Normen
FrG 1993 §15 Abs1 Z1;
FrG 1993 §15 Abs1 Z2;
FrG 1993 §15 Abs1 Z3;
FrG 1993 §15 Abs1;
FrG 1993 §15 Abs3;
FrG 1993 §82 Abs1 Z4;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
FrG 1993 §15 Abs1 Z1;
FrG 1993 §15 Abs1 Z2;
FrG 1993 §15 Abs1 Z3;
FrG 1993 §15 Abs1;
FrG 1993 §15 Abs3;
FrG 1993 §82 Abs1 Z4;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 8. Oktober 1997 wurde der Beschwerdeführerin, einer Staatsangehörigen von Tschechien, folgende Tat angelastet:
"Sie haben sich am 04.10.1997 in Salzburg, L-Gasse 'Club C.'
als Fremde im Bundesgebiet aufgehalten und eine Beschäftigung aufgenommen, ohne im Besitz der erforderlichen Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes zu sein."
Die Beschwerdeführerin habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 82 Abs. 1 Z. 4 in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Z. 2 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, verletzt, weshalb über sie gemäß § 82 Abs. 1, erster Satz, letzter Teilsatz,
2. Strafrahmen FrG eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage) verhängt wurde.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge und bestätigte das Straferkenntnis "vollinhaltlich". Begründend führte sie im Wesentlichen aus, die Beschuldigte habe zum Tatzeitpunkt bereits die Arbeit als Animierdame aufgenommen, da sie an der Bar des C. Clubs, einem Nachtlokal, in dem sowohl Kabarettvorstellungen als auch Stripteasevorführungen durchgeführt würden, äußerst spärlich bekleidet angetroffen worden sei. Daraus schließe die belangte Behörde, dass die Beschwerdeführerin bereits eine unselbstständige Tätigkeit im Sinne des § 1 des Aufenthaltsgesetzes aufgenommen habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Soweit die Beschwerdeführerin die Aufnahme einer unselbstständigen Tätigkeit im Sinne des § 1 des Aufenthaltsgesetzes bestreitet und diesbezüglich eine nicht ausreichende Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes durch die belangte Behörde einwendet, können diese Überlegungen aus folgenden Gründen dahingestellt bleiben:
Die Beschwerdeführerin wurde durch den angefochtenen Bescheid ausschließlich wegen Übertretung des Fremdengesetzes (und nicht des Aufenthaltsgesetzes 1992, welches keinen Straftatbestand beinhaltet) bestraft. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Fremdengesetzes lauten:
"§ 15. (1) Fremde halten sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf,
1. wenn sie unter Einhaltung der Bestimmungen des 2. Teiles und ohne die Grenzkontrolle zu umgehen eingereist sind oder
2. wenn ihnen eine Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes oder von einer Sicherheitsbehörde ein Sichtvermerk erteilt wurde oder
3. solange ihnen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991, BGBl. Nr. 8/1992, zukommt.
........
(3) Die Dauer des rechtmäßigen Aufenthaltes eines Fremden im Bundesgebiet richtet sich nach
1. der durch zwischenstaatliche Vereinbarung, Bundesgesetz oder Verordnung getroffenen Regelung oder
2. der Befristung der Bewilligung oder des Sichtvermerkes.
§ 82. (1) Wer
1. nach Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung nicht rechtzeitig ausreist oder
2. einem Aufenthaltsverbot zuwider unerlaubt in das Bundesgebiet zurückkehrt oder
3. sich als passpflichtiger Fremder, ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes zu sein, im Bundesgebiet aufhält oder
4. sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (§ 15), begeht eine Verwaltungsübertretung und ist in den Fällen der
Z 1 und 2 mit Geldstrafe bis zu 10 000 Schilling oder mit Freiheitsstrafe bis zu 14 Tagen, sonst mit Geldstrafe bis zu 10 000 Schilling zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltes.
(2) Eine Verwaltungsübertretung gemäß Abs. 1 Z 1 liegt nicht vor, wenn die Ausreise nur in ein Land möglich wäre, in das eine Abschiebung unzulässig (§§ 37 und 54 Abs. 4) ist, oder wenn dem Fremden ein Abschiebungsaufschub erteilt worden ist."
Eine Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes nach § 82 Abs. 1 Z. 4 FrG kommt rechtens nur in Betracht, wenn keine der im § 15 Abs. 1 (Z. 1 bis 3) leg. cit. angeführten Voraussetzungen eines rechtmäßigen Aufenthaltes gegeben ist sowie dann, wenn die Rechtmäßigkeit eines Aufenthaltes gemäß § 15 Abs. 3 FrG geendet hat. Im Spruch des Straferkenntnisses ist die als erwiesen angenommene Tat daher, um den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG zu entsprechen, durch Verneinung aller drei im § 15 Abs. 1 FrG genannten alternativen Voraussetzungen für eine Rechtsmäßigkeit des Aufenthaltes oder - im Fall des § 15 Abs. 3 FrG - durch Verneinung einer weiter bestehenden Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes zu umschreiben (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 97/21/0633). Die Annahme der Unrechtmäßigkeit eines inländischen Aufenthaltes aus der Verneinung bloß eines Teiles der im § 15 Abs. 1 FrG genannten drei alternativen Voraussetzungen für eine Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes steht mit dem Gesetz nicht in Einklang (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Oktober 2000, Zl. 96/21/0861 mwN).
Demnach kann auch als übertretene Norm (§ 44a Z. 2 VStG) - außer § 82 Abs. 1 Z. 4 FrG - nicht nur eine der Z. 1 bis 3 des § 15 Abs. 1 FrG, sondern allein § 15 Abs. 1 FrG insgesamt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Juni 1999, Zl. 97/21/0307) oder in Verbindung mit § 15 Abs. 3 FrG herangezogen werden.
Diesen Anforderungen entspricht das durch den angefochtenen Bescheid vollinhaltlich bestätigte Straferkenntnis nicht, da es den unrechtmäßigen Aufenthalt schon aus dem bloßen Fehlen einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz ableitet und als übertretene Norm nur die Z. 2 des § 15 Abs. 1 FrG anführt.
Der in der vorliegenden Tatumschreibung angelasteten Aufnahme einer Beschäftigung könnte zwar im Hinblick auf den Tatbestand des § 15 Abs. 3 FrG Bedeutung zukommen, als ein sichtvermerksfreier Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich, der zum Zeitpunkt der Einreise noch nicht Erwerbszwecken dienen sollte, mit der Aufnahme einer Beschäftigung unrechtmäßig geworden wäre (vgl. Art. 1 des Abkommens zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl. Nr. 47/1990). Dass dies gegenständlich der Fall gewesen wäre, ist dem Akteninhalt (vgl. Blatt 8) nicht zu entnehmen und wurde der Beschwerdeführerin auch nicht in dieser Weise angelastet.
Da die belangte Behörde durch die Bestätigung des Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat und die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift nicht in gesetzmäßiger Weise bezeichnet hat, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. April 2001
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