VwGH 98/19/0170

VwGH98/19/017024.9.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde des 1942 geborenen SIM in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. März 1998, Zl. 120.730/2-III/11/96, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §37 Abs1 impl;
FrG 1993 §6 Abs1 Z1;
FrG 1997 §10 Abs2 Z3;
FrG 1997 §23 Abs1;
FrG 1997 §31 Abs4;
FrG 1997 §34 Abs1 Z2;
FrG 1997 §34 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §7 Abs3;
FrG 1997 §8 Abs1;
EMRK Art6 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §37 Abs1 impl;
FrG 1993 §6 Abs1 Z1;
FrG 1997 §10 Abs2 Z3;
FrG 1997 §23 Abs1;
FrG 1997 §31 Abs4;
FrG 1997 §34 Abs1 Z2;
FrG 1997 §34 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §7 Abs3;
FrG 1997 §8 Abs1;
EMRK Art6 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am 25. April 1996 beim Landeshauptmann von Wien die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung in Form eines Sichtvermerkes.

Dieser gemäß § 7 Abs. 7 des Fremdengesetzes 1992 (FrG 1992) als solcher auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gewertete Antrag wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 6. August 1996 gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, wobei er beantragte, in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen.

Diese Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. März 1998 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 und Abs. 3, sowie gemäß § 10 Abs. 2 Z. 2 und Abs. 2 Z. 3 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde in Ansehung des letztgenannten Versagungsgrundes (zusammengefasst) aus, der Beschwerdeführer habe über gewöhnliche Sichtvermerke für folgende Zeiträume verfügt:

vom 16. Jänner 1995 bis 16. Mai 1995

vom 18. Mai 1995 bis 16. November 1995, und

vom 4. Dezember 1995 bis 25. April 1996

Nach seinen Angaben sei der Beschwerdeführer am 8. März 1996 über den Flughafen Wien-Schwechat nach Österreich eingereist.

Anträge des Beschwerdeführers vom 6. Oktober 1995 und vom 14. Dezember 1995 seien mit einem Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 22. März 1996 abgewiesen worden.

Seit Ablauf des dem Beschwerdeführer zuletzt erteilten Sichtvermerkes am 25. April 1996 halte er sich unrechtmäßig in Österreich auf und gehe im Inland einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nach.

Den Angaben des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren, er werde in seinem Heimatland Bulgarien politisch verfolgt, wobei ein Beschluss über die Verhängung der Untersuchungshaft über den Beschwerdeführer noch aufrecht sei, schenkte die belangte Behörde mit näherer Begründung keinen Glauben.

Das Verhalten des Beschwerdeführers, welcher nach Ablauf seines gewöhnlichen Sichtvermerkes weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben und einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen sei, stelle eine massive Missachtung der österreichischen Rechtsordnung dar. Gemäß § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG 1997 könne die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels insbesondere versagt werden, wenn der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde. Diese Gefährdungsprognose sei aufgrund des festgestellten Verhaltens des Beschwerdeführers gerechtfertigt, zeige dieses doch klar, dass er nicht die Absicht habe, die österreichische Rechtsordnung, insbesondere die fremdenrechtlichen Bestimmungen, zu beachten.

Die Versagung der Erteilung der begehrten Niederlassungsbewilligung stehe auch mit Art. 8 MRK im Einklang. Zwar lebe eine Tochter des Beschwerdeführers in Wien und sei hier verheiratet, die Ehegattin des Beschwerdeführers lebe jedoch in Bulgarien. Eine Familiengemeinschaft sei im Falle des Beschwerdeführers "nicht vorgesehen". Mit der vom Beschwerdeführer praktizierten Vorgangsweise, die österreichischen Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen, gefährde dieser die öffentliche Ordnung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 7 Abs. 3, § 10 Abs. 2 Z. 3, § 23 Abs. 1, § 31 Abs. 4 und § 34 Abs. 1 FrG 1997 lauten (auszugsweise):

"§ 7. ...

...

(3) Auf Dauer niedergelassene Drittstaatsangehörige, das sind jene, die

  1. 1. in Österreich einen Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen haben oder
  2. 2. in Österreich zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit an einem Wohnsitz niedergelassen sind,

brauchen außer in den in Abs. 4 genannten Fällen eine Niederlassungsbewilligung.

...

§ 10. ...

(2) Die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels kann wegen Gefährdung öffentlicher Interessen (§ 8 Abs. 3 Z 2) insbesondere versagt werden, wenn

...

3. der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;

...

§ 23. (1) Fremden, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihrer Niederlassungsbewilligung auf Dauer niedergelassen bleiben, ist - sofern die Voraussetzungen des 2. Abschnittes weiterhin gesichert scheinen - auf Antrag eine weitere Niederlassungsbewilligung mit demselben Zweckumfang zu erteilen. ... Die Gültigkeitsdauer der weiteren Niederlassungsbewilligung beginnt mit dem Tag der Erteilung.

...

§ 31. ...

...

(4) Fremde, die einen Antrag auf Ausstellung eines weiteren Aufenthaltstitels vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des ihnen zuletzt erteilten Aufenthaltstitels oder vor Entstehen der Sichtvermerkspflicht eingebracht haben, halten sich bis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag rechtmäßig im Bundesgebiet auf. ...

...

§ 34. (1) Fremde, die sich auf Grund eines Aufenthaltstitels oder während eines Verfahrens zur Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels im Bundesgebiet aufhalten, können mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn

  1. 1. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre oder
  2. 2. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegensteht oder
  3. 3. der Aufenthaltstitel einem Fremden erteilt wurde, weil er sich auf eine Ehe berufen hat, obwohl er ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat."

In den Erläuterungen zum FrG 1997 (RV: 685 BlgNR 20. GP) zu § 23 heißt es:

"Die aufenthaltsrechtliche Absicherung einer über die Gültigkeitsdauer der zuletzt erteilten Niederlassungsbewilligung hinaus weiteren dauernden Niederlassung erfolgt durch die Erteilung weiterer Niederlassungsbewilligungen. Deren Gültigkeitsdauer beginnt mit dem Tag der Erteilung, sodass nur dann eine ununterbrochene Abfolge von Niederlassungsbewilligungen vorliegt, wenn die weitere Niederlassungsbewilligung spätestens mit dem Ablauf der Gültigkeitsdauer der vorhergehenden Niederlassungsbewilligung erteilt wird. Ergeht die Entscheidung der Behörde erst zu einem späteren Zeitpunkt, so entstehen zwischen den einzelnen Niederlassungsbewilligungen Lücken. Diese werden, je nach dem ob die Antragstellung rechtzeitig erfolgte, also vor Ablauf der Gültigkeitsdauer der vorhergehenden Niederlassungsbewilligung, durch § 31 Abs. 4 zu Zeiten rechtmäßigen Aufenthaltes, oder, wenn dies nicht der Fall ist, als Zeiten nicht rechtmäßigen Aufenthaltes zu gelten haben. Im letzteren Fall wird die Fremdenpolizeibehörde unter dem Gesichtspunkt des § 34 Abs. 1 aber auch des § 107 Abs. 1 Z 4 ihr weiteres Vorgehen festzulegen haben. Freilich wird es in all diesen Fällen nicht mehr dazu kommen, dass wegen einer Fristversäumung eine Antragstellung aus dem Ausland erforderlich ist, da der Fremde ununterbrochen niedergelassen war. ..."

§ 1 Abs. 1 und 2 AufG lauteten:

"§ 1. (1) Fremde (§ 1 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992) brauchen zur Begründung eines Hauptwohnsitzes in Österreich eine besondere Bewilligung (im Folgenden ,Bewilligung' genannt). Die auf Grund anderer Rechtsvorschriften für Fremde vorgesehenen besonderen Regelungen bleiben unberührt.

(2) Von Fremden, die sich

  1. 1. innerhalb eines Kalenderjahres länger als sechs Monate tatsächlich oder
  2. 2. zur Ausübung einer selbstständigen oder unselbstständigen Erwerbstätigkeit in Österreich aufhalten, wird für Zwecke dieses Bundesgesetzes jedenfalls angenommen, dass sie in Österreich einen Hauptwohnsitz begründen."

Der Beschwerdeführer tritt den Tatsachenfeststellungen der belangten Behörde hinsichtlich der ihm erteilten Berechtigungen zum Aufenthalt im Bundesgebiet, der Fortsetzung seines Aufenthaltes in Österreich nach Ablauf seines gewöhnlichen Sichtvermerkes und der von ihm ausgeübten selbstständigen Erwerbstätigkeit nicht entgegen.

Ebenso wenig bestreitet er die implizite Annahme der erstinstanzlichen Behörde, sein Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes sei in Anwendung des § 7 Abs. 7 FrG 1992 als solcher auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung fortzuführen gewesen. Diese Annahme erweist sich schon vor dem Hintergrund der vom Beschwerdeführer ausgeübten selbstständigen Erwerbstätigkeit als zutreffend (vgl. § 1 Abs. 2 Z. 2 AufG).

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 98/19/0286, mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausführte, ist ein gewöhnlicher Sichtvermerk gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 FrG 1992 nicht einer Niederlassungsbewilligung im Sinne des § 23 Abs. 1 FrG 1997 gleichzuhalten. Ungeachtet des Umstandes, dass der Beschwerdeführer im Anschluss an den Ablauf des ihm zuletzt erteilten gewöhnlichen Sichtvermerkes in Österreich auf Dauer niedergelassen blieb, wertete die belangte Behörde seinen Antrag vom 6. August 1996 zutreffend in Anwendung der Übergangsbestimmung des § 112 FrG 1997 als solchen auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung.

Die belangte Behörde gründete vorliegendenfalls die gemäß § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG 1997 getroffene Gefährdungsprognose auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer nach Ablauf seines gewöhnlichen Sichtvermerkes in Österreich geblieben und einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist.

Dem Beschwerdevorbringen ist zunächst dahin beizupflichten, dass eine ausländerbeschäftigungsrechtliche Genehmigung zur Ausübung dieser Erwerbstätigkeit nicht erforderlich war. Dennoch hätte der Beschwerdeführer aber während der Geltungsdauer des Aufenthaltsgesetzes jedenfalls aus dem Grunde des § 1 Abs. 2 Z. 2 AufG, während jener des Fremdengesetzes 1997 jedenfalls aus dem Grunde des § 7 Abs. 3 Z. 2 FrG 1997 für seinen Aufenthalt im Bundesgebiet eine Aufenthalts- bzw. Niederlassungsbewilligung benötigt.

Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausging, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers nach den Bestimmungen des Fremden- bzw. Niederlassungsrechtes ein unrechtmäßiger war.

An dieser Beurteilung vermag auch sein Hinweis auf die hier gegenständliche Antragstellung nichts zu ändern. Der dem Beschwerdeführer nach dem 1. Juli 1993 ausgestellte gewöhnliche Sichtvermerk war nach den Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes nicht verlängerungsfähig. Die Erstantragstellung des Beschwerdeführers allein verschaffte ihm aber nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes noch kein Aufenthaltsrecht, und zwar auch dann nicht, wenn ihm nach den damals geltenden Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes auch aufgrund einer Verpflichtungserklärung eine Bewilligung hätte erteilt werden können.

Der Verwaltungsgerichtshof vertrat in ständiger Rechtsprechung (vgl. erstmals das hg. Erkenntnis vom 11. November 1993, Zl. 93/18/0348) die Auffassung, die unrechtmäßige Fortsetzung eines Inlandsaufenthaltes nach Ablauf eines gewöhnlichen Sichtvermerkes rechtfertige für sich allein nicht die Annahme, der weitere Aufenthalt des Fremden aufgrund einer zu erteilenden Bewilligung werde im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG 1992 die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden.

Diese Rechtsprechung lässt sich vor dem Hintergrund der oben wiedergegebenen Erläuterungen zu § 23 FrG 1997 für die Auslegung des § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG 1997 jedoch nicht mehr aufrechterhalten:

Die in Rede stehenden Erläuterungen gehen nämlich davon aus, dass die Fremdenpolizeibehörde im Falle eines infolge Versäumung der Frist des § 31 Abs. 4 FrG 1997 unrechtmäßigen Aufenthaltes eines Fremden während eines Verfahrens zur Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels (also im Anschluss an den Ablauf einer Niederlassungsbewilligung oder einer Aufenthaltserlaubnis) ihr weiteres Vorgehen auch unter dem Gesichtspunkt des § 34 Abs. 1 FrG 1997 festzulegen haben wird. Damit ist aber ausgesagt, dass ein solcher unrechtmäßiger Aufenthalt einen Ausweisungsgrund gemäß § 34 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 zu verwirklichen geeignet sein soll (die Gründe des § 34 Abs. 1 Z. 1 oder 3 FrG 1997 spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle). Als ein der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels entgegenstehender Versagungsgrund in dieser Sachverhaltskonstellation kommt lediglich jener des § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG 1997 in Betracht. Ging aber der Gesetzgeber - wie diese Erläuterungen zeigen - sogar davon aus, dass die unrechtmäßige Fortsetzung eines Aufenthaltes im Anschluss an einen Aufenthaltstitel den Versagungsgrund des § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG 1997 begründen kann, hat dies umso mehr für die (unrechtmäßige) Fortsetzung des Aufenthaltes im Anschluss an einen gewöhnlichen Sichtvermerk, dessen Berechtigungsumfang ein geringerer ist als jener einer Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungsbewilligung (vgl. auch hiezu das bereits zitierte Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 98/19/0286), zu gelten.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt im vorliegenden Fall die Auffassung der belangten Behörde, dass der etwa zweijährige unrechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers im Anschluss an den ihm zuletzt erteilten gewöhnlichen Sichtvermerk die in § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG 1997 umschriebene Gefährdungsprognose an sich rechtfertigen würde.

Der Beschwerdeführer führt dagegen ins Treffen, sein unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet werde durch die ihm drohende politische Verfolgung in seinem Heimatland Bulgarien "relativiert und gerechtfertigt". Mit näherer Begründung tritt der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang der von der belangten Behörde getroffenen Feststellung, eine derartige politische Verfolgung drohe ihm nicht, entgegen. Schließlich bringt der Beschwerdeführer vor, mittlerweile habe die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien mit Bescheid vom 30. Juli 1999 sogar festgestellt, dass er in Bulgarien gemäß § 57 Abs. 2 FrG 1997 bedroht sei.

Wenn er damit dartun will, die Unrechtmäßigkeit seines Aufenthaltes im Bundesgebiet sei ihm nicht vorwerfbar und rechtfertige deshalb die gemäß § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG 1997 getroffene Annahme nicht, ist er auf die Möglichkeit der Ausreise in einen Drittstaat zu verweisen. Dass ihm eine solche Ausreise auch in einen Drittstaat nicht möglich gewesen wäre, wird in der Beschwerde nicht dargetan. Nur im Falle der Unmöglichkeit, auch in ein Drittland auszureisen, fehlte es aber an der Vorwerfbarkeit des unrechtmäßigen Aufenthaltes eines Fremden, bei dem die Voraussetzungen des § 57 FrG 1997 vorliegen (vgl. das zu § 10 Abs. 1 Z. 4 und § 37 FrG 1992 ergangene hg. Erkenntnis vom 12. September 1997, Zl. 95/19/1491).

Die Frage, ob der Beschwerdeführer in seinem Heimatland Bulgarien mit politischer Verfolgung bedroht ist, kann daher im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben.

Wenn der Beschwerdeführer schließlich darauf verweist, dass die belangte Behörde selbst in einem Schreiben vom 22. Jänner 1997 von der Zulässigkeit seiner Antragstellung ausging, ist ihm zu entgegnen, dass damit offenbar lediglich zum Ausdruck gebracht werden sollte, der von der erstinstanzlichen Behörde herangezogene Versagungsgrund des § 6 Abs. 2 AufG sei nicht gegeben. Eine derartige Äußerung im Zuge des Verwaltungsverfahrens ist aber für die Beurteilung, ob der Versagungsgrund des § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG 1997 hier vorliegt, ohne Bedeutung.

Nach dem Vorgesagten kann der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde nicht entgegentreten, wenn sie im Falle des Beschwerdeführers vom Vorliegen des Versagungsgrundes des § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG 1997 ausging.

Schließlich vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, die Versagung der in Rede stehenden Niederlassungsbewilligung widerspreche Art. 8 MRK.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 14. Mai 1999, Zl. 97/19/0651, mit näherer Begründung ausgeführt hat, ist der Ausdruck "kann" in § 10 Abs. 2 FrG 1997 dahingehend zu verstehen, dass die Behörde bei Anwendung der dort angeführten Versagungsgründe zu prüfen hat, ob ein durch diese Anwendung allenfalls erfolgter Eingriff in ein durch Art. 8 MRK geschütztes Recht des Antragstellers aus den in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Gründen gerechtfertigt ist.

Ein Eingriff in ein gedachtes, durch Art. 8 MRK geschütztes Recht des Beschwerdeführers auf Zuwanderung zur Wahrung seiner durch die Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit und die Anwesenheit seiner Tochter im Bundesgebiet begründeten Interessen in Österreich erwiese sich vorliegendenfalls im Interesse der öffentlichen Ordnung jedenfalls so lange als gerechtfertigt, als sich der Beschwerdeführer weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die von der belangten Behörde festgestellten Interessen den Schutz des Art. 8 MRK genießen oder nicht.

Der Versagungsgrund des § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG 1997 war daher im Falle des Beschwerdeführers wirksam. Die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 8 Abs. 1 FrG 1997 erwies sich folglich als unzulässig.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne dass zu untersuchen war, ob die belangte Behörde zu Recht auch andere Versagungsgründe herangezogen hat.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Art. 6 Abs. 1 MRK steht dem nicht entgegen, weil eine Entscheidung darüber, ob es einem Fremden gestattet werden soll, im Bundesgebiet zu bleiben, keine Entscheidung über zivile Rechte oder strafrechtliche Anschuldigungen im Sinne des Art. 6 MRK betrifft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. November 1997, Zl. 96/19/3392, mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung der EKMR).

Wien, am 24. September 1999

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