Normen
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §63 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
ZustG §17;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §63 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
ZustG §17;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 8. Februar 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 30. August 1993 auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 5 Abs. 1 dieses Gesetzes abgewiesen. Dieser Bescheid wurde laut Zustellschein am 2. März 1994 mit Beginn der Abholfrist am 3. März 1994 postamtlich hinterlegt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er eingangs ausführte, daß er den Bescheid am 15. März 1994 erhalten habe.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies der Bundesminister für Inneres die Berufung zurück. Begründend wurde ausgeführt, daß Berufungen binnen zwei Wochen nach erfolgter Zustellung einzubringen seien. Da die Zustellung rechtswirksam am 3. März 1994 erfolgt und die Berufung erst am 29. März 1994 eingebracht worden sei, sei sie verspätet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben. Der Beschwerdeführer habe sich in der Zeit vom 1. bis 15. März 1994 in Innsbruck aufgehalten. Die Zustellung sei daher erst wirksam durch Abholung des Bescheides am 15. März 1994 erfolgt, die Berufung sei daher rechtzeitig. Die belangte Behörde hätte ihn zumindest auffordern müssen, zu begründen, warum er der Ansicht sei, daß das Rechtsmittel rechtzeitig eingebracht worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 1 Zustellgesetz ist dann, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt zu hinterlegen. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen. Gemäß § 17 Abs. 3 leg. cit. ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde, bevor sie die Zurückweisung eines Rechtsmittels ausspricht, zu prüfen, ob die Zustellung des angefochtenen Bescheides ordnungsgemäß erfolgt ist, und das Ergebnis ihrer Feststellungen dem Rechtsmittelwerber vor ihrer Entscheidung vorzuhalten. Hiebei hat die Behörde nach den §§ 37 und 39 Abs. 2 AVG von Amts wegen vorzugehen, zumal der Berufungswerber nicht verpflichtet ist, von vornherein alle Umstände anzuführen, aus denen er die Rechtzeitigkeit seiner Berufung ableitet. Wird dies von der Rechtsmittelbehörde unterlassen, trägt sie das Risiko einer Bescheidaufhebung wegen unterlaufener Verfahrensmängel (vgl. hiezu die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, zu § 66 AVG, E Nr. 45-54 referierte hg. Judikatur).
Die belangte Behörde ging nach der Begründung des angefochtenen Bescheides davon aus, daß der Bescheid der Erstbehörde am 3. März 1994 wirksam zugestellt wurde, ohne erhoben zu haben, ob der Empfänger, allenfalls wegen Abwesenheit von der Abgabestelle im Sinne des § 17 Abs. 3 letzter Satz des Zustellgesetzes, rechtzeitig vom Zustellvorgang (Hinterlegung) Kenntnis erlangen konnte oder nicht. Solcherart ist der für die Entscheidung der belangten Behörde maßgebende Sachverhalt im Sinne des § 37 und des § 39 AVG mangelhaft geblieben und bedarf in einem wesentlichen Punkt der Ergänzung. Die Behauptung des Beschwerdeführers in seinem Rechtsmittel, daß er den Bescheid am 15. März 1994 erhalten habe, hätte die belangte Behörde veranlassen müssen, in dieser Frage Ermittlungen anzustellen. Dazu kommt, daß die belangte Behörde den Sachverhalt, auf den sie ihre Entscheidung stützt, dem Beschwerdeführer im Sinne des § 45 Abs. 3 AVG nicht zur Kenntnis brachte (vgl. auch hiezu die angeführte Judikatur). Es ist nicht auszuschließen, daß die belangte Behörde bei Vermeidung des zuletzt angeführten Mangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung - nach Maßgabe des Begehrens - gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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