VwGH 98/11/0272

VwGH98/11/027212.4.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des N in Wien, vertreten durch Dr. Karl Klein, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Fleschgasse 34, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 21. September 1998, Zl. MA 65-8/153/98, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §68 Abs1;
FSG 1997 §24 Abs1;
FSG 1997 §26 Abs3;
FSG 1997 §7 Abs3 Z4;
FSG 1997 §7 Abs5;
AVG §37;
AVG §68 Abs1;
FSG 1997 §24 Abs1;
FSG 1997 §26 Abs3;
FSG 1997 §7 Abs3 Z4;
FSG 1997 §7 Abs5;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 iVm § 26 Abs. 3 Führerscheingesetz (FSG) die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von zwei Wochen ab Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides entzogen.

Zur Begründung des angefochtenen Bescheides ging die belangte Behörde im Wesentlichen davon aus, dass der Beschwerdeführer angezeigt worden sei, dass er am 9. Jänner 1998 in Wien an einer näher bezeichneten Örtlichkeit als Lenker eines nach dem Kennzeichen bestimmten Kraftfahrzeuges die "innerhalb des Ortsgebietes zulässige Höchstgeschwindigkeit um 70 km/h" (richtig:

"im Ortsgebiet die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 70 km/h") überschritten hätte. Die Geschwindigkeitsmessung sei mittels Lasergerät, einem technischen Hilfsmittel im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG, erfolgt. Wegen dieser Übertretung sei der Beschwerdeführer mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 5. Februar 1998 nach § 99 Abs. 3 lit. a iVm "§ 52 Z. 10a StVO 1960" bestraft worden. Dieses Straferkenntnis sei mit Berufungsbescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 11. August 1998 "vollinhaltlich" bestätigt worden, sodass es in Rechtskraft erwachsen sei. Lediglich die Strafhöhe sei unter Berücksichtigung "der Strafzumessungsgründe" herabgesetzt worden. Aufgrund der Angaben des Meldungslegers in der Anzeige und der mündlichen Verhandlung vor dem UVS Wien sowie unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Beschwerdeführers sei der UVS Wien anhand der Ergebnisse "des gesamten Ermittlungsverfahrens generell zur Ansicht gelangt", dass sich der Sachverhalt derart ereignet habe, wie dies vom Meldungsleger in der Anzeige dargestellt worden sei. Vom Beschwerdeführer seien keine konkreten Umstände für eine unrichtige Messung aufgezeigt worden, sodass auch für die Berufungsbehörde im Entziehungsverfahren eine Veranlassung, die "Richtigkeit der schlüssigen Angaben in der Anzeige in Frage zu stellen", nicht bestanden habe. Die Geschwindigkeitsüberschreitung im angegebenen Ausmaß sei daher als erwiesen anzusehen. Von weiteren Ermittlungen und Beweisaufnahmen habe Abstand genommen werden können. Im Hinblick auf die erstmalige Begehung einer derartigen Übertretung sei gemäß § 26 Abs. 3 FSG die Lenkberechtigung für die Dauer von zwei Wochen zu entziehen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG hat als eine die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit der betreffenden Person rechtfertigende bestimmte Tatsache zu gelten, wenn jemand die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit u.a. im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde. Gemäß § 26 Abs. 3 FSG hat im Falle der erstmaligen Begehung einer im § 7 Abs. 3 Z. 4 genannten Übertretung (von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen) die Entziehungsdauer zwei Wochen zu betragen.

Insoweit der Beschwerdeführer rügt, dass die belangte Behörde keine Wertung seines Verhaltens im Sinne des § 7 Abs. 5 FSG vorgenommen hat, ist ihm zu entgegnen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Wertung jener bestimmter Tatsachen, in Ansehung derer im Gesetz selbst die Entziehungsdauer mit einem bestimmten Zeitraum normiert ist, - wie im hier zu beurteilenden Fall - zu entfallen hat (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1998, Zl. 98/11/0227).

Mit Recht wendet der Beschwerdeführer jedoch ein, dass sich die belangte Behörde nicht hinreichend mit seinem schon im Verwaltungsverfahren (und auch im Verwaltungsstrafverfahren) erhobenen Einwand auseinander gesetzt hat, er habe zwar die damals höchstzulässige Geschwindigkeit überschritten, er sei jedoch nicht schneller als 100 km/h gefahren.

Zur Erforschung, ob der Beschwerdeführer eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG verwirklicht hat, hatte die belangte Behörde mangels Bindung an das Straferkenntnis in Ansehung des Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung selbständig die vom Beschwerdeführer eingehaltene Geschwindigkeit zu ermitteln. Der Beschwerdeführer hat sowohl im Entziehungsverfahren als auch im Verwaltungsstrafverfahren bestritten, die ihm in der Anzeige angelastete Geschwindigkeitsüberschreitung im Ausmaß von mehr als 70 km/h begangen zu haben. In seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Entziehungsbescheid brachte der Beschwerdeführer dabei insbesondere auch vor, dass zum Zeitpunkt der Messung neben ihm auf gleicher Höhe ein anderes Fahrzeug gefahren sei, sodass aufgrund der "Streuung" des Laserstrahles eine exakte Zuordnung der Messung zu seinem Fahrzeug nicht möglich gewesen sei. Die belangte Behörde hat es unterlassen, im einzelnen die Einwände des Beschwerdeführers zu behandeln und hat auch keine Ermittlungen zu dem oben dargestellten Vorbringen des Beschwerdeführers, etwa durch Vernehmung des Meldungslegers zu dem vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten zweiten Fahrzeug sowie zum Messvorgang und durch Einholung eines - vom Beschwerdeführer beantragten - Sachverständigengutachtens, gepflogen. Mit dem relevanten, eine allfällige fehlerhafte Messung behauptenden Vorbringen des Beschwerdeführers hat sich die belangte Behörde nicht hinreichend auseinander gesetzt und nur "generell" auf die Angaben des Meldungslegers in der Anzeige verwiesen. Die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe den Tatbestand des § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG verwirklicht, beruht somit auf einem mangelhaften Verfahren.

Die belangte Behörde hat daher den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, sodass er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der Ersatz des Schriftsatzaufwandes nach der zitierten Verordnung mit S 12.500,-- pauschaliert und

die Umsatzsteuer in diesem Betrag bereits enthalten ist (vgl. u. a. das hg. Erkenntnis vom 5. August 1997, Zl. 97/11/0088).

Wien, am 12. April 1999

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