Normen
ABGB §1002;
ABGB §358;
AktG §114 Abs4;
KVG 1934 §2 Z4;
KVG 1934 §5 Abs1 Z1;
KVG 1934 §5 Abs2;
ABGB §1002;
ABGB §358;
AktG §114 Abs4;
KVG 1934 §2 Z4;
KVG 1934 §5 Abs1 Z1;
KVG 1934 §5 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Notariatsakt vom 24. Mai 1996 (GZ 22.919 des öffentlichen Notars Dr. Richard Rea, Wien-Innere Stadt) trafen die Siemens Aktiengesellschaft Österreich, die Kabel- und Drahtwerke Aktiengesellschaft, die Felten & Guilleaume Grundstücksverwaltungs GmbH und die EH-Schrack Components-Aktiengesellschaft (= die nunmehrige Beschwerdeführerin) eine als "Treuhandvertrag" bezeichnete Vereinbarung mit - auszugsweise - folgendem Inhalt:
"Erstens: Mit notariellem Kauf- und Treuhandvertrag vom
20. (zwanzigsten) Dezember 1995 (neunzehnhundertfünfundneunzig), Geschäftszahl 22.387 des öffentlichen Notars Doktor Richard Rea mit dem Amtssitz in Wien - Innere Stadt, hat die Siemens Aktiengesellschaft Österreich Aktien an der EH-SCHRACK COMPONENTS-Aktiengesellschaft mit dem Sitz in Wien, eingetragen im Firmenbuch zu FN 65887 v, im Gesamtnennbetrag von S 1,900.000,-- (Schilling eine Million neunhunderttausend) an die Relais Beteiligungsgesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in Wien, eingetragen im Firmenbuch zu FN 135628 d, verkauft; es wurde jedoch vereinbart, dass die Siemens Aktiengesellschaft Österreich diese Aktien an der EH-SCHRACK COMPONENTS-Aktiengesellschaft treuhändig für die Relais Beteiligungsgesellschaft m.b.H. hält.
Zweitens: Die Relais Beteiligungsgesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in Wien wurde durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes mit allen Aktiven und Passiven sowie mit allen Rechten und Pflichten mit der EH-SCHRACK COMPONENTS-Aktiengesellschaft verschmolzen.
Drittens: Alle Vertragsparteien kommen überein, das mit Notariatsakt vom 20. (zwanzigsten) Dezember 1995 (neunzehnhundertfünfundneunzig), Geschäftszahl 22.387, begründete Treuhandverhältnis mit Wirkung per
31. (einunddreißigsten) Dezember 1995 (neunzehnhundertfünfundneunzig) einvernehmlich aufzuheben.
Viertens: Gleichzeitig wird jedoch vereinbart, dass die Siemens Aktiengesellschaft Österreich die im Punkt Erstens dieses Vertrages näher bezeichneten Aktien an der EH-SCHRACK COMPONENTS-Aktiengesellschaft mit Wirkung per
31. (einunddreißigsten) Dezember 1995 (neunzehnhundertfünfundneunzig) für die Kabel- und Drahtwerke Aktiengesellschaft und die Felten & Guilleaume Grundstücksverwaltungs-Gesellschaft m.b.H. im Verhältnis ihrer seinerzeitigen Beteiligung an der Relais Beteiligungsgesellschaft m.b.H. hält. In diesem Sinne hält die Siemens Aktiengesellschaft Österreich Aktien im Nominale von
S 1,881.000,-- (Schilling eine Million achthunderteinundachtzigtausend) für die Kabel- und Drahtwerke Aktiengesellschaft und Aktien im Nominale von S 19.000,-- (Schilling neunzehntausend) für die Felten & Guilleaume Grundstücksverwaltungs-Gesellschaft m.b.H.
Fünftens: Die Siemens Aktiengesellschaft Österreich hat von heute an:
a) den auf die im Punkt Erstens dieses Vertrages entfallenden Dividendenanteil an die Kabel- und Drahtwerke Aktiengesellschaft und die Felten & Guilleaume
Grundstücksverwaltungs-Gesellschaft m.b.H. im Verhältnis 99:1 (neunundneunzig zu eins) weiterzuleiten,
b) das Stimmrecht für die Kabel- und Drahtwerke Aktiengesellschaft und die Felten & Guilleaume Grundstücksverwaltungs-Gesellschaft m.b.H. auszuüben und hierüber den Auftrag der Genannten einzuholen,
c) die im Punkt Erstens dieses Vertrages näher bezeichneten Aktien an der EH-SCHRACK COMPONENTS-Aktiengesellschaft jederzeit über Verlangen der Kabel- und Drahtwerke Aktiengesellschaft und/oder der Felten & Guilleaume Grundstücksverwaltungs-Gesellschaft m.b.H. an diese herauszugeben.
..."
Am 26. September 1996 leistete die Siemens Aktiengesellschaft Österreich an die Beschwerdeführerin einen Zuschuss in der Höhe von S 220,000.000,--.
Dazu stellte sich die Beschwerdeführerin auf den Standpunkt, die Siemens Aktiengesellschaft Österreich sei nicht ihre Gesellschafterin; es liege ein so genannter Großmutterzuschuss vor.
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien (im Folgenden kurz: Finanzamt) setzte für den Vorgang mit Bescheid vom 21. März 1997 Gesellschaftsteuer fest.
Dagegen berief die Beschwerdeführerin.
Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 23. Juli 1997 als unbegründet ab, worauf die Beschwerdeführerin fristgerecht die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz begehrte. Zur Begründung wurde vorgebracht, die Siemens Aktiengesellschaft Österreich sei allenfalls als Ermächtigungstreuhänder anzusehen, jedoch nicht Eigentümer der Aktien an der Beschwerdeführerin gewesen.
Auf Grund eines Vorhaltes der belangten Behörde (Bekanntgabe des Inhalts der beabsichtigten Entscheidung) wiederholte die Beschwerdeführerin ihre Auffassung, es sei nur eine Ermächtigungstreuhand an die Siemens Aktiengesellschaft Österreich gegeben worden und legte dazu eine nicht datierte Erklärung der Vertragsparteien des Treuhandvertrages vom 24. Mai 1996 vor, die - auszugsweise - folgenden Wortlaut hat:
"Die Parteien des Treuhandvertrages vom 24.5.1996 betreffend die Anteile an der EH-Schrack Components AG halten übereinstimmend und in authentischer Interpretation fest, dass das in Punkt 4. vereinbarte treuhändige Halten der Anteile an der EH-Schrack Components AG durch die Siemens AG Österreich im Sinne einer Ermächtigungstreuhand zu verstehen ist. Keinesfalls soll dadurch eine Volltreuhandschaft der Siemens AG Österreich begründet werden."
Der "authentischen Interpretation" durch die Vertragsteile des Treuhandvertrages vom 24. Mai 1996 folgte die belangte Behörde mit folgender Begründung nicht: Das Schreiben sei nicht datiert und scheine erst nachträglich zu Stande gekommen zu sein. Die Interpretation gebe nur wieder, wie der Treuhandvertrag jetzt gesehen werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, nicht zur Gesellschaftsteuer herangezogen zu werden.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird. Die Beschwerdeführerin replizierte auf die Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Z. 4 KVG unterliegen der Gesellschaftsteuer folgende freiwillige Leistungen eines Gesellschafts an eine inländische Kapitalgesellschaft, wenn die Leistung geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsanteile zu erhöhen:
"a) Zuschüsse ..."
Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. gelten als Gesellschaftsrechte ua. Aktien und gemäß Abs. 2 gelten als Gesellschafter die Personen, denen die in Abs. 1 bezeichneten Rechte zustehen.
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens besteht Übereinstimmung darüber, dass ein Volltreuhänder (Fiduciar) Gesellschafter iS des § 5 KVG ist, was auch der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu das zur Börenumsatzsteuer ergangene hg. Erkenntnis vom 5. März 1990, Zl. 89/15/0125 und das Erkenntnis vom 6. Juli 1967, Zl. 1278/66 ÖStZB 1967, 170) sowie dem Schrifttum (Dorazil, KVG Kurzkommentar2151 Anm. IV.5 zu § 5 KVG und Kotschnigg, Drei Gedanken zur Gesellschaftsteuer, ÖStZ 1997, 147 ff, 149) entspricht.
Streit besteht hingegen über die Frage, ob die im vorliegenden Fall den Zuschuss leistende Siemens Aktiengesellschaft Österreich Volltreuhänderin oder nur so genannte Ermächtigungstreuhänderin war.
Unter der Ermächtigungstreuhand versteht die herrschende Auffassung in Österreich eine Treuhandvariante, bei der dem Treuhänder (im Gegensatz zur Fiducia) nicht das Vollrecht am Treugut übertragen wird, sondern nur Verfügungsrechte (meist Verwaltungsrechte) über das Vollrecht (vgl. in diesem Sinn Kastner, Gesellschafts- und Unternehmensrecht, gesammelte Aufsätze 595 und 616; Strasser in Rummel, ABGB I2 Rz 42 zu § 1002 ABGB; Klicka in Schwimann, Praxiskommentar zum ABGB2 Rz 1 zu § 358 ABGB; OGH 19. Juni 1986, 7 Ob 520/86 JBl. 1986, 647). Einer der Hauptanwendungsfälle einer Ermächtigungstreuhand ist die Stimmrechtsermächtigung gemäß § 114 Abs. 4 AktG (Kastner aaO 595; OGH 28. September 1960, 6 Ob 245/60 SZ 33/95).
Mit Rücksicht auf den im vorliegenden Fall maßgeblichen Wortlaut des oben wiedergegebenen Punkt Fünftens des Treuhandvertrages vom 24. Mai 1996, ist (ungeachtet der späteren "authentischen Interpretation" durch die Vertragsparteien) davon auszugehen, dass die Siemens Aktiengesellschaft Österreich nicht bloß das Stimmrecht aus den Aktien als Treuhänderin auszuüben, sondern die Aktien selbst nach außen hin als Vollberechtigte zu halten hatte. Andernfalls wären nämlich die Punkte Fünftens lit. a) und lit. c) des Treuhandvertrages sinnlos gewesen. Gerade aus diesen Punkten folgt, dass sich die Aktien in der Gewahrsame der Treuhänderin befanden (wobei von Inhaberaktien auszugehen ist, weil sich im Akt keinerlei Hinweise darauf finden, dass es sich um Namensaktien, deren Übertragung eines Indossamentes bedurft hätte, gehandelt hätte) und dass die Treuhänderin auch berechtigt war, die aus den Aktien resultierenden Dividenden - zumindest vorläufig - zu beziehen. Insbesondere der Umstand, dass die Treuhänderin kraft dieser Vereinbarung verpflichtet wurde, 99 % der Dividende weiterzugeben, spricht für ihr Vollrecht. Bereits aus diesem Grund geht die Treuhandschaft der Siemens Aktiengesellschaft Österreich an den hier in Rede stehenden Aktien über eine bloße Ermächtigungstreuhand hinaus und durfte die belangte Behörde daher frei von Rechtswidrigkeit die Treuhänderin als Vollberechtigte und damit als Gesellschafterin ansehen.
Daran vermag auch die von der Beschwerdeführerin in ihrer Replik auf die Gegenschrift der belangten Behörde zitierte Literatur nichts zu ändern, weil auch Thurnher (Grundfragen des Treuhandwesens 90, Verlag Österreich 1994) und Jappel (Treuhandschaften im Kapitalverkehrsteuerrecht 7,8; Dissertation an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien 1996) als Wesen der Ermächtigungstreuhand den Umstand erwähnen, dass dem Treuhänder nicht das Eigentum (Vollrecht) am Treugut sondern nur Verfügungs- bzw. Verwaltungsrechte eingeräumt werden.
Damit ist aber das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden, weil angesichts des oben wiedergegebenen Vertragsinhaltes eine spätere "authentische Interpretation" durch die Vertragsparteien nur deren Rechtsansicht ausdrückt, an die die belangte Behörde bei ihrer rechtlichen Beurteilung nicht gebunden war. In der Unterlassung einer Befragung der Vertragsparteien ist daher kein Verfahrensmangel gelegen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 1. September 1999
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)