VwGH 92/08/0101

VwGH92/08/010117.11.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde des H in P, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in N, gegen den aufgrund des Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheid des Landesarbeitsamtes Burgenland vom 25. März 1992, Zl. IV/7022 B, VSNr. 2293 131141, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe gemäß § 10 Abs. 1 AlVG, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §12;
AlVG 1977 §7 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AlVG 1977 §9;
AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §12;
AlVG 1977 §7 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AlVG 1977 §9;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Dem seit 30. September 1991 im Bezug der Notstandshilfe stehenden Beschwerdeführer wurde nach der - insoweit unbestrittenen - Aktenlage vom Arbeitsamt eine Beschäftigung als LKW-Lenker bei der Firma Z in G mit Arbeitsbeginn 27. Jänner 1992 zugewiesen. Ausweislich einer an diesem Tag vom Arbeitsamt aufgenommenen Niederschrift erklärte der Beschwerdeführer, daß dieses Beschäftigungsverhältnis nicht zustande gekommen sei, weil er über "keine Praxis als LKW-Fahrer" verfüge und eine "Beschäftigung als Busfahrer voraussichtlich März 92, MA 42, Wien" zugesichert worden sei. Nach Anhörung des Vermittlungsausschusses erklärte das Arbeitsamt den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 11. Februar 1992 hinsichtlich seines Anspruches auf Notstandshilfe gemäß § 38 in Verbindung mit § 10 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977, BGBl. Nr. 609/1977, für die Zeit vom 27. Jänner 1992 bis 23. Februar 1992 für verlustig, wobei eine Nachsicht nicht erteilt wurde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit Bescheid vom 25. März 1992 hat die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und den angefochtenen Bescheid bestätigt. Nach Zitierung der von der belangten Behörde angewendeten Rechtsvorschriften wird darin begründend u.a. ausgeführt, daß der Beschwerdeführer zuletzt in der Zeit vom 12. März 1990 bis 14. Oktober 1990 als Buslenker beim Dienstgeber "X" in Wien beschäftigt gewesen sei. Am 14. Jänner 1992 sei ihm vom Arbeitsamt eine Beschäftigung als LKW-Lenker beim Dienstgeber Z GesmbH & Co KG in G mit Entlohnung nach Vereinbarung und Arbeitsantritt am 27. Jänner 1992 zugewiesen worden. Bei dieser angebotenen Beschäftigung hätte es sich um eine Dauerarbeitsstelle gehandelt. Beim Vorstellungsgespräch habe der Beschwerdeführer dem Dienstgeber gegenüber erklärt, daß er im Frühjahr wieder bei der alten Firma anfangen werde. Daraufhin habe die Firma Z von einer Einstellung Abstand genommen. Nach einer Wiedergabe des - eingangs wiedergegebenen - Inhaltes der niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers vom 27. Jänner 1992 vertrat die belangte Behörde die Auffassung, daß die zugewiesene Beschäftigung den in § 9 Abs. 2 AlVG umschriebenen Zumutbarkeitskriterien entspreche. Zum Zeitpunkt der Vermittlung durch das Arbeitsamt seien im Bereich des Arbeitsamtssprengels keine offenen Stellen für Buslenker gemeldet gewesen und es habe auch keine Aussicht bestanden, den Beschwerdeführer in absehbarer Zeit als Buslenker vermitteln zu können. Auch sei nicht ersichtlich, inwiefern eine Verwendung als LKW-Fahrer einer späteren Beschäftigung als Buslenker abträglich sein könnte. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, daß das Beschäftigungsverhältnis wegen fehlender Praxis nicht zustande gekommen sei, sei entgegenzuhalten, daß laut Rückmeldung des in Aussicht genommenen Dienstgebers der alleinige Grund für die Nichteinstellung die Äußerung des Beschwerdeführers gewesen sei, wonach er wieder bei seiner alten Firma anfangen werde. Da das Unternehmen an einem kurzfristigen Beschäftigungsverhältnis für die Dauer von ein oder zwei Monaten kein Interesse gehabt habe, die Äußerung des Beschwerdeführers aber nur so auslegen habe können, daß er nur für einen derart kurzen Zeitraum zur Verfügung stehen werde, sei seitens des Unternehmens von einer Anstellung Abstand genommen worden. Der Vereitelungstatbestand des § 10 Abs. 1 erster Satz, zweiter Fall AlVG sei daher verwirklicht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Wenn der Arbeitslose sich weigert, eine ihm vom Arbeitsamt zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, so verliert er gemäß § 10 Abs. 1 erster Satz AlVG 1977 für die Dauer der Weigerung, jedenfalls für die Dauer der auf die Weigerung folgenden vier Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Gemäß § 9 Abs. 2 AlVG ist eine Beschäftigung dem Arbeitslosen zumutbar, die seinen körperlichen Fähigkeiten angemessen ist, seine Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist und dem Arbeitslosen eine künftige Verwendung in seinem Beruf nicht wesentlich erschwert. Die letzte Voraussetzung bleibt bei der Beurteilung, ob die Beschäftigung zumutbar ist, außer Betracht, wenn der Anspruch auf den Bezug des Arbeitslosengeldes erschöpft ist und keine Aussicht besteht, daß der Arbeitslose in absehbarer Zeit in seinem Beruf eine Beschäftigung findet.

Der Beschwerdeführer bestreitet in seiner Beschwerde nicht, daß ihm die vom Arbeitsamt zugewiesene Beschäftigung als LKW-Chauffeur im Sinne des § 9 Abs. 2 leg. cit. zumutbar gewesen ist. Er bringt vielmehr in seiner Beschwerde vor, er habe beim Vorstellungsgespräch auf die Frage, ob er allenfalls bereits eine andere Beschäftigung in Aussicht habe, wahrheitsgemäß darauf verwiesen, daß ihm (mündlich) vom Magistrat der Stadt Wien (MA 42) bereits zugesichert worden sei, daß er ab dem Frühjahr (voraussichtlich März) für die Gemeinde Wien als Bus-Chauffeur werde arbeiten können, diese Beschäftigung einer Beschäftigung als LKW-Chauffeur vorziehe und für den Beginn der Tätigkeit als Bus-Chauffeur kündigen werde. Die belangte Behörde habe über den Inhalt seines Bewerbungsgespräches unzureichende Feststellungen getroffen.

Insbesondere lasse sich eine "Beweislastregel" (gemeint wohl: ein Rechtssatz) des Inhalts, daß immer dann, wenn ein Arbeitsloser die ihm vom Gesprächspartner gestellte Frage, ob er bereits eine andere Beschäftigung in Aussicht habe, bejahe, bereits der Tatbestand der Arbeitsvereitelung im Sinne des § 10 AlVG verwirklicht sei, dem Gesetz nicht entnehmen. Der Beschwerdeführer sei zur wahrheitsgemäßen Beantwortung der ihm gestellten Fragen arbeitsrechtlich verpflichtet gewesen.

Richtig ist, daß die belangte Behörde die Angaben des Beschwerdeführers in der Niederschrift vom 27. Jänner 1992, wonach er auf die voraussichtlich ab März 1992 erfolgende Einstellung als Buslenker in Wien hingewiesen habe, zwar wiedergibt, in ihren Tatsachenfeststellungen jedoch - weiterhin und ohne den Widerspruch aufzuklären - davon ausging, der alleinige Grund für die Nichteinstellung des Beschwerdeführers sei seine Äußerung gewesen, wonach er wieder bei seiner alten Firma anfangen werde.

Der darin allenfalls liegende Begründungsmangel ist jedoch für das Ergebnis des Verfahrens aus folgenden Gründen nicht von Relevanz:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung aus dem Regelungszusammenhang der §§ 9 bis 11 AlVG abgeleitet, daß nur Beschäftigungen für jene Zeiträume einer Vermittlung überhaupt zugänglich sind, in denen der Betroffene arbeitslos ist. Hat er jedoch wieder eine Beschäftigung gefunden, die ab einem bestimmten Tag anzutreten sein wird und ist hierüber zwischen ihm und dem künftigen Dienstgeber ein Arbeitsvertrag zustande gekommen, dann entbehrt eine ihm vermittelte Beschäftigung, für die der vermittelte, die Arbeitskraft nachfragende Betrieb eine nicht nur auf die restliche Dauer der Arbeitslosigkeit beschränkte, sondern darüber hinausgreifende Dauer zur Bedingung der Aufnahme macht, voraussetzungsgemäß der Zuweisungstauglichkeit (vgl. das Erkenntnis vom 4. Dezember 1981, Zl. 08/2059/79, u.a.).

Das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBl. Nr. 609, wurde mit dem Bundesgesetz mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz geändert werden, BGBl. Nr. 682/1991, mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1992 geändert:

Gemäß § 9 Abs. 5 AlVG in der Fassung dieser Novelle ist eine vom Arbeitsamt vermittelte Beschäftigung auch dann zumutbar, wenn dem Arbeitslosen eine Wiedereinstellungszusage von einem früheren Arbeitgeber erteilt wurde oder sich der Arbeitslose schon zur Aufnahme einer Beschäftigung in Zukunft verpflichtet hat (Einstellungsvereinbarung).

Da der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde ausdrücklich bestreitet, von seinem früheren Arbeitgeber eine Wiedereinstellungszusage erhalten zu haben (er behauptet vielmehr, über eine mündliche Einstellungszusage der Magistratsabteilung 42 verfügt zu haben), er aber andererseits auch nicht behauptet, schon zur Aufnahme einer Beschäftigung in Zukunft VERPFLICHTET gewesen zu sein, liegt ein Mangel der Zuweisungstauglichkeit weder im Sinne des Erkenntnisses vom 4. Dezember 1981, Zl. 08/0259/79, noch im Sinne der seit 1. Jänner 1992 diesbezüglich geänderten Rechtslage vor. Daß eine (schlichte) Zusage, den Dienstnehmer künftig einstellen zu wollen, (ohne daß dem eine arbeitsrechtliche Verpflichtung des Dienstnehmers zum Arbeitsantritt gegenüberstünde) die Zuweisung zu einer anderen zumutbaren Beschäftigung nicht hindert, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 12. Februar 1988, Zl. 86/08/0194, ausgesprochen.

Ist aber von der grundsätzlichen Zuweisungstauglichkeit der namhaft gemachten Beschäftigungsmöglichkeit auszugehen, bleibt nur mehr zu prüfen, ob der Beschwerdeführer durch sein Verhalten die Annahme dieser Beschäftigung vereitelt hat.

Unter dem Begriff der "Vereitelung" im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein auf das zugewiesene Beschäftigungsverhältnis bezogenes Verhalten des Vermittelten zu verstehen, das - bei gegebener Zumutbarkeit der Beschäftigung - das Nichtzustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses herbeiführt. Das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses muß nicht nur in der Sphäre des Vermittelten, sondern darüberhinaus in einem auf das Nichtzustandekommen gerichteten oder dies zumindest in Kauf nehmenden Tun des Vermittelten seinen Grund haben (vgl. das Erkenntnis vom 14. März 1989, Zl. 89/08/0012, mit weiteren Hinweisen). Eine solche Vereitelung hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dann bejaht, wenn der Arbeitslose beim Vorstellungsgespräch, wenn auch wahrheitsgemäß, seine Intention zum Ausdruck bringt, die mit der Spezifikation einer Dauerstellung angebotene zumutbare Beschäftigung nur als Übergangslösung zu betrachten, weil er damit - bezogen auf den konkreten angebotenen Arbeitsplatz als Dauerstellung - seine Arbeitswilligkeit in Zweifel stellt (vgl. die Erkenntnisse vom 23. Februar 1984, Zl. 81/08/0209, vom 13. September 1985, Zl. 85/08/0077, und das bereits erwähnte Erkenntnis vom 14. März 1989, Zl. 89/08/0012). Auf die nähere Begründung dieser Erkenntnisse wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Das vom Beschwerdeführer in der Beschwerde behauptete Verhalten, er habe auf eine ihm gestellte Frage wahrheitsgemäß geantwortet, über eine formlose Zusage einer alsbaldigen Einstellung als Bus-Chauffeur zu verfügen, und diese Beschäftigung einer Beschäftigung als LKW-Chauffeur vorziehe, entspricht im Sinne dieser Rechtsprechung dem Tatbestand der Vereitelung des Antritts einer zugewiesenen Beschäftigung im Sinne des § 10 Abs. 1 erster Satz, zweiter Fall, AlVG.

Da der angefochtene Bescheid sich somit auch auf dem Boden des Beschwerdevorbringens als rechtmäßig erweist, wurde der Beschwerdeführer dadurch, daß die belangte Behörde nicht von dem in der Beschwerde behaupteten Sachverhalt ausgegangen ist, (im Ergebnis) in keinem Recht verletzt. Daher war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Da die maßgebenden Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung klargestellt sind, konnte die Beschlußfassung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erfolgen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte