Normen
ArbVG §3 Abs1;
ASVG §44 Abs1 Z1;
ASVG §44 Abs1;
ASVG §49 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer als Dienstgeber verpflichtet sei, für (seine beiden Söhne) Matthias und Stefan K. für die Zeit vom 1. Oktober 1990 bis 30. September 1992 Beiträge, Sonderbeiträge und Umlagen in der Gesamthöhe von S 11.641,97 an die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse zu bezahlen.
Nach der Begründung - soweit für das Beschwerdeverfahren von Bedeutung - sei anlässlich einer Beitragsprüfung (in der Rechtsanwaltskanzlei des Beschwerdeführers) festgestellt worden, dass dieser als Dienstgeber nicht nur die Sonderzahlungen für die genannten Personen für 1990 bis 1992 nicht in der gebührenden Höhe der Beitragspflicht unterworfen, sondern auch das diesen Personen gebührende Entgelt nicht in der richtigen Höhe verrechnet habe. Im Laufe des Bestehens der Dienstverhältnisse sei anstelle der bisher in Geld ausbezahlten Bezüge ein KFZ-Sachbezug zur Berechnung der Abgaben herangezogen worden.
Der Beschwerdeführer habe in seinem Einspruch gegen die Entscheidung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse im Wesentlichen vorgebracht, der dem Sachbezug des Dienst-PKWs entsprechende Geldwert sei für die Dienstnehmer weit günstiger als das Mindestentgelt nach dem Kollektivvertrag für Angestellte in Rechtsanwaltskanzleien.
Nach Auffassung der belangten Behörde sei allerdings nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 22. März 1994, Zl. 92/08/0150) die Aufrechnung des Sachbezugswertes für die Privatnutzung eines Firmenautos auf den kollektivvertraglich festgelegten Mindestbarbezug unzulässig. Die kollektivvertraglichen Mindestentgelte seien in der Regel in Geldbeträgen festgelegt und insoweit daher auch zwingend in Geld zu entrichten. Das im Bereich kollektivvertraglicher Mindestentgelte geltende Geldzahlungsgebot schließe - ungeachtet aller Günstigkeitsüberlegungen - abweichende Sondervereinbarungen aus. Ob der Marktwert der vom Arbeitgeber tatsächlich gewährten Naturalbezüge im Ergebnis höher sei als der "vereinbarte Wert", d. h. höher als jener Teil des Barentgeltes, an dessen Stelle die Sachbezüge geleistet werden sollten, sei unbeachtlich. Sowohl der Barlohn, auf den der Dienstnehmer Anspruch habe, als auch der Naturallohn, der dem Dienstnehmer tatsächlich gewährt worden sei, sei gemäß § 49 Abs. 1 ASVG zum sozialversicherungsrechtlichen Entgelt zu zählen und unterliege daher der Beitragspflicht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat - ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist ausschließlich die Frage strittig, ob im Bereich kollektivvertraglicher Mindestentgelte der Lohn von Dienstnehmern zwingend in Geld auszubezahlen ist.
Die belangte Behörde hat diese Frage unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bejaht und im Ergebnis die Auffassung vertreten, dass sich bei (alleiniger) Gewährung eines Sachbezuges in Form eines Firmen-PKWs (dessen nach § 50 ASVG errechneter Wert im Wesentlichen dem kollektivvertraglich zu gewährenden Lohn entspricht) die Beitragsgrundlage nach § 44 Abs. 1 ASVG aus dem kollektivvertraglichen Lohn und dem Sachbezug zusammen setzt.
Der Beschwerdeführer ist gegenteiliger Ansicht: Der Firmen-PKW sei den Dienstnehmern auf eigenen Wunsch anstelle von Bargeld zur Verfügung gestellt worden, da sie damit wirtschaftlich günstiger gestellt seien. Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG seien Geld- und Sachbezüge, auf die pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch habe oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses erhalte. Schon eine Wortinterpretation zeige, dass der Gesetzgeber den Betrag, auf den der Dienstnehmer Anspruch habe, und den Betrag, der tatsächlich ausbezahlt werde, "alternativ" betrachte. Um die sozialversicherungsrechtliche Bemessungsgrundlage zu eruieren, sei der Anspruch des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis und der Wert der Geld- und Sachbezüge, die der Dienstnehmer tatsächlich bekomme, zu ermitteln. (Nur) der höhere dieser beiden Beiträge sei Bemessungsgrundlage nach dem Sozialversicherungsrecht.
Diese Ausführungen sind nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.
Nach § 44 Abs. 1 erster Satz ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) für Pflichtversicherte, sofern im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, der im Beitragszeitraum gebührende auf volle Schilling gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 leg. cit. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinne gilt nach § 44 Abs. 1 Z. 1 ASVG bei den pflichtversicherten Dienstnehmern und Lehrlingen das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6 ASVG.
Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)Verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)Verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.
Demnach ist für die Bemessung der allgemeinen Beiträge nicht lediglich das im Beitragszeitraum an den pflichtversicherten Dienstnehmer (Lehrling) tatsächlich gezahlte Entgelt (die Geld- und Sachbezüge) maßgebend, sondern, wenn es das tatsächlich gezahlte Entgelt übersteigt, jenes Entgelt, auf dessen Bezahlung bei Fälligkeit des Beitrages ein Rechtsanspruch des pflichtversicherten Dienstnehmers (Lehrling) bestand. Ob ein Anspruch auf einen Geld- oder Sachbezug besteht, ist nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen. Danach bleibt aber die Regelung dieser Frage, sofern nicht eine gesetzliche Grundlage besteht, einer Vereinbarung (Einzel- oder Kollektivvertrag), mangels einer solchen dem Ortsgebrauch überlassen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 21. September 1993, Zl. 92/08/0112, mit weiteren Hinweisen).
Zum Entgelt nach § 49 Abs. 1 ASVG zählen somit nicht nur die Geld- und Sachbezüge, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat (Anspruchslohn), sondern auch die Geld- und Sachbezüge, die der Dienstnehmer (Lehrling) darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)Verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält. Dass dabei nur der höhere Betrag der Beitragsgrundlage ("alternativ", wie der Beschwerdeführer meint) zu Grunde zu legen wäre, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
In denjenigen Fällen, in denen kollektivvertragliche Vereinbarungen anzuwenden sind, hat (zumindest) das nach diesen Vereinbarungen dem Dienstnehmer zustehende Entgelt die Beitragsgrundlage für die Bemessung der Sozialversicherungsbeiträge zu bilden (vgl. das Erkenntnis vom 24. April 1990, Zl. 89/08/0282).
Im Geltungsbereich eines Kollektivvertrages ist auch die Zulässigkeit vertraglicher Disposition zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Ansehung der dort geregelten Mindestentgelte nicht gegeben. Diese Mindestentgelte sind in der Regel in Geldbeträgen festgelegt und insoweit daher auch zwingend in Geld zu entrichten (siehe Schwarz-Löschnig, Arbeitsrecht7, 326). Das im Bereich kollektivvertraglicher Mindestentgelte geltende Geldzahlungsgebot schließt - ungeachtet aller Günstigkeitsüberlegungen - in diesem Bereich abweichende Sondervereinbarungen (§ 3 Abs. 1 zweiter Satz, erster Satz ArbVG) aus. Ob der Marktwert der vom Arbeitgeber tatsächlich gewährten Naturalbezüge im Ergebnis höher ist als der "vereinbarte Wert", d.h. höher als jener Teil des Barentgelts, an dessen Stelle die Sachbezüge geleistet werden sollten, ist daher unentscheidend (vgl. dazu das bereits von der belangten Behörde zitierte Erkenntnis vom 22. März 1994, Zl. 92/08/0150).
Dem Beschwerdeführer ist auch nicht zu folgen, wenn er die Auffassung vertritt, ein Arbeitgeber, der sich rechtskonform verhalte, werde schlechter behandelt als der, der "Schwarzarbeiter" einstelle und nicht anmelde. Auch in einem solchen Fall ist nämlich das nach den kollektivvertraglichen oder arbeitsrechtlichen Vorschriften gebührende Entgelt zur Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge heranzuziehen.
Es ist daher im Beschwerdefall der Mindestlohn nach dem Kollektivvertrag entsprechend der Tätigkeit des Dienstnehmers als Bruttolohn anzusetzen und der Wert der konsumierten Sachbezüge hinzurechnen; von diesem Betrag sind dann die Sozialversicherungsbeiträge zu errechnen.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Der nicht durch einen Anwalt vertretenen mitbeteiligten Gebietskrankenkasse steht kein Anspruch auf Ersatz des Schriftsatzaufwandes zu (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 19. Jänner 1999, Zl. 96/08/0269). Das Kostenbegehren war daher abzuweisen.
Wien, am 27. Juli 2001
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