Normen
ABGB §1311;
ABGB §1313a;
ABGB §1315;
ASVG §67 Abs10 idF 1986/111;
BAO §80;
BAO §9;
KO §69;
ABGB §1311;
ABGB §1313a;
ABGB §1315;
ASVG §67 Abs10 idF 1986/111;
BAO §80;
BAO §9;
KO §69;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 23. August 1993 stellte die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse fest, daß der Mitbeteiligte als Masseverwalter einer näher bezeichneten Gaststättenbetriebsgesellschaft m.b.H. für die in der Zeit vom 14. November 1992 bis 13. Mai 1993 aufgelaufenen Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von S 88.646,52 zuzüglich 10,5 % Verzugszinsen aus S 80.870,60 vom 16. August 1993 bis zur Zustellung dieses Bescheides, sowie 10,5 % Verzugszinsen aus S 88.646,49 ab Zustellung dieses Bescheides hafte. Der Mitbeteiligte sei verpflichtet, die genannten Beträge zu entrichten.
Nach der Begründung dieses Bescheides sei mit Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 14. Oktober 1992, S 48/92, über das Vermögen der S Gaststätten Betriebsgesellschaft m.b.H. das Konkursverfahren eröffnet und der Mitbeteiligte zum Masseverwalter bestellt worden. Zum damaligen Zeitpunkt seien bei der Gesellschaft noch zwei Dienstnehmer, nämlich K.N. und J.K., beschäftigt gewesen. Am 9. Dezember 1992 habe der Masseverwalter (der Mitbeteiligte) der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse zwei Schreiben übermittelt, wonach er die beiden Dienstnehmer gekündigt habe. Aufgrund einer telefonischen Rücksprache mit dem Masseverwalter seien die beiden Dienstverhältnisse mit 13. November 1992 beendet worden. Unabhängig davon, daß die Meldung gemäß § 17 Abs. 1 der Satzung der Beschwerdeführerin verspätet erfolgt sei, sei das tatsächliche Ende dieser beiden Beschäftigungsverhältnisse vom Masseverwalter nicht überprüft worden. Wie sich nämlich bei einer Betriebsprüfung am 6. Mai 1993 herausstellte, seien K.N. und J.K. auch über den 14. November 1992 hinaus weiter beschäftigt worden, und zwar zu denselben Bedingungen und Verhältnissen wie vorher. Die Dienstverhältnisse seien erst tatsächlich mit 13. Mai 1993 beendet worden. Ob darüber hinaus noch Entgeltansprüche bestünden, sei offen. Im Zeitraum vom 14. November 1992 bis 13. Mai 1993 seien Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von S 88.646,49 entstanden, wovon S 80.870,60 auf allgemeine Beiträge entfielen und S 7.775,89 auf Sonderbeiträge (§ 54 ASVG). Aus dem Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 7. Mai 1993 betreffend die Schließung des Unternehmens der Gemeinschuldnerin ergebe sich, daß eine Befriedigung aus Massemitteln nicht zu erwarten sei. Die im Spruch angeführten Sozialversicherungsbeiträge seien deshalb als nicht mehr einbringlich anzusehen. Der Mitbeteiligte hafte gemäß § 67 Abs. 10 ASVG, weil er als Masseverwalter als Vermögensverwalter im Sinne der genannten Bestimmung anzusehen sei. Er trage auch die Verantwortung dafür, daß die genannten Dienstnehmer trotz seiner anderslautenden Meldung vom 9. Dezember 1992 auch über den 13. November 1992 hinaus bis einschließlich 13. Mai 1993 weiter beschäftigt worden seien. Der Mitbeteiligte habe jedoch die Auflösung der Dienstverhältnisse nicht in wirksamer Form überprüft, sodaß es zur Uneinbringlichkeit dieser Beiträge gekommen sei. Er trage gemäß § 81 KO bzw. § 65 Abs. 1 ASVG die Verantwortung für die weitere Beschäftigung der genannten Dienstnehmer bis 13. Mai 1993 und für die Einzahlung der Beiträge gemäß § 58 ASVG.
Der Mitbeteiligte erhob Einspruch, worin er den von der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse festgestellten Sachverhalt im wesentlichen unbestritten ließ, seine Haftung jedoch mit der Begründung bestritt, daß er die Dienstverhältnisse mit 13. November 1992 beendet habe und Ersuchen des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin, die beiden Dienstnehmer neuerlich zu beschäftigen, jeweils strikt abgelehnt habe. Eine Pflichtverletzung im Sinne des § 81 KO liege daher nicht vor.
In einer Stellungnahme zum Vorlagebericht der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse führte der Mitbeteiligte im Einspruchsverfahren weiter aus, daß eine Beschäftigung der genannten Dienstnehmer durch ihn nicht nur nicht erfolgt sei, sondern daß er dies im Hinblick auf die Ertragslage des Betriebes gegenüber dem Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin (der im fraglichen Zeitraum den Betrieb faktisch geführt habe) immer strikt abgelehnt hätte. Dieser Geschäftsführer sei nicht berechtigt und ermächtigt gewesen, Dienstverträge mit den ehemaligen Dienstnehmern abzuschließen. Ob die beiden Dienstnehmer "nächtens" für den Beschwerdeführer persönlich gearbeitet hätten, entziehe sich jeder Kenntnis des Mitbeteiligten. Es wäre daher zu prüfen, ob der genannte Geschäftsführer die Löhne an die Dienstnehmer bezahlt und die Beiträge an die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse abgeführt habe. In diesem Zusammenhang stellte der Mitbeteiligte mehrere Beweisanträge. Während des Einspruchsverfahrens wurde der Konkurs über die Gaststättenbetriebsgesellschaft mit Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 26. November 1993 mangels kostendeckenden Vermögens aufgehoben. In einer weiteren Stellungnahme zog die Beschwerdeführerin in Zweifel, ob den Dienstnehmern die Kündigungsschreiben des Masseverwalters überhaupt zugegangen seien und warf diesem vor, es nach dem 13. November 1992 bis 13. Mai 1993 unterlassen zu haben, zu überprüfen, ob die Dienstverhältnisse tatsächlich nicht mehr bestanden hätten. Darin liege im Hinblick darauf, daß der bisherige Geschäftsführer sich bemüht habe, die genannten Dienstnehmer weiter zu beschäftigen, ein grobes Verschulden (des Mitbeteiligten).
In einer Replik darauf sowie in einer weiteren Stellungnahme vom 11. Jänner 1994 wiederholte der Mitbeteiligte im wesentlichen seine bisherigen Ausführungen und fügte dem bei, es sei ihm nicht zumutbar, jeden Abend Überprüfungen dahingehend vorzunehmen, ob der Geschäftsführer der gemeinschuldnerischen Gesellschaft oder die ehemaligen Dienstnehmer sich seinen Anordnungen widersetzt hätten.
Die Einspruchsbehörde hat in der Folge den Geschäftsführer der gemeinschuldnerischen GesmbH einvernommen. Ausweislich der darüber errichteten Niederschrift vom 25. Februar 1994 gab dieser an, daß die genannten Dienstnehmer bei ihm seit Mitte 1990 als Köche beschäftigt gewesen seien. Der Konkurs über die Gaststätte sei im Oktober 1992 eröffnet worden. Bis zur Konkurseröffnung hätten beide Dienstnehmer das vereinbarte Entgelt immer zur Gänze erhalten. Die Kündigungen der beiden Dienstnehmer durch den mitbeteiligten Masseverwalter vom 13. November 1992 seien diesen zugegangen, weil diese mit dem Kündigungsschreiben zu ihm gekommen seien. Er sei daraufhin mit diesen Schreiben zum Masseverwalter gegangen und habe ihn gefragt, ob diese Kündigungen notwendig seien. Der Mitbeteiligte habe auf diese Kündigungen bestanden. Er habe daher kein Einverständnis des Mitbeteiligten gehabt, die beiden Dienstnehmer weiterhin zu beschäftigen. Er habe sie jedoch entgegen der Anweisung des Mitbeteiligten weiterhin beschäftigt. Nach der Kündigung hätten sie ihre Beschäftigung kurzfristig unterbrochen. Die Bezahlung der beiden Dienstnehmer habe er (der Geschäftsführer der gemeinschuldnerischen Gesellschaft) "persönlich durchgeführt", die Bezahlung sei in der Buchhaltung nicht aufgeschienen. Er habe die Löhne nicht aus den Einnahmen aus dem Gaststättenbetrieb, sondern aus privaten Mitteln, die er mehrmals von seiner Schwester und seinem Bruder erhalten habe, bezahlt. Auch nach Konkurseröffnung habe er beiden Dienstnehmern zugesagt, dasselbe Entgelt zu bezahlen wie zuvor, unabhängig davon, daß die stundenmäßige Arbeitsleistung der Dienstnehmer nach Konkurseröffnung verringert war. Übereinstimmend mit dem Mitbeteiligten gab der Geschäftsführer ferner an, daß er und seine Gattin den Mitbeteiligten regelmäßig in seiner Kanzlei beinahe täglich kontaktiert hätten. Hin und wieder habe dieser den Geschäftsführer in der Gaststätte aufgesucht. Dabei seien die Dienstnehmer nie angetroffen worden, dies wohl auch deshalb, weil die Besuche nach Büroschluß und vor Aufnahme des Gaststättenbetriebes stattgefunden hätten. Der Mitbeteiligte gab anläßlich dieser Niederschrift an, daß er für die Fortführung des Betriebes sich nur unter den Bedingungen ausgesprochen habe, daß die Buchhaltung von einem von ihm genannten Steuerberater weitergeführt werde und dessen Bezahlung außerhalb des Konkurses erfolge. Aus den Aufzeichnungen dieses Steuerberaters gehe hervor, daß dieser keine Kenntnis von der Weiterbeschäftigung der beiden Dienstnehmer erhalten habe. Die Dienstnehmer hätten gegen ihn als Masseverwalter ein arbeitsgerichtliches Verfahren anhängig gemacht. Die Ehefrau des Geschäftsführers der gemeinschuldnerischen Gesellschaft (am 19. April 1993) gab vor der Einspruchsbehörde unter anderem an, daß die Bezahlung des Entgelts der genannten Dienstnehmer durch ihren Gatten erfolgt sei. Er habe die Bezahlung "aus eigenen Mitteln (Zuwendungen seitens der Familie) vorgenommen". Die Richtigkeit des Entgelts für J.K. in der Höhe von S 22.789,-- bestätige sie, sofern dieses Entgelt netto auf einen Betrag von S 14.000,-- komme. Ihrem Gatten und ihr sei klar gewesen, daß die Beschäftigung der beiden Dienstnehmer entgegen dem Willen des Masseverwalters erfolge.
In weiteren Stellungnahmen führte die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse sodann näher aus, aus welchen Gründen sie die Gaststättenbetriebsgesellschaft m.b.H. als Dienstgeberin und damit als Beitragsschuldnerin ansehe und daß der Mitbeteiligte als Masseverwalter "grundsätzlich gemäß § 81 KO schadenersatzrechtlich dafür verantwortlich" sei, wenn die Mittel der Konkursmasse nicht für die Befriedigung von Entgeltansprüchen (und damit wohl auch von Sozialversicherungsbeiträgen) ausreichten. Der Beweis obliege dem Masseverwalter, daß er die einem Rechtsanwalt obliegende gewöhnliche Sorgfalt aufgewendet habe.
Nach Einsichtnahme in den Akt des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht betreffend die Klage der beiden Dienstnehmer gegen den Mitbeteiligten erließ die belangte Behörde zunächst den Bescheid vom 28. November 1994, mit welchem sie einen Einspruch des Mitbeteiligten gegen einen Bescheid der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse vom 20. Oktober 1993, mit dem die Versicherungspflicht der genannten Dienstnehmer zur Gaststättenbetriebsgesellschaft festgestellt wurde, abwies.
Sodann erließ die belangte Behörde den nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 31. Jänner 1995, worin sie dem Einspruch des Mitbeteiligten gegen den erstinstanzlichen Haftungsbescheid der Beschwerdeführerin Folge gab und den Bescheid der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG aufhob. Nach einer Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der wesentlichen Beweisergebnisse begründete die belangte Behörde diesen Bescheid im wesentlichen damit, daß die Ausführungen des Geschäftsführers, wonach dieser eigenmächtig hinter dem Rücken des Mitbeteiligten die beiden Dienstnehmer beschäftigt und aus eigenen Mitteln bezahlt habe, als glaubwürdig und unbestritten dem Bescheid zugrunde gelegt werden könnten. Die Genannten seien zwar in der Zeit vom 14. November 1992 bis 13. Mai 1993 (weiterhin) in einem Beschäftigungsverhältnis zur GaststättenbetriebsgesmbH gestanden (Hinweis auf den Bescheid der belangten Behörde vom 28. November 1994). Es stehe fest, daß die Sozialversicherungsbeiträge in der im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides der Beschwerdeführerin angeführten Höhe aushafteten und uneinbringlich seien, da (ergänze: im Zeitpunkt der Erlassung des in Beschwerde gezogenen Bescheides) die "Primärschuldnerin" nicht mehr existiere. Eine schuldhafte Pflichtverletzung des Masseverwalters (des Mitbeteiligten) im Sinne einer Schlechterbehandlung der Forderungen der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse gegenüber den Forderungen der beiden Dienstnehmer komme nicht in Betracht, da deren Entgeltforderungen, soweit überhaupt, nicht aus Gesellschaftsmitteln, sondern aus privaten Mitteln des Geschäftsführers bezahlt worden seien. § 67 Abs. 10 ASVG beziehe sich nur auf aus dem "Pflichtverhältnis zur rechtzeitigen Beitragsentrichtung" resultierenden allgemeinen Pflichten. Dazu zähle weder die Pflicht, rechtzeitig einen Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Vertretenen zu stellen, noch jene, die Entstehung von Beitragsforderungen beim Vertretenen durch Betriebseinstellung zu vermeiden. Die Betriebsfortführung begründe daher ebenfalls keine schuldhafte Pflichtverletzung. Die Weiterbeschäftigung der beiden Dienstnehmer, zu der der Mitbeteiligte befragt worden sei, die er ausdrücklich abgelehnt habe und die ohne sein Wissen erfolgt sei, könne ihm gleichfalls nicht als schuldhafte Pflichtverletzung angelastet werden. Der Geschäftsführer und dessen Ehegattin hätten ihn im Glauben gelassen, daß der Betrieb allein durch sie fortgeführt würde. Auf Grund der Kündigung und des Verbotes der Weiterbeschäftigung der beiden Dienstnehmer und mangels gegenteiliger Hinweise habe der Mitbeteiligte davon ausgehen dürfen, daß der Betrieb ausschließlich durch die Genannten fortgeführt worden sei. Auch die Ertragslage sei vom Mitbeteiligten stets überprüft worden. Die Buchhaltung sei auf Verlangen von einem näher bezeichneten Steuerberater weitergeführt worden. Auch in der Buchhaltung sei die Weiterbeschäftigung der beiden Dienstnehmer nicht aufgeschienen. Ein Sorgfaltsverstoß gegen den Sorgfaltsmaßstab des § 81 KO und eine schuldhafte Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Beitragsentrichtung im Sinne des § 67 Abs. 10 ASVG sei daher nicht anzunehmen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde der Gebietskrankenkasse.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie der Mitbeteiligte - eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Die Beschwerdeführerin hat zur Gegenschrift des Mitbeteiligten eine Äußerung erstattet; dieser hat darauf in einer Gegenäußerung repliziert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Bescheid der belangten Behörde vom 28. November 1994, mit welchem die Versicherungspflicht der beiden Dienstnehmer K.N. und J.K. im auch hier gegenständlichen Zeitraum aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses zur gemeinschuldnerischen Gesellschaft festgestellt wurde, ist nach der Aktenlage in Rechtskraft erwachsen. Es steht daher - ungeachtet der noch zu erörternden Umstände der Weiterbeschäftigung dieser Dienstnehmer nach dem 13. November 1992 - auch für den Verwaltungsgerichtshof bindend fest, daß die Gemeinschuldnerin Dienstgeberin dieser Dienstnehmer war und demgemäß auch die Beitragsschulden bei ihr entstanden sind.
Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Handelsgesellschaft, offene Erwerbsgesellschaft, Kommanditgesellschaft, Kommandit-Erwerbsgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Vermögensverwalter haften, soweit eine Verwaltung reicht, entsprechend.
Da § 67 Abs. 10 ASVG den §§ 9 und 80 BAO nachgebildet wurden, können die zu diesen Bestimmungen von Rechtsprechung und Lehre entwickelten Grundsätze nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf § 67 Abs. 10 ASVG übertragen werden (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 14. April 1988, Zl. 88/08/0025, vom 25. April 1989, Zl. 89/08/0013, und vom 24. Oktober 1989, Zl. 89/08/0044).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haftet für Abgabeschuldigkeiten - auch - der Masseverwalter (vgl. das Erkenntnis vom 15. Mai 1987, Zlen. 85/17/0104, 0152, und die darin zitierte Vorjudikatur sowie - daran anknüpfend - das Erkenntnis vom 24. Oktober 1989, Zl. 89/08/0044). Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt dargelegt hat, ist die Haftung der gemäß § 67 Abs. 10 ASVG Verantwortlichen ihrem Wesen nach eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung, die daran anknüpft, daß die gegenüber dem Sozialversicherungsträger bestehenden gesetzlichen Bestimmungen zur rechtzeitigen Abfuhr von Sozialversicherungsbeiträgen verletzt wurden. Eine solche Pflichtverletzung - für deren Beurteilung ebenfalls die von der Rechtsprechung zu den §§ 9 und 80 BAO entwickelten Grundsätze herangezogen werden können (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1991, Zl. 90/08/0100, mit weiteren Judikaturhinweisen) - kann darin liegen, daß der Verantwortliche die Beitragsschulden insoweit schlechter behandelt als sonstige Gesellschaftsschulden, als er diese bedient, jene aber unberichtigt läßt bzw. - im Falle des Fehlens ausreichender Mittel - nicht für eine zumindest anteilige Befriedigung auch der Forderungen des Sozialversicherungsträgers Sorge trägt (vgl. das Erkenntnis vom 28. April 1992, Zl. 92/08/0055, mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung).
Allerdings ist Grundlage der Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG - ausschließlich - die Verletzung von Vertreterpflichten, die dem potentiell Haftenden als gesetzlichem Vertreter der Beitragsschuldnerin durch die in diesem Zusammenhang bestehenden sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen auferlegt sind. Die Haftung kann daher nicht auf Umstände gestützt werden, die nicht den von § 67 Abs. 10 ASVG erfaßten Pflichtenkreis treffen: Es haftet daher etwa der Geschäftsführer einer GesmbH nicht schon aus dem behaupteten Verstoß gegen seine Verpflichtung, binnen 60 Tagen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung der Gesellschaft Konkursantrag zu stellen (§ 69 KO), aber auch nicht deshalb, weil durch die Verzögerung der Betriebseinstellung die Forderungen gegenüber der Gebietskrankenkasse vergrößert worden sind (all dies freilich unbeschadet weiterreichender zivilrechtlicher Haftungen, vgl. das Erkenntnis vom 19. Februar 1991, Zl. 90/08/0016, mit weiteren Hinweisen).
Der Mitbeteiligte behauptete im Verwaltungsverfahren (aber auch in seiner Gegenschrift) nicht, daß die gemeinschuldnerische Gesellschaft im hier maßgebenden Zeitraum über keine Mittel verfügt und demgemäß keine Zahlungen geleistet hätte, weshalb in der Nichtzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen keine Benachteiligung der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse gelegen wäre; sein gesamtes Vorbringen geht vielmehr dahin, daß ihn an der Nichtentrichtung der Beiträge für die genannten Dienstnehmer deshalb kein Verschulden treffe, weil er von deren Beschäftigung nichts gewußt habe. Diese Auffassung wird von der belangten Behörde geteilt: Die Weiterbeschäftigung der Dienstnehmer sei ohne das Wissen des Mitbeteiligten erfolgt und (offenbar gemeint: die Nichtentrichtung von Beiträgen) könne ihm daher nicht als schuldhafte Pflichtverletzung angelastet werden.
Die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse hält dem entgegen, daß sich der Sorgfaltsmaßstab des Masseverwalters nach § 81 KO bestimme. Ein Verschulden des Mitbeteiligten erblickt die Beschwerdeführerin darin, daß dieser das Unternehmen in der fraglichen Zeit nicht während der Betriebszeiten (das heißt abends) aufgesucht habe. Der Mitbeteiligte hätte bei einer solchen Überprüfung feststellen können, daß die genannten Dienstnehmer (ungeachtet der vorangegangenen Kündigung durch den Masseverwalter) weiterhin beschäftigt worden seien. Er habe auch nicht dargetan, ob und welche Vereinbarungen bzw. Regelungen der Mitbeteiligte in bezug auf die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Pflichten gemäß §§ 35 ff ASVG mit dem vormaligen Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin getroffen habe. Mängel im Überwachungssystem begründeten schon für sich allein ein Verschulden gemäß § 67 Abs. 10 ASVG (Hinweise auf die Erkenntnissse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Mai 1992, Zl. 88/17/0216, und vom 24. Mai 1993, Zl. 91/15/0063).
Zunächst ist - in Übereinstimmung mit dem hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1991, Zl. 90/08/0016, und der darin zitierten Vorjudikatur - daran festzuhalten, daß § 67 Abs. 10 ASVG - ebenso wie die abgabenrechtliche Haftung gemäß den §§ 9, 80 BAO - eine Verletzung von Vertreterpflichten voraussetzt, die einem gesetzlichen Vertreter der Beitragsschuldnerin durch die in diesem Zusammenhang bestehenden (sozialversicherungs-)beitragsrechtlichen Bestimmungen auferlegt sind. Selbst wenn es daher - wie die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde weiter ausführt - zuträfe, daß der Mitbeteiligte die Beschwerdeführerin in einer nach § 1315 oder § 1313a ABGB zurechenbaren Weise (nämlich dadurch, daß er seine Angelegenheiten durch den ehemaligen Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin habe besorgen lassen) geschädigt hätte, so könnte allein aus diesem Umstand eine im Verwaltungsweg geltend zu machende Haftung des Beschwerdeführers gemäß § 67 Abs. 10 ASVG nicht abgeleitet werden. Abgesehen davon, hat die belangte Behörde weder festgestellt, noch der Mitbeteiligte behauptet, er habe sich bei Erfüllung seiner sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen des (ehem.) Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin bedient. Auch die Regelung einer Aufgabenverteilung erübrigte sich in diesem Zusammenhang schon deshalb, weil eine auch nur teilweise Übertragung der dem Mitbeteiligten als Masseverwalter obliegenden Vertretungsaufgaben auf den Geschäftsführer der gemeinschuldnerischen Gesellschaft weder festgestellt noch behauptet wurde.
Auch ist dem Verwaltungsgerichtshof - entgegen der diesbezüglichen Auffassung der Beschwerdeführerin - nicht erkennbar, aus welchem Grund in dem Umstand, daß der Mitbeteiligte mit den beiden Dienstnehmern "keinen persönlichen Kontakt" aufgenommen habe, ein Verschulden im hier maßgebenden Sinne begründet sein soll, reichte es doch aus, die Dienstnehmer schriftlich zu kündigen und dem nachfragenden vormaligen Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin die Gründe für diese Kündigung zu erläutern bzw. eine Weiterbeschäftigung dieser Dienstnehmer strikt abzulehnen, wie dies die belangte Behörde festgestellt hat. Der Umstand allein, daß der Masseverwalter Dienstnehmer der Gemeinschuldnerin kündigt, muß auch dann nicht den Verdacht aufkommen lassen, diese Dienstnehmer würden "hinter seinem Rücken" weiter beschäftigt, wenn der Geschäftsführer erklärt, deren Weiterbeschäftigung zu wünschen und dies der Masseverwalter strikt ablehnt. Es hieße aber auch die Pflichten des Masseverwalters überspannen, verpflichtete man ihn dazu, jeglicher denkbarer Malversation (von der im vorhinein naturgemäß nicht bekannt ist, worauf sie sich beziehen könnte) durch den Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin mittels (diesfalls praktisch nicht begrenzbarer) Kontrollmaßnahmen zu begegnen.
Der Verwaltungsgerichtshof hält den Ansatz der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse insgesamt für verfehlt, ex post (d.h. in Kenntnis aller Umstände) die Frage zu stellen, welche zumutbaren Kontrollmaßnahmen der Mitbeteiligte - in vollständiger Kenntnis des Sachverhaltes - hätte ergreifen können. Es ist vielmehr zu prüfen, ob der Mitbeteiligte während des Zeitraumes vom 13. November 1992 bis 13. Mai 1993 damit rechnen mußte, daß ohne sein Wissen Dienstnehmer beschäftigt würden. Dies ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls dann zu verneinen, wenn die Bezahlung dieser Dienstnehmer von dritter Seite erfolgt und daher auch bei sorgfältiger Kontrolle der Geschäftsgebarung aus dieser kein Hinweis auf die Beschäftigung von Dienstnehmern zu entnehmen war. Bestand aber für den Masseverwalter kein Anhaltspunkt für eine mögliche Weiterbeschäftigung zweier Dienstnehmer "hinter seinem Rücken", so kann ihm auch nicht vorgeworfen werden, während der Öffnungszeiten des Geschäftslokals diesbezügliche Kontrollen (zu denen aus damaliger Sicht gar kein Anlaß bestand) unterlassen zu haben. Im allgemeinen muß aber mit der Beschäftigung von Dienstnehmern gegen den Willen des Masseverwalters auf Kosten Dritter auch während eines Konkursfortbetriebes nicht gerechnet werden.
Muß aber dem Mitbeteiligten auf dem Boden der Feststellungen der belangten Behörde die unverschuldete Unkenntnis des Entstehens einer Beitragsforderung der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse zugebilligt werden, dann trifft ihn auch kein Verschulden daran, daß er diese (ihm gar nicht bekannte) Forderung nicht zumindest anteilig befriedigt hat.
Soweit die Beschwerdeführerin schließlich rügt, daß die belangte Behörde "die Angaben des vormaligen Geschäftsführers als unstrittig angenommen (habe), wonach dieser entgegen dem Verbot des Masseverwalters" die betreffenden Dienstnehmer weiter beschäftigte, bekämpft sie die Beweiswürdigung der belangten Behörde.
Gemäß § 45 Abs. 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Nach § 60 AVG sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.
Der in § 45 Abs. 2 AVG zum Ausdruck kommende Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet nicht, daß der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Diese Bestimmung hat nur zur Folge, daß - sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist - die Würdigung der Beweise keinen anderen, insbesondere auch nicht gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber keineswegs eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Der Verwaltungsgerichtshof ist an den von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalt insoweit nicht gebunden, als dieser in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen wurde, der Ergänzung bedarf oder bei seiner Ermittlung Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Schließlich unterliegt die Beweiswürdigung der Behörde auch der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes in der Richtung, ob alle zum Beweis oder zur Widerlegung strittiger Tatsachen nach der Aktenlage objektiv geeigneten Umstände berücksichtigt wurden und die Behörde bei der Würdigung dieser Umstände (bzw. bei Gewinnung ihrer Schlußfolgerungen) deren Gewicht (im Verhältnis untereinander) nicht verkannt hat. Prüfungsmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes für die Beurteilung der Frage, ob Umstände in diesem Sinne objektiv geeignet (und daher zu berücksichtigen) sind und ob ihr Gewicht (an sich oder im Verhältnis zu anderen Sachverhaltselementen) verkannt wurde, sind die Gesetze der Logik und des allgemeinen menschlichen Erfahrungsgutes.
Wenn es hingegen nachvollziehbare, mit den Denkgesetzen übereinstimmende Gründe für jede von mehreren in Betracht kommenden Sachverhaltsvarianten gibt, so hat die belangte Behörde nach freier Überzeugung auch zu entscheiden, welchen der in Betracht kommenden Sachverhaltsvarianten sie den Vorzug gibt (um dies nachvollziehbar zu begründen), ohne daß ihr der Verwaltungsgerichtshof entgegentreten könnte: Welche Sachverhaltsversion im Sinne ihrer Übereinstimmung mit der Wirklichkeit tatsächlich richtig ist, unterliegt insoweit nicht der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zu alldem das Erkenntnis vom 17. Februar 1992, Zl. 92/08/0071).
Der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt und die dabei angestellten Erwägungen halten vor diesem rechtlichen Hintergrund einer verwaltungsgerichtlichen Kontrolle aus folgenden Gründen stand:
Die Beschwerdeführerin meint, die belangte Behörde hätte deshalb Zweifel an der Glaubwürdigkeit des vormaligen Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin haben müssen, weil dieser in bezug auf die Höhe des Entgelts der genannten Dienstnehmer verschiedene Angaben gemacht hätte und nach den Aktenunterlagen vermögens- und einkommenslos sei, sodaß ihn deshalb "belastende Aussagen" nicht mehr weiter treffen könnten. Er habe mit keinen weiteren negativen Folgen für sich rechnen müssen, wenn er die ganze Schuld bezüglich der Weiterbeschäftigung der genannten Dienstnehmer auf sich genommen habe. Lediglich der Mitbeteiligte habe ein Interesse daran, daß ihm die völlige Entlastung an der Weiterbeschäftigung der Dienstnehmer gelinge. Bereits der geringste Hinweis auf diese Weiterbeschäftigung hätte bei ihm eine Haftung ausgelöst. Diesem Aspekt habe die belangte Behörde jedoch keinerlei Aufmerksamkeit geschenkt.
Abgesehen davon, ob die von der Beschwerdeführerin gegen die Glaubwürdigkeit der Angaben des vormaligen Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin ins Treffen geführten Argumente, geeignet sein können, die Beweiswürdigung der belangten Behörde vor dem Hintergrund des genannten Kontrollmaßstabes des Verwaltungsgerichtshofes zu erschüttern, legt die Beschwerdeführerin selbst nicht dar, aus welchen Beweisergebnissen die belangte Behörde die Feststellung hätte treffen können oder sollen, daß der Mitbeteiligte den geringsten Hinweis darauf erhalten hätte, daß zwei Dienstnehmer hinter seinem Rücken weiterbeschäftigt würden. Die diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerdeführerin erschöpfen sich vielmehr darin, die dem rechtlichen Anliegen der Beschwerdeführerin dienlichen (denkbaren) Tatsachenfeststellungen als (bestenfalls) gleich wahrscheinlich wie die Feststellungen der belangten Behörde darzustellen. Damit vermag die Beschwerdeführerin aber weder eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde, noch einen Verstoß gegen die Denkgesetze aufzuzeigen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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