Normen
BSVG §2 Abs1 Z1;
BSVG §3 Abs1 Z1;
BSVG §3 Abs2;
BSVG §2 Abs1 Z1;
BSVG §3 Abs1 Z1;
BSVG §3 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Begehren des Mitbeteiligten auf Kostenersatz wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 17. Februar 1995 sprach die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt aus, dass der Mitbeteiligte ab 1. Mai 1992 gemäß § 3 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes (BSVG) in der Unfallversicherung pflichtversichert sei.
Nach der Begründung bewirtschaftet der Mitbeteiligte einen Weingarten im Ausmaß von 0,2871 ha mit einem Einheitswert von S 13.000,--. Dieser Weingarten sei im Hinblick auf eine gewährte Stilllegeprämie gerodet worden. Nach den Richtlinien für die Gewährung dieser Stilllegeprämie seien auf der gerodeten Fläche lediglich Begrünungs- und Pflegemaßnahmen durchzuführen. Diese Arbeiten erfolgten auf Rechnung und Gefahr des Mitbeteiligten. Die Bearbeitungsmaßnahmen dienten in der Folge der Bodenverbesserung und seien somit auch von erwerbswirtschaftlicher Bedeutung. Der stillgelegte Weingarten sei deshalb einer üblicherweise bewirtschafteten Fläche gleichzusetzen.
Dem dagegen erhobenen Einspruch des Mitbeteiligten gab der Landeshauptmann von Burgenland mit Bescheid vom 16. Jänner 1996 Folge und verneinte die Versicherungspflicht des Mitbeteiligten in der Unfallversicherung nach dem BSVG.
Nach der Begründung seien bei Prüfung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht nur solche land(forst)wirtschaftlichen Flächen zu berücksichtigen, die im Rahmen eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes im Sinne des Landarbeitsgesetzes in die Bewirtschaftung einbezogen seien. Nicht in die "Bewirtschaftung" einbezogene Flächen seien nach Maßgabe des § 23 Abs. 5 erster Satz BSVG mit dem ersten Tag des Kalendermonates, der der Änderung folge, bei der Bildung des Versicherungswertes nicht mehr zu berücksichtigen (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. April 1991, Zl. 90/08/0155). Dabei sei allerdings auch im Bereich der Landwirtschaft eine Berücksichtigung nicht dadurch von vornherein ausgeschlossen, dass einzelne Flächen aus agrartechnischen Gründen zeitweilig tatsächlich nicht genützt würden.
Der Mitbeteiligte habe eine Förderung zur Weingarten-Stilllegung gemäß der Sonderrichtlinie Zl. 800.438/20-II D 16/91 des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft (in der Folge: Sonderrichtlinie) erhalten. Dabei habe er sich insbesondere verpflichtet, während der Dauer der Stilllegung über das Auspflanzungsrecht auf Grund der Rodung nicht zu verfügen. Die für eine Dauer von sechs Jahren übernommene Verpflichtung sei als eine Unterbrechung einer objektiv auf die Schaffung von Einkünften in Geld- und Güterform abzielende landwirtschaftliche Bewirtschaftung zu beurteilen. Dies insbesondere im Hinblick auf den Umstand, dass es bei einem Produktionsverzicht für sechs Jahre noch erfahrungsgemäß weiterer vier bis fünf Jahre bedürfe, bis ein danach allenfalls ausgepflanzter Weingarten einen Ertrag bringe. Wenn der Gesetzgeber land(forst)wirtschaftliche Arbeiten im technischen Sinn, die der Pflege der Umwelt bzw. eines Grundstückes dienten und nicht objektiv auf die Schaffung von Einkünften in Geld- oder Güterform abzielten, unter den Schutz der Unfallversicherung nach dem BSVG stellen wolle, so hätte er dies durch eine entsprechende gesetzliche Regelung vorsehen müssen.
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt wurde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben und der Bescheid des Landeshauptmannes bestätigt.
Nach der Begründung habe der Beschwerdeführer eine Förderung nach der erwähnten Sonderrichtlinie für eine als Weingarten bewertete Fläche von 0,2871 ha mit einem S 2.000,-- übersteigenden Einheitswert erhalten. Mit Schreiben vom 5. Mai 1992 habe der Beschwerdeführer bekannt gegeben, dass er den gegenständlichen Weingarten gerodet und eine Grünbrache angelegt habe. Er habe sich verpflichtet, während der Dauer der Stilllegung über das Auspflanzungsrecht nicht zu verfügen, die Grünbrachefläche nicht zu düngen, insbesondere keine mineralischen oder organischen Düngemittel, Wirtschaftsdünger, Klärschlämme, Schlempen oder Müllkomposte sowie auch keine anderen Stoffe auf der Grünbrache auszubringen, darauf auch keine Pflanzenschutzmittel einzusetzen, sofern Rechtsvorschriften dem nicht entgegenstünden, den Aufwuchs der Grünbrachefläche nicht zu Fütterungszwecken zu verwenden, den Bewuchs nicht abzuweiden oder in irgendeiner Form zu verwerten, ausgenommen die Kompostierung direkt auf der Parzelle. Er dürfe die Grünbrachefläche auch nicht für andere Zwecke verwenden. Ebenso sei vereinbart worden, dass hinsichtlich der zeitlichen Vornahme der Pflegemaßnahmen auf die Interessen des Wildschutzes zu achten sei, jedoch Pflegemaßnahmen in dem Ausmaß unerlässlich seien, dass z.B. derartige Flächen nicht zu einem Verbreitungsherd unerwünschter Unkrautbestände führten und damit einen vermehrten Herbizideinsatz auf den benachbarten Flächen auslösten.
Die belangte Behörde gehe auf Grund des festgestellten Sachverhaltes davon aus, dass im Beschwerdefall kein land(forst)wirtschaftlicher Betrieb im Sinne des Landarbeitsgesetzes vorliege. Durch die Verpflichtung, den Weingarten zur Erreichung der Förderung nach der erwähnten Sonderrichtlinie zu roden und auf die Dauer von sechs Jahren auf die Auspflanzung zu verzichten und auf Grund der Tatsache, dass Weinstöcke erst ab dem vierten Jahr nach ihrer Auspflanzung vollen Ertrag brächten, bedeute eine Vorgangsweise nach dieser Richtlinie eine Unterbrechung der Weinproduktion für ca. zehn Jahre. Der Hinweis der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. April 1991, Zl. 90/08/0155, könne deren Standpunkt nicht stützen, da diesem Erkenntnis ein wesentlich anderer Sachverhalt (einjährige Grünbrache auf Ackerland) zu Grunde gelegen sei. Die auf Grund der Förderung übernommene Verpflichtung, die stillgelegte Fläche mit einer Grünbrachemischung oder einer gleichwertigen Einsaat zu begrünen und den Aufwuchs laufend unter Berücksichtigung der oben erwähnten Einschränkungen zu pflegen, liege nicht auf der Linie einer landwirtschaftlichen Bewirtschaftung. Dazu komme auch noch das Verbot, Pflanzenschutzmittel einzusetzen und die Grünfläche zu düngen. Auch die Tatsache, dass für die Stilllegung eine Prämie gewährt worden sei, könne nicht als Ausfluss einer selbstständigen Erwerbstätigkeit im Rahmen eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes angesehen werden. Die nach der Sonderrichtlinie verbotene Verwertung des Aufwuchses der Grünbrachefläche (keine Verwertung zu Fütterungszwecken, keine Abweidung, ausgenommen Kompostierung direkt auf der Parzelle) entspreche jenem Fall, der dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juni 1980, Zlen. 2869, 2870/78, zu Grunde gelegen sei ("Grasvernichtungsfall").
Auf das Berufungsvorbringen der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt, es sei die Prognoseentscheidung gerechtfertigt, aus den Erträgen der Liegenschaft könne künftig wirtschaftlicher Nutzen gezogen werden, sei zu erwidern, dass während des Zeitraumes der Stilllegung unter den genannten Bedingungen eine solche Entscheidung nicht gerechtfertigt sei. Die Stilllegeprämie könne als Einkommensersatz, aber nicht als Produkt einer land(forst)wirtschaftlichen Bewirtschaftung angesehen werden. Eine Versicherungspflicht des Beschwerdeführers in der Unfallversicherung nach dem BSVG sei daher nicht gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen. Sie beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Mitbeteiligte beantragt in einer Stellungnahme die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 3 Abs. 1 Z. 1 BSVG sind in der Unfallversicherung, soweit es sich um natürliche Personen handelt, diejenigen Personen pflichtversichert, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287, führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird.
Die Pflichtversicherung gemäß Abs. 1 besteht nach § 3 Abs. 2 BSVG nur, wenn es sich um einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb handelt, dessen zuletzt im Sinne des § 25 des Bewertungsgesetzes festgestellter Einheitswert den Betrag von S 2.000,-- erreicht oder übersteigt oder für den ein Einheitswert aus anderen als den Gründen des § 25 Z. 1 des Bewertungsgesetzes nicht festgestellt wird.
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist ausschließlich die Frage strittig, ob der Mitbeteiligte im Hinblick auf die mit Förderungsmaßnahmen eingerichtete Grünbrachefläche ("Ökofläche") auf seine Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes geführt hat.
Die belangte Behörde hat diese Frage im Wesentlichen mit der Begründung verneint, dass wegen der Rodung der Weinstöcke und der Verpflichtung, für sechs Jahre auf eine Auspflanzung zu verzichten, eine Unterbrechung der Produktion gegeben sei.
Dem gegenüber vertritt die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt die Auffassung, dass die tatsächlich durchgeführten Arbeiten, wie Roden, Begrünen, regelmäßiges Abmähen und Häckseln, zweifellos landwirtschaftliche Tätigkeiten im technischen Sinn seien. Eine Grünbrache erfordere außerdem kaum weniger Arbeits- und Betriebsaufwand als z.B. ein Getreidefeld. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme es auf die tatsächliche Nutzung an, die zumindest eine Prognoseentscheidung rechtfertige, dass aus den Erträgen des Bodens künftig wirtschaftlicher Nutzen gezogen werde (Erkenntnis vom 26. März 1982, Zl. 81/08/0175). Ein Betrieb der Land(Forst)wirtschaft müsse auch dann angenommen werden, wenn eine landwirtschaftliche Tätigkeit im technischen Sinn entwickelt werde, ohne dass dabei eine Gewinnerzielung beabsichtigt oder möglich sei. Die belangte Behörde habe daher zu Unrecht den Betrieb einer Landwirtschaft verneint. Nach den Sonderrichtlinien verfolge die Anlage von Grünbracheflächen auch das Ziel, landwirtschaftlich genutzte Flächen vorübergehend aus der Nutzung auszugliedern und zur Verbesserung der ökologischen Gegebenheiten ausgewählter Bereiche beizutragen. Eine Förderung könne auch nur dann gewährt werden, wenn die gerodeten und stillgelegten Flächen mit einer von der Landwirtschaftskammer empfohlenen Grünbrachemischung und einer gleichwertigen Einsaat begrünt würden und der Aufwuchs laufend gepflegt werde. All diese Maßnahmen führten schließlich dazu, dass die Bodenqualität entscheidend verbessert werde und in Zukunft reichere Erträge erwirtschaftet werden könnten. Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (vom 16. April 1991, Zl. 90/08/0155) handle es sich bei der "Ökobrache" um eine produktionstechnische Maßnahme, die dem selbstständigen Erwerb diene. Die Stilllegungsprämie sei Zubehör zum land(forst)wirtschaftlichen Betrieb und daher eine erwerbswirtschaftliche Einkunftsart aus der Land(Forst)wirtschaft.
Nach dem von der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (vom 16. April 1991, Zl. 90/08/0155) ist entscheidend, ob die landwirtschaftlichen Tätigkeiten - unabhängig von der Absicht oder Möglichkeit einer Gewinnerzielung, zumindest auch zum Zwecke des Erwerbes im Rahmen des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes - ausgeübt werden, das heißt objektiv die Schaffung von Einkünften in Geld- oder Güterform bezwecken, und damit auf der Linie der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung im Rahmen der Betriebsführung liegen. Dies ist dann zu bejahen, wenn es sich nur um eine kurzfristige (im damaligen Beschwerdefall um eine auf die Dauer eines Jahres befristete), auch der künftigen Produktion dienende Unterbrechung der üblichen Bodennutzung (Produktion von Getreide und Körnermais) im Rahmen einer sonst durchgehenden landwirtschaftlichen Produktion handelt.
Von dem in diesem Erkenntnis behandelten Fall unterscheidet sich der vorliegende allerdings dadurch, dass es sich bei ihm nicht um eine nur kurzfristige Unterbrechung der üblichen Bodennutzung im Rahmen einer sonst durchgehenden landwirtschaftlichen Betriebsführung handelt, da der Mitbeteiligte jedenfalls für die Dauer von sechs Jahren seinen (einzigen) Weingarten nicht bewirtschaften darf. Eine damit etwa verbundene Verbesserung der Bodenqualität der betroffenen Fläche, deren Auswirkung aber davon abhängt, ob der Mitbeteiligte überhaupt jemals wieder eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung auf der erwähnten Grundfläche aufnimmt, tritt demgegenüber in den Hintergrund. Der Beschwerdefall gleicht vielmehr dem im Erkenntnis vom 27. Juni 1980, Zlen. 2869, 2870/78, behandelten "Grasvernichtungsfall". Nach dem unbestrittenen Vorbringen des Mitbeteiligten wird der Aufwuchs der Grünbrachefläche nämlich nicht weiter landwirtschaftlich genutzt, sondern auf der Parzelle kompostiert (zum Abmähen von Gras vgl. auch das Erkenntnis vom 4. Oktober 2001, Zl. 97/08/0643).
Auf Grund dieser Erwägungen war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Dem nicht durch einen Anwalt vertretenen Mitbeteiligten steht kein Ersatz des Schriftsatzaufwandes zu (vgl. etwa das Erkenntnis vom 19. Jänner 1999, Zl. 96/08/0269). Sein Kostenbegehren war daher abzuweisen.
Wien, am 30. Jänner 2002
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