VwGH 98/06/0207

VwGH98/06/020724.2.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des Dr. F in I, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 16. September 1998, Zl. I-4686/1998, betreffend Nachbareinwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Partei: Dr. P in I), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO Tir 1989 §30 Abs1;
BauO Tir 1989 §30 Abs4;
BauO Tir 1989 §4 Abs1;
BauRallg;
AVG §8;
BauO Tir 1989 §30 Abs1;
BauO Tir 1989 §30 Abs4;
BauO Tir 1989 §4 Abs1;
BauRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Innsbruck hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bauansuchen vom 25. Februar 1998 (eingelangt beim Stadtmagistrat Innsbruck am 26. Februar 1998) suchte der Mitbeteiligte um die Erteilung der Baubewilligung für ein Wohnhaus mit zwei Wohneinheiten auf dem näher angeführten Grundstück an. In der mündlichen Verhandlung am 28. April 1998, zu der der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Rechtsfolgen gemäß § 42 AVG geladen worden war, machte der Beschwerdeführer (der Eigentümer des östlich an das Baugrundstück angrenzenden Grundstückes) geltend, dass das geplante Projekt aus statischer Sicht nicht durchführbar sei, da sich unterhalb des geplanten Gebäudes ein Stollen (Eingang) befinde, sodass ein Abgraben im geplanten Ausmaß jedenfalls das Grundstück und insbesondere das östlich gelegene Haus des Beschwerdeführers gefährde. Aus diesem Grund sei vor Erteilung der Baubewilligung die Einholung eines statischen und bodenmechanischen Gutachtens erforderlich. Oberhalb des geplanten Geländes befinde sich überdies eine Gefahrenzone, sodass eine gesamte Hangrutschung zu befürchten sei.

Nach der mündlichen Verhandlung erstattete der Ingenieurkonsulent für Geotechnik und Bauwesen Dipl. Ing. Dr. W.T. am 29. April 1998 folgende Stellungnahme:

"... nach Durchsicht der Planunterlagen für das im Betreff

genannte Bauvorhaben ist durch die Bauführung eine Gefährdung der

Nachbarobjekte ... (u.a. das Grundstück des Beschwerdeführers

genannt) nicht erkennbar. Diese Aussage beinhaltet auch die

spezielle geotechnisch/geologische Ortskenntnis des

Unterzeichneten, dem auch bekannt ist, dass in H... (z.B. östlich

des Altenwohnheims) Stollen vorhanden sind.

Für die Sicherung der Baugrubenböschung zur St...straße hin wird vor Baubeginn ein entsprechender Sicherungsvorschlag ausgearbeitet."

Mit Bescheid des Stadtmagistrates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 18. Mai 1998 wurde dem Mitbeteiligten die Baubewilligung für die Errichtung des beantragten Wohnhauses auf dem näher angeführten Grundstück unter Auflagen erteilt (Spruchpunkt I.). Die Einwendung des Beschwerdeführers wurde in Spruchpunkt IV. als unbegründet abgewiesen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Im Berufungsverfahren legte der Mitbeteiligte einen geotechnischen Bericht des angeführten Sachverständigen vom 30. Juni 1998 der Berufungsbehörde vor. Gemäß den Auflagen Pkt. 10. d), e) und 13. des erstinstanzlichen Bescheides waren die bodenmechanischen Kenndaten für den anstehenden natürlichen Untergrund zu erheben bzw. zu dokumentieren. Aus diesem Grunde wurde am 26. Juni 1998 am Baugrundstück eine Schürfgrube abgeteuft. Der Sachverständige kam zu folgenden Schlussfolgerungen:

"2. UNTERGRUNDVERHÄLTNISSE/BODENKENNDATEN

Mit der etwa 4 m tiefen Schürfgrube wurden einheitlich Sandschichten, die zu den eiszeitlichen H... Terrassenablagerungen gehören, erkundet.

Nach Augenschein und unter Beachtung der ÖNorm B4400 'Bodenklassifikation für bautechnische Zwecke und Methoden zum Erkennen von Bodengruppen' sind diese Sandschichten als

Sand-Schluff-Gemische (SU)

einzustufen, die eine geringe Karbonatverkittung aufweisen. Unter Beachtung von Fachliteratur (Grundbau Taschenbuch, Band 1) sind so einem Boden folgende mittlere Bodenkenndaten, ohne Beachtung der geringen Karbonatverkittung, zuzuordnen:

phi = 36 Grad

c' = 0

y = 20 kN/m3

kf = ca. 10(-5) bis 10(-7) m/s

Mit diesen Bodenkenndaten wurden die weiteren Überlegungen angestellt.

3. FOLGERUNGEN AUFGRUND DER ERGEBNISSE DER UNTERSUCHUNGEN

3.1 Gründung/Standsicherheit

Auf Grund der vorhin erwähnten Festigkeitseigenschaften des anstehenden Bodens, der sich auf Grund von Lokalerfahrungen des Unterzeichneten bis in sehr große Tiefen (50 m und mehr) erstreckt, ist hier eine Gebäudegründung auf Einzel- und Streifenfundamenten sinnvoll und zweckmäßig. Als Richtwert für die mittlere Bodenpressung können 25 N/cm2 angegeben werden. Da das festgestellte Sand-Schluff-Gemisch wasserempfindlich reagiert, sind die freigelegten Gründungssohlen sofort, entweder mit dem Gründungselement oder mit einer verstärkten Sauberkeitsschicht, abzudecken.

Durch die gegenständliche Baumaßnahme, die sich an der Böschungskrone zur Steinbruchstraße befindet, wird der Hang nicht zusätzlich belastet, weil das Gewicht des Bodenaushubes schwerer ist als das Gebäude. Somit besitzt das Objekt in der geplanten Form eine Standsicherheit, die ungefähr der des natürlichen Hanges entspricht, welches durch einen Tangentenvergleich Bodenfestigkeit/Hangneigung im Untersuchungsbereich bei etwa 1,3 liegt. Voraussetzung ist allerdings eine funktionsfähige Ringdrainage neben den Außenfundamenten, in der die in den Baugrubenarbeitsräumen versickernden Tagwässer gefasst und dem Kanalnetz zugeführt werden.

3.2 Versickerung

Die an sich gut tragfähigen eiszeitlichen Sandschichten bringen sehr schlechte Eigenschaften bezüglich Versickerung mit. Auf Grund der kf-Werte gemäß Fachliteratur von 10-5- 10-7 m/s ist hier auch auf Grund der einschlägigen Erfahrungen in solchen Böden praktisch mit wasserdurchlässigeren Bodenverhältnissen zu rechnen. Somit sind die unter Punkt 13. des Bescheides angeführten Niederschlagswässer dem Kanalnetz zuzuführen. Darüber hinaus ist aus Gründen der Hangstabilität ein Einbringen von Sickerwasser vor allem an der Böschungskrone zu vermeiden.

Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass dem Nachbarn im Bauverfahren ein subjektives Recht auf Hintanhaltung von durch Bauführungen verursachte Auswirkungen auf sein Grundstück zukomme. In Entsprechung des diesbezüglichen Berufungsvorbringens sei ein ergänzendes statisches bzw. bodenmechanisches Gutachten durch einen hiefür zuständigen Sachverständigen eingeholt worden. Aus diesem Gutachten ergebe sich, dass bei entsprechender Handhabung der Versickerung von Niederschlagswässern sowohl die Gründung als auch die Standsicherheit des in Rede stehenden Objektes gegeben sei, und zwar in der Weise, dass Auswirkungen der Bauführung auf das Nachbarobjekt des Beschwerdeführers nicht zu befürchten seien. Sowohl die im erstinstanzlichen Verfahren abgegebene Stellungnahme als auch das im Berufungsverfahren nachgereichte geotechnische Gutachten des Ingenieurkonsulenten Dipl. Ing. Dr. W.T. hätte auf fachlicher Ebene vom Beschwerdeführer nicht widerlegt werden können, sodass die belangte Behörde davon habe ausgehen können, dass durch die geplante Verwirklichung des in Rede stehenden Projektes keinerlei Auswirkungen auf das Grundstück des Beschwerdeführers zu befürchten seien. Wenn der Beschwerdeführer argumentiere, die Behörde habe auf den nördlich des Bauplatzes ausgewiesenen Rutschhang (gemäß dem Gefahrenzonenplan Innsbruck der Wildbach- und Lawinenverbauung Sektion Tirol vom 27. Juni 1997) nicht Bedacht genommen, so sei dem entgegenzuhalten, dass einerseits der Bauplatz von diesem ausgewiesenen Rutschhang durch eine öffentliche Straße getrennt sei und selbst nicht im Gebiet des ausgewiesenen Rutschhanges situiert sei, andererseits aber selbst das Objekt des Beschwerdeführers in ähnlicher Lage bereits ungefährdet seit mehr als 20 Jahren Bestand habe und letztlich für den "braunen Hinweisbereich" des Rutschgebietes nach der Legende dieses Gefahrenzonenplanes lediglich empfohlen werde, bei beabsichtigter Bauführung ein Gutachten eines Bodenmechanikers einzuholen, was in der vorliegenden Baurechtsangelegenheit auch geschehen sei. Nachdem bereits im erstinstanzlichen Verfahren (Gutachter Dipl. Ing. Dr. W.T.) auch die Unbedenklichkeit darunter liegender Stollen für das vorliegende Bauvorhaben sachverständig bestätigt worden sei, sei die Berufung nicht geeignet, zu einer Versagung der Baubewilligung zu führen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 58 Abs. 1 Tiroler Bauordnung 1998, LGBl. Nr. 15/1998, sind die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängigen Baubewilligungsverfahren und Verfahren auf Grund von Bauanzeigen nach der bisherigen Tiroler Bauordnung weiterzuführen, wenn das betreffende Bauvorhaben auch nach diesem Gesetz bewilligungspflichtig oder zumindest anzeigepflichtig ist. Andernfalls ist das Verfahren einzustellen. Die Tiroler Bauordnung 1998 ist gemäß § 59 Abs. 1 mit 1. März 1998 in Kraft getreten. Zu diesem Zeitpunkt war das vorliegende Baubewilligungsverfahren bereits anhängig (das Bauansuchen langte - wie bereits dargelegt - beim Stadtmagistrat der Landeshauptstadt Innsbruck am 26. Februar 1998 ein; gemäß § 20 Abs. 1 lit. a leg. cit. ist u.a. der Neubau von Gebäuden bewilligungspflichtig).

Gemäß § 30 Abs. 1 Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989 (TBO), sind Nachbarn Eigentümer von Grundstücken, die zu dem zur Bebauung vorgesehenen Grundstück in einem solchen räumlichen Naheverhältnis stehen, dass durch die bauliche Anlage oder durch deren Benützung hinsichtlich der durch dieses Gesetz geschützten Interessen mit Rückwirkungen auf ihr Grundstück oder die darauf errichtete bauliche Anlage zu rechnen ist. Dem Grundeigentümer ist der Bauberechtigte gleichgestellt.

Wird von einem Nachbarn die Verletzung eines Rechtes behauptet, das in einer Bestimmung dieses Gesetzes oder einer Verordnung auf Grund dieses Gesetzes begründet ist, die nicht nur der Wahrung öffentlicher Interessen, sondern auch dem Schutz des Nachbarn dient (subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendung), so hat die Behörde gemäß § 30 Abs. 4 TBO über diese Einwendung abzusprechen, indem sie die Einwendung als unbegründet abweist, die Baubewilligung unter Bedingungen oder mit Auflagen erteilt oder die Baubewilligung überhaupt versagt. Subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendungen können insbesondere auf Vorschriften über die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken, insbesondere auf die §§ 12 bis 16b des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 (dieser Verweis wurde bei Inkrafttreten des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994, LGBl. Nr. 81/1993, nicht angepasst), die Bauweise, die Bauhöhe, die Mindestabstände von baulichen Anlagen, die Beschaffenheit des Bauplatzes und den Brandschutz gestützt werden.

Gemäß § 4 Abs. 1 TBO dürfen bauliche Anlagen nur auf Grundstücken errichtet werden, die sich nach ihrer Widmung, Lage, Form, Größe und Bodenbeschaffenheit für die vorgesehene Bebauung eignen und eine dieser Bebauung entsprechende, rechtlich gesicherte Verbindung mit einer öffentlichen Verkehrsfläche haben.

Nach der hg. Judikatur (vgl. das Erkenntnis vom 16. März 1995, Zl. 94/06/0236, und die in diesem dazu verwiesene Vorjudikatur) räumt § 30 Abs. 4 TBO dem Nachbarn u.a. dann ein Mitspracherecht ein, wenn vom zu bebauenden Grundstück auf Grund der dort gegebenen Umstände eine Gefahr oder Rückwirkungen auf das Grundstück oder das Eigentum des Nachbarn ausgehen kann. Insbesondere in dem hg. Erkenntnis vom 23. September 1981, Zl. 2533/79, hat der Verwaltungsgerichtshof zu § 4 Abs. 1 Tiroler Bauordnung 1978 (der in Bezug auf das Erfordernis der Eignung des Grundstückes im Hinblick auf den angeführten § 4 Abs. 1 TBO eine gleichartige Regelung enthält) ausgesprochen, dass die Einwendung einer Gefährdung durch eine Bauführung wegen der Hanglage des Bauplatzes ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht im Sinne des § 30 Abs. 4 TBO (im Zusammenhang mit der dort erwähnten Beschaffenheit des Bauplatzes) betreffe. Eine derartige Gefährdung seines Grundstückes hat der Beschwerdeführer im vorliegenden Bauverfahren geltend gemacht.

Der Beschwerdeführer beruft sich darauf, dass sich die belangte Behörde mit der von ihm im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragenen Stollenproblematik unter dem Baugrundstück nicht auseinander gesetzt habe. Dem Ergänzungsgutachten des Dipl. Ing. Dr. W.T. seien keine Aussagen zur Standfestigkeit des Baugrundes bezogen auf die darunter befindlichen Stollen enthalten. Die belangte Behörde führe diesbezüglich lediglich ins Treffen, dass, nachdem bereits im erstinstanzlichen Verfahren auch die Unbedenklichkeit darunter liegender Stollen für das gegenständliche Berufungsverfahren sachverständig bestätigt worden sei, die Berufung nicht geeignet sei, zu einer Versagung der Baubewilligung zu führen. Auch im erstinstanzlichen Bescheid heiße es diesbezüglich lediglich, dass nach Durchsicht der Planunterlagen für das vorliegende Bauvorhaben durch die Bauführung eine Gefährdung des Nachbarobjektes nicht erkennbar sei. Der herangezogene Sachverständige habe lediglich weiters festgestellt, dass diese Aussage auch seine spezielle geotechnisch-geologische Ortskenntnis beinhalte, wobei ihm auch bekannt sei, dass in H. Stollen vorhanden seien. Spezielle Ermittlungen im Hinblick auf die mögliche Gefährdung durch unter dem Baugrund liegende Stollen seien im Zuge des Baubewilligungsverfahrens nicht durchgeführt worden.

Dem Beschwerdeführer ist Recht zu geben, dass sich die belangte Behörde - wie auch die erstinstanzliche Behörde - mit der vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Stollenproblematik und der daraus für ihn abzuleitenden Gefährdung seines Grundstückes nicht entsprechend auseinander gesetzt hat. Die Baubehörden hätten dazu ein schlüssiges und nachvollziehbares Gutachten eines Sachverständigen einholen müssen. Die wiedergegebene Aussage des herangezogenen Sachverständigen im erstinstanzlichen Verfahren stellt ein solches Gutachten nicht dar.

Die belangte Behörde hat auch die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage nicht behandelt, dass auch aus der über dem Baugrundstück zur Gänze gelegenen Gefahrenzone ("rote Zone", die unmittelbar an das Baugrundstück grenzt oder sogar zum Teil noch auf dem Baugrundstück liegt, dies ist dem übermittelten Gefahrenzonenplan - wie die belangte Behörde auch zugibt - nicht mit Sicherheit zu entnehmen), der gemäß dem Gefahrenzonenplan des forsttechnischen Dienstes für Wildbach- und Lawinenverbauung als Rutschgrund ausgewiesen sei, eine Gefährdung des Grundstückes des Beschwerdeführers, verursacht durch von dieser Gefahrenzone (wegen der verfahrensgegenständlichen Bauführung) ausgelöste Rutschungen auf dem Baugrundstück, gegeben sei. Wenn die belangte Behörde ins Treffen führt, dass zwischen dem Grundstück in der Gefahrenzone und dem Baugrundstück eine öffentliche Straße liege und das Objekt des Beschwerdeführers in ähnlicher Lage bereits ungefährdet seit mehr als 20 Jahren Bestand habe, kann dies die vom Beschwerdeführer im Verfahren erhobenen Bedenken insbesondere deshalb nicht entkräften, da der Beschwerdeführer zu Recht auf verschiedene Anforderungen verweist, die von geologischen Sachverständigen im Zusammenhang mit dem Baubewilligungsverfahrens des Beschwerdeführers selbst für sein Bauprojekt auf dem Nachbargrundstück aufgestellt wurden (insbesondere dass keine Unterkellerung des Bauvorhabens stattfinden dürfe und dass das Bauvorhaben an der östlichen, dem vorliegenden Baugrundstück abgewendeten Grundgrenze zu errichten sei). Nur in dem westlichen Bereich des Grundstückes des Beschwerdeführers reicht die angeführte besondere Gefahrenzone auch bis unmittelbar an die Grundgrenze bzw. bis auf dieses Grundstück. Dazu kommt, dass die belangte Behörde selbst der im Gefahrenzonenplan für diesen Bereich (u.a. das Baugrundstück) empfohlenen Einholung eines geologischen Gutachtens im Falle der Bauführung entsprechen wollte und diesbezüglich auf den vorgelegten geologischen Bericht verwies, der jedoch auch diese Problemstellung nicht behandelt.

Gemäß § 37 AVG i.d.F. vor der Novelle BGBl. Nr. 158/1998 ist der Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Im Hinblick auf die aufgezeigten Mängel kann nicht davon gesprochen werden, dass von der belangten Behörde der für die Erledigung der vorliegenden Verwaltungssache maßgebende Sachverhalt festgestellt wurde. Das Ermittlungsverfahren der Berufungsbehörde erweist sich somit - wie jenes der Behörde erster Instanz - in wesentlichen Punkten (im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Gefährdung seines Grundstückes durch das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben) als mangelhaft. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. Februar 2000

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