VwGH 98/06/0176

VwGH98/06/017626.5.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde der B-Gesellschaft mbH & Co. KG in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 27. Juli 1998, Zl. 03-12.10 G 129-98/52, betreffend Anordnung der Ersatzvornahme, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
VVG §4 Abs1;
VVG §4 Abs2;
AVG §59 Abs1;
VVG §4 Abs1;
VVG §4 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Gnas vom 16. August 1994 wurde die beschwerdeführende Partei und eine weitere - in das vorliegende Beschwerdeverfahren nicht mehr involvierte - Partei verpflichtet, die Benützung des mit Baubewilligungsbescheid vom 7. Oktober 1980 bewilligten Neubaues einer Halle (Nr. 7) sofort zu unterlassen, die in der Halle befindlichen Hühner innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung des Berufungsbescheides aus der Halle vollständig zu entfernen und den im Kotkeller gelagerten Hühnerkot innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung des Berufungsbescheides vollständig zu entfernen und ordnungsgemäß zu entsorgen.

Die beschwerdeführende Partei kam dieser Anordnung nicht nach.

Nach Androhung der Durchführung der Ersatzvornahme sowie Androhung und Verhängung von Zwangsstrafen (vgl. dazu das in dieser Angelegenheit ergangene hg. Erkenntnis vom 28. März 1996, Zl. 95/06/0188) ordnete die Bezirkshauptmannschaft Feldbach mit Bescheid vom 11. November 1996 gegenüber den Adressatinnen des behördlichen Auftrages, sohin auch der beschwerdeführenden Partei, die Ersatzvornahme an und setzte als Vorauszahlung für die Kosten der Ersatzvornahme zur Erfüllung des Bescheides vom 16. August 1994 den Erlag eines Betrages in der Höhe von S 600.000,-- fest.

Die dagegen gerichtete Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 17. Juli 1997 abgewiesen. Dagegen erhob die beschwerdeführende Partei Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der den bekämpften Bescheid mit seinem Erkenntnis vom 18. Dezember 1997, Zl. 97/06/0187, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufhob, auf welches Erkenntnis im Übrigen zur weiteren Sachverhaltsdarstellung und rechtlichen Beurteilung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldbach vom 14. April 1998 wurde die Bestätigung der Vollstreckbarkeit (vom 3. Oktober 1997) des Bescheides vom 11. November 1996 aufgehoben (vgl. hiezu das in dieser Angelegenheit ergangene hg. Erkenntnis vom 2. Juli 1997, Zl. 97/06/0277, auf welches ebenfalls gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).

Mit dem nur die beschwerdeführende Partei betreffenden Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides vom 27. Juli 1998 wies die belangte Behörde im zweiten Rechtsgang die von der beschwerdeführenden Partei erhobene Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldbach vom 11. November 1996 hinsichtlich der Anordnung der Ersatzvornahme ab, behob diesen jedoch in Spruchpunkt II gemäß § 68 Abs. 1 AVG aus Anlass der von der weiteren Bescheidadressatin erhobenen Berufung im Umfange der Anordnung der Ersatzvornahme und soweit er sich an diese weitere Bescheidadressatin richtete wegen entschiedener Sache ersatzlos. Die Erledigung der Berufungen beider Bescheidadressatinnen hinsichtlich der Bekämpfung der Höhe der angeordneten Vorauszahlung behielt sich die belangte Behörde vor.

Begründend führte die belangte Behörde zu dem - im vorliegenden Beschwerdeverfahren allein bekämpften - Spruchpunkt I nach Darstellung der Rechtslage im Wesentlichen aus, im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens könne ein rechtskräftiger Titelbescheid nicht bekämpft werden. Voraussetzung für die Vollstreckung sei, dass ein entsprechender Titelbescheid vorliege, dieser gegenüber dem Verpflichteten rechtswirksam geworden sei und dass der Verpflichtete innerhalb der gesetzten Frist und bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens seiner Verpflichtung nicht nachgekommen sei. Bei Vorliegen eines rechtskräftigen Titelbescheides, der den Adressaten eindeutig festlege, könne die Frage, wer Verpflichteter sei, im Vollstreckungsverfahren nicht mehr aufgerollt werden. Fest stehe sohin, dass ein rechtskräftiger Titelbescheid, der die Verpflichteten für die im Bescheid vorgeschriebenen Leistungen festlege, existiere und demzufolge die Ersatzvornahme ohne weiteres vorgeschrieben habe werden können. Dass die angeordnete Räumung vollzogen worden wäre, habe durch den am 11. April 1997 durchgeführten Augenschein nicht erhärtet werden können. Auch sei aus der Argumentation des Beschwerdevertreters in seiner Stellungnahme vom 8. Juli 1998, in der er mitgeteilt habe, dass "die Entfernung des Hühnermistes aus dem Kotkeller infolge der Menge von ca. 4.000 m3 nicht durchgeführt werden" könne, zu entnehmen gewesen, dass zumindest zu diesem Zeitpunkt eine Räumung des Objektes noch nicht durchgeführt gewesen sei. Auch sei es egal, welche konkreten Hühner sich im zu räumenden Objekt befänden; ausschlaggebend sei vielmehr, dass dieses Objekt mit Hühnern belegt und Hühnermist nach wie vor im Kotkeller gelagert sei. Damit sei dem Titelbescheid nicht entsprochen, die Ersatzvornahme daher zulässig. Da die Handlungen durch einen Dritten ohne weiteres zu bewerkstelligen seien, sei auch eine Ersatzvornahme möglich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 VVG kann, wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden. Weiters kann gemäß § 4 Abs. 2 VVG die Vollstreckungsbehörde in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Kostenvorauszahlung ist vollstreckbar.

Bei der Anordnung der Ersatzvornahme und Vorschreibung eines Kostenvorauszahlungsbetrages handelt es sich nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Judikatur um voneinander trennbare Absprüche (vgl. u. a. das hg. Erkenntnis vom 22. September 1998, Zl. 97/05/0182). Insoweit die belangte Behörde sich unter Trennung der Aussprüche über die Ersatzvornahme und der hierfür notwendigen Kostenvorauszahlung die Entscheidung über die Höhe derselben vorbehalten hat, steht dieser Vorgangsweise eine gesetzliche Vorschrift, insbesondere auch § 59 Abs. 1 AVG, nicht entgegen.

Insoweit die beschwerdeführende Partei die Begründung der Entscheidung über die Höhe der Kostenvorauszahlung vermisst, ist daher darauf zu verweisen, dass mit dem angefochtenen Bescheid eben noch keine zu begründende diesbezügliche Entscheidung gefällt wurde. Die zur Frage des Vorbehaltes der Entscheidung über die bzw. der Begründung der Höhe der Kostenvorauszahlung erstatteten Beschwerdeausführungen lassen den angefochtenen Bescheid nicht als rechtswidrig erscheinen.

Gemäß § 10 Abs. 2 VVG kann eine Vollstreckungsverfügung - wie es die Anordnung der Ersatzvornahme darstellt - nur eingeschränkt mit Berufung bekämpft werden. Zu den zulässigen Berufungsgründen zählt nach Z. 1 leg. cit. die Behauptung der Unzulässigkeit der Vollstreckung.

Diesen - im Sinne der zitierten Bestimmung zulässigen - Berufungsgrund hat die beschwerdeführende Partei durch Behauptung der Änderung der für den Titelbescheid maßgebend gewesenen Verhältnisse sowie der mangelnden Vollstreckbarkeit des Bescheides vom 11. November 1996 (mit dem die Ersatzvornahme angeordnet worden war - also entgegen der Beschwerdebehauptungen nicht der Titelbescheid) auch im vorliegenden Beschwerdeverfahren geltend gemacht.

Gemäß § 38 Abs. 8 Steiermärkisches Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995 - Stmk. BauG, hat die Behörde die Benützung zu untersagen, wenn eine bauliche Anlage ohne Benützungsbewilligung benützt wird.

Mit Bescheid vom 16. August 1994 war der beschwerdeführenden Partei - nach der Rechtslage auf Grund der Steiermärkischen Bauordnung 1968 - der baupolizeiliche (Beseitigungs-)Auftrag erteilt worden, die Benützung des näher bezeichneten Objekts sofort zu unterlassen, die in der Halle befindlichen Hühner und den im Kotkeller gelagerten Hühnermist binnen einer bestimmten Frist aus der Halle vollständig zu entfernen bzw. zu entsorgen.

Bereits im Verfahren zur hg. Zl. 97/06/0187 war von der beschwerdeführenden Partei die Änderung der für die Erlassung des Titelbescheides maßgebenden Verhältnisse, insbesondere die Änderung der Rechtslage, behauptet worden. In dem in diesem Verfahren ergangenen hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1997 wurde ausgesprochen, dass eine Unzulässigkeit der Vollstreckung im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG u. a. dann vorliegt, wenn sich seit Zustellung des Titelbescheides der Sachverhalt mit der Wirkung in wesentlicher Weise geändert hat, dass bei Vorliegen des neuen Sachverhaltes nicht mehr ein im Spruch gleich lautender Bescheid erlassen werden könnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. März 1994, Zlen. 91/07/0162, 93/07/0073, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Der Titelbescheid vom 16. August 1994 gründete sich darauf, dass keine Widmungsänderungsbewilligung vorhanden sei. Nach Inkrafttreten des Steiermärkischen Baugesetzes, LGBl. Nr. 59/1995, mit 1. September 1995, ist eine Widmungsbewilligung nicht mehr, eine Benützungsbewilligung nicht mehr in jedem Fall, sondern nur in Fällen des § 19 Z. 1, 3 und 5 und § 20 Z. 1 des Baugesetzes erforderlich. Mit diesem Vorerkenntnis wurde bereits auf die Erforderlichkeit einer sachlichen Befassung mit diesem Themenkreis (insbesondere warum der Titelbescheid trotz Änderung der Rechtslage noch Rechtswirkungen entfalte) aufmerksam gemacht. Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid lediglich die gesetzlichen Bestimmungen des Steiermärkischen Baugesetzes 1995 anführt, ohne expressis verbis auszuführen, warum auch nach diesem Gesetz für das vorliegende Bauvorhaben, nämlich die Neuerrichtung einer Halle, eine Benützungsbewilligung erforderlich ist, stellt dies zwar einen Begründungsmangel dar, der aber nicht entscheidungswesentlich ist, weil für den vorliegenden Neubau der Halle sich das Erfordernis einer Benützungsbewilligung bereits aus § 38 Abs. 1 i.V.m. § 19 Z. 1 Stmk. BauG ergibt. Zutreffend hat die belangte Behörde daher die Auffassung vertreten, dass gestützt auf § 38 Abs. 8 Stmk. BauG ein im Spruch gleich lautender Bescheid hätte erlassen werden können.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhang mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. Mai 2000

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