z 1 ALSAG und § 3 Abs. 1 Z 2 leg. cit. seien jedoch so widersprüchlich, dass sie eine eindeutige altlastentechnische Beurteilung nicht zuließen, ob die für die gegenständlichen Stützmaßnahmen verwendeten Abfälle abgabepflichtig seien oder nicht. Dies werde rechtlich zu bewerten sein.

Die mit dieser Stellungnahme des Amtssachverständigen konfrontierte beschwerdeführenden Partei verwies darauf, dass im § 2 Abs. 5 Z 1 ALSG lediglich eine Begriffsbestimmung gegeben werde, während für die Frage der Beitragspflicht allein die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG heranzuziehen sei. Übergeordnete Baumaßnahmen, die eine konkrete bautechnische Funktion erfüllten, unterlägen nicht dem Altlastenbeitrag.

Mit dem nunmehr erstangefochtenen Bescheid vom 19. November 1998 traf die belangte Behörde eine Entscheidung mit folgendem Spruch:

"Gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes - AVG 1991, BGBl. Nr. 51, i.d.F. BGBl. Nr. 158/1998, wird aus Anlass der Berufung (der mP) der bekämpfte Bescheid der (BH) ..., am 17.7.1997 abgeändert wie folgt:

Spruch II hat zu lauten:

Gemäß § 10 Altlastensanierungsgesetz 1989, BGBl. Nr. 299, i. d.g.F., wird festgestellt, dass die (beschwerdeführende Partei) als Betreiber der Mülldeponie ... für Abfälle, die im Zuge der Sanierung der Altlast ... entsprechend dem Bescheid des 'Amtes der Steiermärkischen Landesregierung', ..., vom 27.12.1995 zur Vermeidung von Böschungsbrüchen am bergseitigen Rand der Altlast im Zuge der Sanierung aus bodenmechanischen Gründen abgelagert werden, einen Altlastenbeitrag nach Maßgabe des § 6 Abs. 4 Altlastensanierungsgesetz 1989, BGBl. Nr. 299, i.d.g.F., zu bezahlen hat."

In der Begründung dieses Bescheides wird von der belangten Behörde nach Wiedergabe der Stellungnahme ihres Amtssachverständigen für Abfalltechnik und der Äußerung der beschwerdeführenden Partei ausgeführt, dass die fachlichen Feststellungen der Behörde erster Instanz auch vom beigezogenen Amtssachverständigen der zweiten Instanz fachlich bestätigt worden seien, weshalb ein rechtlich zu bewertender Widerspruch zwischen den Bestimmungen des § 2 Abs. 5 Z 1 ALSAG und des § 3 Abs. 1 Z 2 leg. cit. bestehen bleibe. Aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG könne die Ansicht abgeleitet werden, dass übergeordnete Baumaßnahmen generell von der Altlastenbeitragspflicht befreit seien. In Zusammenschau jedoch mit den Bestimmungen des § 2 Abs. 5 Z 1 ALSAG gehe die Berufungsbehörde davon aus, dass Baumaßnahmen im Deponiekörper selbst beitragspflichtig seien, da die beiden Gesetzesstellen nach Ansicht der belangten Behörde nur im Zusammenhang interpretiert werden könnten.

Mit dem nunmehr zweitangefochtenen Bescheid vom 27. November 1998 änderte die belangte Behörde den erstangefochtenen Bescheid unter Berufung auf § 62 Abs. 4 AVG dahin ab, dass im neu formulierten Spruchteil II des bekämpften und mit dem erstangefochtenen Bescheid abgeänderten Bescheides der BH vom 17. Juli 1997 das Gesetzeszitat für den von der beschwerdeführenden Partei geschuldeten Altlastenbeitrag von der Bestimmung des § 6 Abs. 4 ALSAG auf jene des § 6 Abs. 1 ALSAG ausgewechselt wurde. Insoweit der Altlastenbeitrag im erstangefochtenen Bescheid vom 19. November 1998 nach Maßgabe des § 6 Abs. 4 ALSAG an Stelle des § 6 Abs. 1 ALSAG vorgeschrieben worden sei, sei der Behörde ein Schreibfehler unterlaufen, wird in der Begründung dieses auf § 62 Abs. 4 AVG gestützten Bescheides ausgeführt. Dieser Schreibfehler sei auch ganz offenkundig, weil im bekämpften Bescheid der BH ausdrücklich der Altlastenbeitrag nach § 6 Abs. 1 ALSAG vorgeschrieben worden sei und bei Aufrechterhaltung des Spruches des nunmehr korrigierten Bescheides ein Widerspruch zur sonstigen behördlichen Feststellung bestehen würde.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die zweitinstanzlichen Verwaltungsakten und das Gutachten des im erstinstanzlichen Verfahren beigezogenen Sachverständigen vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Nach der Erstattung einer Replik durch die beschwerdeführende Partei ist der zum damaligen Zeitpunkt im Sinne des § 22 VwGG zuständige Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie unter Berufung auf die genannte Gesetzesstelle an Stelle der belangten Behörde in das Verfahren eingetreten und hat ebenso eine Gegenschrift erstattet, in welcher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Die mP hat sich trotz gebotener Gelegenheit am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit Rücksicht auf die durch die verfahrensrechtliche Vorgangsweise der belangten Behörde bei der beschwerdeführenden Partei aufgetretene und von ihr auch geäußerte Ungewissheit über die Tragweite der von der belangten Behörde ergangenen Berufungsentscheidung (einschließlich ihrer "Berichtigung") ist zunächst klarzustellen, dass die von der beschwerdeführenden Partei gegen Spruchteil III des Bescheides der BH vom 17. Juli 1997 erhobene Berufung entgegen der vom Bundesminister in seiner Gegenschrift geäußerten Auffassung durch den hier erstangefochtenen Bescheid einschließlich seiner durch den zweitangefochtenen Bescheid erfolgten "Berichtigung" nicht erledigt worden ist und der Erledigung demnach unverändert harrt. Dies ergibt sich daraus, dass die hier angefochtenen, ausdrücklich "aus Anlass der Berufung des Hauptzollamtes Graz" erfolgten Erledigungen ausschließlich Spruchteil II des erstinstanzlichen Bescheides berühren, während die offene Berufung der beschwerdeführenden Partei sich gegen Spruchteil III dieses Bescheides gewandt hatte. Ging es in dem zu Spruchteil II des Bescheides der BH vom 17. Juli 1997 ergangenen Abspruch um die Beitragsfreiheit solcher Abfallmengen, deren Ablagerung eine konkrete bautechnische Funktion für übergeordnete Baumaßnahmen zugeordnet wurde, dann ging es im Spruchteil III des erstinstanzlichen Bescheides nach dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei um die Frage, ob sie den Altlastenbeitrag für nicht beitragsbefreite Abfallmengen nach Maßgabe der Bestimmung des § 6 Abs. 1 ALSAG oder jener des § 6 Abs. 4 oder Abs. 5 leg. cit. schuldete. Von einer Erledigung der gegen Spruchteil III des erstinstanzlichen Bescheides erhobenen Berufung der beschwerdeführenden Partei durch die hier bekämpften Bescheide kann demnach keine Rede sein.

Eine Verbindung der Entscheidung über die Berufung der mP gegen Spruchteil II des erstinstanzlichen Bescheides mit jener über die Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen Spruchteil III dieses Bescheides wäre nach Lage des Falles zwar überaus sinnvoll gewesen, weil die im erstangefochtenen Bescheid erfolgte Stattgebung der Berufung der mP durch Abänderung von Spruchteil II des Bescheides der BH vom 17. Juli 1997 die belangte Behörde ja dazu zwingen musste, genau jene Rechtsfragen zu lösen, die in der Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen Spruchteil III des erstinstanzlichen Bescheides aufgeworfen worden waren. Eine Rechtspflicht der belangten Behörde zur Verbindung der Entscheidung über die Berufungen verschiedener Parteien gegen verschiedene Spruchteile eines angefochtenen Bescheides ist allerdings nicht als statuiert zu erkennen, weshalb das von der beschwerdeführenden Partei gerügte Unterbleiben einer Entscheidung über ihre Berufung keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide bewirken kann. Zu der den Streitpunkt der unerledigten Berufung der beschwerdeführenden Partei bildenden Rechtsfrage sei informativ auf das hg. Erkenntnis vom 10. Juni 1999, 98/07/0101, verwiesen.

Zum zweitangefochtenen "Berichtigungsbescheid" vom 27. November 1998:

Gemäß § 62 Abs. 4 AVG kann die Behörde Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von Amts wegen berichtigen.

Aufgabe des Rechtsinstituts der Bescheidberichtigung ist die Beseitigung einer objektiv nach außen hin erkennbaren Diskrepanz zwischen dem rechtsgestaltenden Willen der den Bescheid erlassenden Behörde und der äußeren Gestalt des erlassenen Bescheides. Nur feststellende, nicht rechtsgestaltende Wirkung kommt einem Berichtigungsbescheid zu. Seine Funktion erschöpft sich ausschließlich in der Feststellung des tatsächlichen Inhaltes des berichtigten Bescheides schon zum Zeitpunkt seiner in berichtigungsbedürftiger Form erfolgten Erlassung (siehe etwa den hg. Beschluss vom 21. Februar 1995, 95/07/0010). Die Anwendung des § 62 Abs. 4 AVG setzt einen fehlerhaften Verwaltungsakt mit der Maßgabe voraus, dass eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit sowie deren Offenkundigkeit gegeben ist. Die Berichtigung ist auf jene Fälle der Fehlerhaftigkeit eingeschränkt, in denen die Unrichtigkeit eine offenkundige ist, wobei es allerdings ausreicht, wenn die Personen, für die der Bescheid bestimmt ist, die Unrichtigkeit des Bescheides hätten erkennen können und die Unrichtigkeit ferner von der Behörde - bei entsprechender Aufmerksamkeit - bereits bei der Erlassung des Bescheides hätte vermieden werden können (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2001, 2000/07/0097, 0098 und 0099, mit weiteren Nachweisen).

Vom Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die von der belangten Behörde mit dem zweitangefochtenen Bescheid vorgenommene Berichtigung des erstangefochtenen Bescheides kann nach Lage des Falles nicht die Rede sein. Hatte die belangte Behörde im erstangefochtenen Berufungsbescheid die der Entscheidung der BH im Spruchteil II ihres Bescheides zu Grunde liegende Rechtsauffassung einer Beitragsfreiheit jener Abfallteile, denen bautechnische Funktion zuzumessen sei, nicht geteilt, dann musste sich in der daraus zwangsläufig resultierenden Abänderung dieses erstinstanzlichen Bescheidspruches für die nach § 66 Abs. 4 AVG entscheidende belangte Behörde dann die Beantwortung der Rechtsfrage stellen, nach welcher Gesetzesvorschrift die beschwerdeführende Partei für die nunmehr doch nicht als beitragsbefreit anzusehenden Abfallmengen den Altlastenbeitrag schulde. Wenngleich diese Frage auch den Gegenstand der Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen Spruchteil III des erstinstanzlichen Bescheides bildete, kam die belangte Behörde, sobald sie die erstinstanzliche Rechtsauffassung von der Beitragsfreiheit der betroffenen Abfallmengen nicht teilte, auch in Erledigung der Berufung der mP gegen Spruchteil II des erstinstanzlichen Bescheides um die Beantwortung dieser umstrittenen Frage nicht herum. Aus welchem Grunde dem erstangefochtenen Bescheid, in welchem die belangte Behörde die ihr aufgetragene Lösung dieser Rechtsfrage schlechterdings verweigerte, ein Bescheidwille zur Lösung der Rechtsfrage im Sinne des Berichtigungsbescheides anstatt im Sinne des berichtigten Bescheides zu entnehmen gewesen sein sollte, ist völlig unerfindlich. Ebenso unerfindlich ist, weshalb die beschwerdeführende Partei die Bestimmung ihrer Beitragsschuld nach § 6 Abs. 4 ALSAG als von der belangten Behörde nicht gewollt hätte erkennen sollen, wenn sie in ihrer unerledigt gebliebenen Berufung gegen Spruchpunkt III des erstinstanzlichen Bescheides gerade dieses Ziel verfolgt hatte. Dass die Anführung der Bestimmung des § 6 Abs. 4 ALSAG als Rechtsgrundlage der bejahten Beitragspflicht der beschwerdeführenden Partei für die betroffenen Abfallmengen als nach außen hin erkennbare Diskrepanz zwischen dem rechtsgestaltenden Willen der den Bescheid erlassenden Behörde und der äußeren Gestalt des erlassenen Bescheides beurteilt werden könnte und eine Fehlerhaftigkeit gewesen sei, welcher Offenkundigkeit beigemessen werden könnte, ist nach Lage des Falles entschieden zu verneinen.

Mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 62 Abs. 4 AVG erwies sich die durch den zweitangefochtenen Bescheid vorgenommene "Berichtigung" des erstangefochtenen Bescheides als rechtswidrig. Dieser rechtswidrige Bescheid der belangten Behörde hat auch in die durch den erstangefochtenen Bescheid in seiner unberichtigten Fassung gestalteten materiellen Rechte der beschwerdeführenden Partei eingegriffen (siehe hiezu das hg. Erkenntnis vom 13. April 2000, 99/07/0203), weshalb der zweitangefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Zum erstangefochtenen Bescheid:

Mit der in diesem Erkenntnis entschiedenen Aufhebung des zweitangefochtenen "Berichtigungsbescheides" wurde die beschwerdeführende Partei mit ihrer Beschwerde gegen den erstangefochtenen Berufungsbescheid in seiner berichtigten Fassung klaglos gestellt, weil der Berufungsbescheid der belangten Behörde durch die Beseitigung der rechtswidrigen "Berichtigung" wieder jene Gestalt gewonnen hat, durch welche sich die beschwerdeführende Partei in ihren Rechten nicht als verletzt angesehen hatte. Wiewohl der beschwerdeführenden Partei nach Lage des Falles eine Anfechtung des erstangefochtenen Berufungsbescheides der belangten Behörde vom 19. November 1998 auch in seiner unberichtigten Fassung möglich gewesen wäre, was einer Beschwerdeerhebung sowohl gegen den Berichtigungsbescheid als auch gegen den Berufungsbescheid in seiner durch den Berichtigungsbescheid gestalteten Fassung nicht im Wege gestanden wäre, sah sich die beschwerdeführende Partei in ihren Rechten in einer zu einem Herantreten an den Verwaltungsgerichtshof Anlass gebenden Weise nur durch den Berichtigungsbescheid und durch den Berufungsbescheid in der berichtigten Fassung als verletzt an. Damit hat aber die Aufhebung des Berichtigungsbescheides in diesem Erkenntnis dazu geführt, dass der den Gegenstand der Beschwerde gegen den erstangefochtenen Berufungsbescheid bildende behördliche Abspruch vom Verwaltungsgerichtshof aus dem Rechtsbestand beseitigt wurde.

Aus diesem Grunde war das Verfahren über die gegen den erstangefochtenen Bescheid anhängige Beschwerde gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen, was der Gerichtshof in einem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat beschlossen hat.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, hinsichtlich des erstangefochtenen Bescheides im Besonderen auf § 56 VwGG, in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 12. Dezember 2002

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