Normen
AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs2;
AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 19. Oktober 1994 sprach das Arbeitsamt Salzburg aus, daß der Beschwerdeführer den Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 10 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) für die Zeit vom 10. Oktober bis 6. November 1994 verloren habe. Eine Nachsicht werde nicht erteilt. Nach der Begründung habe der Beschwerdeführer das Arbeitsangebot zur Firma B vereitelt. Die geltend gemachten Nachsichtsgründe hätten nicht anerkannt werden können.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung, wobei er im wesentlichen die Auffassung vertrat, das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses nicht vereitelt oder sich geweigert zu haben, die dortige Arbeit anzunehmen. Die Entscheidung sei alleine bei der genannten Firma gelegen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und die Entscheidung des Arbeitsamtes bestätigt. Nach der Begründung hätten zwei Mitarbeiter der genannten Firma als Zeugen vernommen übereinstimmend angegeben, daß der Beschwerdeführer bei seiner Vorsprache eine Lohnforderung in der Höhe von S 14.000,-- bis S 15.000,-- netto gestellt habe. Er sei deshalb für die Firma nicht in Frage gekommen, da andere Bewerbungen mit realistischeren Lohnforderungen vorgelegen seien. Der Beschwerdeführer sei aufgrund der hohen Lohnforderung nicht in die engere Wahl der Bewerber gekommen und habe deshalb ein Schreiben vom 7. Oktober 1994 erhalten, wonach ein anderer Mitarbeiter eingestellt worden sei. Der Beschwerdeführer habe dieses Vorbringen bestritten und angegeben, beim Vorstellungsgespräch lediglich seine Gehaltsvorstellungen in der Höhe von S 14.000,-- bis S 15.000,-- netto monatlich bekanntgegeben zu haben. Ihm sei gesagt worden, daß man sich seine Einstellung noch überlegen müsse und er Bescheid erhalten würde. Die belangte Behörde zweifle nicht an der Richtigkeit der Aussagen der Zeugen, zumal der Beschwerdeführer selbst in einer Niederschrift vom 11. Oktober 1994 angegeben habe, daß das Beschäftigungsverhältnis nicht zustande gekommen sei, weil er zum Dienstgeber gesagt habe, mindestens S 14.000,-- bis S 15.000,-- netto monatlich verdienen zu müssen, um seine Fixkosten abdecken zu können. Ein Mitarbeiter der genannten Firma habe gegenüber dem zuständigen Berater des Arbeitsamtes telefonisch bestätigt, daß der Beschwerdeführer sofort bei Vorstellungsbeginn gesagt habe, S 14.000,-- bis S 15.000,-- netto monatlich verdienen zu müssen. Das Gehaltsangebot der Firma von S 17.000,-- brutto monatlich sei ihm zu wenig gewesen. Die Firma habe auch auf der Vorstellungskarte bestätigt, daß dem Beschwerdeführer das gebotene Entgelt von S 17.000,-- brutto monatlich zu wenig gewesen sei. Das Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Berufung, wonach er bestreite, gesagt zu haben, S 14.000,-- bis S 15.000,-- netto monatlich verdienen zu müssen, erschiene im Hinblick auf seine Angaben in der Niederschrift vom 11. Oktober 1994 nicht glaubwürdig. Auch wenn am Ende des Vorstellungsgespräches noch keine definitive Absage erteilt worden sei, müsse davon ausgegangen werden, daß die Ablehnung seiner Bewerbung ihre Ursache in den überhöhten Gehaltsforderungen gehabt habe. Es liege daher der Tatbestand der Arbeitsvereitelung nach § 10 Abs. 1 AlVG vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach dem Beschwerdevorbringen sei die belangte Behörde auf der Grundlage des festgestellten Sachverhaltes zu Unrecht von einer im Verhalten des Beschwerdeführers gelegenen Vereitelung der Annahme einer Beschäftigung ausgegangen. Der Beschwerdeführer habe im Verlaufe des Vorstellungsgespräches keine Entscheidung des Arbeitgebers erfahren, insbesondere keine Absage erhalten. Das Gehaltsangebot des Arbeitgebers sei ein bloßes Angebot gewesen, eine Festlegung auf diesen Betrag hätten die Behörden nicht festgestellt, vor allem nicht, daß sich der Beschwerdeführer hätte entscheiden können, die Arbeitsstelle entweder nach den Vorstellungen des Arbeitgebers anzunehmen oder weiter auf seiner Vorstellung zu beharren und die Stelle nicht zu bekommen. Nur dann, wenn der Arbeitgeber dem Beschwerdeführer ausdrücklich vor die Entscheidung gestellt hätte, das Angebot anzunehmen oder abzulehnen, hätte der Beschwerdeführer tatsächlich überlegen können, das Nichtzustandekommen des Arbeitsverhältnisses in Kauf zu nehmen. Nur unter dieser Voraussetzung könnte ihn theoretisch der Vorwurf einer Vereitelung treffen. Im gegenständlichen Fall sei die Ablehnung seiner Bewerbung weder objektiv noch subjektiv vorhersehbar gewesen, weshalb den Beschwerdeführer kein Verschulden am Nichtzustandekommen des Arbeitsverhältnisses treffe.
Nach § 10 Abs. 1 AlVG in der Fassung des AMS-Begleitgesetzes, BGBl. Nr. 314/1994, verliert der Arbeitslose, wenn er sich weigert, eine ihm von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden vier Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Gemäß § 9 Abs. 2 AlVG ist eine Beschäftigung zumutbar, die den körperlichen Fähigkeiten des Arbeitslosen angemessen ist, seine Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist und dem Arbeitslosen eine künftige Verwendung in seinem Beruf nicht wesentlich erschwert.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist als angemessene Entlohnung im Sinne des § 9 Abs. 2 leg. cit. das nach dem (im konkreten Fall anzuwendenden) Kollektivvertrag gebührende Entgelt anzusehen (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 29. Juni 1993, Zl. 92/08/0053, mit weiteren Judikaturhinweisen).
In der Beschwerde wird die Zumutbarkeit der dem Beschwerdeführer zugewiesenen Beschäftigung nicht in Zweifel gezogen, insbesondere nicht in Abrede gestellt, daß sie angemessen entlohnt wurde (nach der mit dem Beschwerdeführer am 11. Oktober 1994 aufgenommenen Niederschrift lag die ihm angebotene Entlohnung sogar über dem Kollektivvertrag). Der Beschwerdeführer bestreitet jedoch, die Annahme der Beschäftigung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG vereitelt zu haben.
Die Bestimmungen der §§ 9 bis 11 AlVG sind Ausdruck der dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zugrunde liegenden Gesetzeszwecke, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung einer ihm zumutbaren Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muß sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene, im Sinne der Abs. 2 bis 5 des § 9 AlVG zumutbare Beschäftigung anzunehmen, d.h. bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein. Um sich in bezug auf eine vom Arbeitsamt vermittelte, zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten (und daher unverzüglich zu entfaltenden) aktiven Handelns des Arbeitslosen, andererseits (und deshalb) aber auch der Unterlassung jedes Verhaltens, das objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines dem Zustand der Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen (sieht man vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen, ab), somit auf zwei Wegen verschuldet (d.h. dessen Zustandekommen vereitelt) werden: Nämlich dadurch, daß der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (Unterlassung der Vereinbarung eines Vorstellungstermines, Nichtantritt der Arbeit), oder aber, daß er den Erfolg seiner (nach außen zutage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht (vgl. etwa das Erkenntnis vom 29. Juni 1993, Zl. 92/08/0070, mit weiteren Nachweisen).
Unter dem Begriff der "Vereitelung" im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein auf das zugewiesene Beschäftigungsverhältnis bezogenes Verhalten des Vermittelten zu verstehen, das - bei gegebener Zumutbarkeit der Beschäftigung - das Nichtzustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses herbeiführt.
Das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses muß nicht nur in der Sphäre des Vermittelten, sondern darüber hinaus in einem auf das Nichtzustandekommen gerichteten oder dies zumindest in Kauf nehmenden Tun des Vermittelten seinen Grund haben (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 17. November 1992, Zl. 92/08/0101, und vom 16. November 1993, Zl. 93/08/0233).
Auf dem Boden dieser Rechtslage ist die Annahme einer Vereitelung der zugewiesenen Beschäftigung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG durch den Beschwerdeführer nicht rechtswidrig:
In der mit dem Beschwerdeführer am 11. Oktober 1994 aufgenommenen Niederschrift hat er selbst erklärt, das Beschäftigungsverhältnis sei deshalb nicht zustande gekommen, weil er zum Dienstgeber gesagt habe, daß er mindestens S 14.000,-- bis S 15.000,-- netto monatlich verdienen müsse, um seine Fixkosten abdecken zu können. Auch aus dem Schreiben der Firma Bracharz an das Arbeitsamt vom 7. Oktober 1994 geht hervor, daß dem Beschwerdeführer (das über dem Kollektivvertrag gelegene) Entgelt von S 17.000,-- brutto monatlich zu wenig gewesen sei. Dem Beschwerdeführer kann daher nicht gefolgt werden, wenn er behauptet, der von ihm genannte Betrag von S 14.000,-- bis S 15.000,-- netto monatlich sei eine bloße Vorstellung gewesen, die er nicht auch unbedingt hätte realisieren müssen, er also auch zu der ihm angebotenen Entlohnung gearbeitet hätte. Dem Beschwerdeführer war nach der mit ihm am 23. Dezember 1994 aufgenommenen Niederschrift auch bekannt, daß neben ihm noch zwei weitere Bewerber um die freie Stelle vorhanden waren. Unabhängig davon, ob dem Beschwerdeführer gegenüber aufgrund seiner Lohnforderung sofort eine Absage erfolgte oder der präsumtive Dienstgeber erklärte, sich erst nach Vorstellung der anderen Bewerber entscheiden zu wollen, wäre es am Beschwerdeführer gelegen, bezüglich der von ihm genannten Beträge eine Klarstellung in der Richtung vorzunehmen, daß es sich dabei lediglich um eine Wunschvorstellung, nicht jedoch um eine konkrete Lohnforderung handle, und er auch bereit sei, zu der (über dem Kollektivvertrag gelegenen) Entlohnung von S 17.000,-- brutto monatlich zu arbeiten. Da der Beschwerdeführer eine solche Klarstellung unterließ, nahm er das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses im Sinne der genannten Rechtsprechung in Kauf. Aus der bereits erwähnten Niederschrift vom 11. Oktober 1994 ergibt sich auch, daß dem Beschwerdeführer klar war, daß sein Verhalten für die Weigerung des präsumtiven Dienstgebers, ihn einzustellen, kausal war.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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