Spruch:
Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.
Die Rekurskosten der klagenden Partei sind als Prozesskosten zu behandeln.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Bei der am 22. 9. 1959 stattgefundenen außerordentlichen Hauptversammlung der Aktionäre der beklagten Partei, der T***** AG stand ua, auch die Neuwahl des Aufsichtsrates auf der Tagesordnung. Rechtzeitig deponiert wurden 5746 Aktien, hievon 473 im Eigenbesitz, 5273 im Fremdbesitz. Der Kläger, der im Teilnehmerverzeichnis mit einer im Fremdbesitz befindliche Aktie aufschien, nahm gleichfalls an der Hauptversammlung teil.
Mit 5559 gegen 5 Stimmen bei 182 Stimmenenthaltungen wurden in den Aufsichtsrat lt Vorschlag folgende Personen gewählt: Abgeordneter zum Nationalrat Franz K*****, Kammerrat Franz M*****, Kammerrat Rudolf K*****, Dkfm. Georg Josef Erwin M*****, Engelbert P*****, Dipl. Ing. Felix S*****, Felix W*****, Anton B***** und Julia H*****. Die zuletzt genannten vier Personen sind bei der beklagten Aktiengesellschaft hauptberuflich beschäftigt, und zwar Ing. S***** als Leiter der technischen Abteilung, Julia H***** als Kontoristin, Felix W***** als Schlosser und Anton B***** als Mechaniker. In dem von Notar Dr. Anton Filipp geführten Protokoll wurde ein auf die Wahl dieser vier Personen bezüglicher, mit Nichtbeachtung der gesetzlichen Bestimmungen begründeter „Protest" des Klägers sowie dessen Protokollierungsverlangen beurkundet.
Mit der vorliegenden, am 21. 10. 1959 überreichten Klage begehrte der Kläger die Feststellung, dass der Beschluss auf Wahl der genannten vier Personen zu Mitgliedern des Aufsichtsrates wegen Verstoßes gegen die Bestimmung des § 90 Abs 1 AktienG nichtig sei, wobei er sich teils auf die Vorschriften der §§ 195 Z 3, 201, teils auf die Vorschriften des § 198 AktienG stützte. Die in der Klage aufgestellte Behauptung, er sei selbst Aktionär der beklagten Aktiengesellschaft, modifizierte er im Verlauf des Prozesses dahin, er sei wohl Eigentümer der Aktie Nr 1710 der beklagten Partei, habe sie aber erst am 3. 11. 1959, also nach Klagseinbringung, erworben; seine Befugnis zur Klage leitete er aus einer Legitimationsübertragung der Aktionärrechte bezügl. einer Aktie seitens der österreichischen Länderbank ab.
Die beklagte Partei bestritt die Aktivlegitimation des Klägers und machte ua unter Hinweis darauf, dass es sich bei ihr um den ersten Fall eines sog hundertprozentigen Volksaktienbetriebs handle, auch geltend, dass die Bestimmung des § 90 Abs 1 AktienG auf die Wahl der vier bei ihr beschäftigten Personen zu Aufsichtsräten unanwendbar sei.
Der Erstrichter erachtete die Voraussetzungen eines Anfechtungsbegehrens und auch die Legitimation des Klägers hiezu gegeben; er gab dem Klagebegehren aus diesem Grund mit dem Beifügen statt, zu der eher zu verneinenden Frage, ob auch die Voraussetzungen einer Nichtigkeitsklage gegeben seien, brauche nicht abschließend Stellung genommen zu werden.
Das Berufungsgericht hob dieses Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Die Begründung seines Beschlusses lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die im Protokoll über die Hauptversammlung vom 22. 9. 1959 festgehaltene Erklärung reiche an und für sich aus, um als Widerspruch im Sinn des § 198 Abs 1 Z 1 AktienG angesehen werden zu können; selbst Aktionär sei der Kläger erst nach Einbringung der Klage geworden, sodass er in dieser Eigenschaft weder das Stimmrecht ausüben noch Widerspruch erheben noch die vorliegende Klage habe einbringen können; die Ausübung des Stimmrechtes einer fremden Aktie im eigenen Namen kraft sog. Legitimationsübertragung setze die Übertragung der Inhaberschaft voraus und sei gem § 114 Abs 4 AktienG grundsätzlich nur durch eine Bank zulässig, welcher der Aktionär gesetzmäßig die Ermächtigung hiezu erteilt habe; zur Erteilung einer Unterermächtigung sei die Bank nur berechtigt, wenn ihr der Aktionär selbst die Befugnis hiezu eingeräumt habe; sei dies der Fall, könne sie allerdings eine bestimmte andere Bank oder einen bestimmten Dritten (Nichtbankier) zur Ausübung des ihr übertragenen Stimmrechtes und der damit verbundenen Rechte ermächtigen, dies aber nur im Rahmen der Hauptermächtigung; sie könne (mit Zustimmung des Aktionärs) einen Dritten zur Stimmrechtsausübung in ihrem Namen aber auch bloß bevollmächtigen (§ 114 Abs 3 AktienG); ein von einem Bevollmächtigten erklärter Widerspruch gelte als vom Vertretenen erklärt und berechtige nur Letzteren zur Anfechtungsklage; bei Erhebung eines Widerspruches nach Erteilung einer Unterermächtigung könne zwar der Unterermächtigte die Anfechtungsklage erheben, dies aber nur unter der Voraussetzung, dass ihm die Unterermächtigung nicht vor Klagseinbringung oder vor Urteilsfällung entzogen worden sei; es müsse daher im vorliegenden Fall festgestellt werden, ob der Aktionär, welchem die vom Kläger bei der Hauptversammlung vom 22. 9. 1959 vertretene Aktie gehörte, der Länderbank eine Ermächtigung im Sinn des § 114 Abs 4 AktienG erteilt und inwieweit er darin eine Unterermächtigung eines Dritten bzw des Klägers zugelassen habe; weiter müsse geprüft werden, ob die Länderbank mit oder ohne Zustimmung des damaligen Aktionärs eine Unterermächtigung oder bloß eine Vollmacht zur Ausübung des Stimmrechtes erteilt habe, auf welche Zeit eine Unterermächtigung erteilt worden und ob sie im Zeitpunkt der Klagseinbringung bzw bis zum Zeitpunkt des Erwerbes einer Aktie durch den Kläger selbst aufrecht gewesen sei; sollte die Aktivlegitimation des Klägers nach Verfahrensergänzung bejaht werden können, sei allerdings davon auszugehen, dass nach dem Sinn des § 90 Abs 1 AktienG alle bei der Aktiengesellschaft Beschäftigten von der Wahl in den Aufsichtsrat ausgeschlossen seien, es sei denn, dass die - im vorliegenden Fall nicht anzuwendenden - Bestimmungen des § 14 Abs 2 Z 4 des BetriebsräteG Platz greifen könnten.
Der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes wird von beiden Teilen mit Rekurs bekämpft. Während der Kläger geltend macht, seine Aktivlegitimation sei ohne weiteres zu bejahen, was bei dem als gegeben angenommenen Verstoß gegen § 90 Abs 1 AktienG ohne weiteres zur Klagsstattgebung führen müsse, bezeichne die beklagte Partei den Standpunkt des Berufungsgerichtes zur Frage der Aktivlegitimation des Klägers ausdrücklich als zutreffend beharrt aber, zum Teil aus rechts- und sozialpolitischen Erwägungen, darauf, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen des Gesetzes vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der beklagten Partei ist unberechtigt. Den Ausführungen des Klägers ist zwar in einzelnen Belangen zuzustimmen, im Ergebnis ist aber auch seinem Rechtsmittel mangels Spruchreife der Sache ein Erfolg zu versagen.
Was zunächst die Frage der Aktivlegitimation des Klägers zum Anfechtungsbegehren betrifft, die ungeachtet der Zustimmung der beklagten Partei zu den Darlegungen des Berufungsgerichtes vom Obersten Gerichtshof im Rahmen der rechtlichen Beurteilung uneingeschränkt zu überprüfen ist, ist dem Kläger beizupflichten, dass der Aktionär nicht nur eine Bank, sondern auch einen Nichtbankier zur Ausübung des Stimmrechtes im eigenen Namen, also kraft sog Legitimationsübertragung, ermächtigen kann. Das sog Depotstimmrecht der Banken ist nur der Hauptanwendungsfall des Stimmrechtes kraft Legitimationsübertragung, für den über die im § 110 2. Satz AktienG enthaltene prinzipielle Anerkennung des Vorganges hinaus im § 114 Abs 4 AktienG noch Spezialnormen aufgestellt wurden (vgl Godin-Wilhelmi, 2. Aufl., Anm 3, zu § 110 AktienG, Raynoschek in der ÖJZ 1959, S 535 ff bzw im Österreichischen Bankarchiv 1959, S 243 ff). Damit wäre für den Kläger etwas gewonnen, wenn die Aktie, für die er am 22. 9. 1959 das Stimmrecht ausübte bzw Widerspruch erhob, im Eigentum der Länderbank selbst gestanden wäre; soweit nämlich Aktien der Bank selbst gehören, wird sie wie jeder andere Vollaktionär behandelt (vgl Raynoschek, aaO), könnte also unter Einhaltung der Vorschriften des § 114 Abs 4 AktienG eine andere Bank, einen Nichtbankier aber formfrei zur Stimmrechtsausübung im eigenen Namen legitimieren und wäre nicht auf Stimmrechtsausübung durch ihr Organ oder durch einen Bevollmächtigten (§ 114 Abs 3 AktienG) beschränkt. Die Deklarierung „Fremdbesitz" im Teilnehmerverzeichnis hätte auch eine solche Legitimierung des Klägers gedeckt, kommt aber nach seinem eigenen Vorbringen bei der Tagsatzung vom 12. 2. 1960 (S 25 und S 27) hier nicht in Betracht, denn dieses lief darauf hinaus, dass er das Stimmrecht für eine Aktie ausübte, die weder ihm selbst noch der Länderbank, sondern einem Dritten gehörte, der sie der Länderbank ins Depot gegeben hatte. Die Ausstellung einer Stimmkarte seitens einer Bank an einen Nichtaktionär mag - wie noch zu erörtern sein wird - unter Umständen möglich sein, ist aber jedenfalls ungewöhnlich, denn grundsätzlich dient die Stimmkarte dazu, dem Aktionär, der seine Aktien der Bank ins Depot gegeben hatte, die Ausübung des Stimmrechtes bei der Hauptversammlung der AG, zu ermöglichen (vgl dazu Opitz im Sammelband seiner depotrechtlichen Abhandlungen, ua S 66, 715). Nähere Erörterungen hiezu sind hier aber zunächst entbehrlich, weil der Kläger nicht geltend machte, die Ausstellung der Stimmkarte an ihn sei schon mit dem später erfolgten Erwerb einer Aktie durch ihn im Zusammenhang gestanden bzw er habe schon Anwartschaftsrechte gehabt, die seine Gleichstellung mit einem Aktionär gerechtfertigt hätten oder dgl. Gerade die Rechtsmitteldarlegungen des Klägers lassen nämlich keinen Zweifel, dass es sich - soweit es um seine Aktivlegitimation geht nur um die Frage handelt, ob eine Bank, vorausgesetzt dass ihr Kunde ihr eine den Erfordernissen des § 114 Abs 4 AktienG entsprechende Ermächtigung zur Ausübung des Stimmrechtes für eine ins Depot gegebene Aktie erteilt hat, diese Ermächtigung einem Dritten zur Ausübung im eigenen Namen, also nicht auf Grund einer Vollmacht im Namen der Bank (§ 114 Abs 3 AktienG), übertragen kann.
Diese Frage wird in der Literatur nicht einheitlich beantwortet. Den weitherzigsten Standpunkt nehmen wohl Godin-Wilhelmi (2. Aufl., Anm 15 zu § 114) ein, welche die formfreie Legitimationsweiterübertragung an einen Nichtbankier, die formgebundene an eine andere Bank selbst dann für zulässig erklären wollen, wenn in der Ermächtigung des Kunden an die Depotbank zur Stimmrechtsausübung im eigenen Namen darüber nichts gesagt wird. Sie bezeichnen dies aber selbst als sehr bestritten und geben als herrschende Ansicht wieder, die Weitergabe der Ermächtigung sei nur zulässig wenn sie durch die Ermächtigungserklärung des Kunden an die Depotbank gedeckt sei, wobei die Meinungen geteilt seien, ob die Gestattung der Unterermächtigung sich ausdrücklich darüber erklären müsse, ob der Unterermächtigte wiederum eine Bank sein dürfe. Schmidt (in Gadows Kommentar, Anm 23 ff zu § 114) verneint die Möglichkeit einer Weitergabe der Stimmrechtslegitimation, es sei denn, es läge eine Befugniseinräumung des Kunden vor, und äußert sogar gewisse Zweifel an der Zulässigkeit der Ausübung des Depotstimmrechtes durch einen Bevollmächtigten. Schlegelberger-Quassowski (Anm 17 zu § 114) verneinen die Zulässigkeit der Weitergabe der Ermächtigung an eine andere Bank, es sei denn, der Aktionär hätte für eine bestimmte andere Bank die Unterermächtigung erteilt, Baumbach-Hueck (10. Aufl.) scheinen aufgrund einer besonderen Ermächtigung die Weitergabe der Legitimation an einen Nichtbankier für zulässig zu halten (Anm 6 zu § 114 unter B). Raynoschek aaO nimmt zum Problem der Unterermächtigung, wenngleich er ansonsten die Weitergabe der Legitimation an eine andere Bank ausschließt, nicht näher Stellung, greift aber auf den schon von Berger (JW 1938, S 1445) hervorgehobenen Gedanken zurück, dass ausschließlich der Aktionär den Legitimationsträger bestimmen solle. Die Banken-Usancen scheinen - zumindest in Deutschland - eher weitherzig zu sein und auf weit gefasste Vertretungsermächtigungen hinauszulaufen, was zu Missständen und Reformplänen führte (vgl dazu Schupp im Österreichischen Bankarchiv, 1959, S 220 ff). Welche Gepflogenheiten diesbezüglich von den österreichischen Banken eingehalten werden, bedarf keiner näheren Erörterung, weil die durch das Gesetz gezogenen Schranken dadurch jedenfalls nicht verschoben werden können.
Der Oberste Gerichtshof verkennt nicht, dass die Banken bei ihrer Tätigkeit nicht unnötig durch starre Regeln behindert werden sollen, erachtet aber andererseits den bereits erwähnten Leitgedanken, dass nur der Aktionär zu bestimmen hat, wer Legitimationsträger sein kann, für ausschlaggebend. Das Depotstimmrecht der Bank ist nichts anderes als ein Fall einer Ermächtigungstreuhand (vgl dazu Kastner in den JBl 1948, S 307, Opitz, aaO, S 711 ff) und es ist grundsätzlich Sache des Treugebers, den Treuhänder zu wählen und den Bereich der Treumacht festzulegen. Ohne Erteilung einer Sonderbefugnis an die Depotbank durch den Aktionär kommt darum die Ausübung des Stimmrechtes im eigenen Namen durch einen von der Bank verschiedenen Dritten nicht in Betracht. Andererseits kann nicht übersehen werden, dass die Depotstimmermächtigung an die Bank lt gesetzlicher Vorschrift jederzeit widerruflich ist und dass der Aktionär ungeachtet der Legitimationsübertragung an die Bank sein Stimmrecht immer auch selbst oder durch einen Dritten ausüben kann (vgl dazu Herold in NJW 1951, S 900). Es erscheint dem Obersten Gerichtshof darum auch zulässig, dass er anlässlich der Stimmrechtsermächtigung (§ 114 Abs 4) oder später der Depotbank die Befugnis erteilt, das Stimmrecht durch einen von ihm namentlich genannten Dritten ausüben zu lassen. Es besteht wohl kaum ein zwingender Grund, bei der Nominierung eines Nichtbankiers in einem solchen Fall einen anderen Maßstab anzulegen als bei der Nominierung einer anderen Bank, weil dem Prinzip der angemessenen Berücksichtigung des Aktionärwillens damit Rechnung getragen erscheint, doch braucht dazu nicht abschließend Stellung genommen zu werden, da diesmal nach der Aktenlage nur die Benennung eines Nichtbankiers, nämlich des Klägers, in Frage kommt. Der Aktionär kann also neben der primär zur Ausübung des Stimmrechtes ermächtigten Depotbank subsidiär eine bestimmte andere Person mit Treumacht ausstatten, wobei der Bank die Befugnis eingeräumt wird, diese vom Aktionär selbst gewährte subsidiäre Ermächtigungstreuhand wirksam werden zu lassen. Diese Formulierung scheint dem Obersten Gerichtshof nach Sinn und Zweck der Bestimmung der §§ 110 und 114 Abs 4 AktienG in Verbindung mit § 4 der GesRMaßnV DRGBl 1939 I, S 1694, prägnanter und zutreffender als die vom Berufungsgericht in Anlehnung an die zitierte deutsche Literatur gewählte Konstruktion einer „Unterermächtigung" aufgrund und im Rahmen einer der Depotbank vom Aktionär zu erteilenden Sonderbefugnis, weil es sich um ein zwischen dem Aktionär und dem als Legitimationsträger auftretenden Dritten unmittelbar wirksames Treumachtverhältnis handeln muss. Das im § 114 Abs 4 AktienG aufgestellte Verbot der Verbindung der Stimmrechtsermächtigung der Depotbank mit anderen Erklärungen steht dieser Auffassung von der Zulässigkeit einer Subsidiarermächtigung nicht entgegen, weil es sich nach dem Zweck der Norm nur gegen die Koppelung mit Erklärungen außerhalb des Stimmrechtskomplexes (Unterfertigung allgemeiner Geschäftsbedinungen udgl) richtet. Da eine Stimmkarte von der Depotbank grundsätzlich erst nach Sperre der entsprechenden Zahl von Aktien ausgestellt wird (vgl dazu Opitz, aaO), erscheint dem Erfordernis der sog Inhaberschaft auch dann Rechnung getragen, wenn die Bank nicht selbst das Stimmrecht ausübt, sondern dem vom Aktionär subsidiär gewählten Treuhänder eine Stimmkarte gibt; die Sperre wirkt im Innenverhältnis zugunsten des Aktionärs, im Außenverhältnis zugunsten des von ihm subsidiär berufenen Legitimationsträgers. Nur der Vollständigkeit halber sei dem noch beigefügt, dass Umgehungen der Bestimmungen der Abs 5 und 6 des § 114 AktienG dadurch im Einzelfall nicht ermöglicht werden dürfen. Zusammen mit der zweifellos zu bejahenden Möglichkeit, dass die Depotbank das Stimmrecht auch durch einen Bevollmächtigten ausüben lässt, der also nicht im eigenen Namen, sondern im Namen der Bank auftritt (§ 114 Abs 3 AktienG), wird damit der Tätigkeit der Banken keine stärkere Beschränkung auferlegt, als zu der vom Gesetz gewollten Wahrung des Aktionärwillens nötig erscheint. Der Oberste Gerichtshof pflichtet aus diesen Erwägungen dem Berufungsgericht darin bei, dass zunächst festgestellt werden muss, ob die Länderbank überhaupt seitens ihres Depotkunden die im § 114 Abs 4 AktienG vorgeschriebene Stimmrechtsermächtigung hatte und ob ihr darin oder gesondert vom Aktionär die Befugnis erteilt worden war, gerade dem Kläger eine Stimmkarte auszustellen bzw ihn zur Stimmrechtsausübung zu legitimieren.
Zuzustimmen ist dem Kläger, dass Erörterungen, ob er von der Länderbank etwa nur im Sinn des § 114 Abs 3 AktienG zur Stimmrechtsausübung bevollmächtigt war, entfallen können, weil er ja nicht als Bevollmächtigter, dh im Namen der Länderbank (oder des damaligen Aktieneigentümers), aufgetreten ist, sondern - wenn auch unter der Deklarierung, es handle sich um Fremdbesitz - im eigenen Namen.
Zumindest im Ergebnis ist dem Kläger auch darin beizupflichten, dass eine Prüfung, ob und wann die Länderbank die sog Unterermächtigung widerrufen hat, nicht erforderlich ist. Wenn die vom Aktionär primär mit Treumacht ausgestattete Bank von ihr keinen Gebrauch gemacht, sondern den vom Aktionär subsidiär mit Treumacht ausgestatteten Dritten in Aktion treten lassen hat, kann sie dies für den konkreten Fall der Ausübung der Aktionärsrechte weder widerrufen noch sonst rückgängig machen; dann gilt nach dem ursprünglich zwar nur subsidiär erklärten, nunmehr aber wirksam gewordenen Willen des Aktionärs die Treumacht des Dritten für den ganzen Ausübungsfall. Sie legitimiert diesen dann der Aktiengesellschaft gegenüber grundsätzlich auch zur Anfechtungsklage nach Erhebung des Widerspruches, weil nur der Legitimationsträger als der bei der Hauptversammlung „erschienene Aktionär" gilt; den zutreffenden Hinweisen der Unterinstanzen, vor allem des Erstrichters, auf Judikatur und Literatur kann noch jener auf die Ausführungen Kastners in den JBl 1949, S 423, beigefügt werden. Es besteht daher kein Grund, von Amts wegen in diesem Belang Verfahrensergänzungen vorzunehmen, wenngleich es richtig ist, dass die beklagte Aktiengesellschaft an und für sich den Beweis antreten könnte, die vom Aktionär erteilte Legitimation habe im konkreten Fall die Anfechtungsbefugnis nicht umfasst, wie sie auch den Beweis antreten könnte, der Aktionär habe seit der Hauptversammlung seinen Aktienbestand abgegeben (vgl Gadow zu § 198 AktienG unter Anm 6 und 7, Baumbach-Hueck, zu dieser Gesetzesstelle, Anm 2 unter A); letzteres wäre bei Veräußerung gerade an den seinerzeitigen Legitimationsträger freilich bedeutungslos. Zusammenfassend ergibt sich daher, dass die Berechtigung des Klägers zur Anfechtungsklage nach den bisherigen Verfahrensergebnissen zwar nicht ausgeschlossen werden, keinesfalls aber sogleich bejaht werden kann. Ob sich allenfalls auch noch andere rechtliche Gesichtspunkte ergeben könnten, lässt sich ohne Aufklärung des offensichtlich aus dem Rahmen des Gewöhnlichen fallenden Sachverhaltes nicht beurteilen. Dass die im Protokoll über die Hauptversammlung vom 22. 9. 1959 beurkundete Erklärung des Klägers ein Widerspruch im Sinn des § 198 Abs 1 Z 1 AktienG darstellt, haben die Unterinstanzen zutreffend dargelegt; was die beklagte Partei dagegen vorbringt, ist nicht geeignet, die Auffassung der Untergerichte zu widerlegen. Der Oberste Gerichtshof billigt auch deren Rechtsansicht, dass die Wahl der vier bei der beklagten Partei beschäftigten Personen zu Mitgliedern des Aufsichtsrates gegen § 90 Abs 1 AktienG verstößt. Sozial- und rechtspolitische Erwägungen können hier nicht den Ausschlag geben, weil es Sache des Gesetzgebers und nicht der Gerichte ist, ihnen gegebenenfalls zum Durchbruch zu verhelfen. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass das vor Einführung des Aktiengesetzes in Österreich in Ergänzung des AHGB geltende Aktienregulativ in seinem § 37 eine etwas abweichende Formulierung hatte; danach war im Statut festzusetzen, dass die Mitglieder des Aufsichtsrates und die Rechnungsrevisoren nicht zugleich Mitglieder des Vorstandes oder „Beamte der Gesellschaft" oder „an der unmittelbaren Führung der Geschäfte der Gesellschaft beteiligt" sein durften. Damals war die Bestellung eines Aufsichtsrates aber überhaupt nicht obligatorisch. Die jetzt geltende Regelung des § 90 Abs 1 AktienG dient in verstärktem Maß der Sicherung der vom Gesetz gewollten Überwachung der Geschäftsführung des Vorstandes (§ 95 Abs 1 AktienG) und erfordert begrifflich die Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder vom Vorstand. Es ist darum nicht rechtsirrig, wenn die Unterinstanzen in Übereinstimmung mit der von ihnen herangezogenen Literatur die Bestimmung, die Aufsichtsratsmitglieder könnten auch nicht als Angestellte die Geschäfte der Gesellschaft führen, nicht wörtlich, sondern nach Sinn und Zweck der Norm dahin ausgelegt haben, es seien damit alle ständig Beschäftigten welcher Art immer gemeint, die dienst- oder arbeitsrechtlich vom Vorstand abhängig sind; zwischen Arbeitern und Angestellten kann hier nicht weiter unterscheiden werden. Die von den Unterinstanzen ins Treffen geführten Bestimmungen des § 14 Abs 2 Z 4 des Betriebsrätegesetzes, BGBl 97/1947, beweisen durchaus die Richtigkeit dieser Auffassung. Leitende Angestellte, auf welche die beklagte Partei sinngemäß die Norm des § 90 Abs 1 AktienG eingeschränkt wissen will, können nämlich überhaupt nicht in den Betriebsrat gewählt, von diesem also auch nicht in den Aufsichtsrat entsandt werden, wie sich aus dem Zusammenhalt der Bestimmungen der §§ 2 Abs 3, 8 und 14 Abs 2 Z 4 des BRG ergibt. Fielen die also allein für eine Entsendung in den Aufsichtsrat gem § 14 Abs 2 Z 4 BRG in Betracht kommenden gewöhnlichen Angestellten und Arbeiter nicht unter das Verbot des § 90 Abs 1 AktienG wäre es nicht nötig gewesen, es durch eine Spezialvorschrift in diesem Umfang außer Wirksamkeit zu setzen; und dass dies möglich war, beruht wieder auf den Unabhängigkeitsgarantien, die den Mitgliedern des Betriebsrates durch das Betriebsrätegesetz selbst gewährt werden. Es bedürfte daher einer weiteren Novellierung des § 90 Abs 1 AktienG, wie sie zB in der Bundesrepublik Deutschland durch das auch vom Berufungsgericht erwähnte Betriebsverfassungsgesetz vom Jahr 1952 erfolgte, um die Wahl von Arbeitern und Angestellten in den Aufsichtsrat der sie beschäftigenden Aktiengesellschaft in erweitertem Maß zu ermöglichen. Solange sie nicht vorgenommen wird, kann ein Dienstnehmer der Aktiengesellschaft - abgesehen von der Entsendung durch den Betriebsrat - nur dann Mitglied des Aufsichtsrates sein, wenn er spätestens bei Annahme der Wahl sein Dienst- oder Arbeitsverhältnis zur Auflösung bringt. Automatisch tritt eine solche Lösung mangels einer diesbezüglichen Norm keinesfalls ein. Das gleiche gilt auch bezüglich einer Freistellung von der Dienstleistung bei prinzipieller Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses oder dgl. wie sie zB § 41 des Werkgesetzes, BGBl 181/1955, kennt. Es ist auch nicht möglich, in der Bestimmung des § 90 Abs 1 AktienG selbst eine solche Norm zu erblicken, weil eine solche Auslegung mit dem Zweck des Gesetzes unvereinbar wäre; die erforderliche Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder vom Vorstand wäre bei einer allenfalls zu besorgenden Beeinträchtigung des Dienstverhältnisses nach Beendigung der Tätigkeit im Aufsichtsrat nicht gewährleistet. Gleichgültig nun, ob man bei Nichtauflösung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses von einer ungültigen Wahl oder von der Wahl eines zur Ausübung der vom Gesetz gewollten Aufsichtsfunktion Unfähigen sprechen will (vgl Gadows Kommentar, Anm 5, zu § 90, Godin-Wilhelmi, zu § 90), der Vorgang widerspricht dem Gesetz und ist gem § 197 Abs 1 AktienG anfechtbar. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen diesbezüglich nicht.
Abschließend muss noch erwähnt werden, dass Erörterungen über die Frage, ob dem Kläger vielleicht ohne weiteres die Aktivlegitimation für eine Nichtigkeitsklage zuzuerkennen wäre, entbehrlich erscheinen, weil von einer Nichtigkeit im Sinn des § 195 AktienG hier nicht gesprochen werden kann. Von einer Unvereinbarkeit mit dem Wesen der Aktiengesellschaft kann wohl schon deshalb nicht die Rede sein, weil die Bestellung eines Aufsichtsrates nicht unbedingt zum Wesen derselben gehört (vgl die vor Einführung des Aktiengesetzes in Österreich geltende Regelung). Überdies könnte der Aufsichtsrat - je nach seiner Zusammensetzung und seinem Statut - ungeachtet der Wahl einer oder mehrerer zu dieser Funktion Unfähigen beschlussfähig bleiben. Die Vorschrift des § 90 Abs 1 AktienG erscheint auch nicht vorwiegend oder gar ausschließlich zum Schutz der Gläubiger der Gesellschaft oder der öffentlichen Interessen erlassen. Ein Verstoß gegen diesbezügliche Normen läge zB vor, wenn die Befugnis des Vorstandes zur Geschäftsführung gesetzwidrig beschränkt würde (vgl Gadow-Weipert, Anm 22, zu § 195); hier handelt es sich aber um einen Vorgang, der indirekt - nämlich durch eine Abschwächung der Kontrollfähigkeit des Aufsichtsrates - höchstens auf eine Stärkung der Position des Vorstandes hinausliefe. Es geht im Wesentlichen also nur um eine Beeinträchtigung von Aktionärsinteressen, deren Verletzung nicht Nichtigkeit im Sinn des § 195 AktienG wohl aber Anfechtbarkeit im Sinn des § 197 AktienG begründet. Von einem Verstoß gegen die guten Sitten kann ebenfalls keine Rede sein, weil sich immerhin auch gewisse rechts- und vor allem sozialpolitische Argumente für eine Wahl von Dienstnehmervertretern in den Aufsichtsrat, gerade unter dem Gesichtspunkt der Ausgabe sog. Volksaktien an die Betriebsangehörigen, anführen lassen. Aus diesen Erwägungen ist beiden Rekursen ein Erfolg zu versagen. Da die Ausführungen des Klägers aber wenigstens in einigen Belangen zutreffen, ist die Kostenentscheidung zu seinem Rekurs gem § 52 ZPO vorzubehalten; hinsichtlich des Rekurses der beklagten Partei beruht sie auf §§ 40, 50 ZPO.
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