Normen
GGG 1984 §16 Z2 litb;
GGG 1984 §18 Abs2 Z2;
GGG 1984 TP12;
JN §58 Abs1;
ZPO §433;
GGG 1984 §16 Z2 litb;
GGG 1984 §18 Abs2 Z2;
GGG 1984 TP12;
JN §58 Abs1;
ZPO §433;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin hatte zu 33 C 6/97d des BG Innsbruck gegen ihren damaligen Ehegatten eine Klage auf Ehescheidung erhoben, die auf den Scheidungsgrund gemäß § 49 EheG (sonstige schwere Eheverfehlungen) gestützt war.
In der darüber für den 3. April 1997 anberaumten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung schlossen die Streitparteien für den Fall der Scheidung einen Vergleich mit - auszugsweise - folgendem Inhalt:
"...
2) Die Parteien verzichten wechselseitig auf Unterhalt, auch bei geänderten Verhältnissen und bei Not.
3) Die Mietrechte hinsichtlich der Ehewohnung in 6020 Innbruck, Peerhofstraße 19 verbleiben bei Walter Ullmann, Tanja Ullmann wird die Wohnung mit den Kindern bis längstens 31. Juli 1997 mit den in der Folge angeführten Gegenständen räumen und diese Wohnung bis zu diesem Datum geräumt dem Walter Ullmann übergeben.
Walter Ullmann verpflichtet sich bis zum Zeitpunkt der Räumung die Wohnungs- und Betriebskosten weiterzuzahlen, sowie einen monatlichen Betrag von S 5.000,-- an Tanja Ullmann zu bezahlen, dies als Wirtschaftsgeld, wobei sich Tanja Ullmann verpflichtet, in dieser Zeit wie bisher den Haushalt zu führen.
4) Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der Ersparnisse sowie der Schulden: ..."
Im unmittelbaren Anschluß an den Vergleich erfolgte mit Urteil vom 3. April 1997 die Scheidung der Ehe der Streitteile, wozu beide Parteien auf die Erhebung eines Rechtsmittels verzichteten.
Daraufhin forderte der Kostenbeamte des BG Innsbruck von der Beschwerdeführerin mit Zahlungsaufforderung vom 18. April 1997 weitere Pauschalgebühr in Höhe von S 6.890,-- an, wogegen die Beschwerdeführerin Einwendungen erhob. Unter Berücksichtigung dieser Einwendungen erließ der Kostenbeamte am 9. Juli 1997 einen Zahlungsauftrag, womit S 5.900,-- zuzüglich S 100,-- Einhebungsgebühr vorgeschrieben wurden. Dagegen stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht einen Berichtigungsantrag, dem die belangte Behörde keine Folge gab, wobei sie (im Einklang mit § 7 Abs. 3 GEG) eine Neubemessung der Gerichtsgebühren dahin vornahm, daß sie für den Vergleichspunkt 2 (Unterhaltsverzicht) die Bemessungsgrundlage von S 30.000,--, für den Vergleichspunkt 3 Abs. 2 (monatliches Wirtschaftsgeld in Höhe von S 5.000,--) als Bemessungsgrundlage den zehnfachen Jahresbetrag (Leistung auf unbestimmte Zeit) und für den Vergleichspunkt 4 als Bemessungsgrundlage S 30.000,-- heranzog. Daraus folgend setzte die belangte Behörde unter Einrechnung des bereits entrichteten Gebührenbetrages von S 990,-- die Pauschlgebühr mit S 12.530,-- vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, den vorgeschriebenen Pauschalgebührenbetrag nicht auferlegt zu erhalten.
Die belangte Behörde legte die Akten des Gerichts- und Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 14 GGG besagt, daß Bemessungsgrundlage, soweit im folgenden nicht etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN ist.
§ 58 Abs. 1 JN lautet:
"(1) Als Wert des Rechtes auf den Bezug von Zinsen, Renten, Früchten oder anderen wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen ist bei immerwährender Dauer das Zwanzigfache, bei unbestimmter oder auf Lebenszeit beschränkter Dauer das Zehnfache, sofern es sich um Ansprüche auf Unterhalts- oder Versorgungsbeträge und auf Zahlung von Renten wegen Körperbeschädigung oder Tötung eines Menschen handelt, das Dreifache der Jahresleistung, bei bestimmter Dauer aber der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge, jedoch in keinem Fall mehr als das Zwanzigfache der Jahresleistung anzunehmen."
Gemäß § 18 Abs. 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren gleich.
Abs. 2 Z. 2 der zuletzt zitierten Gesetzesstelle lautet:
"Wird der Wert des Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert oder ist Gegenstand des Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, so ist die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen; die bereits entrichtete Pauschalgebühr ist einzurechnen.
Die weitwendigen Beschwerdeausführungen enthalten (zusammengefaßt) drei Argumente:
Zunächst vermeint die Beschwerdeführerin, der im streitigen Ehescheidungsverfahren geschlossene Vergleich sei als prätorischer Vergleich aufzufassen, weshalb im streitigen Ehescheidungsverfahren keine Erweiterung des Streitgegenstandes vorgenommen worden sei.
Dazu ist die Beschwerdeführerin darauf zu verweisen, daß der sog. prätorische Vergleich gemäß § 433 ZPO den Zweck der Prozeßvermeidung hat und ein in einem bereits anhängigen streitigen Verfahren abgeschlossener Vergleich nicht mehr als gerichtsgebührenmäßig begünstigter Vergleich gemäß § 433 ZPO angesehen werden kann (vgl. dazu die bei Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren5 unter E 14 zu § 18 GGG referierte hg. Judikatur).
Daß die Beschwerdeführerin diesen Weg zur Bereinigung der mit der Auflösung ihrer Ehe verbundenen Rechtsfragen gewählt hat und nicht den Weg eines gesonderten Außerstreitverfahrens unterlag allein ihrer (und ihres damaligen Ehegatten) eigenen Disposition und hat sie sich die gerichtsgebührenrechtlichen Konsequenzen ihres Handelns allein selbst zuzuschreiben. Der Vorwurf, durch den angefochtenen Bescheid sei ihr die Möglichkeit genommen worden, einen prätorischen Vergleich bzw. einen Vergleich vor dem Außerstreitrichter zu schließen, entbehrt jeglicher Grundlage.
Weiters steht die Beschwerdeführerin auf dem Standpunkt, die getroffene Vereinbarung über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der Ersparnisse gemäß §§ 81ff EheG unterliege der Pauschalgebühr gemäß TP 12 lit. a Z. 1 GGG. Dazu ist auf die bereits von der belangten Behörde zu Recht herangezogene hg. Rechtsprechung zu verweisen, wonach auf Vergleiche in streitigen Verfahren die TP 12 GGG nicht anzuwenden ist (vgl. die bei Tschugguel/Pötscher, a.a.O. unter AE 1 zu TP 12 GGG referierte hg. Judikatur).
Zuletzt wendet sich die Beschwerde gegen die Beurteilung der im Vergleichspunkt 3 Abs. 2 vereinbarten Wirtschaftsgeldzahlung als eigenständige Leistung auf unbestimmte Zeit. Damit ist die Beschwerde im Ergebnis im Recht.
Insofern allerdings die Beschwerde zunächst meint, diese Leistung sei Gegenstand der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, ist ihr der Wortlaut des in Rede stehenden Vergleichspunktes entgegenzuhalten, wonach die vereinbarte Wirtschaftsgeldzahlung mit der von der Beschwerdeführerin übernommenen Haushaltsführung verbunden ist, also einen speziell gewidmeten Entgeltscharakter hat. Dieser Regelungszweck der Vereinbarung ist somit vom Bereich der Vereinbarungen zum Zwecke der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der Ersparnisse zu unterscheiden.
Der getroffenen Vereinbarung kommt vielmehr (was beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens übersehen haben) unter Berücksichtigung der Maximen des § 94 Abs. 2 ABGB (wonach der Ehegatte, der den gemeinsamen Haushalt führt, gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt hat) Unterhaltscharakter zu, woran im gegebenen Fall die Tatsache der mittlerweile erfolgten Scheidung der Ehe nichts ändert, weil es den Parteien ja freisteht, im Wege privatautonom geschlossener Vergleiche Unterhaltsvereinbarungen auch für die Zeit nach Auflösung der Ehe zu treffen. Insoweit die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zu diesem Problembereich auf das bei Tschugguel/Pötscher a.a.O. unter B E 4 zu § 16 GGG referierte hg. Erkenntnis vom 13. Februar 1961, Zl. 1909/58, verweist, ist festzuhalten, daß es dort um einen der bei Ehescheidungen üblichen Fälle von pauschalen Abfindungszahlungen ging, der mit der hier speziell für die Zeit bis zur Räumung der Wohnung weiterhin zu erbringenden mit der Haushaltsführung verknüpften Wirtschaftsgeldzahlung nicht vergleichbar ist.
Unter Zugrundelegung des Unterhaltscharakters der getroffenen Vereinbarung ist zu beachten, daß Unterhaltsansprüche, die (im vorliegenden Fall in Gestalt eines den ursprünglichen Streitgegenstand erweiternden Vergleiches) im streitigen Verfahren geltend gemacht werden, nicht unter die Bewertungsvorschrift des § 16 Z. 2 lit. b GGG fallen (vgl. dazu die bei Tschugguel/Pötscher, a.a.O. unter AE 1 zu § 16 GGG referierte hg. Judikatur). Solche Unterhaltsansprüche sind nach der allgemeinen Vorschrift des § 58 Abs. 1 JN zu bewerten. Dabei kommt es darauf an, ob die getroffene Vereinbarung als solche von unbestimmter oder bestimmter Dauer anzusehen ist.
Anders als die Beschwerdeführerin dies sieht, wurde durch den Wortlaut der getroffenen Vereinbarung die Wirtschaftsgeldzahlungspflicht "bis zum Zeitpunkt der Räumung der Wohnung" vereinbart, was nach der ständigen hg. Judikatur als Vereinbarung auf unbestimmte Zeit zu verstehen ist, weil ungeachtet des im vorangegangenen Absatz der Vereinbarung festgelegten Räumungstermins die Frage, wann eine Räumung tatsächlich erfolgt (insbesondere mit Rücksicht darauf, daß sie allenfalls erst zwangsweise durchgesetzt werden muß) immer unbestimnmt ist (vgl. dazu die zu Benützungsentgeltfällen vorliegende ständige hg. Judikatur, zB. bei Tschugguel/Pötscher, a.a.O. E 7 zu § 18 GGG).
Unterhaltsleistungen auf unbestimmte Zeit sind gemäß § 58 Abs. 1 JN mit dem Dreifachen der Jahresleistung anzunehmen.
Da die belangte Behörde dies verkannte, leidet ihr Bescheid an Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. 416/1994.
Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens betrifft den gesondert angesprochenen Umsatzsteuerbetrag, dessen Zuerkennung zufolge des Pauschalcharakters des Aufwandersatzes nicht zulässig ist (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 687 Abs. 3 referierte hg. Rechtsprechung). Ersatz für Stempelgebühren konnte der Beschwerdeführerin nur in dem ausdrücklich verzeichneten Umfang von S 300,-- zuerkannt werden (sog. Antragsprinzip; siehe dazu die bei Dolp a.a.O., 722, zu § 59 Abs. 1 VwGG referierte hg. Judikatur).
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