Normen
AVG §8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9;
BauO NÖ 1976 §62 Abs2;
BauRallg;
ROG NÖ 1976 §16 Abs1 Z1;
ROG NÖ 1976 §16 Abs1 Z5;
AVG §8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9;
BauO NÖ 1976 §62 Abs2;
BauRallg;
ROG NÖ 1976 §16 Abs1 Z1;
ROG NÖ 1976 §16 Abs1 Z5;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt St. Pölten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 25. August 1994 beantragte der mitbeteiligte Bauwerber "die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines(r) Zuchtenstalles, Lagerhalle, Düngerstätte, Güllegruben beim Haus K. Nr. 8 auf der Baufläche Nr. 83/3" der KG U.
Der Verwaltungsgerichtshof war mit dieser Angelegenheit bereits befasst. Mit hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1996, Zl. 95/05/0293, wurde über die Beschwerde des mitbeteiligten Bauwerbers der Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt St. Pölten vom 26. September 1995, mit welchem den Berufungen mehrerer Nachbarn (u.a. der Beschwerdeführerin) im Grunde des § 66 Abs. 2 AVG Folge gegeben worden war, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Aus der Begründung des Berufungsbescheides sei nicht zu erkennen gewesen, warum die Berufungsbehörde das Vorliegen der Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 AVG angenommen hatte. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf dieses Erkenntnis verwiesen.
Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des nordöstlich an das Grundstück des mitbeteiligten Bauwerbers angrenzenden Grundstückes Nr. 82/2. Sowohl dieses als auch das vom Bauvorhaben betroffene Grundstück des mitbeteiligten Bauwerbers liegen im Bauland-Agrargebiet.
In der mündlichen Verhandlung vor der Baubehörde erster Instanz am 5. Dezember 1994 erhob die Beschwerdeführerin die Einwendung,
"daß sie grundsätzlich mit der Düngerstätte direkt an der Grundgrenze nicht einverstanden ist, da durch die Geruchsbelästigung eine Wertminderung des Baugrundes zu erwarten ist und fordert einen Abstand von 20 m zur Grundgrenze."
Die Baubehörde erster Instanz hat dem mitbeteiligten Bauwerber mit Bescheid vom 7. März 1995 die baubehördliche Bewilligung für den Abbruch diverser Baulichkeiten und die Errichtung eines Zuchtstalles, einer Lagerhalle samt Düngerstätte und Güllegruben erteilt.
Die Beschwerdeführerin hat lediglich gegen die Bewilligung der Düngerstätte Berufung erhoben.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt St. Pölten vom 3. November 1997 wurde u.a. die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. In der Begründung des angefochtenen Bescheides stützte sich die belangte Behörde auf das von ihr eingeholte Gutachten des agrartechnischen Sachverständigen vom 27. Jänner 1997, in welchem ausgeführt wird:
"Laut den vorliegenden Einreichunterlagen der Fa. Sch. soll auf dem Grundstück Nr. 83/3 der KG U. nordwestlich der Lagerhalle direkt an der nordöstlichen Grundgrenze zum Grundstück Nr. 82/2 eine Düngerstätte mit einer Fläche von 49,5 m2 errichtet werden. Die Düngerstätte weist an drei Seiten eine Ummauerung auf und ist an einer Seite offen. Der Boden bildet ein Gefälle zur Mitte der offenen Begrenzungsseite, wo sich ein Einlauf in eine Güllegrube befindet. Die offene Seite wird durch einen Wulst begrenzt, um das Auslaufen von Jauche und Sicker- und Niederschlagswässer zu verhindern. Die Höhe der Begrenzungsmauer entlang der Grundstücke ist mit 2,50 m angegeben (Schnitt E-E).
Bei der Tierhaltung handelt es sich laut Projekt um eine Zuchtsauenhaltung, wobei die Selbstfangbuchten der Universalkammer, die Abferkelbuchten, der Freßbereich des Wartestalles sowie die Ferkelaufzuchtkammern über Gülleentmistung in geschlossene Güllegruben entmistet werden, lediglich von einem Teil des Wartestalles (114 m2) gelangt Festmist auf die geplante Düngerstätte. Die Entmistung des Wartestalles für ca. 60 Zuchtsauen erfolgt mit Frontlader über die nordseitigen Tore.
...
Hierbei ist zunächst davon auszugehen, daß es sich beim gegenständlichen Gebiet um ein Gebiet mit intensiver landwirtschaftlicher Nutzung handelt. Die lage-, boden-, geländebedingten und klimatischen Voraussetzungen (Maisgebiet) bilden die Grundlage für eine starke Ausrichtung der landwirtschaftlichen Betriebe auf die Tierhaltung.
Landwirtschaftliche Tierhaltung ist immer verbunden mit Emissionen, einerseits aus den Stallungen selbst, verursacht durch die Ausdünstung, Atmung, Verdauung der Tiere, andererseits mit damit direkt im ursächlichen Zusammenhang stehenden Nebeneinrichtungen, vom Futterlager (Heu, Silage etc.) bis zum Mistlager. Jede (landwirtschaftliche) Tierhaltung ist verbunden mit einer Lagerung der Ausscheidungen dieser Tiere. Die Notwendigkeit der Lagerung ergibt sich daraus, daß ein tägliches Ausbringen aufs Feld arbeitswirtschaftlich nicht möglich wäre, aber vor allen Dingen auch dadurch, daß diese Ausscheidungen einen wertvollen Dünger für die pflanzenbaulichen Betriebszweige darstellen. Da einerseits dieser Dünger, bis vor wenigen Jahrzehnten der einzige Dünger, möglichst effektiv und daher termingemäß gezielt im Pflanzenbau eingesetzt werden muß (Düngung und nicht Entsorgung!) ergibt sich die Notwendigkeit der Lagerung. Andererseits hat die Lagerung (vor allem bei Festmist) auch positive Auswirkungen auf die Qualität dieses Düngers (engeres Kohlenstoff-Stickstoff-Verhältnis), und nicht zuletzt wäre eine Ausbringung in der vegetationslosen Zeit (Winter) aus Sicht des Gewässerschutzes nicht möglich, da Nährstoffe ausgewaschen und ins Grundwasser oder Oberflächengewässer verfrachtet würden.
Die Lagerung des Mistes richtet sich nach den unterschiedlichen Stallsystemen. Während die Haltung von Tieren auf Spaltenböden mit Flüssigentmistung (Harn, Kot, ev. Einstreu werden gemeinsam gesammelt (Gülle)) erst in den letzten Jahrzehnten entwickelt wurde, ist der Festmist die seit Jahrhunderten traditionelle Mistlagerung. Festmist entstand ursprünglich bei der üblichen Anbindehaltung der Tiere (Rinder, Zuchtsauen) bzw. bei Haltung in Buchten mit planbefestigtem Boden (Mastschweine) mit oder ohne Einstreu, wobei der Harn (Jauche) möglichst rasch aus dem Stall in Gruben abgeleitet wurde (Jaucherinnen), und die 'festen' Anteile (Kot gemeinsam mit der Einstreu) täglich händisch, in späterer Zeit mittels Faltschiebern, Hochförderern etc. auf eine entsprechende Festmistlagerstätte verbracht wurden. Bei heutigen modernen, tierfreundlicheren Stallsystemen wird Festmist auch in Laufställen (Tieflaufstall, Tretmiststall) etc. gewonnen, wobei aus arbeitswirtschaftlichen Gründen die Entmistung im allgemeinen in größeren Intervallen erfolgt. Ein derartiges Entmistungssystem liegt beim gegenständlichen Projekt in Teilen des Wartestalles vor, wo die Tiere (ca. 60 Zuchtsauen) sich auf einer Strohschüttung (Strohmatratze) frei bewegen können, in regelmäßigen Abständen Stroh nachgestreut wird bzw. bei stärkerer Verschmutzung die Matratze mit dem Frontlader aus dem Stall auf eine Düngerstätte verbracht wird.
Die Emissionen (Geruchsqualität und -intensität) einer Mistlagerstätte sind abhängig von der Tierart, von welcher der Mist stammt, von der Art und Zusammensetzung des Futters, von der Menge der Einstreu, von der Art der Ausbringung vom Stall auf die Mistlagerstätte und von der baulichen Ausgestaltung der Mistlagerstätte.
Generell ist dazu zu sagen, daß bei Zuchtsauen aus hygienischen Gründen viel eingestreut werden muß, und der Mist daher sehr strohreich und trocken ist. In strohreichem Mist laufen vorwiegend aerobe Zersetzungsprozesse (unter Anwesenheit von Sauerstoff) ab, und es werden dabei geringere (und weniger unangenehm empfundene) Emissionen freigesetzt als bei Mist mit geringem Gehalt an Einstreu, welcher vorwiegend einer anaeroben Umsetzung unterliegt.
Die Art der Ausbringung auf den Misthaufen ist insoferne von Einfluß, als es in jüngerer Zeit auch mechanische Ausbringungssysteme gibt, welche durch ein unterirdisches Rohrsystem hydraulisch den Mist auf die Mistplatte drücken und dabei den Miststapel von unten aufwerfen, oberflächlich also nur abgetrockneter älterer Mist liegt. Bei herkömmlichen Systemen wird der frische Mist immer oben aufgeworfen, was zu stärkeren Emissionen führt. Allerdings ist die unterirdische Preßkolbenentmistung bei strohreichen Misten (Zuchtsauenhaltung) nicht möglich. Beim gegenständlichen Aufstallungssystem wird der Mist mit dem Frontlader ausgetragen, wird also oberflächlich auf den Stapel aufgebracht, jedoch nicht täglich, wie dies häufig der Fall ist, sondern in mehrwöchigem Intervall, sodaß auch dadurch im Vergleich geringere Emissionen entstehen. Die bauliche Ausgestaltung einer Mistlagerstätte beeinflußt deren Geruchsentwicklung, indem durch Maßnahmen, welche ein rasches Ableiten von Flüssigkeiten gewährleisten, Emissionen vermieden werden. Dieser Tatsache wurde im gegenständlichen Projekt durch entsprechende Gefällsausbildungen und einem Einlauf in die Güllegrube Rechnung getragen.
...
Im Ortsteil U. sind laut rechtskräftigem Raumordnungsprogramm die Widmungen Bauland-Agrargebiet und Grünland-Landwirtschaft ausgewiesen. Die bebauungsgegenständliche Fläche sowie das angrenzende Grundstück Nr. 82/2 sind als Bauland-Agrargebiet ausgewiesen.
Das Bauland-Agrargebiet ist nach den Bestimmungen des NÖ Raumordnungsgesetzes (§ 16 Abs. 1 Z. 5) insbesondere für Bauwerke land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und der sonstigen Tierhaltung, welche über die übliche Haltung von Haustieren hinausgeht, vorgesehen. Stallungen, und wie bereits obenstehend beschrieben damit in unmittelbarem Zusammenhang stehend auch Lagerstätten für Festmist sind übliche Baulichkeiten im Agrargebiet. Die Zuchtsauenhaltung ist eine in der Landwirtschaft übliche Tierhaltung. Es sind daher Geruchsimmissionen aus Festmistlagerstätten für Festmist aus der Zuchtsauenhaltung grundsätzlich im Bauland-Agrargebiet ortsüblich.
Ob auch Immissionen aus unmittelbar an der Grundgrenze befindlichen Düngestätten üblich sind, wäre noch näher zu erörtern:
Die Widmung einer Fläche als Bauland bedeutet bereits, daß hier eine mehr oder weniger dichte Verbauung vorliegt oder vorgesehen ist, zwischen den einzelnen Bauwerken also nur geringe Abstände gegeben sind. Betrachtet man die Ortsstruktur vieler niederösterreichischer Dorfgebiete, insbesondere die Anger- und Straßendörfer in den Regionen des Wiener Beckens, Weinviertels, Tullner Feld und St. Pöltner Raum, so sind diese gekennzeichnet durch dichte Verbauung mit Streck-, Haken- und Zwerchhöfen. Streckhöfe sind gekennzeichnet durch eng aneinandergebaute Wohn-, Stall-, Scheunen- und Schuppentrakte, rechtwinkelig mit der Giebelseite des Wohnhauses zur Dorfstraße gestellt. Den schmalen Hof begrenzt die fensterlose Wand des Nachbarhofes. Der Hakenhof ist ein Streckhof, der mit quergestellter Scheune abgeschlossen wird. Der Zwerchhof stellt einen Streck- bzw. Hakenhof mit gegen die Straße zu gelegenem, quergestelltem Wohntrakt dar. Die Hofeinfahrt ist überdeckt. Bei all diesen Hofformen liegen die Stallungen unmittelbar im Anschluß an die Wohntrakte. Dies ist dadurch begründet, daß die Tiere ja mehrmals täglich, bei jeder Witterung, betreut werden müssen, und dazu der Weg so gering wie möglich gehalten werden soll. Auf die Stallungen folgend ist in der Regel die Düngerstätte zu finden. Diese liegt meist aufgrund der schmalen Grundstücke und der Anordnung der Gebäude, um die Durchfahrt frei zu halten, an einer seitlichen Grundstücksgrenze. Ein - wenn auch aufgrund der unmittelbar auf das Wohnhaus folgenden Stallungen geringfügiger - Immissionsschutz wird bei dieser Bebauung dadurch gewährleistet, daß diese Art der Anordnung der Baulichkeiten im wesentlichen einheitlich durchgeführt wurde, und so immer die Wohnhäuser im vorderen Bereich der Grundstücke, im mittleren die Stallungen, daran anschließend die Düngerlagerstätten und abschließend die Scheunen situiert sind. Wie an der Grafik ersichtlich, sind dabei die Wohnräume traditionell nicht hofseitig, sondern straßenseitig orientiert.
Diese Bebauungsweise ist häufig zu finden, und wie aus dem Mappenblatt der gegenständlichen KG ersichtlich ist, entsprechen auch das gegenständliche Gehöft des Konsenswerbers sowie die benachbarten Gebäude (Grundstücke Nr. 86/2, 83/3, 51) in etwa diesem Bebauungsschema.
...
Zusammenfassend können die beiden Fragen derart beantwortet werden, daß die Immissionen aus einer Festmistlagerstätte, welche der geplanten Ausführung und Betriebsweise entspricht, ortsübliche Immissionen in einem Bauland-Agrargebiet darstellen, auch wenn sich diese Düngerstätte unmittelbar an der Grundgrenze befindet."
Der medizinische Sachverständige führte hiezu in seinem Gutachten aus, durch die geplante Düngerlagerstätte würden Geruchsimmissionen insbesondere bei Niederdruckwetter für die Nachbarn zwar wahrnehmbar sein, eine Gesundheitsgefährdung sei jedoch dadurch nicht gegeben. Da in U. die agrarische Wirtschaftsstruktur mit Vieh- und insbesondere Schweinehaltung vorherrsche, müsse eine das örtlich zumutbare Maß übersteigende Belästigung durch das geplante Projekt verneint werden.
Daraus folgerte die belangte Behörde, dass insgesamt eine das örtlich zumutbare Maß übersteigende Geruchsimmission durch die bewilligte Düngerstätte nicht zu befürchten sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Versagung der Baubewilligung für die Düngerstätte verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Das im Beschwerdefall zu bebauende Grundstück liegt im Bauland-Agrargebiet.
Gemäß § 16 Abs. 1 Z. 5 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 (ROG 1976) in der hier anzuwendenden Fassung der Novelle LGBl. 8000-10 sind Agrargebiete solche Gebiete, die für Bauwerke land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und der sonstigen Tierhaltung, die über die übliche Haltung von Haustieren hinausgeht, bestimmt sind.
Im Bauland-Agrargebiet ist die Errichtung eines Schweinestalles grundsätzlich zulässig, weil es sich um ein Betriebsgebäude im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 5 NÖ ROG 1976 handelt, das landwirtschaftlichen Zwecken dient (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. April 1993, Zl. 92/05/0028). Mit der Errichtung eines Schweinemaststalles ist auch die Zulässigkeit einer damit verbundenen Errichtung einer Düngerstätte und einer Jauchegrube verbunden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. September 1990, Zl. 90/05/0069).
Die Widmungskonformität des beschwerdegegenständlichen Bauvorhabens wird von der Beschwerdeführerin auch nicht angezweifelt. Sie behauptet jedoch - insbesondere aufgrund der projektierten Lage - eine über das örtlich zumutbare Maß hinausgehende Geruchsbelästigung durch die bewilligte Düngerstätte.
Im Hinblick auf die Übergangsbestimmung des § 77 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 1996 kommt im Beschwerdefall der beschwerdeführenden Nachbarin aus den Bestimmungen des § 118 Abs. 8 und 9 in Verbindung mit § 62 Abs. 2 der NÖ Bauordnung 1976 ein subjektiv-öffentliches Recht auf Schutz vor Geruchsbelästigung zu (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1984, Zl. 81/05/0076, Bau-Slg. Nr. 322, u.v.a.).
Gemäß § 62 Abs. 2 der NÖ Bauordnung 1976 sind für Bauwerke, die nach Größe, Lage und Verwendungszweck erhöhten Anforderungen nach Festigkeit, Brandschutz, Sicherheit und Gesundheit entsprechen müssen oder die Belästigungen der Nachbarn erwarten lassen, welche das örtlich zumutbare Maß übersteigen, die zur Abwehr dieser Gefahren oder Belästigungen nötigen Vorkehrungen zu treffen; diese Auflagen haben sich insbesondere auf Größe und Ausstattung der Stiegen, Gänge, Ausfahrten, Ausgänge, Türen und Fenster, besondere Konstruktionen der Wände und Decken, die Errichtung von Brandwänden sowie das Anbringen von Feuerlösch- und Feuermeldeanlagen zu beziehen. Zur Vermeidung von Umweltbelastungen kann die Baubehörde auch die Pflanzung und Erhaltung von Grünanlagen vorschreiben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass nach § 62 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1976 nicht entscheidend ist, ob die Haltung von Tieren im Rahmen einer Landwirtschaft in einer bestimmten Gemeinde bisher üblich war oder nicht, sondern, ob Belästigungen der Nachbarn zu erwarten sind, die das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigen. Das im § 62 Abs. 2 leg. cit. festgesetzte Kriterium ist das "örtlich zumutbare Maß", nicht jedoch die bisherige Geruchsentwicklung (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1997, Zl. 94/05/0291). Aus dieser Regelung erwächst den Nachbarn zwar ein subjektiv-öffentliches Recht auf Schutz z.B. vor Geruchsbelästigung. § 62 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1976 gewährt allerdings - anders als der durch einzelne Widmungs- und Nutzungsarten eingeräumte Immissionsschutz - keinen absoluten, zu einer Versagung des Bauvorhabens führenden Immissionsschutz des Nachbarn (vgl. hiezu das vorzitierte hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1997).
Es bedurfte daher im Beschwerdefall keiner weiteren "ausdrücklichen" Feststellung - wie in der Beschwerde gefordert -, dass das an das vom Bauvorhaben betroffene Grundstück angrenzende Grundstück der Beschwerdeführerin eine Bauparzelle sei, vielmehr hatten die Baubehörden nur zu prüfen, ob die durch die hier zu beurteilende Düngerstätte bewirkte Geruchsbelästigung das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigt. Auch die fehlende Feststellung über die Windverhältnisse zur Klärung der Frage, inwieweit von der beschwerdegegenständlichen Düngerstätte eingetrockneter Schweinemist oder Einstreu auf das Grundstück der Beschwerdeführerin verweht werden könnte, vermag im Beschwerdefall keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu begründen, weil die Beschwerdeführerin nur bezüglich der behaupteten Geruchsbelästigung rechtzeitig Einwendungen erhoben hat. Hinsichtlich der nunmehr geltend gemachten weiteren Belästigung kommt der Beschwerdeführerin mangels rechtzeitig erhobener Einwendung kein Mitspracherecht zu. Die insoweit eingetretene Präklusion ist auch vom Verwaltungsgerichtshof zu beachten.
Bei Bewertung der Geruchsbelästigung hat die belangte Behörde, ausgehend von den eingeholten Sachverständigengutachten, auch die Witterungseinflüsse mitberücksichtigt. Insoweit die Beschwerdeführerin die Gefahr einer Beeinträchtigung des Grundwasserhaushaltes durch die bewilligte Düngerstätte behauptet, macht sie kein im baubehördlichen Bewilligungsverfahren dem Nachbarn zustehendes subjektiv-öffentliches Recht geltend (vgl. hiezu Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 5. Auflage, Seite 320). Entgegen den Beschwerdebehauptungen hat der agrartechnische Sachverständige in seinem Gutachten den auf der Düngerstätte zu lagernden Mist nachvollziehbar und hinreichend detailliert beschrieben. Aus den im Befund beschriebenen Verfahrensabläufen beim Betrieb eines Zuchtstalles der hier zu beurteilenden Art konnten die Baubehörden ohne Rechtsirrtum davon ausgehen, dass die von der beschwerdegegenständlichen Düngerstätte ausgehenden Emissionen bezüglich der Geruchsqualität und -intensität keine Immissionen bewirken, die über das örtlich zumutbare Ausmaß in dem als Bauland-Agrargebiet gewidmeten Ortsteil hinausgehen. Im Gutachten des agrartechnischen Sachverständigen ist auch näher begründet dargelegt, dass die bewilligte Düngerstätte dem Stand der Technik entspricht. Zur Beurteilung der Zulässigkeit einer Düngerstätte an der Grundstücksgrenze in einem als Bauland-Agrargebiet gewidmeten Gemeindegebiet mit dörflichen Strukturen hat der agrartechnische Sachverständige das Bebauungsschema in bestimmten niederösterreichischen Dörfern, zu welchem auch das beschwerdegegenständliche Gebiet gehört, näher beschrieben. Aus diesem Gutachten ergibt sich in einer auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht als unschlüssig zu erkennenden Weise, dass eine Düngerstätte der hier zu beurteilenden Art beim Nachbargrundstück der Beschwerdeführerin keine Geruchsbelästigungen erwarten lässt, welche das örtlich zumutbare Maß übersteigen. Da auch der medizinische Sachverständige eine das örtlich zumutbare Maß übersteigende Belästigung durch die bewilligte Düngerstätte verneint hat, bedurfte es auch keiner weiteren Auflagen im Sinne des § 62 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1976 zur Verhinderung von Geruchsbelästigungen. Der angefochtene Bescheid erweist sich somit frei von Rechtsirrtum.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 23. März 1999
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