VwGH 96/05/0087

VwGH96/05/00871.9.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Landeshauptstadt Klagenfurt, vertreten durch den Bürgermeister, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 19.Februar 1996, Zl. 8 BauR1-360/1/1995, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei:

Ferdinand Fleiß in Klagenfurt-Wölfnitz, vertreten durch Dr. Friedrich Staudacher, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Alter Platz 30), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §63 Abs3 impl;
BauRallg;
B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art7 Abs1;
GdPlanungsG Krnt 1995 §2 Abs4;
Statut Klagenfurt 1993 §92 Abs1;
Statut Klagenfurt 1993 §93 Abs2;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §63 Abs3 impl;
BauRallg;
B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art7 Abs1;
GdPlanungsG Krnt 1995 §2 Abs4;
Statut Klagenfurt 1993 §92 Abs1;
Statut Klagenfurt 1993 §93 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und dem Mitbeteiligten in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf der Parzelle Nr. 450/1, KG Großponfeld (= Römerweg 50, Wölfnitz) des Mitbeteiligten befindet sich u.a. eine mit Bescheid vom 30. Juli 1987 bewilligte ebenerdige Doppelgarage mit den Ausmaßen 7m x 8m. Die Garage wurde in der Folge unterkellert ausgeführt und es wurde innen ein Stiegenaufgang errichtet; mit Bescheid vom 7. Juni 1990 wurde dafür die Baubewilligung erteilt.

Mit dem bei der Baubehörde am 28. Jänner 1994 eingelangten Ansuchen begehrte der Mitbeteiligte die Umwidmung der Garage als Maschinenraum und des darunterliegenden Kellers als Handwerkstätte, Maschinenraum, Lackiererei und Kompressorraum für einen Einmannbetrieb als Restaurationstischlerei. Weiters ersuchte er um "Aufstellung der im Plan und in der Baubeschreibung beschriebenen Maschinen". In der Baubeschreibung wird der Arbeitsvorgang wie folgt beschrieben:

"Die Möbel werden beim Kunden abgeholt. Die Möbel werden in der Werkstätte zerlegt und mit Schleifpapier geschliffen. Danach werden die Teile mit Spritzbeize gebeizt. Anschließend erfolgt die Lackierung mit einer Politur oder wasserlöslichen Lacken und das Zwischenschleifen. Nach nochmaliger Lackierung werden die Möbelteile wieder zusammengebaut und dem Kunden zugestellt."

Einen Vorhalt der Baubehörde im Vorprüfungsverfahren, daß ein Betrieb der Type "Tischlerei" der Widmung "Wohngebiet" widerspreche, beantwortete der Mitbeteiligte mit Schreiben vom 23. September 1994 dahingehend, daß es sich um keine Tischlerei im herkömmlichen Sinn handle. Der Einsatz von Maschinen sei nur in geringem Ausmaß erforderlich, es würden die zu restaurierenden Möbelstücke lediglich angeliefert, zerlegt, instandgesetzt und wieder zurückgeliefert werden.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom 22. Mai 1995 wurde der Antrag des Mitbeteiligten im Rahmen des Vorprüfungsverfahrens abgewiesen. Das Vorhaben könne weder den in § 2 Abs. 4 Gemeindeplanungsgesetz angeführten zulässigen Bauten zugeordnet werden, noch diene es den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Einwohner des Wohngebietes.

In seiner dagegen erstatteten Berufung rügte der Mitbeteiligte, daß der von ihm bekämpfte Bescheid jeden konkreten Hinweis vermissen lasse, warum das Vorhaben der Flächenwidmung widerspreche. Die Restaurierung alter Möbel diene wirtschaftlichen wie kulturellen Bedürfnissen der Bevölkerung. Der Umfang des beabsichtigten Betriebes sei so konzipiert, daß Immissionen nicht zu befürchten seien.

Dieser Berufung gab der Stadtsenat der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 15. November 1995 keine Folge. Entsprechend § 2 Abs. 4 Gemeindeplanungsgesetz sei ein Betrieb, der in einem als Wohngebiet gewidmeten Gebiet eingerichtet werden soll, unabhängig von seiner Größe und Ausstattung und somit auch selbst dann, wenn er unter Bedachtnahme auf die örtlichen Gegebenheiten und den Charakter des Wohngebietes keine örtlich unzumutbare Umweltbelastung mit sich bringe, nur dann zulässig, wenn er überwiegend den kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Bedürfnissen der Einwohner des Wohngebietes diene. Den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Einwohner dienten vor allem Einrichtungen der Nahversorgung, dazu gehöre aber eine Restaurationstischlerei nicht. Vielmehr sei der Betrieb von vornherein darauf angelegt, einen weitaus größeren Kundenkreis zu betreuen, als dies die Einwohner des Wohngebietes darstellten, um wirtschaftlich überhaupt bestehen zu können. Die Einrichtung eines Tischlereibetriebes entspreche auch nicht den kulturellen oder sozialen Bedürfnissen der Einwohner.

Die Berufungsentscheidung enthielt nachstehende Rechtsmittelbelehrung:

"Gegen diesen Bescheid ist gemäß § 91 Abs. 2 des Klagenfurter Stadtrechtes 1993 kein (weiteres) ordentliches Rechtsmittel (Berufung) zulässig. Unter Hinweis auf § 92 leg. cit. wird festgehalten, daß der gemeindebehördliche Instanzenzug erschöpft ist."

Dagegen erhob der Mitbeteiligte Vorstellung "an das Amt der Kärntner Landesregierung". Er beantragte, die sachlich zuständige Oberbehörde wolle in Stattgebung der Vorstellung den angefochtenen Bescheid nach Verfahrensergänzung abändern und dem Vorstellungswerber die Baubewilligung für die Umwidmung der bestehenden Garage in eine Restaurationstischlerei erteilen.

Die Beschwerdeführerin äußerte sich zu dieser Vorstellung dahingehend, daß mit diesem Schriftsatz die formellen Voraussetzungen einer Vorstellung nicht gegeben seien. Es müsse in Frage gestellt werden, ob der Kärntner Landesregierung eine Entscheidungskompetenz zukomme, weil die Eingabe ausdrücklich an das "Amt der Kärntner Landesregierung" gerichtet sei; einzig sachlich in Betracht kommende Oberbehörde des Stadtsenates sei im übrigen der Gemeinderat der Landeshauptstadt Klagenfurt. Schließlich werde nicht die kassatorische Entscheidung der Aufsichtsbehörde, sondern ausdrücklich die Abänderung des angefochtenen Bescheides begehrt. Das Fehlen eines zulässigen Rechtsmittelantrages sei ein auch nicht gemäß § 13 Abs. 3 AVG verbesserungsfähiges Formgebrechen. Die Beschwerdeführerin begehrte daher die Zurückweisung dieser Vorstellung als unzulässig. In der Sache verwies die Beschwerdeführerin darauf, daß aufgrund der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes davon auszugehen sei, daß es sich bei einer Tischlerei, in welcher Betriebsform auch immer, keineswegs um eine für Wohngebiete übliche Betriebstype handle, weshalb regelmäßig die Errichtung von Tischlereien im Wohngebiet als unzulässig erachtet werde.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung Folge, hob den Berufungsbescheid auf und wies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Landeshauptstadt Klagenfurt zurück. Zunächst verwies die Vorstellungsbehörde auf die Rechtsmittelbelehrung, in der nicht erkennbar gemacht wurde, daß eine Vorstellung erhoben werden könne. Aus dem Vorbringen in der Vorstellung sei mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß der Vorstellungswerber eine Überprüfung des angefochtenen Bescheides anstrebe. Ungeachtet des Umstandes, daß sich der Antrag auf Abänderung des Bescheides als verfehlt erwies, war seitens der Vorstellungsbehörde zu prüfen, ob der Vorstellungswerber durch den angefochtenen Bescheid in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt wurde.

In der Sache begründete die Vorstellungsbehörde ihre aufhebende Entscheidung damit, daß das Vorhaben überwiegend den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Einwohner des Wohngebietes dienen müsse. Dies bedeute, daß ein solcher Betrieb nicht ausschließlich den angeführten Interessen der Einwohner des Wohngebietes dienen müsse, sondern auch den Bewohnern außerhalb dieses Wohngebietes dienen dürfe. Die Berufungsbehörde habe nicht begründet, warum sie von vornherein davon ausgehe, es werde ein weitaus größerer Kundenkreis betreut, als dies die Einwohner eines Wohngebietes darstellten. Es fehle auch eine Abgrenzung des Beurteilungsbereiches, d.h. eine Aussage darüber, von welchem Umfang und Ausmaß des Wohngebietes die Berufungsbehörde ausginge. Diesbezüglich sei eine Aussage über die Größe und den Umfang des Wohngebietes erforderlich. Falls die Frage, daß das Vorhaben überwiegend den wirtschaftlichen Interessen des Wohngebietes zu dienen geeignet sei, bejaht werde, müsse die weitere Voraussetzung geprüft werden, ob der gegenständliche Betrieb unter Bedachtnahme auf die örtlichen Gegebenheiten und den Charakter als Wohngebiet keine örtlich unzumutbare Umweltbelastung mit sich bringe. Dabei sei zu beachten, daß es sich um keinen Produktionsbetrieb handle, mit welchem ein gewisses Ausmaß an Emissionen verbunden sei, sondern um eine Restaurationstischlerei. Ein solcher Betrieb verursache aber, wie der in der Baubeschreibung angeführte Arbeitsvorgang zeige, ein wesentlich mindereres Maß an Emissionen als ein Produktionsbetrieb.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde der Landeshauptstadt Klagenfurt. Es wird begehrt, den bekämpften Bescheid der Kärntner Landesregierung wegen Unzuständigkeit der erkennenden Behörde, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie der Mitbeteiligte, eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter Bedachtnahme auf den Umstand, daß dem Verwaltungsverfahren jeglicher Formalismus fremd ist, vermag die Anrufung des "Amtes der Kärntner Landesregierung" als Vorstellungsbehörde durch den Vorstellungswerber eine Unzuständigkeit der Kärntner Landesregierung, die diese Vorstellung dem Gesetz entsprechend behandelt hat, nicht zu bewirken. Entscheidend ist allein, daß der Vorstellungswerber die Vorstellung richtigerweise gemäß § 92 Abs. 1 des Klagenfurter Stadtrechtes beim Magistrat eingebracht und die gemäß § 92 Abs. 1 leg. cit. dafür zuständige Aufsichtsbehörde entschieden hat. Nach der zuletzt genannten Bestimmung ist die Vorstellung schriftlich oder telegrafisch einzubringen, hat den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Antrag zu enthalten. Eine Verpflichtung, die Aufsichtsbehörde exakt zu bezeichnen, ist dieser Bestimmung nicht zu entnehmen. Ebenso ist es unerheblich, wenn der Vorstellungswerber rechtsirrigerweise meint, die Landesregierung bzw. das Amt der Landesregierung sei "sachlich in Betracht kommende Oberbehörde". Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, daß die zur Behandlung von Vorstellungen zuständige Behörde tatsächlich entschieden hat.

§ 93 Abs. 2 des Klagenfurter Stadtrechtes sieht - wie § 63 Abs. 3 AVG - vor, daß das Rechtsmittel einen begründeten Antrag enthalten muß. Wie der Verwaltungsgerichtshof bezugnehmend auf die zuletzt zitierte Bestimmung ausgesprochen hat, soll bei der Auslegung des Begriffes "begründeter Berufungsantrag" kein strenger Maßstab angelegt werden, ist doch dem Geist des AVG ein übertriebener Formalismus fremd. Die Berufung muß aber wenigstens erkennen lassen, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt. Für die Beurteilung, ob ein Berufungsantrag begründet ist, ist nicht wesentlich, daß die Begründung stichhaltig ist (siehe die Nachweise bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 510).

Im vorliegenden Fall hat der Vorstellungswerber einen Abänderungsantrag gestellt, weil er letztlich, was sich aus seinem Bauantrag ergibt, die positive Erledigung seines Baugesuches anstrebt. Damit wurde den Formerfordernissen voll entsprochen; es oblag der rechtlichen Würdigung der angerufenen Behörde, dem Gesetz gemäß mit einer Aufhebung - abgesehen von der möglichen Abweisung der Vorstellung - und nicht mit einer Abänderung vorzugehen. Von einem unbegründeten Vorstellungsantrag kann im vorliegenden Fall jedenfalls keine Rede sein. Die zur Behandlung der Vorstellung zuständige belangte Behörde hat daher jedenfalls zu Recht über die Vorstellung inhaltlich abgesprochen.

§ 2 Abs. 4 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 78/1979 lautet:

"Als Wohngebiete sind jene Flächen festzulegen, die vornehmlich für Wohngebäude, im übrigen aber für Gebäude bestimmt sind, die überwiegend den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Einwohner des Wohngebietes dienen, wie Geschäftshäuser, Sammelgaragen für Personenkraftwagen, Sanatorien, Kirchen, Schulgebäude, Kindergärten, und die unter Bedachtnahme auf die örtlichen Gegebenheiten und den Charakter als Wohngebiet keine örtlich zumutbare Umweltbelastung mit sich bringen."

Die Baubehörde ging bei ihrer Abweisung des Bauansuchens im Vorverfahren, ohne auf das Vorhaben detailliert einzugehen, davon aus, daß der Betriebstyp "Tischlerei" mit der Flächenwidmung "Wohngebiet" unvereinbar sei. Tatsächlich hat der Verwaltungsgerichtshof in mehreren, verschiedene Bundesländer betreffenden Entscheidungen die Unzulässigkeit von Tischlereibetrieben, Großtischlereien, aber auch einer Kunsttischlerei, im Wohngebiet ausgesprochen (siehe die Nachweise bei Hauer, Der Nachbar im Baurecht5, 265). Dies entband die Baubehörde aber nicht von der Prüfung der Frage, ob das hier vorliegende Projekt einer Restaurationstischlerei, also eines reinen Reparatur- und nicht eines Produktionsbetriebes, nicht doch grundsätzlich mit den Anforderungen des § 2 Abs. 4 GemeindeplanungsG in Einklang gebracht werden kann. Die Bescheide der Baubehörden enthalten keine Feststellungen darüber, von welcher Betriebsart tatsächlich ausgegangen wird; obwohl der Bauwerber von Anfang an auf die Unterschiede zu einem üblichen Tischlereibetrieb hingewiesen hat, wurde ohne Sachverhaltsfeststellungen ein üblicher Tischlereibetrieb als Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung herangezogen. Auch wenn für die Lösung der Frage nach der Zulässigkeit des Betriebes unter dem Blickpunkt der Flächenwidmung für die Baubehörde, anders als für die Gewerbebehörde, nicht ein in seinen Betriebsmitteln und Anlagen bis ins einzelne fest umrissener Betrieb Maßstab ist, sondern als Maßstab eine nach Art der dort üblicherweise und dem jeweiligen Stand der Technik verwendeten Anlagen und Einrichtungen einschließlich der zum Schutz von Belästigungen typisch geforderten Maßnahmen sowie nach Art der dort entsprechend diesen Merkmalen herkömmlicherweise entfalteten Tätigkeit auf das Ausmaß und die Intensität der dadurch verursachten Immissionen zu beurteilende Betriebstype zu dienen hat (siehe abermals Hauer a.a.O., 262), ist es nicht gerechtfertigt, sozusagen jeden holzverarbeitenden Betrieb vom kleinsten Reparaturunternehmen bis zur Möbelfabrik als einheitliche Betriebstype anzusehen. Jedenfalls bedarf es einer Sachverständigenuntersuchung, ob tatsächlich eine Restaurationstischlerei der hier projektierten Art vom Betriebstyp her ohne weiteres mit einer üblichen Tischlerei verglichen werden kann, sodaß dieselben Rechtsfolgen daran geknüpft werden können. Schon dies haben die Baubehörden unterlassen, weshalb die Aufhebung durch die Vorstellungsbehörde gerechtfertigt war.

Die Baubehörden sind davon ausgegangen, daß wirtschaftlichen Bedürfnissen im Sinne des § 2 Abs. 4 leg. cit. vor allem Einrichtungen der Nahversorgung dienen, die nicht nur in größeren Zeitabständen in Anspruch genommen werden. Für eine derartige Einschränkung bietet das Gesetz aber keine Grundlage. Warum ein derartiger Restaurationsbetrieb nicht überwiegend den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Bevölkerung des Wohngebietes dienen kann, ist unerfindlich; die Baubehörden haben auch nicht festgestellt, daß sich gerade die Bevölkerung von Wölfnitz defekter oder ausbesserungsbedürftiger Möbelstücke unverzüglich entledigen und diese nicht reparieren lassen würde. Nicht ohne weiteres zu beantworten ist die Frage, ob ein derartiger Restaurationsbetrieb nicht auch kulturellen Bedürfnissen der Bevölkerung dienen kann.

Eine Einschränkung nimmt der Gesetzgeber dahingehend vor, daß Gebäude überwiegend - d.h. nicht ausschließlich - den Bedürfnissen der Bewohner des Wohngebietes dienen. Unter Hinweis auf die allgemeine Lebenserfahrung vertrat die Berufungsbehörde die Auffassung, der Betrieb einer Restaurationstischlerei sei schon von vornherein darauf angelegt, einen weitaus größeren Kundenkreis zu betreuen, als dies die Einwohner des Wohngebietes darstellten, um wirtschaftlich überhaupt bestehen zu können.

Für eine derartige Aussage genügt aber die allgemeine Lebenserfahrung nicht. Damit wird weder darauf eingegangen, daß es sich bei dem Projekt um einen "Ein-Mann-Betrieb" handeln soll, noch liegen, wie die belangte Behörde richtig hervorgehoben hat, Feststellungen über die Größe dieses Wohngebietes und die Anzahl der Bewohner vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich zuletzt im Erkenntnis vom 30. April 1998, Zl. 95/06/0257, mit der Vereinbarkeit einer KFZ-Werkstätte mit der Widmung "Wohngebiet" gemäß § 14 Abs. 3 Vorarlberger Raumplanungsgesetz (in der Fassung LGBl. Nr. 31/1995) auseinandergesetzt, wonach in Wohngebieten andere Bauwerke und sonstige Anlagen nur errichtet werden dürfen, wenn sie den kulturellen, wirtschaftlichen oder sozialen Bedürfnissen der Einwohner des Gebietes dienen und bestimmte weitere Voraussetzungen vorliegen. Dort wurde ausgesprochen, daß dem Umstand, daß ein Betrieb nicht nur von den Bewohnern eines Gebietes frequentiert wird, bei der Beurteilung, ob der Betrieb den im Gesetz näher genannten Bedürfnissen der Bewohner des Gebietes dient, keine ausschlaggebende Rolle zukomme. Im hier zu beurteilenden Fall kommt es allein darauf an, ob der voraussichtliche Kundenkreis überwiegend aus Bewohnern des Gebietes bestehen kann; dies ist aber keinesfalls geklärt.

Im zuletzt genannten Erkenntnis wurde auch ausgesprochen, daß die allfällige Inanspruchnahme einer Einrichtung, die nicht von Haus aus auf die Versorgung eines größeren Kreises als der Bevölkerung des Gebietes ausgelegt ist, durch auswärtige Kunden bei einer KFZ-Werkstätte der dort gegebenen Größenordnung unter dem in Rede stehenden Gesichtspunkt widmungsrechtlicher Bestimmungen nicht zu schaden vermöge. Damit wurde auf die vorgesehene Betriebsgröße entscheidend abgestellt: Ein größerer Betrieb braucht ein größeres Einzugsgebiet, um wirtschaftlich bestehen zu können, während ein entsprechend kleiner Betrieb mit der Versorgung der Bevölkerung der unmittelbaren Umgebung möglicherweise das Auslangen finden kann. Daher ist auch im vorliegenden Fall zu prüfen, ob die Größenordnung des projektierten Betriebes von Haus aus geeignet ist, einen (weitaus) größeren Kreis als die Bevölkerung des Wohngebietes zu versorgen.

In der Beschwerde wurde die Einwohnerzahl des Stadtteiles Wölfnitz mit 2000 angegeben, die zusammenhängende, als Wohngebiet gewidmete Fläche weise 792 Einwohner auf. Die Baubehörde wird im fortgesetzten Verfahren die Bezugsgröße festzulegen und zu begründen haben. Schon jetzt sei angemerkt, daß die strenge Beschränkung auf das laut Flächenwidmungsplan zusammenhängende Wohngebiet zu zufälligen, nicht zu sachgerechten Ergebnissen führen kann, wenn Unterbrechungen geringfügigen Ausmaßes, etwa durch Verkehrsflächen oder Grünzüge, vorliegen. Richtwert für die Ermittlung der Bezugsgröße wird die demonstrative Aufzählung von Gebäudetypen im § 2 Abs. 4 GemeindeplanungsG sein.

Sollte sich ergeben, daß ein Betrieb der vorgesehenen Größenordnung überwiegend den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Bewohner des Wohngebietes dient, dann ist zu prüfen, ob eine derartige Betriebstype den weiteren Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 Gemeindeplanungsgesetz, insbesondere im Hinblick auf die Umweltbelastung, entspricht.

Die Beschwerde gegen den aufhebenden Vorstellungsbescheid erwies sich somit als unberechtigt, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 1. September 1998

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