VwGH 90/08/0155

VwGH90/08/015516.4.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde der Sozialversicherungsanstalt der Bauern in Wien gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 18. Juli 1990, Zl. SV-1211/8-1990, betreffend Feststellung von Beitragsgrundlagen in der Pensionsversicherung der Bauern (mitbeteiligte Partei: P), zu Recht erkannt:

Normen

BSVG §2 Abs1;
BSVG §2 Abs2 impl;
BSVG §2 Abs2;
BSVG §23 Abs2;
BSVG §3 Abs2 impl;
Richtlinien Förderung Grünbracheflächen BMLF 1988;
VwRallg;
BSVG §2 Abs1;
BSVG §2 Abs2 impl;
BSVG §2 Abs2;
BSVG §23 Abs2;
BSVG §3 Abs2 impl;
Richtlinien Förderung Grünbracheflächen BMLF 1988;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 14. Dezember 1989 stellte die Beschwerdeführerin fest, daß gemäß § 23 BSVG für die Mitbeteiligte in der Pensionsversicherung der Bauern folgende Beitragsgrundlage der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sei:

Für die Zeit

"vom bis monatliche Beitragsgrundlage S

01.01.1988 30.09.1988 11.553,--

01.10.1988 31.12.1988 3.490,--

01.01.1989 30.04.1989 3.581,--".

 

Begründet wurde dieser Bescheid damit, daß Grundlage für die Berechnung der Beiträge der Versicherungswert (= monatliche Beitragsgrundlage) sei. Dieser werde vom geltenden Einheitswert des land(forst-)wirtschaftlichen Betriebes abgeleitet und jährlich aufgewertet (§ 23 Abs. 1 und 2 BSVG). Er sei das vom Gesetzgeber angenommene durchschnittliche Einkommen eines Betriebsführers. Änderungen des Einheitswertes, die sich durch Verkäufe und Aufgabe von Bewirtschaftungsflächen ergäben, würden mit dem Ersten des darauffolgenden Monates wirksam (§ 23 Abs. 5 erster Satz BSVG). Die durchgeführten Erhebungen hätten ergeben, daß sich durch Verkäufe von landwirtschaftlichen "Gründen" das Gesamtausmaß der "Gründe" der Mitbeteiligten (von 23,3858 ha) um 0,6981 ha verringert habe. Weiters habe die Mitbeteiligte ab 1. Oktober 1988 eine Allflächenbrache von 14 ha Ackerfläche durchgeführt. Auf Grund dieser Bewirtschaftungsverhältnisse ergebe sich für die Zeit vom 1. Jänner 1988 bis 30. September 1988 ein Einheitswert von S 129.000,-- und für die Zeit vom 1. Oktober 1988 bis 30. April 1989 ein solcher von S 40.200,--. Von diesen Einheitswerten seien die im Spruch angeführten Beitragsgrundlagen zu berechnen gewesen.

Dem von der Mitbeteiligten dagegen erhobenen Einspruch gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid teilweise Folge und sprach gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Abänderung des bekämpften Bescheides aus, daß gemäß § 23 BSVG für die Mitbeteiligte die Beitragsgrundlagen in der Bauernpensionsversicherung für die Zeit vom 1. Oktober 1988 bis 31. Dezember 1988 S 11.553,-- und für die Zeit vom 1. Jänner 1989 bis 30. April 1989 S 11.853,-- betrügen. Die Beitragsgrundlagenfeststellung für die Zeit vom 1. Jänner bis 30. September 1988 werde bestätigt. Nach der Bescheidbegründung sei die Beschwerdeführerin zwar - entsprechend dem zum "1. Jänner 1988/89 wirksamen Hauptfeststellungsbescheid" zu Recht - für die Zeit ab 1. Jänner 1988 von einem die Verringerung der landwirtschaftlich genutzten Fläche von 18,9805 ha auf 18,2824 ha berücksichtigenden niedrigeren Einheitswert ausgegangen (dies ist nicht Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens); die Beschwerdeführerin habe aber zu Unrecht ab 1. Oktober 1988 die Allflächenbrache von 14 ha Ackerfläche als einen die monatliche Beitragsgrundlage vermindernden Umstand gewertet. Diesbezüglich habe die Mitbeteiligte im Einspruch vorgebracht, es sei diese Allflächenbrache für die Dauer eines Jahres, also vom 1. Oktober 1988 bis 1. Dezember 1989 durchgeführt worden, ihrerseits vom 1. Oktober 1988 bis zur Aufgabe der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit mit 30. April 1989. Die Beschwerdeführerin sei offensichtlich der irrtümlichen Ansicht, die Durchführung einer Allflächenbrache bedeute die Aufgabe der Bewirtschaftung der Grundstücke. Dies sei jedoch völlig unrichtig. Sie stelle eine Form einer extensiveren Bewirtschaftung dar, insbesondere mit dem Ziel, die Qualität und Gesundheit des Bodens zu verbessern und die Überproduktion einzudämmen. Daß es sich bei der Anlage von vorübergehenden Grünbracheflächen um eine Form der Bewirtschaftung handle, zeige auch die Tatsache, daß hiefür ein erheblicher Arbeits- und Betriebsaufwand erforderlich sei. Die Flächen seien zunächst zu ackern und zu eggen und sodann habe "die Aussaat der Grundstücke" zu erfolgen, die später zu häckseln und in weiterer Folge einzupflügen sei. Für diese Bewirtschaftung erhalte sie eine Flächenprämie. Am landwirtschaftlichen Einheitswert habe sich durch diese Maßnahme nichts geändert. Es sei daher eine Herabsetzung der Beitragsgrundlage, die zu einer Kürzung ihrer Pension führen würde, in keiner Weise gerechtfertigt. Die Beschwerdeführerin vertrete demgegenüber die Auffassung, daß der auf die ab 1. Oktober 1988 brachliegende Ackerfläche von 14 ha entfallende Einheitswert der Ermittlung der Beitragsgrundlage nicht zugrunde gelegt werden dürfe. Sie verweise diesbezüglich auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach es auf das äußere Erscheinungsbild der nachhaltigen Tätigkeit zum Zweck der Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse der landwirtschaftlichen Produktion ankomme, insbesondere darauf, daß dann, wenn das Gras vernichtet werde, keine landwirtschaftliche Bewirtschaftung vorliege. Dem sei nicht zu folgen. Zwar sei nach den von der Beschwerdeführerin zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juni 1980 "Zl. 2869/78" (richtig: Zlen. 2869, 2870/78), und vom 16. Oktober 1986, Zl. 83/08/0256, der Schluß, es müsse, wenn einmal im Jahr das Gras gemäht werde, allein deshalb eine landwirtschaftliche Tätigkeit im technischen Sinn vorliegen, unrichtig. Damit nämlich eine Tätigkeit in diesem Sinne vorläge, müßte mit dem gemähten Gras in einer Art verfahren werden, die an sich - ohne daß es auf Gewinnerzielungsabsicht ankäme - auf der Linie einer landwirtschaftlichen Bewirtschaftung liege. Sollte aber das Gras bloß vernichtet werden (z.B. um der Gefahr eines Grasbrandes vorzubeugen), so läge keine landwirtschaftliche Bewirtschaftung vor. In der Entscheidung vom 16. Oktober 1986 sei auch ausgesprochen worden, daß der Bewirtschafter eines "Naschobstgartens" nicht der Versicherungspflicht nach dem BSVG unterliege. Nach der von der Beschwerdeführerin ebenfalls zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. März 1982, Zl. 81/08/0175, sei entscheidend, ob der Besitzer tatsächlich bereits Handlungen gesetzt habe, die sich als eine wirtschaftliche Nutzung darstellten oder zumindest eine Prognoseentscheidung rechtfertigten, daß er aus den Erträgen künftig wirtschaftlichen Nutzen ziehen werde. Es komme also auf die vollzogene tatsächliche Nutzung oder zumindest auf die im Hinblick auf künftige Erträge tatsächlich gesetzten Bewirtschaftungshandlungen an. Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Dezember 1981, Zl. 08/2663/79, müsse das Vorliegen eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft auch dann angenommen werden, wenn eine landwirtschaftliche Tätigkeit im technischen Sinn entwickelt werde, ohne daß hiebei eine Gewinnerzielung beabsichtigt oder möglich sei. Bei der Prüfung der Versicherungs- und Beitragspflicht seien nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juni 1982, Zl. 81/08/0051, nur solche landwirtschaftlichen Flächen zu berücksichtigen, die im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes im Sinne des Landarbeitsgesetzes in die Bewirtschaftung einbezogen seien, wobei allerdings im Bereich der Landwirtschaft eine Berücksichtigung nicht dadurch von vornherein ausgeschlossen sei, daß einzelne Flächen aus agrartechnischen Gründen zeitweise tatsächlich nicht genützt würden. Nach den Sonderrichtlinien des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft verfolge die Anlage von Grünbracheflächen das Ziel, landwirtschaftlich genutzte Flächen vorübergehend aus der Ackernutzung auszugliedern und zur Verminderung der Produktion von Getreide und Mais sowie zur Verbesserung der ökologischen Situation ausgewählter Bereiche beizutragen. Die Mitbeteiligte habe im Einspruch und in einer Stellungnahme während des Einspruchsverfahrens erklärt, es seien sehr wohl Bearbeitungsmaßnahmen erforderlich gewesen. Die Flächen seien zu ackern und zu eggen und dann die Aussaat der Gründecke durchzuführen gewesen. Sie sei später zu häckseln und in weiterer Folge einzupflügen gewesen. Dies sei wiederum eine Form der organischen Düngung, die unter anderem zu einer Verbesserung der Humusbildung führe. Von einem Nichtbewirtschaften könne daher keine Rede sein. Eine Anfrage bei der Bezirksbauernkammer Urfahr habe ergeben, daß die Grünbrachefläche des landwirtschaftlichen Betriebes der Mitbeteiligten im späten Frühjahr 1989 von der Bezirksbauernkammer besichtigt worden sei. Sie sei zu diesem Zeitpunkt ortsüblich geackert und geeggt gewesen. Ca. 14 Tage später sei der Anbau einer Gründecke erfolgt. Ackern, Eggen, Aussäen, Mähen bzw. Häckseln und Einackern seien zweifellos landwirtschaftliche Tätigkeiten im technischen Sinn, die zumindest eine Prognoseentscheidung rechtfertigten, es könne aus den Erträgen der Liegenschaft künftig wirtschaftlicher Nutzen gezogen werden. Das auf der Brachefläche wachsende Gras werde schließlich biologischer Dünger. Biologische Produkte hätten einen höheren Preis. Wenn man z.B. vom Dreschen absehe, erfordere die Grünbrache kaum weniger Arbeit als etwa ein Getreidefeld. Die belangte Behörde sei daher zur Überzeugung gelangt, daß die Grünbrache im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auf der Linie einer landwirtschaftlichen Bewirtschaftung liege. Das Vernichten des Grases, um der Gefahr eines Grasbrandes vorzubeugen, sei eine völlig andere Bewirtschaftung der Grünfläche. Die Ausführungen der Mitbeteiligten erwiesen sich daher als stichhältig. Daraus folge, daß bei der Ermittlung der Beitragsgrundlage auch der auf die Brachefläche entfallende Einheitswert zugrunde zu legen sei.

Mit der vorliegenden Beschwerde bekämpft die Beschwerdeführerin den den Zeitraum vom 1. Oktober 1988 bis 30. April 1989 betreffenden Ausspruch des eben genannten Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Im Beschwerdefall sei die Frage zu lösen, ob eine auf Grund der Förderungsmaßnahmen eingerichtete "Allflächenbrache" eine landwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Landarbeitsgesetzes darstelle oder nicht und ob demgemäß die der Mitbeteiligten gehörigen Anteile ihres landwirtschaftlichen Besitzes in die Bemessungsgrundlage weiterhin (nämlich auch ab 1. Oktober 1988) einzubeziehen oder auszuscheiden seien. Der angefochtene Bescheid vermeine aus der Tatsache, daß die Mitbeteiligte gewisse Bearbeitungsmaßnahmen auf ihren Feldern vorgenommen habe, eine landwirtschaftliche Betätigung annehmen zu können. Diese Ansicht gehe an der Zweckbestimmung dieser Brache vorbei. Auch die Ansicht der Mitbeteiligten, es handle sich um eine Sonderform der bis vor 30 oder 40 Jahren noch allgemein üblichen "Dreifelderwirtschaft", gehe am Problem vorbei. Die "Dreifelderwirtschaft" habe eine seit Jahrhunderten geübte Form der Bewirtschaftung landwirtschaftlichen Bodens dargestellt, bei der der Bauer in regelmäßigen Abständen und kontinuierlich, alle Felder betreffend, die Flächen unbearbeitet gelassen habe, um dem Boden die Möglichkeit zur "Erholung" zu geben. Seit Einführung des massiven Einsatzes von Kunstdünger in der Landwirtschaft sei diese Form der Bewirtschaftung völlig abhanden gekommen. Die nun vorliegenden Förderungsmaßnahmen erhöben nicht einmal den Anspruch darauf, diese alte Kulturform wiederbeleben zu wollen, sondern verfolgten ganz andere Ziele. Die "Sonderrichtlinien für die Förderung der Anlage von Grünbracheflächen (Ökologieflächen) im Jahre 1987", die für den vorliegenden Fall die Grundlage darstellten, definierten die Zielsetzung dieser Maßnahme eindeutig. Sie verfolge danach das Ziel "landwirtschaftlich genutzte Flächen vorübergehend aus der Ackernutzung auszugliedern und somit zur Verminderung der Produktion von Getreide und Körnermais und zur Verbesserung der ökologischen Situation ausgewählter Bereiche beizutragen". Die Zielsetzung, die Produktion von Getreide und Körnermais zu vermindern, sei wohl eindeutig. Sie werde im Rahmen der Richtlinien auch dadurch abgesichert, daß der Förderungswerber nur Ackerflächen einbringen dürfe, die in den letzten vier Jahren als Acker zur Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte genutzt worden seien, damit die Getreidefläche im gleichen Umfang verringert werde. Weiters werde ihm untersagt, die Fläche in welcher Form auch immer zu düngen, Pflanzenbehandlungsmittel einzusetzen, den Aufwuchs für Fütterungszwecke zu verwenden oder abzuweiden oder in irgendeiner Form zu verwerten. Schließlich dürfe der Landwirt während der Dauer der Aktion keine Flächen zupachten. Die Aktion solle somit eindeutig jeglichen Ertrag aus den einbezogenen Flächen verhindern und überdies sogar den Landwirt außerstande setzen, die dadurch gewonnene Arbeitskapazität durch Bearbeitung zugepachteter Flächen weiterhin einzusetzen. Als Entschädigung für den damit fraglos entstehenden Ausfall an Einnahmen werde dem Landwirt eine finanzielle Prämie bezahlt. Es möge richtig sein, daß die Mitbeteiligte zur Herstellung des bedingungsgemäßen Zustandes der Grünbrache gewisse Maßnahmen, wie insbesondere die einmalige Begrünung der Fläche, zu treffen gehabt habe. Diese Arbeiten, die vordergründig jenen bei der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung glichen, dienten aber keiner solchen, sondern ausschließlich dazu, den den Richtlinien bedingungsgemäß entsprechenden Zustand herzustellen. Allfällige Bearbeitungsmaßnahmen der Mitbeteiligten dienten daher ausschließlich dazu, ihren Anspruch auf die Prämie zu sichern. Die in den Richtlinien auch erwähnte "Verbesserung der ökologischen Situation ausgewählter Bereiche" sei in ihrer Zielsetzung auch nicht vergleichbar mit der alten Dreifelderwirtschaft. Dem Förderungsgeber gehe es nicht um die einzelnen Ackerflächen des Förderungswerbers, sondern, wie aus der Liste der Gebietsabgrenzung hervorgehe, um übergeordnete größere Bereiche. Das Ziel liege hier darin, durch Wegfall eines Teils der Kunstdüngung z.B. die extrem hohe Nitratbelastung des Grundwassers zu vermindern. Insofern sei diese Förderungsaktion auch nicht vergleichbar mit anderen Förderungsmaßnahmen in der Landwirtschaft, wie z.B. dem Anbau von Ölfrüchten, die zwar den Effekt der Ausgliederung von Ackerflächen für Getreide und Mais ebenfalls verfolgten, dafür aber eine Art von landwirtschaftlicher Produktion förderten, die naturgemäß mit den üblichen Arbeiten in der Landwirtschaft verbunden sei. Bei richtiger rechtlicher Würdigung des Sachverhaltes hätte der angefochtene Bescheid daher zum Ergebnis kommen müssen, daß die der Allflächenbrache unterzogenen Liegenschaftsteile der Mitbeteiligten keiner Bewirtschaftung im Sinne des Landarbeitsgesetzes unterlägen und daher aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden seien. Der angefochtene Bescheid habe den Inhalt der Richtlinien für die Förderung der Anlage von Grünbracheflächen des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom "11.3.1977" (gemeint 11. März 1987) offenbar nicht ausreichend gewürdigt und zur Grundlage seiner Entscheidung genommen. Dies stelle einen Mangel dar, der eine ausführliche Erörterung des zur Entscheidung anstehenden Sachverhaltes verhindert habe. Wäre dieser Mangel nicht unterlaufen, so wäre der angefochtene Bescheid zu einem bestätigenden Ergebnis gekommen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die Mitbeteiligte eine Gegenschrit.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die Mitbeteiligte auch im relevanten Zeitraum vom 1. Oktober 1988 bis 30. April 1989 einen land(forst-)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287, mit einem nach dem Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148, in der in diesem Zeitraum geltenden Fassung festgestellten Einheitswert von über S 33.000,-- auf eigene Rechnung und Gefahr geführt hat und daher nach § 2 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit den Absätzen 2 und 3 BSVG unter anderem in der Pensionsversicherung pflichtversichert war. Strittig ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nur mehr, ob im relevanten Zeitraum wegen der in der Zeit vom 1. Oktober 1988 bis 1. Oktober 1989 auf 14 ha Ackerfläche nach den in der Begründung des angefochtenen Bescheides genannten Sonderrichtlinien des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft eingerichteten "Allflächenbrache" bei Bildung des Versicherungswertes gemäß § 23 Abs. 2 BSVG entsprechend dem ersten Satz des § 23 Abs. 5 BSVG nur ein anteilsmäßig verringerter Einheitswert des land(forst-)wirtschaftlichen Betriebes zugrunde zu legen sei.

Die im Beschwerdefall relevanten Bestimmungen des mit "Beitragsgrundlage" überschriebenen § 23 BSVG lauten:

"(1) Grundlage für die Bemessung der Beiträge in der ... Pensionsversicherung ist für die gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 Pflichtversicherten, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, der Versicherungswert des land(forst-)wirtschaftlichen Betriebes (monatliche Beitragsgrundlage).

(2) Der Versicherungswert ist ein Hundertsatz des Einheitswertes des land(forst-)wirtschaftlichen Betriebes. Hiebei ist von dem zuletzt festgestellten Einheitswert des land(forst-)wirtschaftlichen Betriebes auszugehen ...

(3) Bei Bildung des Versicherungswertes gemäß Abs. 2 sind in den nachstehenden Fällen folgende Werte als Einheitswerte zugrunde zu legen:

...

(Das Brachliegenlassen von Flächen scheint in den angeführten Fällen nicht auf.)

(5) Änderungen des Einheitswertes gemäß Abs. 3 lit. b, c, d und f sowie durch sonstige Flächenänderungen werden mit dem ersten Tag des Kalendermonates wirksam, der der Änderung folgt. Sonstige Änderungen des Einheitswertes werden mit dem ersten Tag des Kalendervierteljahres wirksam, das der Zustellung des Bescheides der Finanzbehörde erster Instanz folgt. Im übrigen ist Abs. 3 entsprechend anzuwenden."

Die belangte Behörde vertritt in der Gegenschrift die Auffassung, der angefochtene Bescheid entspreche schon deshalb dem § 23 BSVG, weil § 23 Abs. 3 BSVG eine (zu ergänzen: taxative) Aufzählung jener Fälle enthalte, in denen der vom Finanzamt festgestellte Einheitswert für Zwecke der Beitragsgrundlagenfeststellung ohne Modifikation unbrauchbar sei, darin aber die Brache im Gegensatz etwa zur Verpachtung oder Zupachtung einer landwirtschaftlichen Fläche nicht angeführt sei. Der Einheitswert werde durch die Brache auch nicht verringert.

Dem ist nicht beizupflichten. Zur Rechtslage vor dem BSVG hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 4. Juni 1982, Zl. 81/08/0051, mit einem (freilich bezogen auf die damalige Rechtslage) inhaltsgleichen Einwand ausführlich befaßt. Diese Erwägungen gelten auch im Bereich des BSVG. Danach ist die Auffassung rechtsirrig, brachliegende Flächen seien jedenfalls (nämlich deshalb, weil sie der Berechnung des von der Finanzbehörde festgestellten Einheitswertes zugrunde gelegt wurden) bei der Bildung des Versicherungswertes zu berücksichtigen. Vielmehr sind nur solche land(forst-)wirtschaftlichen Flächen bei der Prüfung der Versicherungs- und damit bei der Beitragspflicht (der Bildung des Versicherungswertes) zu berücksichtigen, die im Rahmen eines land(forst-)wirtschaftlichen Betriebes im Sinne des Landarbeitsgesetzes in die Bewirtschaftung (in dem im Erkenntnis näher angeführten Sinn) einbezogen sind, wobei allerdings auch im Bereich der Landwirtschaft eine Berücksichtigung nicht dadurch von vornherein ausgeschlossen ist, daß einzelne Flächen aus agrartechnischen Gründen zeitweilig tatsächlich nicht genutzt werden. Nicht in die "Bewirtschaftung" einbezogene Flächen sind nach Maßgabe des ersten Satzes des § 23 Abs. 5 BSVG (Änderungen des Einheitswertes durch sonstige Flächenänderungen) mit dem ersten Tag des Kalendermonates, der der Änderung folgt (nämlich dem Ausscheiden aus der Bewirtschaftung), bei der Bildung des Versicherungswertes nicht mehr zu berücksichtigen.

Vor der Behandlung der sohin entscheidungswesentlichen Frage, ob die ab 1. Oktober 1988 von der "Allflächenbrache" erfaßten 14 ha Ackerfläche als in die "Bewirtschaftung einbezogene Fläche" zu werten ist, ist zunächst zum Vorbringen der belangten Behörde in der Gegenschrift, es hätten für die maßgebliche Zeit nicht die Sonderrichtlinien vom 11. März 1987, sondern jene vom 10. August 1988 gegolten, die von der belangten Behörde - entgegen dem Beschwerdevorbringen - ohnedies ausreichend gewürdigt worden seien, folgendes zu bemerken: Es ist richtig, daß auf die gegenständliche Brache bereits die Sonderrichtlinien vom 10. August 1988 anwendbar waren. In den für die Beurteilung der maßgeblichen Rechtsfrage entscheidenden Gesichtspunkten besteht aber zwischen diesen im Akt erliegenden Sonderrichtlinien kein wesentlicher Unterschied; es wurde lediglich die Gebietsabgrenzung und das Ausmaß der Versuchsflächen anders umschrieben. Deshalb kann bei der rechtlichen Beurteilung auch das insofern die Begründung des angefochtenen Bescheides ergänzende Beschwerdevorbringen mitberücksichtigt werden. Aus dem Umstand, daß die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides den Inhalt der Richtlinien nur teilweise wiedergegeben hat, kann nicht geschlossen werden, sie habe sie offenbar nicht ausreichend gewürdigt und zur Grundlage ihrer Entscheidung genommen. Wie bei der Behandlung der Rechtsrüge näher darzulegen sein wird, hat sie sich nur auf die für die Lösung der Rechtsfrage entscheidenden Gesichtspunkte beschränkt.

Für die Lösung dieser Rechtsfrage ist im Sinne der von der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausführlich zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wesentlich, ob die festgestellten und von der Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellten landwirtschaftlichen Tätigkeiten auf der strittigen Fläche im relevanten Zeitraum von der Mitbeteiligten oder von Bevollmächtigten, Familienangehörigen oder Dienstnehmern für sie - unabhängig von der Absicht oder Möglichkeit einer Gewinnerzielung - zumindest auch zum Zwecke des Erwerbs im Rahmen des land(forst-)wirtschaftlichen Betriebes ausgeübt wurden, d.h. objektiv auch die Schaffung von Einkünften in Geld- oder Güterform bezweckten, und damit auf der Linie der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung im Rahmen der Betriebsführung lagen (vgl. dazu das schon zitierte Erkenntnis vom 4. Juni 1982, Zl. 81/08/0051, mit ausführlichen Judikaturhinweisen). Dies ist zu bejahen. Denn der im Rahmen der land(forst-)wirtschaftlichen Betriebsführung aus den in den Richtlinien angeführten agrar- und ökologiepolitischen Gründen, aber auch zum Zwecke der festgestellten, von der Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellten Verbesserung der Bodenqualität der betroffenen Flächen vorgenommene zeitweilige (im Beschwerdefall auf die Dauer eines Jahres befristete) Verzicht auf eine Produktion von Getreide und Körnermais sowie auf die Verwertung der im Rahmen der bedingungsgemäß vorgenommenen landwirtschaftlichen Tätigkeit erzeugten Produkte kann - in Übereinstimmung mit der Auffassung der belangten Behörde und der Mitbeteiligten - (noch) nicht als eine Unterbrechung einer objektiv auf die Schaffung von Einkünften in Geld- oder Güterform abzielenden landwirtschaftlichen Bewirtschaftung angesehen werden. Von dem im Erkenntnis vom 27. Juni 1980, Zlen. 2869, 2870/78, behandelten Grasvernichtungsfall unterscheidet sich der vorliegende dadurch, daß es sich bei ihm um eine nur kurzfristige, auch der künftigen Produktion dienende Unterbrechung der üblichen Bodennutzung im Rahmen einer sonst durchgehenden landwirtschaftlichen Betriebsführung handelt.

Aus den angeführten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

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