Normen
AVG §59 Abs1;
JagdG Slbg 1977 §97 Abs1 impl;
JagdG Slbg 1993 §138 Abs1;
JagdG Slbg 1993 §139 Abs6;
JagdG Slbg 1993 §143 Abs1;
JagdRallg;
VStG §1 Abs2;
VStG §31 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §44a Z2;
VStG §44a Z3;
VStG §44a;
VwRallg;
AVG §59 Abs1;
JagdG Slbg 1977 §97 Abs1 impl;
JagdG Slbg 1993 §138 Abs1;
JagdG Slbg 1993 §139 Abs6;
JagdG Slbg 1993 §143 Abs1;
JagdRallg;
VStG §1 Abs2;
VStG §31 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §44a Z2;
VStG §44a Z3;
VStG §44a;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Salzburger Jägerschaft hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde das gegen den Beschwerdeführer erlassene Erkenntnis des Ehrensenates des Ehrengerichtes der Salzburger Jägerschaft vom 18. Mai 1995
"dahin abgeändert, daß es zu lauten hat wie folgt:
A) A S ist schuldig, er hat dadurch, daß er
1.) am 10.9.1992 von der in seinem Jagdgebiet liegenden "L" aus im Jagdrevier M des B, wo ihm kein Jagdausübungsrecht zusteht, eine etwa 17jährige Gamsgeiß erlegte;
2.) es als Jagdinhaber des Jagdgebietes W zuließ bzw. nicht unterbunden hat, daß Jagdgäste ohne Jagdkarte jagten und daß Abschüsse erlegten Wildes nicht auf die Erleger, sondern auf seinen oder den Namen anderer Jagdberechtigter oder überhaupt nicht gemeldet bzw. in die Abschußliste eingetragen wurden, und zwar als
I.) im Jagdjahr 1992
1.) am 1.8.1992 von ihm 1 Gamsbock und 1 Gamsgeiß erlegt wurden, wobei lediglich 1 Gamsgeiß gemeldet wurde und demnach 1 Gamsbock nicht zur Meldung kam;
2.) am 18.8.1992:
von "Edi" 1 Gamsbock erlegt und dessen Abschuß nicht gemeldet wurde;
3.) am 4.9.1992:
von ihm 1 Gamsgeiß, 1 Kitz und 1 Murmeltier erlegt wurden, wobei die Geiß und das Kitz nicht zur Meldung kamen;
4.) am 9.10.1992:
1 Gamsgeiß von "Wenzel", der keine Jagdgastkarte besaß, erlegt und A S als Schütze gemeldet wurde;
5.) am 21.11.1992:
1 Gamsbock von "Edi" erlegt wurde und als Erleger S E gemeldet wurde;
II.) im Jagdjahr 1993:
1.) am 7.8.1993:
A S 2 Gamsböcke erlegte, wobei nur 1 Gamsgeiß gemeldet wurde;
2.) am 18.8.1993:
A S 1 Gamsbock erlegte, der nicht gemeldet wurde;
3.) am 21.8.1993:
1 Gamsgeiß von "Wolfi" und 1 Gamsgeiß von "Hari" erlegt wurden, die keine Jagdgastkarte besaßen und die Meldungen auf
E S und A S ausgestellt wurden;
4.) am 24.8.1993:
"Fredi" 1 Gamsbock erlegte, der nicht gemeldet wurde, wobei an diesem Tag weder für "Fredi" noch für "Robert", der ebenfalls zu diesem Zeitpunkt die Jagd ausübte, eine Jagdgastkarte ausgestellt war;
5.) am 18.9.1993:
"Willi", der keine Jagdgastkarte besaß, 1 Gamsbock erlegte, der nicht gemeldet wurde;
6.) am 10.10.1993:
"Tommi" 1 Gamsgeiß und "Franzi" 1 Gamsgeiß erlegten, wobei lediglich 1 Gamsgeiß für Anton Stadler gemeldet wurde;
die Jägerehre durch einen groben Verstoß gegen die Weidgerechtigkeit verletzt zu haben.
Es wird über ihn die Strafe eines zeitlichen Ausschlusses aus der Salzburger Jägerschaft für die Dauer von 4 Jahren verhängt.
Anton Stadler hat neben den Kosten des Verfahrens vor dem Ehrensenat auch die mit S 6.807,-- bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen."
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der zur Zeit der Begehung der dem Beschwerdeführer angelasteten Taten geltende § 97 Salzburger Jagdgesetz 1977, LGBl. Nr. 94, (JG 1977) lautete:
"(1) Eine von einem Mitglied der Salzburger Jägerschaft begangene Verletzung der Jägerehre wird, sofern sie nicht länger als fünf Jahre von dem Zeitpunkt zurückliegt, an dem das mißbilligte Verhalten aufgehört hat und nicht mehr als zwei Jahre seit dem Erlöschen der Mitgliedschaft vergangen sind, unbeschadet einer allfälligen strafgerichtlichen oder verwaltungsstrafrechtlichen Verfolgung, durch das Ehrengericht der Salzburger Jägerschaft geahndet.
(2) Die Jägerehre wird verletzt:
- a) durch einen groben Verstoß gegen die Weidgerechtigkeit, das ist insbesondere durch Übertretung der Vorschriften der §§ 52, 55 Abs. 1, 57, 58, 60, 61, 62, 65, 67;
- b) durch ein sonstiges Verhalten, auf Grund dessen sich das Mitglied als der Mitgliedschaft der Salzburger Jägerschaft unwürdig erweist.
(3) Die vom Ehrengericht zu verhängenden Strafen sind:
- a) die Erteilung eines Verweises;
- b) die Verhängung eines Bußgeldes bis zu 10.000 S zugunsten der Wohlfahrtseinrichtungen der Salzburger Jägerschaft;
- c) der zeitliche Ausschluß aus der Salzburger Jägerschaft auf höchstens fünf Jahre;
- d) der dauernde Ausschluß aus der Salzburger Jägerschaft.
(4) Bei der Bemessung der Strafe ist von der Schuld des Täters auszugehen und auf die Art und Schwere der Verletzung, auf die damit verbundene Gefährdung oder Schädigung jagdlicher Interessen und auf allgemeine Erschwerungs- und Milderungsgründe Bedacht zu nehmen."
Am 1. Jänner 1994 trat das Jagdgesetz 1993, LGBl. Nr. 100, (JG) in Kraft, dessen § 138 folgenden Wortlaut hat:
"(1) Eine von einem Mitglied der Salzburger Jägerschaft begangene Verletzung der Jägerehre wird unbeschadet einer allfälligen strafgerichtlichen oder verwaltungsstrafrechtlichen Verfolgung durch das Ehrengericht der Salzburger Jägerschaft geahndet. Sind seit dem Zeitpunkt, an dem das mißbilligte Verhalten aufgehört hat, fünf Jahre vergangen, darf kein Straferkenntnis mehr gefällt werden. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder dem Verwaltungsgerichtshof wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.
(2) Die Jägerehre wird verletzt:
- a) durch einen groben Verstoß gegen die Weidgerechtigkeit, das ist insbeondere durch Übertretung der Vorschriften der §§ 54, 61 bis 66, 70, 72, 75, 76 und 101 Abs. 1;
- b) durch ein sonstiges Verhalten, auf Grund dessen sich das Mitglied als der Mitgliedschaft der Salzburger Jägerschaft unwürdig erweist.
(3) Die vom Ehrengericht zu verhängenden Strafen sind:
- a) die Erteilung eines Verweises;
- b) die Verhängung eines Bußgeldes bis zu 100.000 S zugunsten der Wohlfahrtseinrichtungen der Salzburger Jägerschaft;
- c) der zeitliche Ausschluß aus der Salzburger Jägerschaft auf höchstens fünfzehn Jahre;
- d) der dauernde Ausschluß aus der Salzburger Jägerschaft.
(4) Bei der Bemessung der Strafe ist von der Schuld des Täters auszugehen und auf die Art und Schwere der Verletzung, auf die damit verbundene Gefährdung oder Schädigung jagdlicher Interessen und auf allgemeine Erschwerungs- und Milderungsgründe Bedacht zu nehmen. Bei der Bemessung des Bußgeldes sind andere, für dieselbe Tat verhängte gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Strafen zu berücksichtigen."
Nach der Aktenlage war das Verwaltungsverfahren im Zeitpunkt des Inkrafttretens des JG noch nicht anhängig. Die Übergangsbestimmung des § 161 Abs. 3 JG, wonach auf die im Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits anhängigen Verfahren die Bestimmungen des JG 1977 weiterhin anzuwenden sind, kommt daher nicht zum Tragen.
Gemäß § 139 Abs. 6 JG finden, soweit in diesem Gesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren vor dem Ehrengericht die Bestimmungen des VStG sinngemäß Anwendung.
§ 142 Abs. 1 JG normiert, daß das Erkenntnis im Namen der Salzburger Jägerschaft vom Vorsitzenden sogleich zu verkünden ist und entweder auf Freispruch oder auf Schuldspruch zu lauten hat. Es hat den Spruch, die Gründe und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten. Über Verlangen ist eine vom Vorsitzenden unterzeichnete schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses dem Beschuldigten und dem Ehrenanwalt zu eigenen Handen zuzustellen.
Gemäß § 143 Abs. 2 JG finden auf das Berufungsverfahren die §§ 140 und 141 sinngemäß mit der Maßgabe Anwendung, daß eine Einstellung des Verfahrens unzulässig ist und eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden kann. Der Beschwerdesenat ist berechtigt, die Entscheidung des Ehrensenates in jeder Richtung abzuändern.
Vorschriften über den Inhalt des Spruches eines Erkenntnisses enthält das JG nicht; hiefür sind somit gemäß § 139 Abs. 6 JG die Bestimmungen des § 44a VStG sinngemäß anzuwenden. Danach hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:
- 1. die als erwiesen angenommene Tat;
- 2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;
3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;
- 4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;
- 5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.
Diesen Erfordernissen entspricht der mit dem angefochtenen Bescheid abgeänderte Spruch des Erkenntnisses insofern nicht, als die Angabe der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, (§ 44a Z. 2 VStG) und der bei der Verhängung der Strafe angewendeten Gesetzesbestimmung (§ 44a Z. 3 VStG) fehlt. Wegen dieses von Amts wegen wahrzunehmenden Mangels erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig.
In diesem Zusammenhang sei zur Klarstellung folgendes bemerkt:
Als verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z. 2 VStG ist jene Norm anzusehen, unter die die Tat nach Z. 1 der genannten Vorschrift zu subsumieren ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. September 1984, SlgNr. 11525). Im Beschwerdefall könnte es zweifelhaft sein, ob als verletzte Verwaltungsvorschrift der zur Zeit der Begehung der dem Beschwerdeführer angelasteten Taten geltende § 97 Abs. 2 lit. a JG 1977 oder der seit 1. Jänner 1994 geltende § 138 Abs. 2 lit. a JG heranzuziehen ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 8. Oktober 1990, Zl. 90/19/0319) berühren Rechtsänderungen nach abgeschlossener Tat bei Fehlen einer besonderen gegenteiligen Übergangsregelung die bereits eingetretene Strafbarkeit nicht und haben, wenn Taten der gleichen Art auch weiterhin strafbar bleiben, gemäß § 1 Abs. 2 VStG nur hinsichtlich der Strafe die Folge, daß ein etwaiges, im Zeitpunkt der Fällung des Bescheides erster Instanz geltendes, dem Täter günstigeres Recht zur Anwendung zu kommen hat. Dieser Grundsatz hat auch hier zu gelten, weil § 1 Abs. 2 VStG mangels einer besonderen gegenteiligen Übergangsregelung zufolge des § 139 Abs. 6 JG sinngemäß Anwendung findet und Taten der nach § 97 Abs. 2 lit. a JG 1977 verpönten Art auch gemäß § 138 Abs. 2 lit. a JG weiterhin zu ahnden sind. Daraus folgt, daß als verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinn des § 44a Z. 2 VStG die Bestimmung des § 97 Abs. 2 lit. a JG 1977 und als Strafsanktionsnorm im Sinn des § 44a Z. 3 VStG die des § 97 Abs. 3 (lit. c) JG 1977 heranzuziehen sind; letztere deshalb, weil die im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides geltende Norm des § 138 Abs. 3 (lit. c) JG im Sinne des § 1 Abs. 2 VStG für den Täter nicht günstiger wäre.
Was die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage der Verjährung anlangt, so hält der Verwaltungsgerichtshof trotz der sprachlichen Änderung des § 138 Abs. 1 JG gegenüber dem § 97 Abs. 1 JG 1977 - im Ergebnis in Übereinstimmung mit der Lehre (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, Rz 871) - an seiner Rechtsansicht fest, daß für eine Anwendung der Verfolgungsverjährung nach § 31 Abs. 2 VStG im Verfahren vor dem Ehrengericht kein Raum bleibt (vgl. das Erkenntnis vom 20. Jänner 1988, Zl. 87/03/0235). Dies folgt nicht zuletzt auch daraus, daß das Verfahren vor dem Ehrengericht nicht wie ein Verwaltungsstrafverfahren in formloser Weise durch die erste gegen eine bestimmte Person gerichtete Verfolgungshandlung (vgl. dazu Walter-Mayer, a.a.O., Rz 859), sondern in förmlicher Weise nach den Vorschriften des insoweit als lex specialis anzusehenden § 140 JG eingeleitet wird. Danach hat der Ehrenanwalt jede Anzeige einer Verletzung der Jägerehre in zweckdienlicher Weise auf die Voraussetzungen für ein Ehrengerichtsverfahren zu prüfen und sodann mit seinen Anträgen dem Ehrengericht zu übermitteln (Abs. 1). Der Vorsitzende des Ehrengerichtes hat über jede übermittelte Anzeige das Verfahren zu eröffnen, den Sachverhalt zu ermitteln und den Beschuldigten zu eigenen Handen aufzufordern, sich zu dem angelasteten Sachverhalt innerhalb von zwei Wochen schriftlich zu äußern und die zu seiner Verteidigung dienenden Beweismittel vorzubringen, widrigenfalls das Ermittlungsverfahren ohne seine weitere Anhörung durchgeführt wird (Abs. 2). Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, daß das Ehrengericht nicht wie die Verwaltungsstrafbehörde jederzeit von sich aus Verfolgungshandlungen im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG vornehmen darf, sondern an das Vorliegen einer Anzeige und eines Antrages des Ehrenanwaltes gebunden ist. Da eine derartige Einschränkung den Regelungen der §§ 31 Abs. 1, 32 Abs. 2 VStG fremd ist, können diese Bestimmungen im Verfahren vor dem Ehrengericht nicht sinngemäß angewendet werden, was auch aus den im erwähnten hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1988, Zl. 87/03/0235, dargelegten Erwägungen sachlich nicht gerechtfertigt wäre.
Wegen der oben aufgezeigten inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides war dieser somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Ein Eingehen auf das weitere Vorbringen in der Beschwerde erübrigte sich.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Stempelgebührenaufwand. Zuzusprechen war lediglich der Stempelgebührenersatz für drei Ausfertigungen der Beschwerde sowie eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides.
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