Normen
AVG §1;
AVG §58 Abs2;
ViehWG §13 Abs1;
ViehWG §27 Abs4;
ViehWG §27;
VStG §21 Abs1;
VStG §24;
VStG §6;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §47 Abs5;
VwGG §48 Abs2;
AVG §1;
AVG §58 Abs2;
ViehWG §13 Abs1;
ViehWG §27 Abs4;
ViehWG §27;
VStG §21 Abs1;
VStG §24;
VStG §6;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §47 Abs5;
VwGG §48 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft W. vom 27. April 1994 wurde der Beschwerdeführer der Übertretung des § 27 Abs. 4 iVm § 13 Abs. 1 Viehwirtschaftsgesetz 1983 (Überschreitung der Tierbestandsobergrenzen ohne Bewilligung) durch das Halten von 71 Zuchtsauen und 217 Mastschweinen für schuldig erkannt. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 18.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) verhängt.
1.2. Aufgrund der Berufung des Beschwerdeführers erging der nunmehr angefochtene Bescheid, in welchem die belangte Behörde das erstinstanzliche Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigte, daß die verhängte Geldstrafe auf S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) herabgesetzt wurde.
1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht und insbesondere ausgeführt wird, daß die belangte Behörde nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens den Schuldausschließungsgrund des Notstandes gemäß § 6 VStG hätte annehmen müssen.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht den von der belangten Behörde zugrundegelegten Sachverhalt, demzufolge durch die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Haltung von Tieren der Tatbestand des § 13 Abs. 1 Viehwirtschaftsgesetz 1983 in Verbindung mit § 27 Abs. 4 Viehwirtschaftsgesetz 1983 verwirklicht wurde.
2.2. Der Beschwerdeführer bringt jedoch - in Präzisierung seiner bereits in der Berufung enthaltenen Ausführungen - vor, daß im Hinblick auf seine schwere wirtschaftliche Notlage aufgrund des überraschenden Unfalltodes seiner Frau im Jahre 1991 ein Notstand gemäß § 6 VStG vorgelegen sei. Er habe nunmehr nicht mehr die Möglichkeit, aus der überbetrieblichen Maschinennutzung ein Einkommen zu erzielen. Er habe aufgrund einer Sperre durch den Ferkelring von Jänner bis Juli 1993 keine Ferkel absetzen können und sei gezwungen gewesen, Mastplätze für diese Ferkel einzurichten. Mit dem Erlös dieser Mastschweine und Ferkel müsse er seinen hohen Rückzahlungsverpflichtungen nachkommen. Er habe nur die Möglichkeit, aus dieser Schweinezucht ein Einkommen zu beziehen. Er habe aufgrund der angespannten Situation seines Betriebes vom Amt der Niederösterreichischen Landesregierung ein Notstandsdarlehen in der Höhe von S 300.000,-- und vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft einen Kredit in der Höhe von S 1.000.000,-- erhalten. Beim Raiffeisenlagerhaus Z. habe er Schulden in der Höhe von S 449.610,-- und bei der Raiffeisenkasse D. in der Höhe von S 2.314.528,--.
2.3. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Unter Notstand im Sinne des § 6 VStG ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten zu verstehen, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht. Es muß sich um eine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben, die Freiheit oder das Vermögen handeln. In der Möglichkeit einer wirtschaftlichen Schädigung, durch die die Lebensverhältnisse selbst nicht unmittelbar bedroht sind, kann eine unmittelbar drohende Gefahr und ein Notstand im Sinne des § 6 VStG nicht gesehen werden. So sind insbesondere auch auf bloß mögliche nachteilige Folgen verweisende Gründe mangels Unmittelbarkeit einer drohenden Gefahr nicht geeignet, die Annahme eines Notstandes zu rechtfertigen (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 23. September 1985, Zl. 85/18/0301, vom 11. April 1986, Zlen. 86/18/0051, 86/18/0052, vom 15. Oktober 1987, Zlen. 87/02/0080, 87/02/0153 und - zum Viehwirtschaftsgesetz 1983 - das hg. Erkenntnis vom 12. Mai 1989, Zl. 87/17/0153).
2.4. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten wirtschaftlichen Gründe, die ihn gezwungen hätten, die Tierbestandsobergrenzen zu überschreiten, stellen daher nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keine Umstände dar, die das Vorliegen eines Notstandes annehmen ließen. Vor allem wird mit dem bereits auf Verwaltungsebene erstatteten Vorbringen nicht dargetan, daß eine Milderung der wirtschaftlichen Notlage des Beschwerdeführers - so man diese im Sinne der Judikatur bereits als eine Bedrohung der Lebensverhältnisse selbst qualifiziert - nur durch die Übertretung des Viehwirtschaftsgesetzes erfolgen hätte können. Auch wenn man die Kausalität zwischen dem Unfalltod der Gattin des Beschwerdeführers im Jahre 1991 und seiner Notsituation bejaht, kann im Hinblick auf den zwischen dem Tod der Gattin des Beschwerdeführers und dem Tatzeitpunkt liegenden Zeitraum von drei Jahren nicht die Rede davon sein, daß die Übertretung des Viehwirtschaftsgesetzes zur Abwehr der Existenzgefährdung geboten gewesen wäre. Das gleiche gilt für die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte "Sperre durch den Ferkelring" bis Juli 1993. Wenngleich es die Judikatur des Verwaltunsgerichtshofes nicht schlechthin ausschließt, eine wirtschaftliche Notlage als Notstand zu qualifizieren, so war das Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsstrafverfahren nicht geeignet, den vom Beschuldigten zu erbringenden Nachweis zu liefern, daß die vorgeworfene Übertretung die alleinige Möglichkeit, sich aus der Notlage zu befreien, war. Die Beurteilung der belangten Behörde ist daher insoweit nicht als rechtswidrig zu erkennen. Es ist dem Beschwerdevorbringen auch nicht zu entnehmen, daß die Überschreitung der Tierbestandsobergrenzen 1994 marktbedingt nicht zu vermeiden war. Soweit der Beschwerdeführer eine Existenzgefährdung geltend macht, ist das in der Beschwerde dargestellte Vorbringen nicht geeignet, eine unmittelbar drohende Gefahr für das Vermögen des Beschwerdeführers oder eine Bedrohung der physischen Existenz (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Mai 1989, Zl. 87/17/0153, und das Erkenntnis vom 11. April 1986, Zl. 86/18/0051, 86/18/0052) aufzuzeigen. Ihm ist nicht zu entnehmen, daß dem Beschwerdeführer im Tatzeitpunkt nur durch die Begehung der Straftat eine Abwehr des drohenden Verlustes dieser Existenz möglich gewesen wäre, nicht etwa auch durch Verwertung seines Vermögens oder der Aufnahme eines anderen, allenfalls zusätzlichen Erwerbes.
2.5. Wenngleich es zutrifft, daß die Begründung des angefochtenen Bescheides hinsichtlich des Fehlens von Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründen knapp ist und die belangte Behörde nicht näher auf die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Umstände eingegangen ist, ist das Vorbringen in der Beschwerde im Hinblick auf die vorstehenden Überlegungen nicht geeignet, eine Wesentlichkeit dieses Verfahrensmangels aufzuzeigen. Auch bei Einbeziehung des näheren Sachvorbringens des Beschwerdeführers hätte die belangte Behörde hinsichtlich des Fehlens eines Schuldausschließungsgrundes zu keinem anderen Bescheid kommen können.
2.6. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Festsetzung der Strafhöhe wendet, kann der Begründung der belangten Behörde ebenfalls nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Vorliegen einer geringfügigen Schuld verneinte. Es trifft weiters zu, daß - worauf bei Verneinung der Geringfügigkeit der Schuld zwar nicht näher eingegangen werden müßte - eine Beseitigung der Strafbarkeit eines Verhaltens nicht schon indiziert, daß die Tat nur unbedeutende Folgen im Sinne des § 21 Abs. 1 VStG nach sich gezogen hätte.
2.7. Da somit die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Da die belangte Behörde in den Angelegenheiten des Viehwirtschaftsgesetzes als funktionelle Bundesbehörde tätig wird (der gegenteiligen Auffassung von Thienel in:
Pernthaler, Unabhängige Verwaltungssenate und Verwaltungsgerichtsbarkeit, 1993, 5, 16, wird nicht gefolgt), war der Kostenersatz dem Bund zuzusprechen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)